Kippelemente Achillesfersen im Erdsystem
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- Matthias Sommer
- vor 6 Jahren
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1 Kippelemente Achillesfersen im Erdsystem Arbeitsaufträge Auftrag 1: Lies die Texte zu den Kippelementen und diskutiere mit deiner Pultnachbarin oder deinem Pultnachbarn wie sich Kippelemente unterscheiden. Nenne dazu Beispiele. Kippelemente sind Bestandteile des Erdsystems von überregionaler Größe, die schon durch kleine externe Störungen in einen neuen Zustand versetzt werden können. Diesem Verhalten liegen selbstverstärkende Prozesse zugrunde, die einmal angestoßen auch ohne weiteren externen Ei n- fluss weiterlaufen. Der Übergang nach dem Überschreiten eines systemspezifischen Kipppunktes erfolgt in der Regel sprunghaft und ist häufig unumkehrbar. Seine Umweltauswirkungen sind weitreichend und könnten die Lebensgrundlagen vieler Millionen Menschen gefährden. 1 1 Eiskörper Wo das helle Eis schwindet, kommt meist ein dunklerer Untergrund zum Vorschein, sei es das fels i- ge Bett eines Gletschers oder das Meer. Diese freigelegte dunkle Oberfläche nimmt mehr Sonnenwärme auf, die wiederum den Schwund des verbliebenen Eises beschleunigt. Dieser Mechanismus, die so genannte Eis-Albedo-Rückkopplung, ist ein klassisches Beispiel eines selbstverstärkenden Prozesses. Daneben gibt es noch viele weitere Mechanismen, welche - wie im Folgenden beschrieben - die großen Eismassen des Erdsystems zu Kippelementen machen. 1 Auf dem Dach der Welt, dem tibetischen Hochplateau, sind die Temperaturen in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts etwa doppelt so stark gestiegen wie im globalen Mittel. Die große Mehrheit der Gletscher hat an Fläche und Volumen verloren. Es ist bisher kaum untersucht, ob ein Kipppunkt zum irreversiblen Abschmelzen existiert. Als erwiesen gilt jedoch, dass ein Schwinden der Gletscher, die die großen süd- und ostasiatischen Flüsse speisen, die Frischwasserversorgung von Millionen von Menschen gefährden könnte. In den letzten Jahren hat der Eisverlust in Grönland durch ins Meer fliessende Gletscher und verstärktes Abschmelzen im Sommer stark zugenommen. Der stellenweise drei Kilometer starke Eisschild verliert dadurch an Höhe. Wo seine Oberfläche bislang in höheren und damit kälteren Luf t- schichten war, befindet sie sich jetzt teils in niedrigeren und damit wärmeren Luftschichten. Das verstärkt das Abschmelzen. Neueste Studien weisen darauf hin, dass der Kipppunkt des vollständ i- gen Eisverlustes schon bei einer globalen Erwärmung von knapp 2 C erreicht werden könnte. Der völlige Kollaps des Grönländischen Eisschildes würde über Jahrhunderte bis Jahrtausende einen Meeresspiegelanstieg von 7 Metern verursachen. 1 2 Strömungssysteme Die ganzjährig oder saisonal vorherrschenden Muster von Luft- und Meeresströmungen sind relativ stabil, aber nicht unveränderlich. In der Klimageschichte unseres Planeten hat es mehrfach Umbrüche und Phasen der Neuorganisation gegeben. Mit welchen möglicherweise abrupten Veränderu n- gen der Strömungssysteme wir in Zukunft zu rechnen haben, ist im Folgenden zusammengefasst. 1 Die Erwärmung des atlantischen Ozeans könnte eine sprunghafte Verlagerung des westafrikanischen Monsunsystems auslösen. Dies kann zu regenreichen oder regenarmen Zeiten für die Bevö l- kerung Westafrikas führen, je nachdem ob sich der Niederschlagsgürtel nach Süden bis zum Golf von Guinea oder nach Norden bis in die Sahel-Zone verschiebt. In letzterem Fall könnten sich die 1 Potsdam Institut für Klimaforschung Cinzia De Maddalena, PHBern
