gehörig den Kopf verdrehte. Die Affäre erboste das Volk derart, dass

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2 Reiterstandbild zu Ehren Ludwigs I. auf dem Odeonsplatz schen Feldherrnhalle und Siegestor, eine kühle, strenge Repräsentationsmeile, an der weder Fresken noch Statuen, weder Bäume noch Gärten von der hehren Architektur ablenken sollten. Trotz späterer baulicher Veränderungen ist sie bis heute ein einzigartig-majestätisches Monument ihrer Zeit. Ludwig I. hatte allerdings nicht nur Sinn für die Antike, sondern durchaus auch Augen für die Schönheit edler und nicht ganz so edler Damen. Auf sein Geheiß hin malte Ludwig Stieler eine ganze Reihe schöner Münchnerinnen für Schloss Nymphenburg (p154ff). Unter den hier por- nig gehörig den Kopf verdrehte. Die Affäre erboste das Volk derart, dass chen danach abdankte. Ludwig II. und Richard Wagner Ludwig II. war bereits als 12-Jähriger tief berührt von Wagners Musik. Kaum König geworden, lud er den Komponisten 1864 ein, nach München merischen König zu nutzen und ihm riesige Summen für monumentale Operninszenierungen zu entlocken. So wurde zum Beispiel Gottfried Semper beauftragt, das größte Festspielhaus der Welt auf dem Hochufer der Isar zu entwerfen ein Projekt, das jedoch nie realisiert wurde. Die Münchner Liäson dauerte ein Jahr, dann musste Ludwig II. auf Druck seiner Beamten den Komponisten aus München weisen. Beleidigt verließ daraufhin auch der König die Stadt und verlegte seine Energie auf den Bau der Märchenschlösser Linderhof und Neuschwanstein (p174ff), in deren Ausstattung Wagners Opernmythenwelt sozusagen die königliche Weihe erfährt. 18

3 Gegen den Willen des Königs säumen auch Bäume die Ludwigstraße. Prinzregent Luitpold und die wilden Jahre 1886 wurde Ludwig II. für geisteskrank erklärt und sein Onkel Prinz Luitpold, Sohn Ludwigs I., übernahm die Regentschaft in Bayern. Die friedliche Ära des»prinzregenten«dauerte bis Mit ihr begann eine Blüte der Künste und der Bohème. Der 1880 in München geborene Franz Marc gründete 1911 mit dem 1896 zugezogenen Russen Wassily Kandinsky die Künstlervereinigung»Blauer Reiter«, der u. a. August Macke und Paul Klee angehörten. Richard Strauss, 1864 in München geboren, komponierte 1905 seine Salome und 1911 den Rosenkavalier zog der Schriftsteller Thomas Mann nach München. Beeindruckt vom regen Kultur- und Festleben, prägte er den Sinnspruch»München leuchtete«, mit dem sich die Stadt bis heute schmückt. Mittelpunkt des Kulturlebens war der 1890 eingemeindete Vorort Schwabing, in dem Intellektuelle, Schauspieler, Dichter und Maler ihre berühmten Künstlerfeste feierten. Auch ein Revolutionär wartete hier im Exil auf seine große Stunde: Wladimir Iljitsch Lenin. Unter dem Decknamen Iordan K. Iordanov lebte er in der Kaiserstraße 53 und veröffentlichte hier seine programmatische Schrift»Was tun?«(1902). SIMPLICISSIMUS 1896 gründete der Verleger Albert Langen zusammen mit Th. Th. Heine in München den Simplicissimus, bis 1944 die führende Satirezeitschrift Deutschlands. Zum erlesenen Kreis der Autoren und Illustratoren gehörten u. a. Ludwig Thoma, Frank Wedekind, Rainer Maria Rilke, Thomas Mann sowie Olaf Gulbransson, Alfred Kubin und Lovis Corinth. 19

