Hirschkäfer. Der größte Käfer unserer Heimat. Sammelreihe Natur und Landschaft Heft 3
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- Jonas Pfaff
- vor 7 Jahren
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1 Hirschkäfer Der größte Käfer unserer Heimat Sammelreihe Natur und Landschaft Heft 3
2 Artikel-Nr.: L-V-5/3
3 Vorwort Wälder, Parks und Streuobstwiesen prägen unser Landschaftsbild genauso wie alte Bäume in Alleen oder auf Friedhöfen. Sie sind Treffpunkte, Orte der Erholung, aber auch Lebensraum für zahlreiche Vögel, Fledermäuse, Insekten, Moose, Flechten und Pilze. Zum Leben alter Bäume gehört gleichermaßen ihr Verfall. Auch tote Bäume, ihre Stubben und abgestorbenen Wurzeln werden von vielen Organismen besiedelt. Einen typischen Bewohner alter Laub- und Obstbäume sowie ihrer Stubben und Wurzeln, den Hirschkäfer, stellt die vorliegende Broschüre vor. Der Hirschkäfer als unser größter und markantester heimischer Käfer ist in vielen Regionen so selten, dass er durch die Europäische Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen und das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt ist. Die Broschüre macht auf die Gefährdungsursachen dieser Käferart aufmerksam. Sie enthält zahlreiche Hinweise, wie Waldbesitzer und Eigentümer oder Nutzer von Grundstücken zur Erhaltung alter Bäume und ihrer Stubben und damit auch gleichzeitig zum Schutz dieses Käfers und vieler anderer Tier- und Pflanzenarten beitragen köen. Norbert Eichkorn Präsident des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Vorwort 01
4 Bäume in der Kulturlandschaft Bäume sind die Elemente, die unsere Landschaft und Siedlungsbereiche am augenfälligsten gliedern. Ob in einem naturnahen Wald, einem Park oder einer Allee stets prägen sie das Bild und sind dabei gleichzeitig Lebensstätte zahlreicher weiterer Lebewesen, wie beispielsweise Pilze, Insekten, Vögel oder Fledermäuse. Auch nach dem Tod eines Baumveteranen leben noch zahlreiche Organismen am abgestorbenen Holz. Selbst die Wurzeln eines abgestorbenen Baums oder des verbliebenen Stubbens sind eine Lebensstätte zum Beispiel die des Hirschkäfers. Der Hirschkäfer lebt da, wo viele alte Laubbäume bevorzugt Eichen leben und sterben. Lichte Eichenwälder, Parks, aber Mächtige Eiche auf einem Dorfplatz, von Hirschkäfern und Heldböcken besiedelt. Zwei Hirschkäfermächen auch Streuobstwiesen und Alleen sind sein Lebensraum. Mit dem Hirschkäfer schützen wir gleichermaßen zahlreiche weitere Tierarten, die meist viel unauffälliger, aber deoch bedeutsam für den Naturhaushalt sind. 02 Bäume in der Kulturlandschaft
5 Der Platzhirsch des Waldes Der Hirschkäfer ist die wohl bekateste Käferart unserer Heimat: mit bis zu neun Zentimetern Körperlänge ist der mäliche Hirschkäfer der größte Käfer Mitteleuropas. Seine geweihartig vergrößerten Kiefer geben ihm ein fast»hirschartiges«aussehen und seinen Namen. Der Hirschkäfer gehört zur Familie der Schröter (Lucanidae). Nicht alle Arten sind durch ein»hirschähnliches Geweih«ausgezeichnet. Als deutschsprachiger Name ist deshalb die Bezeichnung»Schröter«üblich, die sich auf die Zerkleinerung (schroten) des Holzes bezieht. Schröter kommen in allen tiergeographischen Regionen vor. Die meisten Arten leben in der orientalischen Region, vor allem