2 Niederschläge in der Sahelzone erhöhen und eine Wiederbegrünung der Sahara begünstigen vorausgesetzt, die Region wird nicht überweidet. Das Ergrünen hätte möglicherweise jedoch auch negative Folgen. Denn die Quellen des Wüstenstaubs, der bislang mit Stürmen westwärts über den Atlantik transportiert wird und sogar Korallenriffe in der Karibik und den Amazonasregenwald mit Nährstoffen versorgt, könnten durch das Ergrünen der Sahara versiegen. 1 Die Umwälzströmungen des Atlantiks stellen ein gewaltiges Energieförderband dar, mit dem wa r- mes Wasser in den Norden und kaltes Wasser in den Süden transportiert wird. Der Golfstrom, verantwortlich für das milde Klima in Nordwest-Europa, ist Teil dieses Strömungssystems. Einer seiner wesentlichen Motoren ist das kalte dichte Salzwasser, welches vor Grönland und Labrador in die Tiefe sinkt. Strömt durch schmelzendes Eis im Norden mehr Süßwasser zu, könnte die Tiefenwa s- serbildung aufgrund der geringeren Dichte des Wassers ausbleiben und dieser Antrieb erlahmen. Die Folgen wären eine Abkühlung im Nordatlantikraum, eine Erwärmung auf der Südhalbkugel i n- klusive möglicher Konsequenzen für die tropischen Niederschlagsgürtel, und ein regionaler Meeresspiegelanstieg um bis zu einem Meter. Experten veranschlagen den Kipppunkt der atlantischen thermohalinen Zirkulation oberhalb einer globalen Temperaturerhöhung von 4-5 C. 1 3 Ökosysteme Wenn es Pflanzen- und Tierarten in einem Gebiet zu warm oder zu trocken wird - wenn sich ihre ökologische Nische aufgrund klimatischer Änderungen schließt - werden sie sich dort nicht halten können. Einige Arten sind gut dafür gerüstet auszuweichen, zum Beispiel polwärts oder in größere Höhenlagen. Arten aus Gebirgs- oder Polarlebensräumen können das nicht. Ohnehin sind geeign e- te Lebensräume in der heute zum größten Teil vom Menschen beanspruchten Welt rar. Der Klim a- wandel könnte ganze Landstriche verändern, indem er Ökosystem-Gemeinschaften, ihr typisches Klima und die daran angepassten Artengemeinschaften, verschwinden lässt. 1 Ein Großteil der Niederschläge im Amazonasbecken stammt aus über dem Wald verdunstetem Wasser. Ein Rückgang der Niederschläge in einem wärmeren Erdklima und die Abholzung des Regenwaldes könnten den Wald an eine kritische Grenze bringen. Dabei können zwischen dem Übe r- schreiten dieser kritischen Grenze und seinen sichtbaren Auswirkungen mehrere Jahrzehnte liegen. Eine Umwandlung des Amazonas-Regenwaldes in einen an die Trockenheit angepassten saisonalen Wald oder eine Graslandschaft hätte grundlegende Auswirkungen auf das Erdklima, da ein R e- genwald der Atmosphäre effektiv mehr Kohlendioxid entzieht. Gleichzeitig würde das Verschwinden des Regenwaldes einen gewaltigen Verlust von Biodiversität bedeuten. 1 Die Weltmeere nehmen zurzeit jährlich rund zwei Milliarden Tonnen Kohlenstoff auf. Ein großer Teil davon wird von Algen zum Wachstum genutzt und sinkt nach deren Absterben in die Tiefsee. Die Funktion dieser so genannten marinen biologischen Kohlenstoffpumpe könnte durch Erwärmung und Versauerung des Wassers sowie häufiger auftretende Sauerstoffarmut eingeschränkt werden. Nimmt die Fähigkeit der Ozeane ab, Kohlendioxid zu absorbieren, würde die atmosphärische Ko n- zentration des Treibhausgases schneller ansteigen und die Versauerung der Ozeane sowie die Erwärmung der Atmosphäre beschleunigen. 1 PHBern
