Predigt zu Matthäus 3, Taufe Jesu 1. Sonntag nach Epiphanias 2015 Kreuzkirche + Dom 1

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1 Predigt zu Matthäus 3, Taufe Jesu 1. Sonntag nach Epiphanias 2015 Kreuzkirche + Dom 1 Johannes, ich möchte, dass Du mich taufst! Wer bist Du? und woher kommst Du? Mein Name ist Jonas Ben - Jesse. Ich bin aus Jericho. Und, weshalb willst Du getauft werden? Meister, ich habe Deine Predigt gehört. Du hast recht damit, dass ich mit dem, was ich getan habe, nicht vor Gott bestehen kann. Gott weiß es ja sowieso, da brauche ich es vor Dir nicht zu verheimlichen. Ich habe in meinem Beruf Andere betrogen. Als Zöllner habe ich die Macht, die Höhe der Abgaben festzulegen, die andere zu zahlen haben. Und da habe ich etwas für mich abgezweigt. Nicht zu viel, damit es nicht auffällt. Aber es reicht, um Unrecht genannt zu werden. Kann Gott mir vergeben? Darf ich noch einmal neu anfangen? Jonas, wenn es Dir ernst ist, wenn Du wirklich ablässt von deiner Sünde, dann taufe ich Dich. Dann sieht Gott Dich an, als wäre nie etwas geschehen. Dann tauf mich, Johannes! Bitte. Johannes, nur die Taufe kann mir wieder Hoffnung geben. Wer bist Du? Was hast Du getan? Ich heiße Simon und stamme aus Gamla in Galiläa. Ich habe meine Familie verlassen und bin mit den Aufständischen gegangen. Wir haben Patrouillen überfallen. Ich habe getötet. Und auch geraubt. Davon haben wir gelebt. Die Römer jagen mich als Terroristen. Wenn sie mich finden, bin ich tot. In der Gruppe waren wir uns einig, dass wir nur durch Gewalt gegen die Feinde die Ehre Gottes herstellen können. Die Besatzer beschmutzen unser Land. Sie verachten den Gott Israels und verführen das Volk. Simon, all das weiß ich. Und ich gebe Dir in Deinem Urteil recht. Trotzdem Gewalt ist nicht der Weg, den Gott uns weist.

2 Predigt zu Matthäus 3, Taufe Jesu 1. Sonntag nach Epiphanias 2015 Kreuzkirche + Dom 2 Ich weiß, Meister. Deshalb bin ich ja hier. Mir ist klar geworden, dass ich mit meiner Ungeduld den Weg des Glaubens verlassen habe. Ich will umkehren und neu anfangen. Dann taufe ich Dich, Simon aus Gamla. Johannes, wird Gott mir vergeben, wenn ich mich taufen lasse? Wer bist Du, dass Du mir diese Frage stellst? Ich heiße Rebekka. Seit acht Jahren bin ich eine Witwe. Und habe keinen neuen Mann gefunden. Weißt Du, wie die Männer sind? Sie suchten ihr Vergnügen mit mir sie haben mich dafür bezahlt. Von irgendwas muss ich ja leben. Es ist so demütigend. Und ich weiß Gott verzeiht mir das nicht. Hast Du eine Hoffnung für mich? Rebekka, wenn Dir Deine Schuld von Herzen leid ist. Wenn Du Dich taufen lässt und den Weg der Sünde verlässt dann darfst Du bei Gott neu beginnen. Dann tauf mich, Johannes, bitte! Im Namen Gottes, des Allmächtigen und Barmherzigen. Johannes, ich habe immer nur das Beste für unser Volk gewollt. Aber Du spürst, dass Du jetzt auf einem falschen Weg bist, Lutz? Weißt Du, Johannes, ich fühle mich nicht wirklich schuldig. Ich habe nichts Böses getan. Aber mich treibt eine unbändige Angst um. Die Angst, dass die Fremden in unserem Land Überhand nehmen. Dass sie unser Land mit ihrem falschen Glauben überschwemmen. Und irgendwann gibt es hier mehr Moscheen als Kirchen. Und dann führen sie die Scharia ein anstelle des Grundgesetzes. In den Schulen sind sie schon fast in jeder Klasse. Die Fremden haben mehr Kinder als wir. Das macht mir Angst. Lutz, Du merkst, wie schwer es fällt, zu glauben, dass Gott alle Menschen geschaffen hat und liebt? Am liebsten hättest Du, wenn die