in Süd- und Südostasien. Weltweit ket man über Arten, in Europa leben elf, in unserem Gebiet sieben Arten. Aus dem Leben des Riesen Auffälligstes und namengebendes Kezeichen des Hirschkäfers sind die geweihartig ausgebildeten Oberkiefer der Mächen. Sie sind zur Nahrungsaufnahme nicht geeignet, ihre Funktion ist auf Rivalenkämpfe und zum Festhalten der Weibchen während der Paarung gerichtet. Die Kiefer der Weibchen sind viel kürzer, aber ebenfalls kräftig. Weibchen des Hirschkäfers Zwischen den geweihartigen Oberkiefern sind orange die zum Saft lecken ausgelegten Mundwerkzeuge zu sehen. Die Körperlänge ist geschlechtsspezifisch verschieden. Mächen werden 35 bis 75, maximal 90 Millimeter lang (gemessen mit den Oberkiefern), Weibchen 25 bis 45 Millimeter. Beide Geschlechter kommen in sehr unterschiedlichen Größen vor, die von den Ernährungsbedingungen der Larven abhän- Der Platzhirsch des Waldes 03
6 gen. Kleine Exemplare werden deshalb gelegentlich als»rehkäfer«bezeichnet. Die Hirschkäfer schwärmen vor allem von Mitte Juni bis Ende Juli, meist in der Dämmerung an lauen Abenden und brummen laut im Flug. Sie leben in Laubholzbeständen, besonders an Eichen. Mächen und Weibchen brauchen für die Reifung ihrer Keimzellen Baumsaft, der bestimmte Pilze enthält, weshalb sie entsprechende Wundstellen des Baumes aufsuchen müssen. Solche Saftflüsse werden meist durch Frostrisse, Windbruch und Blitzschlag erzeugt und sind von einer Vegetationsperiode bis zu mehreren Jahren aktiv. Für die Aufnahme von Säften sind Unterkiefer und Unterlippe der Hirschkäfer besonders ausgebildet, sie formen ein großes, gefiedertes, gegabeltes gelbliches»pinselchen«. Das Fortpflanzungsverhalten wird dadurch eingeleitet, dass das Weibchen einen Saftfluss aufsucht. Dort trifft es mit Mächen zusammen, die in der Abenddämmerung anfliegen, mitunter sogar mehrere bei einem Weibchen. Dort erfolgen auch die bekaten Kämpfe der Mächen untereinander, an denen sich oft mehrere Exemplare beteiligen. Bei diesen so genaten»kommentkämpfen«versuchen sich die Käfer gegenseitig vom Baum zu werfen (siehe Titelbild). Der Sieger stellt sich über das Weibchen, wobei die Köpfe in die gleiche Richtung zeigen, und hindert mit seinen geweihartigen Oberkiefern das Weibchen am Fortlaufen. Das Mächen bleibt in dieser Stellung unter Umständen mehrere Tage und verteidigt die Leckstelle und das Weibchen. Es nimmt in dieser Zeit auch selbst Nahrung auf, indem es seine Mundwerkzeuge zwischen den bogenförmigen weiblichen Oberkiefern hindurchführt. Schließlich erfolgt die Begattung (Kopula). Vom Ei zur Puppe Das Weibchen gräbt sich nach der Begattung 30 bis 50 Zentimeter tief in die Erde ein, um im Laufe von zwei Wochen in mehreren Aktionen seine 50 bis 100 Eier außen an morsche Wurzelstöcke, vor allem von Eichen, abzulegen. Die weißlich-gelben, leicht ovalen Eier haben einen Durchmesser von 3,0 3,4 Millimeter; ihr Gewicht beträgt 0,02 Gramm. Nach etwa 14 Tagen schlüpfen die Larven. Sie häuten sich zweimal. Die drei Stadien unterscheiden sich in ihrer Größe erheblich und erreichen schließlich eine Länge von 100 bis 120 Millimetern. Für ihre Entwicklung benötigen sie meist fünf Jahre, es köen aber auch sechs bis acht Jahre bis zur Verpuppung vergehen. Ein besonderes Kezeichen der Larven