4 Das Magazin FESTE FEIERN Das Oktoberfest ist das größte und berühmteste Volksfest der Welt aber keineswegs der einzige Superlativ in Münchens Unterhaltungsangebot. Besuchen Sie doch einmal die größte Partymeile Europas! Der Ausnahmezustand namens Oktoberfest beginnt am Samstag des vorletzten Septemberwochenendes, dauert 16 bis 18 Tage und heißt in München salopp»wiesn«. Eröffnet wird das kollektive Besäufnis mit dem rituellen Anzapfen des ersten Bierfasses durch den Oberbürgermeister. Mit dem Ruf»O zapft is«gibt der OB nach voll- schank. Hunderttausende sehnen diesen Ruf in den voll besetzten Wiesn zelten herbei. Das Ereignis geht zurück auf Kronprinz Ludwig, der am Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen heiratete. Eine Woche später ließ er auf einer Wiese zur Volksbelustigung ein Pferderennen abhalten. Im Jahr darauf wurde das Rennen wiederholt, danach regelmäßig zusammen mit einer landwirtschaft lichen Messe veranstaltet, und die Wiese bekam den Namen der Prinzessin: Theresienwiese eröffnete die Familie Schichtl ihr Illusionstheater auf der Theresienwiese, und noch heute ist der Besuch beim»schichtl«samt»hinrichtung auf offener Bühne«der unbestrittene Höhepunkt des Schaustellerprogramms. Andere, adrenalinsteigernde Highlights halten»techno Power«und»Freefall«bereit. Aber das Herz der Wiesn, das schlägt im Bierzelt, wo sich alle zum gebrüllten»oans, zwoa, gsuffa«verbrüdern, um schließlich in bierseliger Eintracht auf den Bänken und Tischen zu tanzen. Multikulti, Zirkus und Show»Tollwood«, das in den 1970er-Jahren als freakiges Theaterfestival begann, hat sich nach der Wiesn zum zweit- Riesengaudi: auf dem Oktoberfest 20

5 Das Magazin wichtigsten gesellschaftlichen Event Münchens gemausert. Jeweils im Dezember und im Juni sorgt ein multikulturelles Programm mit Theater, Zirkusshows und Kabarett in mehreren Zelten einige Wochen lang für Unterhaltung, dazu gibt es auf einem alternativen Jahrmarkt Essen aus allen Winkeln der Erde, Didgeridoos und Djembé-Trommeln, Henna-Tattoos, Batikkleider und Räucherstäbchen zu kaufen ( Fun-Areas Münchens Ruf als Diskohauptstadt Europas begründete Wolfgang Nöth mit dem Kunstpark Ost: Diskotheken, Bars und Clubs in den Hallen einer ehemaligen Knödelfabrik wechselten Namen und Musikstile im Monatsrhythmus und wuchsen zu einer riesigen Partyzone heran, das größte Clubareal Europas. Auch der Namenswechsel von Kunstpark zu Kultfabrik (p147) änderte daran nichts wurden seitens der Stadt die Verträge mit den über 20 Clubs und Diskos bis 2016 verlängert. Auch die sichelförmig verlaufende Sonnenstraße in der Innenstadt kann mit 13 Clubs auftrumpfen und wandelt sich nachts zur»feierbanane«genannten Partymeile. Ungewöhnliche Partyorte Techno-Beats im Büro? Cocktails auf dem Tresen einer Bank? Die schönsten Mädchen zwischen Registraturregalen? Auch das ist München: Leer stehender städtischer Raum wird unbürokratisch den Partypeople überlassen, neue Clubs öffnen und ziehen drei Monate später an den nächsten Ort. Wo und wann etwas los ist, verraten oder Am Tollwood MONDAY NIGHT, BLADE NIGHT Zwischen Mai und August rollen jeden Montagabend zehntausende Rollschuh-, Skateboard- und Rollerblades-Fahrer auf diversen Routen durch München. Für das Happe ning werden ganze Straßenzüge gesperrt. Weitere Infos auf: night.de 21

6 Das Magazin ROTE UND BLAUE TORJÄGER Welche Stadt hat schon ein Stadion, das die Farbe wechseln kann? Zu den Heimspielen der beiden großen Münchner Vereine leuch tet die Außenhaut der zur Fußball-WM 2006 fertiggestellten Allianz Arena entweder rot oder blau.»in München geht es nicht so sehr darum, für welchen Verein man ist, sondern gegen welchen«dieser Ausspruch des Münchner Kabarettisten Ottfried Fischer bringt es auf den Punkt: Die einen brüllen gegen»die Löwen«, also den blauen TSV 1860 von München, die anderen halten gegen»die Roten«vom FC Bayern München. Die Bayern sind seit Langem entschieden der erfolgreichere Club. Den Abstieg in die Zweite Liga mussten sie im Gegensatz zu den Löwen bislang noch nicht antreten. Andererseits gelegentlich vorgeworfen, es spiele taktisch zu souverän, wogegen die Löwen noch immer das Blut ihrer Fans in Wallung brächten. Dass dem nicht so ist, kann man im Stadion erleben: Die Stimmung ist auch bei Bayern-Spielen überwältigend (Tickets: