Informationsdienst zecken.de

Transkript

1 Informationsdienst zecken.de Virus manipuliert Zecke Zecken, die den FSME-Erreger in sich tragen, verhalten sich anders als ihre nicht infizierten Artgenossen das zeigen neuste Erkenntnisse einer russischen Forschergruppe um Prof. Galina Karganova. Bei ihren Versuchen beobachteten die Wissenschaftler das Verhalten hunderter Gemeiner Holzböcke (Ixodes ricinus) der häufigsten einheimischen Zeckenart. Ein Teil der Zecken wurde dazu über eine Spritze mit dem FSME-Virus infiziert. Die Versuchsergebnisse bestätigen erstmals die Vermutung, dass FSME-Viren das Verhalten der Gliedertiere derart manipulieren, dass sie aktiv zur Verbreitung des Virus beitragen. Die Redaktion von sprach mit Prof. Karganova, der Leiterin des Labors für die Biologie der Arboviren am Chumakov Institut für Poliomyelitis und Virus-Enzephalitiden. Sie und Ihr Team sind auf dem XI Internationalen Jena Symposium über Zeckenkrankheiten mit dem Sinnecker-Kunz-Wissenschaftspreis ausgezeichnet worden. Was haben Sie untersucht? Prof. Karganova: Wir sind der Frage nachgegangen, warum das FSME-Virus häufiger bei Zecken vorkommt, die an Menschen gefunden werden, als bei Zecken, die im Freiland aufgesammelt wurden. Wir sind dabei von zwei möglichen Ursachen ausgegangen: 1. Infizierte Zecken sind aktiver und befallen deshalb häufiger Menschen; 2. Die Virenzahl in hungrigen Zecken kann sehr gering sein zu gering, um bei den verwandten Methoden festgestellt werden zu können. Beim Blutsaugen vermehrt sich das Virus in der Zecke, so dass wir das Virus in der Zecke feststellen können. Wie sehen Ihre Ergebnisse aus? Prof. Karganova: Unsere Ergebnisse zeigen, dass beide Annahmen zutreffen: Erstens sind infizierte Zecken aktiver im Erreichen ihres Ziels. Köder für die Zecken war der Arm des Wissenschaftlers. Um ihr Ziel zu erreichen, mussten die Zecken über mehrere Streifen Stoffs hochkrabbeln, die mit einer immer höheren Konzentration des zeckenabweisenden Mittels DEET getränkt waren. Infizierte Zecken krabbelten im Durchschnitt höher und überwanden Barrieren mit einer höheren Konzentration des Abwehrmittels. Zweitens vermehrt sich das Virus während des Saugvorgangs der Zecke aktiv. Wir haben eine schnelle und gravierende Zunahme der Viren in saugenden infizierten Zecken beobachtet im Vergleich zu hungrigen.

2 Zeckenforscher mit Auszeichnung: Oksana Belova, Doktorandin am Labor für die Biologie der Arboviren, mit dem Sinnecker-Kunz-Preis neben Professorin Galina Karganova, der Leiterin des Labors, und Dr. Ljudmila Burenkova (vorne). Wie unterscheidet sich das Verhalten FSME-infizierter und nicht infizierter Zecken? Prof. Karganova: Die Experimente, die wir auf der Konferenz vorgestellt haben, zeigten, dass infizierte Zecken aktiver, zielstrebiger und weniger empfindlich gegenüber Zeckenabwehrmitteln sind. In ihren Versuchen haben sich FSME-infizierte Zecken nicht vom Wirkstoff DEET, das in vielen zeckenabweisenden Mitteln enthalten ist, abschrecken lassen. Schützen so genannte Repellents demnach nicht vor infizierten Zecken? Prof. Karganova: Nein, ganz so ist das nicht. In unseren Experimenten haben sogar infizierte Zecken den Abschnitt mit einer Repellentkonzentration von 10 Prozent nicht überschritten. In kommerziellen Zeckenrepellents liegt die DEET-Konzentration ungefähr bei 20 Prozent. Das heißt, dass Repellents nach dem Auftragen auf die Kleidung sowohl vor nicht infizierten als auch vor infizierten Zecken schützen. Jedoch verringern sich mit der Abnahme der Konzentration auch die Schutzeigenschaften des Repellents und die Wahrscheinlichkeit ist dann größer, als Mensch von einer infizierten Zecke befallen zu werden als von einer nicht infizierten. Wie schützt man sich am besten? Prof. Karganova: Derzeit gibt es kein Mittel, das eine hundertprozentige Garantie für den Schutz vor allen von Zecken übertragenen Krankheiten bietet. Der effektivste Schutz vor FSME ist die Impfung. Jedoch können Zecken Erreger anderer Infektionen auf den Menschen übertragen, z.b. Borrelien, Anaplasmen, Ehrlichien, Rickettsien usw.