ist das Vorhandensein eines Stridulationsorgans auf der Rückseite der Hüften der Mittelbeine und der Vorderseite der Schenkelringe der Hinterbeine. Durch Reiben der beiden Teile gegeneinander köen Töne erzeugt werden. Der Stridulationslaut besteht aus einem kurzen Knarren, das manchmal wiederholt wird; die Frequenz erreicht elf Kilohertz. Die Funktion der Lautäußerung ist noch nicht geklärt. Die Larven ernähren sich von mehr oder weniger in Zersetzung befindlichem, morschem, feuchtem, verpilztem Holz, das sie mit der Zeit zu Mulm umsetzen und abbauen. 04 Der Platzhirsch des Waldes
7 Die drei Larvenstadien des Hirschkäfers, Foto: H. Rothacher Puppenkokon eines mälichen Hirschkäfers (oben), Puppe eines mälichen Hirschkäfers (unten, Foto: H. Rothacher) Begi des Lebenszyklus Larve Larve in Rinde, später im Kambium Larve Larve Larve Larve Puppe Käfer im Boden Schlupf Paarung, Eiablage Ende des Lebenszyklus Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Lebenszyklus des Hirschkäfers Der Platzhirsch des Waldes 05
8 Hirschkäfer / Lucanus cervus (Liaeus, 1758) vor 1991 bis 1995 bis 2000 ab 2001 keine Daten Verbreitung des Hirschkäfers in Sachsen. Seit 2001 beschränken sich die Vorkommen des Käfers nur noch auf Rasterquadranten mit ausgefüllten Kreisen. Die Larve fertigt während zwei bis drei Wochen aus Erde und Mulm einen bis faustgroßen ovalen Kokon an, der als Puppenwiege dient. Seine Wände sind bis zu 20 Mil limeter dick und ien mit Nahrungsbrei und Sekreten (fungizide und bakterizide Wirkungen) geglättet und verfestigt. Dieser Kokon liegt 15 bis 20 Zentimeter tief in der Erde in der Umgebung des Brutsubstrates. Derjenige der mälichen Larve ist wesentlich größer, vor allem länger, als der Kokon eines Weibchens. Es muss Platz bereitgestellt werden für die Oberkiefer, die der geschlüpfte mäliche Käfer ausgestreckt hält (an den Puppen sind die Oberkiefer der Mächen nach der Bauchseite eingeschlagen). Nach etwa sechs Wochen schlüpfen die Käfer, bleiben aber den Winter über im Boden, den sie erst im Frühjahr verlassen. Frisch geschlüpfter Hirschkäfer am Erdloch 06 Der Platzhirsch des Waldes
9 Balkenschröter sind höchsten 3 cm groß und ihre Mächen haben keine geweihartig vergrößerten Oberkiefer. Mächen des Kopfhornschröters (knapp 2 cm groß) Ein Blick auf die Verwandtschaft Außer dem Hirschkäfer gibt es bei uns noch weitere sechs Arten der Schröter. Die meisten von ihnen sind selten und in ihrem Vorkommen ebenfalls bedroht. Der schwarz gefärbte Balkenschröter (Dorcus parallelipipedus) kommt vor allem in Buchenmischwäldern vor. Von den metallisch glänzenden Rehschrötern (Platycerus) gibt es zwei Arten, die mitunter nicht leicht zu unterscheiden sind: den Großen Rehschröter (P. caprea) vor allem in Gebirgslagen und den Kleinen Rehschröter (P. caraboides). Ausgesprochene Seltenheiten sind der Rinden- schröter (Ceruchus chrysomelinus), der sich auch in Nadelholz (z. B. Fichte) entwickeln ka, und als kleinste Art der rundliche, mit Schuppen bedeckte Kurzschröter (Aesalus scarabaeoides), der sich in rotfaulen Baumstümpfen entwickelt. Etwas regelmäßiger ka man dem Kopfhornschröter (Sinodendron cylindricum) begegnen, deren Mächen durch ein aufrecht stehendes kurzes Horn auf dem Kopf gekezeichnet sind. Der Platzhirsch des Waldes 07