3 Predigt zu Matthäus 3, Taufe Jesu 1. Sonntag nach Epiphanias 2015 Kreuzkirche + Dom 3 Leute, die Dir fremd sind, verschwinden würden. Ja, das wäre das Beste. Vielleicht würde ich dann auch wieder Arbeit finden. Und könnte selber für meine Familie sorgen. Ist das nicht auch der Wille Gottes? So einfach ist es leider nicht, Lutz. Gott hat auch die geschaffen, die Dir fremd sind. Auf die Straße gehen, damit Andere vertrieben werden und sich dann auf Gott berufen? Das geht so nicht. Johannes, Gott ist mir wichtiger. Auch, wenn ich immer noch Angst habe taufst Du mich? Und Du? Wer bist Du, dass Du um die Taufe bittest? Jesus ist mein Name. Ich komme aus Nazareth in Galiläa So beginnt der Bericht von der Taufe Jesu im Matthäus-Evangelium. Eines Tages kam auch Jesus von Galiläa herunter an den Jordan. Er wollte, dass Johannes ihn taufte. Doch Johannes entgegnete ihm: Ich bin derjenige, der es nötig hätte, getauft zu werden, nicht du! Aber Jesus bestand darauf: Tu es. Gott will damit deutlich machen, wie er in Zukunft Menschen von ihrer Schuld befreien und annehmen möchte. Da taufte Johannes Jesus im Jordan. In dem Augenblick, als Jesus nach der Taufe aus dem Wasser stieg, öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabschweben. Gleichzeitig war eine Stimme zu hören: Dies ist mein Sohn, den ich über alles liebe. Ihr Lieben, Fragen, die mich in den vergangenen Tagen beschäftigen sind diese: - Wie lautet die christliche Antwort auf den islamistischen Terror? - Wo ist Jesus, wenn Christen im Namen Allahs ermordet werden? Gerade der Bericht von der Taufe Jesu hilft mir, zu Antworten zu kommen. In was für eine Gesellschaft hat Jesus sich begeben, als er sich taufen ließ!

4 Predigt zu Matthäus 3, Taufe Jesu 1. Sonntag nach Epiphanias 2015 Kreuzkirche + Dom 4 Wer sich damals von Johannes hat taufen lassen, der war nicht stolz darauf. Die Taufe war ein Bekenntnis dazu, dass man zu den Verlierern gehörte. Verlierer vor Gott weil man Seine Gebote mit Füßen getreten hatte. Ein Taufkandidat war damit auch Verlierer in der anständigen, frommen Gesellschaft. Und jetzt kommt Jesus und bittet darum, sich taufen lassen. Er, der Sohn Gottes, macht sich den Sündern gleich. Den Verlierern. Leuten, die es nötig haben, umzukehren von Wegen der Schuld, auch des religiösen Fanatismus. Das wäre ungefähr so, als wenn der Papst eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung einreichen würde. Das geht gar nicht! Doch, sagt Jesus. Gerade so wird deutlich, wo Gott zu finden ist. Ich bin Charlie Millionen Menschen haben so ein Schild getragen. Und damit den Tätern von Paris und ihren Gesinnungsgenossen deutlich gesagt: Ihr könnt mich auch töten ich vertrete dieselben Werte! Mutig! Auch hier im Dom kann man sich dazu stellen. Manche haben Bedenken geäußert: Geht das? Dass wir uns solidarisieren mit einer Satirezeitschrift, die auch Christen übel durch den Kakao gezogen hat? Denen offenbar nichts heilig ist? Wer ist unser Freund? Wer ist unser Feind? Wie lange noch halten wir es durch, nicht mit Gewalt zu antworten? Auf Terror und Mord im Namen des Islam. Ich hab mich gestern schon ertappt bei dem Gedanken: Wie gut, dass die Attentäter von Paris tot sind. Wie leicht schleicht sich das Gift von Rache und Vergeltung in unsere Adern! Wie einfach und verlockend ist der Gedanke: Es gibt eben die Guten und die Bösen. Und wenn wir die sorgsam voneinander trennen dann ist die Welt in Ordnung. Doch Halt! Genau so argumentiert der selbst ernannte Islamische Staat.

