12. Regelungen Allgemeines

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1 140. Regelungen.1 Allgemeines Bauwerke und Bauteile waren schon immer so zu erstellen, dass insbesondere Leben, Gesundheit nicht gefährdet werden und kein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Zur Sicherstellung dieser Anforderungen wurden bereits 100 vor Christus in Vitruv s zehn Büchern über Architektur praktische Lösungsvorschläge für Befestigungsprobleme gegeben, die auf Erfahrungen beruhten. Weitere Regelungen über Zement finden sich im späteren römischen Baurecht, als Aufsichtsbeamte z.b. das Zubereiten von Mörtel überwachten. In Deutschland entstanden die ersten Regelungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Mit dem Zeitalter der Industrialisierung wurden neue Baustoffe wie z.b. der heutige Stahlbetonbau und damit neue Bauverfahren entwickelt. Handwerkliche Erfahrungen und die mündliche Wissensweitergabe konnten mit der Entwicklungsgeschwindigkeit im Bauwesen nicht mehr mithalten. Das Bauwesen wurde eine Wissenschaft. Die ersten Berechnungsmethoden für Bauwerke entstanden, und statische Berechnungen wurden durchgeführt. Der Einsatz dieser Berechnungsverfahren erforderte jedoch zuverlässige Angaben über die Festigkeitseigenschaften der verwendeten Baustoffe, d.h. die Baustoffe mussten in ihren Eigenschaften definiert werden. So entstand 1878 die erste Produktnorm für Portlandzement. Der Baustoff Portlandzement war damit im heutigen Sinn ein geregeltes Produkt..2 Bauaufsichtlich relevante Produkte Das Baurecht, das in Deutschland unter der Hoheit der Bundesländer steht, unterscheidet zwischen bauaufsichtlich relevanten Produkten, bei denen ein Versagen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen bedroht, und bauaufsichtlich nicht relevanten Produkten. Bauaufsichtlich nicht relevante Produkte sind z.b. Dübel zum Aufhängen von Bildern an Wänden. Hierfür werden keine bauaufsichtlichen Regelungen benötigt. Für den Einsatz von Bauprodukten in sicherheitsrelevanten Anwendungen werden jedoch Regeln benötigt. Die Eigenschaften, Form und Verwendung von Bauprodukten sind in technischen Regeln, z.b. Produktnormen festzuhalten. Beispiele für solche geregelten Bauprodukte sind z.b. Schrauben oder Fertigteilprodukte wie Betonpflastersteine. Es werden jedoch auch Bauprodukte, die von Normen oder technischen Bestimmungen abweichen oder für die es noch keine allgemein anerkannten technischen Regeln gibt, da sie noch nicht ausreichend erforscht sind, in der täglichen Bauprais in Bauwerken eingebaut. Diese werden als nicht geregelte Bauprodukte bezeichnet. Mit einem sog. Verwendbarkeitsnachweis können ungeregelte Bauprodukte allerdings auch für bauaufsichtlich relevante Anwendungen eingesetzt werden..3 Dübel Dübel werden dem ungeregelten Bereich zugeordnet, da der Bereich der Befestigungstechnik noch sehr großes Innovationspotential aufweist und daher auch bei weitem noch nicht abschließend erforscht ist. Der Verwendungsnachweis als Bauprodukt wird über eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, die durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt), Berlin erteilt wird, oder eine Europäisch Technische Zulassung (ETA), die entweder durch das DIBt oder eine andere europäische Zulassungsanstalt erteilt werden kann, erbracht. Hierzu werden die Dübel in zahlreichen Versuchen entsprechend dem später vorgesehenen Einsatzgebiet überprüft. Dabei werden zunächst die Funktion der Dübel unter den möglichen auf der Baustelle auftretenden Einflüssen aus der Dübelmontage und dem Verankerungsgrund (Beton, Mauerwerk) sowie ihre Zuverlässigkeit durch Überprüfung der während der Gebrauchsdauer auftretenden Belastungen auf Dübel und Bauwerk ermittelt. Hat ein Dübel diese prinzipiellen Eignungsversuche