10 Kulturlandschaft als Arche Noah Der Hirschkäfer ist in unserer über Jahrhunderte gewachsenen Kulturlandschaft zum Kulturfolger geworden. Damit hat er es geschafft, die Gefahr des Aussterbens etwas zu verringern. Da der Käfer die Stubben und toten Wurzeln sehr verschiedener Baumarten besiedeln ka, bot ihm die Gestaltung der Kulturlandschaft in den vergangenen Jahrhunderten neue Lebensräume. So wurden sowohl in der Nähe vieler Ortschaften, als auch in der freien Landschaft Streuobstwiesen angelegt. Stubben und abgestorbene Wurzeln von Obstbäumen werden gern von Larven des Hirschkäfers besiedelt. Alte Streuobstwiesen sind dadurch ein Ersatzlebensraum dieses impo- Streuobstwiese mit vom Hirschkäfer besiedelten Stubben santen Käfers geworden: Durch die Erhaltung und Pflege von Streuobstwiesen bleibt auch ein Lebensraum für den Hirschkäfer erhalten, von dem aus sich die Art zukünftig wieder in nahe gelegene Wälder ausbreiten ka. In Stadt- und Landschaftsparks oder auf Friedhöfen wurden einzelne Bäume seit Jahrhunderten zu mächtigen Einzelexemplaren herangezogen. Sie machen den ästhetischen Reiz der Parks aus und dienen somit unserer Erholung. Weil Baumbestände in Parks sehr locker stehen, ist der Boden oft besot, was die Entwicklung der Hirschkäferlarven fördert. Gleichzeitig sind auch alte Parkbäume wichtige Sammel- und Fortpflanzungsstätten des Hirschkäfers geworden. Durch das Belassen alter Stubben sind auch Parks und Friedhöfe Teile der Arche Noah. Inzwischen ist der Hirschkäfer sogar ein Gast unserer Gärten geworden. Auch hier entwickeln sich seine Larven in den toten Wurzeln und Stubben von Obstbäumen, gelegentlich sogar schon in Komposthaufen. Saftstellen»blutender«Obstbäume werden von den Käfern zum Trinken aufgesucht. Mit etwas Glück köen Sie an diesen Bäumen sogar die beeindruckenden Kämpfe der Käfer beobachten. 08 Kulturlandschaft als Arche Noah
11 Alte Eiche auf einem Kinderspielplatz: An den Wurzeln leben Hirschkäferlarven, im Stamm Larven des seltenen Heldbocks (Cerambyx cerdo). Kulturlandschaft als Arche Noah 09
12 Guter Flieger und trotzdem selten Hirschkäfer köen gut fliegen und sogar Entfernungen bis circa fünf Kilometer überwinden. Geeignete, stubbenreiche Gehölzbestände sind jedoch oft so weit voneinander entfernt, dass sie für den Käfer unerreichbar bleiben. Ist der Käfer in einer Region erst ausgestorben, ka er sie deshalb oft nicht wiederbesiedeln, selbst we er dort eigentlich gute Lebensbedingungen finden köte. Durch Maßnahmen zum Biotopverbund ka die Ausbreitung des Hirschkäfers gefördert werden. Im vergangenen Jahrhundert verschlechterten sich die Lebensbedingungen des Hirschkäfers durch den bevorzugten Anbau von Nadelgehölzen und das Fehlen geeigneter Baumstubben in Wäldern und Forsten. Inzwischen werden bei der Waldbewirtschaftung wieder Stubben und Totholz in den Wäldern belassen. Deoch findet der Käfer oft keine geeigneten Lebensbedingungen, weil unsere Wälder zu schattig sind. Obwohl sich der Hirschkäfer viele Kulturlandschaften als Lebensraum erschließen kote, ist er überall in Sachsen bedroht: In Buchenwäldern ist die Soeneinstrahlung am Boden meist so gering, dass die zur Entwicklung der Larven erforderlichen Temperaturen nicht erreicht werden. In vielen Auenwäldern hat sich