3 Auftrag 2: 1. Bearbeite die interaktive Grafik über den QR Code Scan oder den Link und zeichne die Kippelemente in die Karte ein. 2. Notiere die Kippelemente in der untenstehenden Tabelle. 3. Verorte sie in der Karte und färbe sie mit der entsprechenden Kipptemperatur an. 4. Beschreibe jedes Kippelement kurz. Abbildung 1: Weltkarte Kipptemperatur Name Beschreibung C A Grönländischer Eisschild B Arktisches Eismeer Bei einer Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur von nur 2 Grad Celsius könnte ein vollständiges Abschmelzen des grönländischen Eispanzers in Gang gesetzt werden, was in einigen Jahrhunderten einen Anstieg des Meeresspiegels von bis zu 7 Metern zur Folge hätte. Wissenschaftler vermuten, dass die Arktis bis zum Ende des Jahrhunderts komplett eisfrei sein könnte, selbst in den Wintermonaten. Für die arktischen Ökosysteme hätte dies dramatische Folgen. Eisbären finden bereits jetzt nicht genügend Eisflächen für die Robbenjagd. Der Meeresspiegel würde jedoch nicht steigen, da es unter dem nordpolaren Eis kaum Land gibt. 2-4 C C Indischer Sommermonsun Wetterbeobachtungen der letzten Jahre sowie Modellrechnungen deuten auf eine größere Unbeständigkeit der Monsunniederschläge hin. Beeinflusst wird der Monsunzyklus auch von der Luftverschmutzung in der Region, die z. B. die Menge 2 PHBern
4 Eis- D Westantarktischer schild der einfallenden Sonnenstrahlung verändert. In den kommenden Jahrzehnten könnten die genannten Faktoren für erhöhte Schwankungen in den Monsunereignissen in Südostasien sorgen mit extremeren Dürren oder Überschwemmungen. Eine komplette Auflösung des Westantarktischen Eisschildes könnte in einigen Jahrhunderten zu einem Anstieg des Meeresspiegels um 5 Meter führen. E Amazonas Regenwald Rückgang von Niederschlägen, Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur Verlust vieler Tier- und Pflanzenarten 3-5 C F Westafrikanischer Monsun G Boreale Wälder Je nach Verlagerungsrichtung des Monsunsystems sind Dürren in der Sahelzone oder Ergrünen der Sahara im nördlichen Westafrika möglich. Verwehung des Sahara-Staubs nach Westen könnte zum Erliegen kommen. Feuer, Trockenheit und Stürme setzen ihnen stärker zu als früher. Ab einem gewissen Punkt könnten die Wälder diesen Belastungen nicht mehr standhalten und von Gras- und Buschlandschaften ersetzt werden. Durch das Verschwinden des borealen Nadelwaldes würde eine erhebliche Menge von Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt. 4-5 C H Thermohaline Atlantikzirkulation (z.b. Golfstrom) Durch das Abschmelzen der grönländischen Gletscher gelangt viel Süßwasser in diese Strömung und verringert den Salzgehalt. Die damit einhergehende Abschwächung des Golfstroms könnte zu seiner Verlagerung nach Süden führen. Für Westeuropa würde das eine erhebliche Abkühlung nach sich ziehen, in den Tropen wäre eine weitere Erwärmung die Folge. 3-6 C I El Niño Es kommt zu Überschwemmungen an den Westküsten Nord- und Südamerikas, während am Amazonas, in Australien und Südostasien Niederschläge fehlen. Ungewöhnlich kalte Winter in Europa können auftreten. Viele Indizien sprechen dafür, dass es in Zukunft häufigere und deutlich stärkere El-Niño-Ereignisse geben wird. Auftrag 3: Wählt drei Kippelemente aus und diskutiert negative Rückkoppelungseffekte (z.b. Verstärkte globale Erwärmung durch Zunahme der Albedo beim Kippelement Arktisches Eismeer). PHBern
5 Literaturverzeichnis: Potsdam Institut für Klimaforschung: Südwestrundfunk, Planet Schule: Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Weltkarte: PHBern
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