2 Regelungen 141 bestanden, werden Versuche zur Festlegung der Anwendungsbedingungen, d.h. der Tragfähigkeit bei z.b. kleinen Abständen zur Bauteilkante oder bei Verankerung im gerissenen Beton durchgeführt. In Tabelle.1 sind einige ausgewählte Anwendungsgebiete, für die Zulassungen des DIBt oder eine ETA vorliegen, zusammengefasst. Für Befestigungen im Mauerwerk mit Injektionsdübeln werden in Zukunft ETA s erteilt Zulassungsbescheide, Anwendungsgebiete DIBt 1) ETA 2) ungerissener Beton ungerissener Beton, leichte Deckenbekleidungen gerissener und ungerissenerbeton Porenbeton Verankerung von Fassadenbekleidungen Verankerung leichter Deckenbekleidungen Verankerung von WDVS-Systemen Kunststoffdübel für Mehrfachbefestigungen Sicherung von 2-schaligem Mauerwerk 1) Nationale allgemeine bauaufsichtliche Zulassung 2) Europäische Technische Zulassung Tabelle.1: Ausgewählte Zulassungsbescheide und Anwendungsgebiete Die große Anzahl unterschiedlicher Zulassungen zeigt, dass es nicht ausreicht, für sicherheitsrelevante Anwendungen nur einen Dübel mit Zulassung zu fordern. Der ausgewählte Dübel muss mit seinem zugelassenen Anwendungsgebiet die Befestigungsaufgabe abdecken. Die Verwendung von Dübeln in einzelnen Anwendungsbereichen, die nicht über einen Zulassungsbescheid abgedeckt sind, kann über eine Zustimmung im Einzelfall erfolgen. Dafür ist ein Antrag bei der obersten Baurechtsbehörde des Landes, in dem sich das Bauobjekt befindet, zu stellen. Sie überprüft den Dübel hinsichtlich seiner Eignung für die vorgesehene Anwendung und stimmt nach positiver Beurteilung dem Einsatz für diesen einzelnen Anwendungsfall zu. Die Übereinstimmung eines Produkts mit einer Norm, einer Zulassung oder einer Zustimmung im Einzelfall wird in Deutschland durch das Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen bzw. CE-Zeichen) bestätigt. Es befindet sich auf der Verpackung oder der Packungsbeilage des Dübels..4 Europäische Harmonisierung Die deutschen Regelungen werden mit dem Zusammenwachsen von Europa zunehmend von europäischen Regelungen überlagert und nach Übergangsphasen abgelöst. Damit sollen Handelshemmnisse abgebaut werden. Aus diesem Grunde wurde die europäische Bauproduktenrichtlinie [2] geschaffen, die den freien Warenverkehr von Bauprodukten innerhalb der EG regelt. Sie stellt weiterhin sicher, dass nur brauchbare Produkte in den Warenverkehr gebracht und verwendet werden. Sie müssen folgende Anforderungen erfüllen: mechanische Festigkeit und Standsicherheit Brandschutz Hygiene, Gesundheit, Umweltschutz Nutzungssicherheit Schallschutz Energieeinsparung

