ReiseSpecial. Fotopraxis Aufgabe & Lösung

Transkript

1 ReiseSpecial Fotopraxis Aufgabe & Lösung 1 Mädchen mit Topfdeckel als Regenschirm: Nikon D2Xs, ISO 400, Blende 4,5, 1 /80 s, AF-S Nikkor 2,8/ bei 200 mm (300 mm bei DX- Format) 54 ColorFoto 7/2012 Fotos: Maximilian Weinzierl

2 Fotos im Regen Schlechtwetter-Aufnahmen: Denken wir an Urlaub und Reisen, dann haben wir meist schönes Wetter vor unserem geistigen Auge. Doch hin und wieder sind auch ein paar Regen tage hinzunehmen kein Grund, in diesem Fall die Kamera auf dem Hotelzimmer zu lassen, ganz im Gegenteil. Maximilian Weinzierl zeigt an einigen Beispielen, dass manchmal gerade bei Schlechtwetter die interessantesten Bilder entstehen können. ColorFoto 7/

3 Fotopraxis Aufgabe & Lösung Als wir uns am Morgen von unserer Unterkunft, einer Holzbaracke im Amazonas-Regenwald in Ecuador, aufmachen, um den Dschungel zu Fuß zu erkunden, herrscht noch eitel Sonnenschein. Dann, am späten Vormittag, ein heftiger Schauer. Nichts Ungewöhnliches im Regenwald, das findet mehrmals täglich statt, dagegen ist man gewappnet mit Regenponcho, Gummistiefeln und wasserdichter Kameratasche. Erfahrungsgemäß ist das Spektakel in 20 bis 30 Minuten wieder vorbei. Diesmal nicht. Wir, drei Fotografen und ein heimischer Führer, haben glücklicherweise am Rande eines Huaorani- Dorfes (kleines Bild) einen leidlich überdachten Lagerplatz als Unterstand erreicht und sitzen nun hier auf dem Boden und warten ab. Es gießt schon seit vier Stunden wie aus Kübeln, und sonst tut sich gar nichts, kein Vogel, kein Insekt, kein Mensch ist zu sehen drei Fotografen ohne Motive im Regenwald. Dann plötzlich öffnet sich in einer entfernten Wellblechhütte der Eingang, und ein rot gekleidetes Mädchen tritt heraus, um den Weg entlang zu gehen. Als Regenschutz balanciert es einen großen Kochtopfdeckel auf dem Kopf. Ich hatte gerade eine 300er- Brennweite (KB-äquiv.) an der Kamera, und es entstand eines meiner Lieblingsbilder dieser Reise (Abb. 1). Während eines Philippinen-Aufenthalts mit Freunden führt uns die Reise für ein paar Tage nach Donsol ans Meer, und es regnet hier fast ununterbrochen. Es ist grau und nass, und Taifune jagen über die Insel. In einer vermeintlichen Regenpause entsteht der Entschluss, einen Strandspaziergang zu machen, und die Frage, ob man die Kamera überhaupt mitnehmen soll. Schließlich wird die Kamera vorsorglich in eine Plastiktüte gepackt. Unterwegs setzt wieder strömender Regen ein, und wir suchen Schutz in einer Hütte am Strand. Während wir aufs Meer hinaus starren, kommen zwei Strandspazier- 3 Strandspaziergänger im Regenschauer: Nikon D700, ISO 400, Blende 14, 1 /100 s, AF-S Nikkor 2,8/24 70 bei 45 mm, Serienbildmodus 56 ColorFoto 7/2012

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5 Fotopraxis Aufgabe & Lösung Warten auf das Regenende: Nikon D700, ISO 200, Blende 8, 1 /100 s, AF-S Nikkor 2,8/24 70 bei 27 mm, Blitzaufhellung 3 Kommentar Maximilian Weinzierl Fotograf und Bildbearbeitungsexperte Foto: Anton Meier Schlechtes Wetter kein Grund, die Kamera zu Hause zu lassen. Die meisten Kameras sind robuster, als man denkt, und ein Regen schutz und sei es nur eine Plastiktüte ge hört in jede Kameratasche (zur Not nehmen Sie die Einmalduschhaube vom Hotel). Regenmotive sind sehr fotogen, gerade weil sie nicht alltäglich sind. gänger des Weges, die mit farbenfrohem Plastikumhang dem Unwetter trotzen. Die pinkfarbenen Sandaletten in der Hand und die saftig grüne Strandpflanze sind das i- Tüpfelchen in diesem Bild (Abb. 2). Es beschreibt perfekt die Atmosphäre der Situation, man hätte die Szene nicht besser inszenieren können. Die Kamera rattert los und nimmt eine ganze Serie von Bildern auf, von denen das gezeigte den optimalen Augenblick erfasst. Wenn ich da jetzt keine Kamera dabei gehabt hätte. Im Verlauf des weiteren Wartens auf das Regenende entsteht Bild 3. Hier leistet der eingebaute Aufklappblitz der Nikon D700 gute Dienste. Er ist um -1 1 /3 Blenden reduziert und bringt das Innere der Strandhütte zum Leuchten ansonsten wäre dieses, da auf den Meereshintergrund belichtet wurde (Spotmessung) nur als Silhouette sichtbar. Der schwarze Lavastrand bei Vik, dem südlichsten Ort Islands (Abb. 4): strömender Regen und Windgeschwindigkeiten bis zu 90 km/h. Einige der Fotografen aus der Gruppe steigen erst gar nicht aus dem Bus, der uns hierher gebracht hat. Die paar Wagemutigen kauern am Boden zwischen den riesigen Gesteinsbrocken. Ich lege die Kamera auf einen der Steine und presse sie fest auf den Untergrund. Gut, dass die Nikon D700 gegen Feuchtigkeit abgedichtet ist, ich kann sie hier nur mit meinem Anorakärmel gegen die Nässe schützen. Es entstehen in kurzer Zeit beeindruckende Aufnahmen von haushohen Wassermassen, die mit ungeheuerlicher Wucht gegen den Felsen donnern. Die Kamera macht im Serienmodus an die 400 Bilder, später im Trockenen kann ich dann die schönste Wasserformation aussuchen. Schmuddelwetter im Urlaub kann also die fotografische Herausforderung schlechthin sein. Neue Motive jenseits der Eitel-Sonnenschein-Bilder sind die Belohnung für das Wagnis, bei Unwetter mit der Kamera loszuziehen. Sie werden bald einen Blick für diese Schlechtwetter-Motive entwickeln; nur wasserscheu dürfen Sie dabei nicht sein. Maximilian Weinzierl 58 ColorFoto 7/2012

6 Haushohe Brandung bei Regen und Sturm: Nikon D700, ISO 2500, Blende 2,8, 1 /250 s, AF-S Nikkor 2,8/ bei 110 mm, Anorakärmel als Kameraschutz 4 ColorFoto 7/