durch fehlende Überflutungen die Baumartenzusammensetzung stark geändert: Hier führen Ahorn-Arten zu sehr starker Beschattung des Bodens. In manchen Wäldern setzt dem Hirschkäfer auch die hohe Dichte von Wildschweinen zu: Sie köen seine Larven riechen und graben die bis zu zwölf Zentimeter großen Engerlinge zum Fressen gezielt aus. Obwohl es zusätzliche Kosten verursacht, werden nach der Fällung alter Bäume in Siedlungsbereichen sowie entlang von Straßen häufig die Stubben herausgefräst. Dadurch werden oft potenzielle Lebensstätten der Hirschkäferlarven vernichtet, im schlimmsten Fall sogar unwissentlich die im Erdreich lebenden Larven getötet. Für Hirschkäfer geeignete Wälder und Gehölzbestände sind oft so weit voneinander entfernt, dass die Tiere sie fliegend nicht erreichen köen. 10 Guter Flieger und trotzdem selten
13 Hirschkäfer haben Recht Von den genaten Verboten köen im Einzelfall Ausnahmen zugelassen werden. Zuständig für eine Ausnahmegenehmigung ist die untere Naturschutzbehörde im jeweiligen Landkreis. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) stellt im 44 den Hirschkäfer unter besonderen Schutz. Es ist verboten, wild lebenden Hirschkäfern nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder seine Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Fortpflanzungsstätten des Hirschkäfers (also Stubben oder Wurzeln toter Bäume) dürfen nicht beseitigt, beschädigt oder zerstört werden. Die Beseitigung eines vom Hirschkäfer besiedelten Stubbens ohne Ausnahmegenehmigung ist eine Ordnungswidrigkeit. Ausgenommen davon ist die ordnungsgemäße Forstwirtschaft, sofern sich der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht verschlechtert. Hirschkäfer haben Recht 11
14 Der Hirschkäfer braucht unsere Hilfe Wegen seiner Seltenheit wurde der Hirschkäfer sowohl in Deutschland als auch in Sachsen in Rote Listen mit dem Status»stark gefährdet«(rote-liste-status 2) eingestuft. Um den Hirschkäfer in Sachsen zu erhalten, bestehen eine ganze Reihe von Möglichkeiten: Bei der forstlichen Bewirtschaftung der Wälder werden Stubben und stehendes Totholz (Laubbäume) erhal ten. In bekaten Vorkommensgebieten des Hirschkäfers werden nach Möglichkeit lichte Bestände gefördert, in denen der Boden teilweise besot ist. Dies fördert gleichzeitig die Naturverjüngung heimischer Eichenarten. Landschaftsparks, Alleen und lockere Altbaumbestände werden so gepflegt, dass sich auch mächtige, besote Bäume entwickeln köen. Stubben abgestorbener Bäume werden im Boden belassen. Im Erdreich an den Eichenholzpalisaden eines Waldtheaters entwickeln sich Hirschkäferlarven. 12 Der Hirschkäfer braucht unsere Hilfe
15 Bei Bau- und Infrastrukturmaßnahmen werden Stubben untersucht, um nicht unbeabsichtigt Brut stätten zu beseitigen. Alte Streuobstwiesen werden erhalten, auch die Stubben abgestorbener Bäume verbleiben im Boden. An geeigneten Stellen wie lichten Wäldern und Waldrändern wird der Hirschkäfer durch Anlage von»käferwiegen«(siehe S. 15) gefördert. Als Waldbesitzer köen Sie den Schutz des Hirschkäfers unterstützen. Belassen Sie die Baumstubben im Wald und sorgen Sie für eine ausgeglichene Altersstruktur in Ihrem Wald. Verzichten Sie möglichst auf die Pflanzung nicht heimischer Eichenarten wie beispielsweise Roteiche. Auch als