Zeit zum Umdenken. Von Metallschmelze- auf Wasserstoffabschrecktechnologie. Fachbericht VERGÜTETECHNOLOGIE VON BANDSTAHL TECHNOLOGIE

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1 Fachbericht Zeit zum Umdenken Von Metallschmelze- auf Wasserstoffabschrecktechnologie Autor: Sascha Eppensteiner Lesezeit 3 50 VERGÜTETECHNOLOGIE VON BANDSTAHL Vergüteter Bandstahl findet seine Anwendung in einem weit gefächerten Einsatzspektrum, welches von Gütern des täglichen Bedarfs bis hin zu Hochleistungswerkzeugen und Sicherheitsbauteilen reicht. Die Anforderungen an das Produkt sind komplex und reichen von spezieller Gefügeausbildung, größtmöglicher Homogenität, präziser Festigkeitstoleranz über extreme Planheit und Formtoleranz bis hin zu spezieller Oberflächenbeschaffenheit. TECHNOLOGIE Das kontinuierliche Vergüten von un-/niedriglegierten Kohlenstoff-Stahlbändern und martensitischen Chrom- Stahlbändern in Wasserstoff-Abschrecksystemen oder Flüssigmetallbädern hat sich weltweit durchgesetzt. In einer kontinuierlichen Stahlband-Vergüteanlage können un- und niedrig legierte Kohlenstoff-Stahlbänder nach dem Austenitisieren nach folgenden Technologien umgewandelt werden: In der Martensitstufe mit Härte-, Bügel- und Anlassvorgang zur Erzeugung von Hand- und Bandsägen, Steingattersägen, Kreissägen, Federn, Blattventilen, Werkzeugen, etc. In der Bainitstufe (Bainitisieren) mit isothermischer Umwandlung in der Bainit-Umwandlungsstrecke und nachfolgenden Ofenaggregaten, zur Erzeugung von gut biege- und stanzfähigen Bauteilen wie Stanzmesser, Schneid-/Prägelinien, Präzisionsteile für die Automobilindustrie, etc. In der Perlitstufe (Sorbitisieren) mit isothermischer Umwandlung in der Sorbit-Umwandlungsstrecke, zur Erzeugung von Sicherheitsgurtfedern für die Automobilindustrie, Kabeltrommelfedern, hochfesten Spiralfedern, etc. Rostfreie Stahlbänder (Chrom-Martensite) werden in der Martensitstufe mit Anlassvorgang umgewandelt und dienen zur Erzeugung von Blattfedern für Kompressoren und Kühlaggregate, Werkzeuge, Teile für die Besteckindustrie, etc. 6

2 Vergüten von Bandstahl WEITERE ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN SIND: Glühzyklen für Mehrphasenstähle mit Abschreckgradienten >200 K/s.mm und anschließender Umwandlung zur Erzeugung von DP-, CP-, TRIP-, Q+P-Stählen für Anwendungen in der Automobilindustrie. Normalisierungsglühungen mit eingeschränkten Abkühlgradienten (< 25 K/s) zur Erzeugung von zipfelfreien Materialien (z. B. Batteriehülsenband). Rekristallisationsglühungen von z.b. LC-Stählen mit Abschreckung und anschließendem Überaltern. Durch gut durchdachte und flexible Anlagenkonzepte besteht die Möglichkeit zur Kombination mehrerer Technologien auf einer einzigen Anlage. Dies gewährleistet eine sehr wirtschaftliche Anlagenauslastung. ANLAGENKONZEPT MIT HICON/H 2 Q WASSERSTOFF-ABSCHRECKTECHNOLOGIE Un-/Niedrig legierte Kohlenstoff-Stahlbänder benötigen eine sehr hohe Abschreckgeschwindigkeit, welche in der Vergangenheit nur durch den Einsatz von Flüssigmetallbädern zu erzielen war. Die Erfahrung aus der Vielzahl gelieferter Metallschmelze-Kühlbädern mit der innovativen Zwei-Stufen Härtung wurde in mehrjähriger Entwicklungsarbeit nahtlos in die Gasabschrecktechnologie transferiert und als HICON/ H 2 Q - Technologie (= High Convection / H 2 Hydrogen Quench) erfolgreich im Markt etabliert. Schematischer Aufbau einer Martensit-Blankvergütelinie mit HICON/H 2 Q -Abschrecktechnologie 1. Bandbremse 2. Eintrittsdichtung mit integrierter Sicherheitstechnik 3. Austenitisierungsofen 4. HICON/H 2 Q - Wasserstoff Abschreckeinheit 5. Austrittsdichtung mit integrierter Sicherheitstechnik 6. Martensit-Kühlstrecke 7. Bügelofen 8. HICON Anlassofen 9. HICON Schutzgas-Jetkühler 7