3 Was bedeuten Ihre Untersuchungen für die Bevölkerung? Prof. Karganova: Aus unseren Angaben kann man zwei Rückschlüsse ziehen, die wichtig sind für die Bevölkerung: Es ist erforderlich Repellents richtig anzuwenden und das Auftragen von Repellents so oft vorzunehmen, wie es von Herstellern empfohlen wird. Da sich das Virus während des Saugvorgangs vermehrt, nimmt die Virusdosis, die in den Mensch gelangt, zu, je länger die Zecke saugt. Das bedeutet, dass man festgesogene Zecken möglichst rasch entfernen sollte. Die FSME ist in Russland ein großes Problem gerade Kinder können schwer erkranken. Warum ist die FSME hier so problematisch und wie viele Erkrankungsfälle gibt es? Prof. Karganova: Die FSME ist tatsächlich ein ernsthaftes Problem in Russland. In den letzten Jahren wurden in Russland jährlich bis zu 3000 FSME-Fälle registriert. In Wirklichkeit können es noch viel mehr sein. Die FSME-Erkrankungszahl verläuft zyklisch. Der letzte Höhepunkt der Erkrankungen in Russland fällt in die Jahre 1996 und wurden mehr als Fälle registriert. Aktuell befinden wir uns auf dem Minimum und werden, einigen Prognosen zufolge, in naher Zukunft einen neuen Anstieg der Erkrankungen erleben. Die effektivste Maßnahme, das Problem zu lösen, liegt in der Impfung der Bevölkerung. Die jetzige Periode ist geprägt von einer wesentlichen epidemiologischen Besonderheit: Während die Risikogruppe früher vor allem aus Menschen bestand, deren berufliche Tätigkeit mit dem Wald verbunden war, ist dies jetzt praktisch die gesamte Bevölkerung in den Risikogebieten. Daher zeigt sich, dass alles vom Fehlen ausreichender Mittel zur Durchführung von Massenimpfungen abhängt. In Russland gibt es Regionen, in erster Linie das Swerdlower Gebiet, wo mehr als 70 Prozent der Bevölkerung geimpft ist. Sie haben die Werte Österreichs noch nicht erreicht, aber gehen in die Richtung. Im Großteil der Regionen ist die Durchimpfungsrate jedoch sehr niedrig. Fast überall werden allerdings Schüler flächendeckend geimpft. Daher kommt es offensichtlich, dass die Erkrankungszahlen unter Kindern in den letzten Jahren rückläufig ist insbesondere im Vergleich mit den letzten Anstiegen der FSME-Erkrankungszahlen. Zeckenschutz für Hund und Herrchen Das Thema Zeckenschutz betrifft die ganze Familie unsere vierbeinigen Freunde eingeschlossen. Denn auch für Hunde hat der Stich einer Zecke mitunter schlimme Folgen. Hunde können zum Beispiel an Borreliose erkranken, einer von Zecken übertragenen bakteriellen Infektion. In Deutschland können Hunde durch eine Impfung geschützt werden. Bei Gelenkbeschwerden an Borreliose denken Das Hauptsymptom der Borreliose beim Hund ist eine akute Gelenkentzündung. Häufig sind mehrere Gelenke an den Vorder- und Hinterläufen im Wechsel betroffen. Schmerzen und Schwellungen können dazu führen, dass der Hund zu Lahmen beginnt vor allem nach dem