Inhaber eines Gartens oder anderen Grundstücks mit Bäumen köen Sie zum Schutz des Hirschkäfers beitragen: We Obstbäume nicht mehr erhalten werden köen, belassen Sie deren Stubben im Boden. We Sie beim Umsetzen Ihres Komposthaufens große, engerlingsartige Käferlarven finden, setzen Sie diese zurück. Häufig handelt es sich um Larven von ebenfalls geschützten Nashornkäfern oder Rosenkäfern, doch auch Hirschkäfer köen Komposthaufen besiedeln. Auf Wohngrundstücken köen alte Baumveteranen eine Gefahr für Menschen und Sachgüter werden und müssen gefällt werden. Belassen Sie jedoch Besoter Eichenstubben in einem naturnahen Wald, der gleichzeitig vom Eremiten (Osmoderma eremita) besiedelt ist. nach Möglichkeit auch in diesem Fall die verbliebenen Stubben im Boden. Oft lassen sich alte Stubben dekorativ in die Grundstücksgestaltung einbeziehen. Gern besiedelt der Hirschkäfer auch alte eichene Zaunpfähle und Holzpalisaden. We diese ausgetauscht werden sollen, besteht vielleicht die Möglichkeit, sie nur oberirdisch abzuschneiden. An den unterirdischen Resten köen sich da noch Hirschkäferlarven entwickeln. Der Hirschkäfer braucht unsere Hilfe 13
16 Im Umfeld sehr alter Laubbäume und Stubben sollte der Boden nicht voll versiegelt werden (z. B. für Park- oder Stellplätze). We an unterirdisch liegenden Wurzeln Hirschkäferlarven leben, köen die fertig entwickelten Käfer sehr gut in den Lücken des Verbundpflasters schlüpfen. Funde melden Voraussetzung für gezielte Schutz- und Fördermaßnahmen ist außerdem ein möglichst guter Ketnisstand zur Verbreitung der Art in Sachsen. Deshalb bitten wir um die Übermittlung von Fundmeldungen. We Sie Hirschkäfer entdeckt haben, da schreiben Sie uns Ihre Beobachtung mit Anzahl, Ort, Datum sowie Fundumstände bzw. Verhalten, we möglich mit Foto, per Post oder an: Zum Tisch umfunktionierter Eichenstubben in einem Biergarten, an dessen Wurzeln sich Hirschkäferlarven entwickeln. Auch durch die Fugen des Verbundpflasters schlüpfen Hirschkäfer, die sich in darunter liegenden Wurzeln entwickelt haben. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Ref. 62 Artenschutz Stichwort»Hirschkäfer«Pillnitzer Platz Dresden oder per an: artenerfassung.lfulg@smul.sachsen.de Es stehen Ihnen weitere Möglichkeiten zur Verfügung, Hirschkäferfunde an das LfULG zu über mitteln. Weiteres erfahren Sie unter: natur/23210.htm 14 Der Hirschkäfer braucht unsere Hilfe
17 In einem jungen Eichenwald überbrückt eine Hirschkäferwiege für die nächsten Jahrzehnte den Mangel an Stubben. We alle Stricke reißen Manchmal ist es leider nicht zu vermeiden: Ein alter Baum muss fallen und auch für seinen Stubben ist kein Platz. Auch we die Genehmigungen vorliegen, warum sollte man nicht trotzdem noch einmal an den Hirschkäfer denken? Auch dafür möchten wir Ihnen einige Tipps geben: Ökologische Baubegleitung: Manchmal ist die Besiedlung von Stubben durch den Hirschkäfer erst bei genauer Untersuchung erkebar. Ein Fachma vor Ort ka da immer noch Hinweise geben, wie mit dem Stubben oder aufgefundenen Larven umgegangen werden ka. Eine Dokumentation durch die ökologische Baubegleitung schafft außerdem Planungssicherheit und vermeidet Ordnungswidrigkeiten. Stubben müssen nicht immer gerodet oder ausgefräst werden! Sie köen mitsamt dem umgebenden