3 142 Regelungen Danach dürfen Bauprodukte wie Dübel europaweit vermarktet werden, wenn sie brauchbar sind, die Konformität (Übereinstimmung) mit der Zulassung bescheinigt wurde, und das Produkt deshalb mit dem Konformitätszeichen, dem CE-Zeichen, gekennzeichnet ist. Dübel, die eine Europäische Technische Zulassung besitzen, haben die Brauchbarkeit nachgewiesen, da sie aufgrund von europäischen Prüfrichtlinien (ETAG) geprüft wurden. Liegt eine ETAG vor, dürfen nur noch für einen begrenzten Übergangszeitraum nationale Zulassungen für Neuprodukte erteilt werden. Europäische Prüfrichtlinien für Dübel gibt es bisher für mechanische Befestigungsmittel wie drehmomentkontrolliert spreizende Metalldübel, Einschlagdübel, Hinterschnittdübel sowie für chemische Befestigungsmittel wie Verbunddübel und Verbund-Spreizdübel sowie für Befestigungsmittel zur Übertragung geringer Lasten in redundanten Tragsystemen (z.b. Deckenabhänger und Kunststoffdübel). Weitere Europäische Prüfrichtlinien für Injektionsdübel in Mauerwerk werden in Kürze veröffentlicht. Für mechanische Befestigungsmittel ist der Übergangszeitraum bereits im Juli 2002 abgelaufen. Dies bedeutet, dass ein Hersteller eines neuen mechanischen Dübels nur noch eine Europäische Technische Zulassung beantragen kann. Die DIBt-Zulassungen, die nur in Deutschland Gültigkeit besitzen, werden zunehmend von Europäischen Technischen Zulassungen abgelöst, da diese in ganz Europa akzeptiert werden, den aktuellen Stand der Technik darstellen und in ganz Europa vermarktet werden können..5 Zulassungsinhalte Die Zulassungsbescheide folgen, unabhängig davon, ob vom DIBt oder einer anderen europäischen Zulassungsbehörde erteilt, im Wesentlichen derselben Gliederung und enthalten folgende Angaben: Allgemeine Bestimmungen: Rechtsgrundlagen, Aufgabe, Verwendung und Wirksamkeit des Zulassungsbescheides. Besondere Bestimmungen: Zulassungsgegenstand, Beschreibung des Dübels und Anwendungsbereich Bestimmungen für den Dübel, Merkmale, (Werkstoff-) Eigenschaften und Zusammensetzung, Herstellung, Verpackung, Transport, Lagerung und Kennzeichnung, Übereinstimmungsnachweis, Konformitätsbescheinigung, CE-Kennzeichnung, Bestimmungen für den Entwurf und die Bemessung, Bestimmungen für Ausführung und Montage, Bestimmungen für Nutzung, Unterhalt und Wartung. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich das anzuwendende Bemessungsverfahren nach der Art und Anzahl der Prüfungen, die der Dübel im Rahmen seines Verwendbarkeitsnachweises durchlaufen hat, richtet. Die Zuordnung von Prüfverfahren und Bemessungskonzept ist in Tabelle.2 beispielhaft für die Vorgehensweise zur Erlangung von Europäisch Technischen Zulassungen dargestellt. Die Optionen 1-6 stehen für Anwendungsbereiche im gerissenen und ungerissenen Beton, wohingegen Produkte, die nach den Optionen 7- geprüft wurden, nur im ungerissenen Beton eingesetzt werden dürfen. Generell gilt, dass mit sinkender Zahl einer Prüfoption der Anwendungsbereich zunimmt, und eine detailliertere und wirtschaftlichere Bemessung durchgeführt werden kann. Das Optimum stellt eine Dübelbemessung nach Bemessungsverfahren A des Anne C der Europäischen Zulassungsleitlinie (ETAG) dar. Die aufwendigsten Prüfungen mit dem umfassendsten Anwendungsbereich haben demnach Dübel mit Zulassung nach Option 1, den kleinsten Anwendungsbereich Dübel mit Prüfung nach Option. Es ist nicht gestattet, einen Dübel für einen anderen Anwendungsbereich als im Zulassungsbescheid angegeben zu verwenden.

4 Regelungen 143 Option Gerissen und ungerissen Nur ungerissen Nur C20/25 C20/25 bis C50/60 F Rk ein Wert F Rk abhängig von der Richtung c cr s cr c min s min Bemessungsverfahren nach Anhang C 1 A 2 3 B 4 5 C 6 7 A 8 9 B C Tabelle.2: Zuordnung von Prüfverfahren und Bemessungskonzept nach ETAG für Dübel mit dem Verankerungsgrund Beton.6 Anwendung der Regelungen in der Befestigungstechnik Für die Anwendung von Regelungen auf Befestigungslösungen mit Dübeln gilt der in Bild.1 dargestellte Ablauf. Nicht bauaufsichtlich relevante oder nicht sicherheitsrelevante Befestigungen können nach Herstellerempfehlungen ausgelegt werden.

5 144 Regelungen Bild.1: Vorgehensweise bei Regelungen für Dübel