4 Aufstehen. Hinzu kommen in vielen Fällen allgemeine Krankheitszeichen wie Mattigkeit, Appetitlosigkeit und Fieber. Im weiteren Verlauf kann es zu Schädigungen des Nervensystems, der Nieren und des Herzens kommen. Die Behandlung der Erkrankung ist zwar prinzipiell möglich, aber langwierig und kostenintensiv und darüber hinaus nicht immer erfolgreich. Je nach Region sind zwischen 2 und 20 Prozent aller Hunde infiziert. Eine durchgemachte Borreliose verleiht keine lebenslange Immunität. Die betroffenen Tiere können also jederzeit wieder erkranken. Das Hauptsymptom einer Borreliose beim Menschen, die so genannte Wanderröte, wird bei Hunden in der Regel nicht beobachtet. Für beide aber gilt: Je schneller eine saugende Zecke entdeckt und entfernt wird, desto geringer ist die Gefahr einer Infektion mit Borrelien. Zusätzlich sollten sich Mensch und Tier durch eine Impfung schützen: Für Hundehalter, die sich meist viel in der freien Natur aufhalten und ein erhöhtes Zeckenstich-Risiko haben, empfiehlt sich eine Impfung gegen die von Zecken übertragene Hirnhautentzündung FSME. Hunde können in Deutschland durch eine Impfung vor Borreliose geschützt werden. Gut geschützt durch die Natur - das gilt für Hunde und ihre Halter Borreliose-Impfung für Hunde möglich Bislang konnte nur für eine Art der verschiedenen in Deutschland verbreiteten Borreliose- Bakterien eine krankmachende Wirkung experimentell bei Hunden nachgewiesen werden: Borrelia burgdorferi sensu stricto.* Das Prinzip der Impfung gegen diesen Erreger: Nach der Impfung bildet der Organismus des Hundes Antikörper. Wenn eine Zecke zu saugen beginnt, gehen diese Antikörper auf sie über und machen die Borrelien in ihr unschädlich. Die Impfung wirkt daher in der Zecke und sorgt dafür, dass krankmachende Erreger gar nicht erst in den Hund gelangen können. Die Borreliose-Impfung für Hunde wird in Deutschland seit mehr als zehn Jahren angewendet. Die Impfung wird vom Tierarzt verabreicht und besteht aus vier Impfungen im ersten Impfjahr. Danach wird einmal pro Jahr aufgefrischt, idealerweise zu Beginn der Zeckensaison. * Straubinger R. K.: Erreger, Übertragung und Prävention die Lyme-Borreliose bei Hunden; Kleintier konkret 2008, 5: S.3-6./StiKoVet: Leitlinie zur Impfung von Kleintieren 2009, S.11. Weitere Quelle: Straubinger R. K., Pantchev N..: Die Lyme-Borreliose-Impfung beim Hund kontrovers diskutiert; Kleintier.konkret 2010; 5: S.8-11.

5 Das RKI empfiehlt: FSME-Impfung für Urlauber in Risikogebiete Die Sommerferien stehen vor der Tür und mit ihnen die Reisezeit. Zu den wichtigsten Vorbereitungen für eine gelungene Urlaubsreise gehört die Gesundheitsvorsorge. Was gern vergessen wird: Reiseimpfungen sind nicht nur bei großen Fernreisen Thema, sondern können auch im eigenen Land erforderlich werden. Viele beliebte Reiseziele in Deutschland zählen zu den Risikogebieten für die von Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME. Betroffen ist vor allem der südliche Teil der Republik, also die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg. Viele beliebte Reiseziele wie zum Beispiel der Schwarzwald, die Bodenseeregion, der Bayrische Wald und das Berchtesgadener Land liegen daher mitten im Risikogebiet. Wo genau sich die betroffenen Regionen befinden, zeigt die Seite jetzt auf einer neuen Karte im Google-Maps-Design mit Such- und Vergrößerungsfunktion. Ebenfalls auf zecken.de: Eine Karte mit den FSME-Risikogebieten in Europa. Für naturverbundene Reisende in die betroffenen Gebiete empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI) eine vorsorgliche Impfung gegen FSME. Gefährdet sind vor allem Menschen, die ihren Urlaub gern in der freien Natur verbringen und somit der Gefahr eines Zeckenstichs ausgesetzt sind. Die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. FSME-Impfung schützt Urlauber bei Reisen in FSME-Risikogebiete Gut zu wissen: Eine Impfung gegen FSME kann auch noch kurz vor Reiseantritt gegeben werden. Zwei Impfungen im Abstand von 14 Tagen bauen einen wirksamen Schutz gegen die gefährliche Hirnhautentzündung auf und schützen Reisende sicher für den anstehenden Urlaub bzw. die aktuelle Zeckensaison. Eine dritte Impfung nach fünf bis zwölf Monaten schließt die sogenannte Grundimmunisierung ab und sorgt für einen Langzeitschutz von drei bis fünf Jahren.

6 Übrigens: Auch die Reiseapotheke kann einen Beitrag zum Zeckenschutz leisten. In eine gut ausgestattete Reiseapotheke gehören zeckenabweisende Mittel und ein Instrument zum Entfernen der lästigen Blutsauger. Geeignet sind in der Apotheke erhältliche Zeckenzangen oder eine spitze Pinzette.