Sonderdruck. hifi. Ausgabe 4/2013. »Pures Gold« & records. Das Magazin für hochwertige Musikwiedergabe. Die»Never heard before«-verstärker:

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1 hifi & records Sonderdruck Ausgabe 4/2013»Pures Gold«Das Magazin für hochwertige Musikwiedergabe Die»Never heard before«-verstärker: Dartzeel-Amps

2 Test: Vor-/Endverstärker Dartzeel NHB-18 NS + NHB-108 Abseits des Gewöhnlichen fertigt Dartzeel eine Vor-/Endstufenkombination, die nicht nur mechanisch für die Ewigkeit gemacht ist. Pures Gold Der erste Blick auf den Dartzeel-Vorverstärker NHB-18NS und die passende Endstufe NHB- 108 erinnerte mich an eine Begebenheit aus den 80er-Jahren. Damals machte ich meine ersten Schritte in der Audio-Branche, wie so viele andere auch in einem HiFi-Laden. Zu meiner Überraschung fand sich eines Tages eine Vor-/Endstufenkombi von Bryston im Sortiment. Angesichts der äußeren Erscheinung, die vor allem von den Bohrungen für eine 19-Zoll-Montage geprägt war, hielt sich meine Neugier aber erst einmal in Grenzen. Das änderte sich schlagartig, als ein Kunde um einen Hörtermin bat und zu diesem mit Alan Parsons»Tales Of Mystery And Imagination«erschien. Nach wenigen Minuten war auch mir klar, dass diese Verstärker ein Höchstmaß an Musikalität an den Tag legten das aus dem professionellen Bereich kommende Design spielte nun gar keine Rolle mehr. Im Gegenteil, fortan löste jede ungewöhnliche Optik stets große Neugier bei mir aus. So wie aktuell die aus der Schweiz stammenden Verstärker von Dartzeel, die rein äußerlich ebenfalls aus dem üblichen Rahmen fallen. Die massiven Frontplatten schimmern in einem wertigen Goldton. Sowohl der Korpus des Vorverstärkers NHB-18NS als auch die Kühlrippen der Endstufe NHB- 108 (Model One, Version B) leuchten in kräftigem Rot. Doch damit ist die Liste ungewöhnlicher Attribute längst nicht erschöpft. So finden sich etwa die Seriennummer und der Name des Besitzers auf einer gravierten Plakette auf der Front (!). Der Lautstärkeregler wird als»pleasure Control«bezeichnet, die Eingangswahl erfolgt über den»enjoyment Source«-Knopf, die Endstufe besitzt zwei»augen«, und der Netzschalter heißt»power Nose«. Dass dieser feine Schweizer Humor kein substanzloses Marketinggewäsch ist, sondern konstruktionsbedingte Ursachen hat, zeigten die Wochen, die ich mit den Dartzeels verbringen durfte. Beginnen wir mit dem Vorverstärker. Der NHB-18NS kostet ab Euro und versteckt in seinen Namen bereits zwei Botschaften: Die Abkürzung»NHB«bedeutet schlicht»never Heard Before«,»NS«steht für»no Switch«. Dabei ist das erste Kürzel wohl als direkte Folge des zweiten zu verstehen. Eine handfeste Überraschung erwartet mich, als ich die Rückseite betrachte. Was würden Sie hier bei einem Vorverstärker erwarten? Naheliegend wären neben einem Phonoeingang (Cinch) noch fünf weitere Hochpegeleingänge, davon einer symmetrisch. Dazu noch ein symmetrischer und ein RCA-Vorverstärkerausgang sowie ein Rec-Festsignal für Aufzeichnungszwecke die klassische Rückseite wäre damit erklärt. Nicht so beim NHB-18NS, bei dem vier der Hochpegeleingänge auch noch zusätzlich für den Anschluss von 50-Ohm-BNC- Steckern ausgelegt sind und der sein Vorverstärkersig- 4/2013 hifi & records