3 Fachbericht Diese Technologie eröffnet Anlagenbetreibern zahlreiche Möglichkeiten das angestammte Produktspektrum mit besserer Oberflächenqualität zu produzieren und auch um weitere anspruchsvolle Produkte zu erweitern bzw. neue Industrien beliefern zu können. Der Einsatz einer Blei-/Wismuth Legierung als Abschreckmedium wird komplett eliminiert. Dadurch ist es möglich, ein völlig neues Premium-Produkt - bleifrei vergüteter Bandstahl - für die Lebensmittelindustrie, Automobilindustrie, etc. zu erzeugen. Umweltrichtlinien oder spezielle Kundenanforderungen, welche auch minimale Bleirückstände noch weiter beschränken sind kein Thema mehr. Die Wasserstoff-Vergütung ist mit geringeren Betriebskosten als die Vergütung mit Flüssigmetall durchzuführen, da weitaus weniger verschleißende Betriebsmittel notwendig sind. Der Wasserstoff wird über ein gasdichtes Hochleistungs- Umwälzgebläse symmetrisch von oben und unten auf das Band geblasen. Verstellbare und stufenlos abdeckbare Spezialdüsen gewährleisten eine extrem hohe und gleichmäßige Abkühlrate und ermöglichen ein temperaturmäßiges Abfangen des Bandes. Das Gas wird über einen Wärmetauscher rückgekühlt und im Kreis geführt. Das bedeutet, die benötige Frischgasmenge ist gering. Die Ein- und Austrittsdichtungen sind als Sicherheitsdichtungen ausgeführt und in das übergeordnete Sicherheitskonzept integriert. Die Reaktionszeit der HICON/H 2 Q -Abschreckeinheit für Betriebsparameterumstellungen ist um ein Vielfaches kürzer als beim trägen Metallschmelze-Kühlbad. Dies bedeutet ein Minimieren der Schrottlängen nach der Schweißnaht, was eine weitaus höhere Ausbringrate ermöglicht. Durch spezielle Prozessführung im Abschrecksystem und in Zusatzaggregaten sind auch Isothermumwandlungen wie Bainitisieren und Sorbitisieren möglich. Als technologischer Vorteil gegenüber dem Metallschmelze-Kühlbad stellt sich die deutlich kürzere Strecke vom Austritt aus dem Härteofen durch das Düsensystem (1. Kühlstufe) bis hin zur Martensitbildungsstrecke (2. Kühlstufe), dar. Diese 2. Kühlstufe kann mit dem fortschrittlichen FLEXFLAT System ausgeführt werden. Mit diesem speziellen Richtsystem wird mittels einer stufenlos formänderbaren Kühlplatte während der Martensitumwandlung direkt Einfluss auf die Bandform genommen. Ein perfektes Planheitsergebnis kann leicht reproduzierbar erzielt werden. Durch die kurzen Reaktionszeiten der HICON/H 2 Q - Abschreckeinheit und dem Einsatz der formänderbaren Kühlplattentechnologie (FLEXFLAT System) ist eine Kombination mit einem Planheitsmesssystem möglich. Dies ermöglicht rasche Eingriffe in die Planheitsparameter sowie zukünftig eine automatische Optimierung der Bandplanheit. Die Kombination der beiden Technologien setzt hinsichtlich der erzielbaren Oberflächenqualität, Planheit und Produktivität neue Maßstäbe. Derzeit eventuell erforderliche Prozessschritte, wie Schleifen oder Polieren können entfallen, da an den Bändern keine Bleireste haften und die schöne kaltgewalzte Oberfläche erhalten bleibt. Wenn eine geschliffene oder polierte Oberflächenstruktur gewünscht wird, kann diese mit viel weniger Aufwand erzeugt werden. Der Abschreckteil wird entweder horizontal oder vertikal, jedenfalls ohne ein Umlenken des Bandes, durchfahren. Dies bringt die Bandrissgefahr gegen Null und erhöht die Verfügbarkeit der Anlage signifikant. 8