5 Predigt zu Matthäus 3, Taufe Jesu 1. Sonntag nach Epiphanias 2015 Kreuzkirche + Dom 5 Oder die Mördertruppen des Boko Hanran das heißt: Westliche Bildung ist Sünde! Immer wieder: klare Unterscheidung zwischen gut und böse. Und das Böse muss dann eben bekämpft werden. Wie nah sind sie sich doch mit den Pegida Aktivisten! Oder der Front National oder wie immer sie heißen, all diese radikalen Welterklärer. Es ist ein süßes, gleichwohl tödliches Gift - diese Gedanken. Immer wieder das gleiche Muster: Wir sind gut und richtig Die Anderen sind im Irrtum, oder gar bewusst böse und uns feindlich. Also: Greift zu den Waffen! Ist das etwa falsch? Finden sich diese Gedanken nicht auch in der Bibel? Ja, es gibt sie auch in der Bibel. Der Täufer Johannes war ein radikaler Prediger. Er wusste, was gut war und was falsch. Er hat es benannt und zur Umkehr gerufen. Aber eben nicht zu den Waffen! Das ist der Unterschied. Wer ihn hörte, erkannte das Böse bei sich und nicht bei den Anderen. Das ist der Unterschied. Niemand wird zum Terroristen, weil er die Bibel oder den Koran liest. Schaut man auf die Herkunft jener selbsternannten Gotteskrieger, dann wird deutlich: Es sind Erfahrungen von Demütigung, die Menschen zu Terroristen werden lassen. Wo respektvoller Umgang verwehrt wird, da wird die Saat der Gewalt gesät. Der weltweite Terrorismus es sind immer wieder dieselben Wurzeln. Und jetzt kommt Jesus und lässt sich taufen. Damit unterstreicht er, dass er genau diesen Weg nicht geht. Er stellt sich zu denen, denen Respekt und Anerkennung verweigert werden. In der Nachfolge von Jesus kann nur das die Antwort auf Terror sein: Allen Menschen in der Liebe Gottes begegnen.

6 Predigt zu Matthäus 3, Taufe Jesu 1. Sonntag nach Epiphanias 2015 Kreuzkirche + Dom 6 Gerade auch, wenn das gefährlich oder riskant wird. Niemand kann sich auf Gott berufen und gleichzeitig zur Gewalt greifen. Das hat Jesus nie getan. Richtig ist: es gibt Gutes und Böses. Das kann und soll man auch benennen. Ja, Christen sollen auch zur Umkehr einladen, müssen auch mahnen. Denn Umkehren, das müssen wir alle! Nicht nur die Anderen. Und wir können umkehren! Weil Jesus die Gerechtigkeit selber erfüllt hat. Für mich und für jeden Anderen. Seine Taufe ist die Mahnung, dass wirklich jeder die Taufe braucht. Sie ist das Bekenntnis zur Umkehr. Heute würde Jesus sagen. Ich bin Charlie! Nicht, weil er wie dieses Blatt Gott und Glaube verhöhnen würde. Sondern weil er wie die Macher von Charlie Hebdo Opfer von Terroristen ist. Er stellt sich an die Seite der Opfer. Wo ist Gott in all dem Schrecken und Morden? Er ist an der Seite der Opfer da auf jedem Fall. Und deshalb ist das auch unser Platz. Er bewahre unsere Herzen davor, zu Tätern zu werden. Amen!