3 nal auch über drei BNC-Verbinder anbietet. Zunächst stutze ich bei dieser Zahl, weil in meinem Anwendungsfall statt des BNC-Ausgangstrios auch eine einfache Ausführung gereicht hätte. Denke ich allerdings an Lautsprecher-Besitzer, die ein Bi- oder gar Tri-Wiring-Terminal an ihren Boxen haben, ist das Angebot wieder plausibel. Im Ernstfall können also auch drei NHB-108-Endstufen per BNC-Verbindung angeschlossen werden. Statt einer Kaltgerätebuchse für den Anschluss von Wechselstrom findet sich eine solide Buchse für den Gleichstromanschluss, der vom externen Netzteil bereitgestellt wird. Auch das ist bei High- End-Vorstufen nichts Ungewöhnliches, aber der Blick ins Innere des Dartzeels klärt nachhaltig auf. Zum Vorschein kommen gleich vier Batterieblöcke, die in zwei Betriebsarten genutzt werden können. Im sogenannten Batteriemodus (Automatic Mode) arbeitet der Vorverstärker ausschließlich mit der Energie aus den Speichern. Das tut er so lange, bis diese sich ihrem Leerzustand nähern beziehungsweise der Netzschalter auf»aus«gestellt wird. Der zweite Betriebszustand (BTM: Battery Through Mode) wird nur genutzt, wenn die Batterien nicht geladen sind und dennoch Musik gehört werden soll. Sobald die Energiespeicher wieder gefüllt sind, geht es in den reinen Akku-Zustand zurück. Eine brillante Lösung. Hinter der durch eine massive Gehäusewand getrennten Batteriesektion liegen die senkrecht montierten Eingangsplatinen. Sie beherbergen jedoch nicht beide Kanäle, da der NHB-18NS ein konsequenter Monoaufbau ist, der aus rund Einzelteilen besteht. Lassen Sie mich an dieser Stelle ein kurzes Wort über die Verarbeitungsqualität verlieren, die ohne die kleinste Ausnahme perfekt ist. Dartzeel liefert in seinen Ausführungen die Formulierung»made to last forever«und ich gebe zu, dass ich diesen Satz zunächst belustigt zur Kenntnis genommen habe. Aber spätestens beim Drehen der Regler, Verschieben der Schalter und Öffnen beziehungsweise Schließen des Gehäusedeckels ist mir klar geworden, dass es den Schweizern mit ihrem Qualitätsbekenntnis bitter ernst ist. Natürlich habe ich bei einer High-End-Komponente noch nie darüber nachgedacht, ob sie in gegebenem Fall vererbbar sein sollte, aber dass ein Dartzeel-Verstärker durchaus in der Lage ist, mehrere Jahrzehnte unbeschadet zu überleben, davon bin ich überzeugt. Um sich verschiedenen Zeiten anpassen zu können, ist allerdings Adaptionsfähigkeit notwendig. Weiß ich denn heute, mit welchem Lautsprecher ich in zehn Jahren Musik hören werde? Sie ahnen es, Dartzeel hat bei der Konstruktion der Endstufe NHB-108 genau darüber nachgedacht. Auch hier täuscht der erste Blick über das tatsächliche Leistungsspektrum hinweg. Grund dafür ist der klassische Aufbau: ein Netzschalter und zwei Kontrollleuchten für den linken und rechten Kanal auf der Front. Auf der Rückseite sticht neben dem XLR- und Cincheingang nur der BNC-Eingang hervor fertig? Eben nicht, da gibt es noch die beiden orangefarbenen Augen auf der Front, die hifi & records 4/2013

4 nicht nur einfach den Betriebszustand widerspiegeln. Liegt kein Signal an, setzt der Dartzeel einen Schlafzimmerblick auf, die Leuchtkraft ist gedimmt. Sobald ein Signal anliegt, erstrahlen beide Augen sehr hell. Wird die maximale Ausgangsleistung überschritten, beginnen sie zu blinken. Bleibt eine oder gleich beide LEDs dunkel, muss die Sicherung getauscht werden. Mit den beiliegenden Saugnäpfen kann die Glasabdeckung auf der Endstufe sanft entfernt werden, um beispielsweise den Impedanzschalter zu bedienen. Dabei fällt der Blick auf die beiden gewaltigen Ringkerntrafos und die mit sichelförmigen Schienen verbundenen Elkos, die allesamt