Erdreich auch an einen geeigneten Ort umgesetzt werden, sodass die Hirschkäferlarven ihre Entwicklung abschließen köen. Dies ka zwar immer nur das letzte Mittel sein, dient aber zumindest der Schadensbegrenzung. Für den Hirschkäfer köen künstliche Lebensstätten an geeigneten, besoten Stellen geschaffen werden, indem Stammstücke von Eichen in den Boden eingegraben werden. Diese so genaten»hirschkäferwiegen«haben sich inzwischen in verschiedenen Ländern Europas bewährt. Der Hirschkäfer braucht unsere Hilfe 15
18 Literatur Brechtel, F. & Kostenbader, H.-U. [Hrsg.] (2002): Die Pracht- und Hirschkäfer Baden- Württembergs. Stuttgart (Eugen Ulmer), 632 S. Klausnitzer, B. (2002): Wunderwelt der Käfer. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin, 238 S. Klausnitzer, B. & Sprecher-Uebersax, E. (2008): Die Hirschkäfer oder Schröter (Lucanidae). 4., stark bearbeitete Auflage Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 551, Westarp Wissenschaften Hohenwarsleben, 161 S., 97 Abb. Klausnitzer, B. (2011): Der Hirschkäfer Lucanus cervus. Insekt des Jahres Deutschland Österreich Schweiz. Faltblatt, Kuratorium Insekt des Jahres (Hrsg.). Klausnitzer, B. (2012 a):»insekt des Jahres«2012. Der Hirschkäfer (Lucanus cervus) (Coleoptera: Lucanidae). Nachrichtenblatt der Bayerischen Entomologen 61 (1/2), S Klausnitzer, B. (2012 c): Der Hirschkäfer Symbol für naturnahe Umwelt. Unser Wald 2012 (2), S Klausnitzer, B. (2012 d): Der Hirschkäfer (Lucanus cervus (Liaeus, 1758))»Insekt des Jahres«2012 (Coleoptera, Lucanidae). Entomologische Nachrichten und Berichte 56 (1), S Klausnitzer, B. (2013): Der Hirschkäfer, (Lucanus cervus Liaeus, 1758) in der Oberlausitz gestern, heute, morgen (?). Berichte der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz 21, S Nüssler, H. (1967): Unser Hirschkäfer und seine Verbreitung in Sachsen. Naturschutzarbeit und naturkundliche Heimatforschung in Sachsen 9 (3), S Klausnitzer, B. (2012 b): Der Hirschkäfer (Lucanus cervus)»insekt des Jahres«2012. Entomologische Zeitschrift 122 (1), S Literatur
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20 Herausgeber: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Pillnitzer Platz 3, Dresden Telefon: Telefax: Redaktion: Abteilung Naturschutz, Landschaftspflege Telefon: Telefax: Autoren: Prof. Dr. Dr. h. c. Bernhard Klausnitzer Institut für Ökologie und Entomologie Dr. Jan Stegner StegnerPlan / Büro für Landschaftsplanung und Naturschutz Fotos: Titelseite (Kommentkampf zweier Hirschkäfermächen) Foto: H. Rothacher Ienteil: alle Bilder ohne Angabe von Bildautor: J. Stegner Gestaltung: Sandstein Kommunikation GmbH Druck: Lausitzer Druckhaus GmbH Redaktionsschluss: Auflage: Exemplare Papier: gedruckt auf 100 % Recycling-Papier Bezug: Diese Druckschrift ka kostenfrei bezogen werden bei: Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung Hammerweg 30, Dresden Telefon: Telefax: publikationen@sachsen.de Verteilerhinweis Diese Informationsschrift wird von der Sächsischen Staatsregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von politischen Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfern zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zur Verwendung bei der Wahlwerbung.
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