4 Vergüten von Bandstahl Ansicht einer HICON/H2Q Abschreckeinheit einer horizontalen Blankvergütelinie zum MartensitVergüten von un-/niedrig legierten Kohlenstoff-Stahlbändern sowie martensitischen Chromstählen Ansicht einer Martensit-Kühlstrecke mit FLEXFLAT Richtsystem zum Martensit-Vergüten von un-/niedrig legierten Kohlenstoff-Stahlbändern Horizontale Blankvergütelinie mit HICON/H2Q Abschrecktechnologie zum MartensitVergüten von un-/niedrig legierten Kohlenstoff-Stahlbändern sowie martensitischen Chromstählen HICON J o u r n a l 9

5 Fachbericht Vergleich der Produktivität und der Betriebskosten der HICON/H 2 Q Technologie gegenüber der Metallschmelze-Technologie am Beispiel einer Anlage mittlerer Größe (Type BVHg 65/25/1100 M). Art der Abschreckung Metallschmelze- Abschreckung (MMQ) HICON/H 2 Q Wasserstoff- Abschreckung VORTEILE / NACHTEILE HICON/H 2 Q vs MMQ Vergleich der Produktivität Arbeitsstunden/Jahr [h/a] Durchschnittliche Durchsatzleistung [kg/h] auf Basis durchschnittl. Durchschnittliche Ausbringungsrate [%] 90,4 96,1 Bundaussendurchmesser von 1500 mm Durchschnittliche netto Leistung [t/a] ,0% Vergleich der Betriebskosten (1. Jahr) Kosten der Verbrauchsstoffe pro Jahr pro Tonne [EUR/a] [EUR/t] , , Kosten der Medien (NG, H 2, N 2, HN-mix, Strom) pro Jahr pro Tonne [EUR/a] [EUR/t] ,7 51, ,3 58,

6 Vergüten von Bandstahl MODERNISIERUNG BESTEHENDER ANLAGEN Die HICON/H 2 Q Wasserstoff-Abschrecktechnologie kann auch als Ersatz für das Metallschmelze-Kühlbad in eine bestehende Anlage integriert werden. Es ist ebenso möglich dieses Konzept in Fremdanlagen zu integrieren, dazu ist jedoch eine genaue Betrachtung des jeweiligen Einsatzfalls notwendig. Ein Umbau auf Wasserstofftechnologie stellt sich wie folgt dar: neue Eintrittsdichtung integrierter Sicherheitstechnik diverse Umbauteile für den Austenitisierungsofen neue gasdichte HICON/H 2 Q Abschreckeinheit neues gasdichtes Hochleistungskühlgebläse mit Wärmetauscher neue Austrittsdichtung integrierter Sicherheitstechnik neuer Ventilstand zur Wasserstoff-/Stickstoff-/Kühl-/Notwasserverteilung neue Druckregelung für Wasserstoff-/Stickstoff zugehörige elektrische Ausrüstung mit Sicherheitsfunktionen Im Zuge eines solchen Modernisierungsvorhabens bietet es sich an auch andere Anlagenkomponenten zu optimieren. Dabei bestehen folgende Möglichkeiten: neues Rollen-Auflagesystem für den Austenitisierungsofen um ein besseres Oberflächenergebnis zu erzielen. neue modulare Martensitbildungsstrecke mit stufenlos formänderbaren Kühlplattensystem (FLEXFLAT System) um ein besseres Planheitsergebnis zu erzielen. neuer direkt elektrisch beheizter Bügelofen um die Temperaturgleichmäßigkeit zu erhöhen und somit das Planheitsergebnis zu verbessern sowie um mehr Platz zu schaffen, da das Heißluftheizungsrohr vom Austenitisierungsofen zum Bügelofen entfallen kann. neues Rollen-Auflagesystem für den Anlassofen um ein besseres Oberflächenergebnis und Planheitsergebnis zu erzielen. neues Planheitsmesssystem um in Kombination mit der flexiblen Kühlplattentechnologie (FLEXFLAT System die Ausbringrate weiter zu optimieren, sowie eine Qualitätssicherungseinrichtung Inline zu realisieren. Umbau einer bestehenden Anlage mit Ölbad-Abschreckung zu einer Anlage mit HICON/H 2 Q -Abschrecktechnologie zum Martensit- Vergüten von un-/niedrig legierten Kohlenstoff-Stahlbändern FAZIT Es stehen ein umfangreiches Paket an Anlagenkonzepten bzw. Modernisierungskonzepten zur Verfügung um das anspruchsvolle Produkt vergüteten Bandstahl in Top - Qualität wirtschaftlich herstellen zu können. Ein modularer Anlagenaufbau erlaubt die Kombination mehrerer Technologien auf einer Anlage, damit kann eine sehr große Palette von Produkten abgedeckt werden. 11