durch Trennwände einen eigenen Arbeitsraum bekommen. Das ist tatsächlich für die Ewigkeit gebaut. Für die Verbindung zwischen Vor- und Endstufe empfiehlt Dartzeel nachdrücklich die BNC-Verbindung. Nach den Hörtests ist mir auch klar, warum: Mit der als»zeel 50 Ohm«bezeichneten Verbindung ergibt sich die größtmögliche Musikalität der Wiedergabe. Nachdem die Verstärker miteinander verknüpft waren, bediente ich mich des SACD-Spielers Marantz SA-KI Pearl und der Analogpaarung Clearaudio Anniversary/Stradivari. Anstelle des im Dartzeel eingebauten Phono-Pres schloss ich zu- Dartzeel NHB-18 NS / NHB-108 BxHxT 44 x 17 x 33,5* cm Garantie 5 Jahre Preis ab / Euro Vertrieb Gaudios Brandhofgasse 11 A-8010 Graz Telefon Frequenzgang: Dartzeel NHB-18 NS Klirrspektrum: Dartzeel NHB-18 NS Störspektrum: Dartzeel NHB-18 NS Labor-Report Frequenzgang: Dartzeel NHB-108 Klirrspektrum: Dartzeel NHB-108 Störspektrum: Dartzeel NHB-108 Endverstärker Dartzeel NHB-108 Nennleistung 8Ω (1% THD) 142 W Nennleistung 4Ω (1% THD) 189 W Verstärkungsfaktor 19,3- fach / 25,7 db Klirrfaktor (THD+N, 10W / 4Ω) 0,25 % IM-Verzerrungen (SMPTE, 5W / 4Ω) 0,72 % IM-Verzerrungen (CCIF, 5W / 4Ω) 0,17 % Fremdspannung -85,9 db Geräuschspannung (A-bewertet) -104,8 db Obere Grenzfrequenz (-3dB /10W) 143 khz Kanaldifferenz 0,025 db Empfindlichkeit (Vollaussteuerung 4Ω) 1,4 V Eingangswiderstand 45 kω DC-Ausgangs-Offset ca. 1,4 mv Leerlauf-Leistungsaufnahme 119 W Vorverstärker Dartzeel NHB-18 NS Verstärkungsfaktor 2,72- fach / 8,7 db max. Ausgangsspannung 5,43 V Klirrfaktor (THD+N) 0,0088% IM-Verzerrungen (SMPTE) 0,025% IM-Verzerrungen (CCIF) 0,0030% Fremdspannung -79,6 db Geräuschspannung (A-bewertet) -82,4dB Obere Grenzfrequenz (-3dB) ca. 85 khz Kanaldifferenz ca. 0,2 db Eingangswiderstand (1kHz) 29,7kΩ Ausgangswiderstand (1kHz) 2.530Ω DC-Ausgangs-Offset < 0,5 mv Leerlauf-Leistungsaufnahme 3,3 W Die Dartzeels zählen zu jenen Verstärkern, deren klanglicher Faszination man mit Messungen kaum auf die Spur kommt. Entwickler Hervé Delétraz ist dem Vernehmen nach alles andere als ein Messtechnik-Freak und züchtet seine Verstärker nicht auf minimalste Verzerrungen. Das war schon beim Vollverstärker CTH-8550 (Heft 4/2010) so und ist bei der Endstufe nicht anders. Die Klirrspektren mit vielen Harmonischen wecken Erinnerungen an Röhrenverstärker und deuten auf sehr geringen Gegenkopplungseinsatz hin. Interessanterweise ist die Endstufe etwas breitbandiger ausgelegt als der Vorverstärker, für den wir die Kanaldifferenz bei bestmöglicher Balanceregler-Stellung (dieser hat keine Mittenrastung) ermittelt haben. Beim Vorverstärker stehen auch lediglich die ersten beiden Harmonischen im Klirrspektrum. Beide Dartzeel-Verstärker haben wir über ihre symmetrischen Ein- beziehungsweise Ausgänge gemessen. * mit Griffen: 41,5 cm monomedia Verlag, Schwabstraße 4, D Magstadt, Telefon / , Fax , hifi & records erscheint viermal jährlich, Jahres-Abonnement Inland v 46, Ausland v 56 4/2013 hifi & records

