Goethe an Schiller, Weimar, 6. Dezember 1794

Transkript

1 S. 1 Goethe an Schiller, Weimar, 6. Dezember 1794 GSA 28/1046 Bl 1r Geburt und Tod eines Kindes: Carl von Goethe

2 Geburt und Tod eines Kindes: Carl von Goethe

3 Geburt und Tod eines Kindes: Carl von Goethe Am 25. Oktober 1795 teilte Goethe Schiller die bevorstehende Niederkunft seiner Geliebten Christiane Vulpius mit, wie gewöhnlich, ohne sie selbst zu nennen (40). Schiller gratulierte im Voraus (41), noch ehe Goethe am 1. November die Geburt seines zweiten, wiederum nach dem Herzog benannten Sohnes Carl mitteilen konnte (42). Vier Tage später fuhr er dienstlich nach Jena, wo er täglich mit Schiller zusammentraf. Am 10. November feierte man gemeinsam dessen 36. Geburtstag. Am selben Tag erreichten Goethe schlechte Nachrichten von Christiane: Carl sei sehr matt und schlafe den ganzen Tag, sie mache sich große Sorgen. Umgehend reiste Goethe nach Weimar zurück. Am 17. November 1795 meldete er Schillers Frau Charlotte knapp den Tod des Knaben, um sofort zum Tagesgeschäft überzuleiten (43). Schiller kondolierte drei Tage später (44). In seiner Antwort gab Goethe einen ungewöhnlich tiefen Einblick in sein Seelenleben (45).

4 (40) Brief Goethe an Schiller, Weimar, 25. Oktober 1795 GSA 28/1047 Bl 120r S. 1 Heute komme ich nicht, mein Lieber, aber ich hoffe bald. Jeden Tag erwarte ich einen neuen Weltbürger in meinem Hause, den ich doch gern freundlich empfangen möchte. [...]

5 (41) Brief Schiller an Goethe, Jena, 26. Oktober 1795 GSA 28/1047 Bl 122r S. 1 Jena den 26. 8br. 95. Zu dem neuen Hausgenossen gratulire ich im Voraus. Laßen Sie ihn immer ein Mädchen seyn, so können wir uns noch am Ende miteinander verschwägern.

6 (42) Brief Goethe an Schiller, Weimar, 1. November 1795 GSA 28/1047 Bl 125r S. 1 Statt eines artigen Mädchens ist endlich ein zarter Knabe angekommen und so läge denn eine von meinen Sorgen in der Wiege. Nun wäre es an Ihnen, zu Bildung der Schwägerschaft und zu Vermehrung der dichtrischen Familie für ein Mädchen zu sorgen. Ich komme nun bald und bedarf wirklich eines Gesprächs wie ich es mit Ihnen führen kann, ich habe Ihnen viel zu sagen.

7 (43) Brief Goethe an Charlotte Schiller, Weimar, 17. November 1795 Freies Deutsches Hochstift, Hs-9548 S. 1 Das arme Kleine hat uns gestern schon wieder verlassen und wir müssen nun suchen durch Leben und Bewegung diese Lücke wieder auszufüllen. Hierbey kommen drey Exemplare des dritten Bandes [von Wilhelm Meister ] 1 für Sie 1 für Prof Huflands 1. für Humbold. Die versiegelten Päckchen bitte auch bestellen zu lassen. Zugleich folgen einige Zeichnungen die Sie mit Nutzen nachahmen werden. Wenn ich Sie wieder sehe hoffe ich über Original und Copie mit Ihnen weitläufig zu seyn. Heute nicht mehr. Leben Sie wohl, grüßen Sie Schillern bestens. W. d. 17 Nov G

8 (44) Brief Schiller an Goethe, Jena, 20. November 1795 GSA 28/1047 Bl 130r S. 1 Den 20. Nov. 95. Den Verlust, den Sie erlitten, haben wir herzlich beklagt. Sie können sich aber damit trösten, daß er so früh erfolgt ist, und mehr Ihre Hofnung trifft. Ich könnte mich schwer darein finden, wenn mir mit meinem Kleinen jetzt noch ein Unglück begegnete.

9 (45) Brief Goethe an Schiller, Weimar, 21. November 1795 Schreiberhand (Johann Jakob Ludwig Geist) GSA 28/1047 Bl 134r S. 4 Die ästhetische und sentimentale Stimmung ist in diesem Augenblick ferne von mir, was denken Sie wie es dem armen S. 5 Roman gehen werde? Ich brauche die Zeit indessen wie ich kann und es ist bey der Ebbe zu hoffen daß die Fluth wiederkehren werde. Ich erhalte Ihren lieben Brief und danke für den Antheil dessen ich schon versichert war. Man weiß in solchen Fällen nicht ob man besser thut sich dem Schmerz natürlich zu überlassen, oder sich durch die Beyhülfen die uns die Cultur anbietet zusammenzu nehmen. Entschließt man sich zu dem letzten, wie ich es immer thue, so ist man dadurch nur für einen Augenblick gebessert und ich habe bemerkt daß die Natur durch andere Crisen immer wieder ihr Recht behauptet.

10 Zweiheit im Einklang Erkundung des Briefwechsels zwischen Goethe und Schiller Ausstellung im Frankfurter Goethe-Haus vom 7. Mai bis 26. Juni 2011 Die gezeigten Handschriften stammen (mit Ausnahme der Nummern 14, 18 und 43) aus dem Goethe- und Schiller-Archiv, Klassik Stiftung Weimar (GSA) Zur Ausstellung ist an der Kasse erhältlich: Zweiheit im Einklang. Der Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe. Von Silke Henke und Alexander Rosenbaum Ausstellungsgestaltung: Sounds of Silence (Petra Eichler, Susanne Kessler) Grafik: desres (Michaela Kessler, Kristina Voll) Wandmalerei: Dani Muno Restauratorische Betreuung: Waltraut Grabe Konzept: Konrad Heumann, Bettina Zimmermann Frankfurter Goethe-Haus / Freies Deutsches Hochstift 2011 Gefördert von:

11 (1) Brief [nicht ausgestellt]