5 nächst den Lehmann Audio Silver Cube an, der in meinem Hörraum seit Jahren zuverlässige und hochqualitative Ergebnisse zeigt. Bei den Lautsprechern kamen sowohl die KEF Reference 205/2 als auch die aus Finnland stammende Amphion Argon 3L zum Einsatz. Da ich aus Erfahrung weiß, wie»kalte«high-end-verstärker mit Musik umgehen, gab ich den Dartzeels zunächst ausreichend Zeit am Netz. Nach dem eingangs geschilderten Bryston-Erlebnis hatte ich natürlich Lust, den Hörtest mit Alan Parsons zu beginnen. Dass ich mich hier mit besonderen Verstärkern beschäftige, wusste ich von der ersten Minute an, aber von der Dimension hatte ich keine Vorstellung. Die Dartzeels spielen keine Musik, nein, es ist viel mehr als das, sie zelebrieren, sie interpretieren und formen Klänge in einer Reihe, die ich bisher selten und, um ehrlich zu sein, nie zuvor so gehört habe. Die Schönheit und Anmut jedes einzelnen Tons legen früh den Schluss nah, dass die Dartzeels den Quellgeräten eine einfache Botschaft vermitteln: Schickt uns doch, was ihr wollt, denn unabhängig von Genre, Aufnahmedatum und Qualifikation des Toningenieurs machen wir Musik daraus. Das klingt dann bei einer großen KEF Reference monumental, bis in tiefste Regionen mit Energie gefüllt und niemals anstrengend. Bei einer Amphion Argon 3L, einer schlanken Zweiwegebox, punkten die Schweizer Edelverstärker hingegen mit perfekter Raumabbildung in mehr als zwei Dimensionen. Hier wird auch der liebevolle Umgang mit akustischen Details hörbar, die zwar beleuchtet werden, aber integraler Bestandteil des musikalischen Geschehen bleiben. Ein Schwenk auf das ebenfalls in dieser Ausgabe getestete Audionet-Ensemble verfährt hier gnadenloser, weil es wirklich Licht bis in den letzten Winkel der Aufnahme bringt, was zweifelsfrei nicht jeder Einspielung gut tut, und das Geschehen neutraler, aber auch scheinbar nüchterner verarbeitet. Die Dartzeels kommunizieren Musik um eine magische Komponente erweitert eine Komponente mit Suchtpotential. Mir war nach kurzer Zeit klar, dass es einen schmerzlichen Abschied aus dem Hörraum geben würde. Doch bis dahin wollte ich diese emotionale Wiedergabe auskosten. Aus reiner Neugier entschloss ich mich, die Phonostufe der NHB-18NS mit Keith Jarretts»Köln Concert«zu probieren. Der Phono-Eingang nimmt ausschließlich MC- Signale entgegen, und im Gegensatz zur ersten Vermutung lässt sich sowohl eine Widerstands- als auch Verstärkungsfaktoranpassung vornehmen. Dazu muss allerdings ein Lötkolben her und der Gehäusedeckel geöffnet werden. Angesichts der Tatsache, dass die meisten von uns ihrem Tonabnehmer zumindest über eine gewisse Dauer treu sind, lässt sich dieser Umstand locker in Kauf nehmen. Zumal er der Klangqualität dienlich ist, wie die ersten Takte des 1975 im Kölner Opernhaus aufgenommenen Albums zeigten. Unabhängig von der überzeugenden Klangqualität bemerkte ich sehr schnell, dass ich dem feinen Tastaturspiel leichter folgen konnte, als das mit anderen Verstärkern der Fall ist. Der musikalische Fluss, den die Dartzeels liefern, zeigt weniger akustische»stromschnellen«, die vielleicht auch als störende Nervositäten bezeichnet werden können. Diese wohl eher emotional als klanglich zu beschreibende Eigenschaft ist unabhängig vom Musikmaterial. Gut, dass die Dartzeels mit dem»last forever«-anspruch antreten, denn es gibt sicher genügend Musikliebhaber, die das herausfinden wollen. Fazit In der Typenbezeichnung eines High- End-Geräts»Never Heard Before«unterzubringen, ist mutig und im Falle des Schweizer Herstellers Dartzeel vollkommen berechtigt. Der Vorverstärker NHB-18NS und die Endstufe NHB-108 ergeben eine Kombination, die Musik in höchst attraktiver Form wiedergibt. Funktionen und Ausstattungen, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind, bietet die Kombi dazu in Hülle und Fülle. Das ist ein klanglicher Traum, der länger als eine Nacht anhält. Olaf Sturm hifi & records 4/2013