Den Laut im CONTINENTAL GRAND ACOUSTICS

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1 GRAND ACOUSTICS Den Laut im CONTINENTAL Resonatorgitarren zählen zu den Exoten unter den Akustikgitarren, obwohl sie inzwischen auch hier zu Lande immer häufiger zu sehen und zu hören sind. Für die steigende Popularität der Resonatorgitarre genauer gesagt der National-Gitarre hat ein Mann in den letzten beiden Jahrzehnten mehr getan als jeder andere: Bob Brozman. Von Willie Salomon Bis ca gab es zu den wenigen alten Nationals, die in Sammlerkreisen meistens teuer angeboten wurden, auf dem Markt keine vernünftige Alternative. Also begann die Firma AMI in München Anfang der 90er damit, alte Nationals zu zerlegen und zu analysieren. Das Ziel war, sie möglichst detailgetreu nachzubauen. Man einigte sich auf Continental als Markennamen. Dieser Name entstand aus 116 grand gtrs

2 sprecher Herzen CS0 UND CS3 einem Wortspiel: Da drüben (in den USA) gab es die Nationals, hier auf dem Kontinent bauen wir jetzt die Continentals! Die ersten Metallkorpusse - bis auf ganz wenige Ausnahmen waren sie aus vernickeltem Messing - sowie die ersten Resonatoren wurden in Tschechien gefertigt, die Hälse bezog man aus Japan. Später kamen die Hälse zeitweise vom Munich Repair Shop in München. Gegenwärtig bezieht AMI, wenn meine Informationen richtig sind, die Hälse wieder aus Tschechien und die Resonatoren inzwischen in deutlich verbesserter Qualität - aus Ungarn. Beim Material ist man inzwischen von Messing auf German Silver umgestiegen. Aus diesem Material wurden in den 20er Jahren die frühen National Tricones gebaut, und unter Experten hat sich weithin die Überzeugung durchgesetzt, dass German Silver das ultimative Material für Metall-Resonatorgitarren, vor allem für Tricones ist. Allgemein attestieren Kenner den Instrumenten aus German Silver einen glockigeren, obertonrei- grand gtrs 117

3 GRAND ACOUSTICS cheren Klang als solchen aus Messing. German Silver, auch Neusilber genannt, ist eine silberweiß glänzende Legierung aus Kupfer, Nickel, Zink, eventuell mit Beimischungen von Spurenelementen wie Blei, Zinn oder Eisen. Es zeichnet sich durch besondere Härte und Korrosionsbeständigkeit aus. Das Rohmaterial (gewalzte Platten in verschiedenen Stärken) wird nach China verschifft. Dort wird es geschnitten und gelötet. Die fertigen Korpusse werden dann, je nach Modell, entweder in Ungarn mit aufwändigen Handgravuren versehen (z. B. unsere CS3) oder in München sandgestrahlt (z. B. CS0). Die Endmontage aller Instrumente findet in München statt, wo die Gitarren natürlich noch hinsichtlich Spielbarkeit und Klang optimiert werden. Die irische Gitarrenlegende Rory Gallagher bestellte sich übrigens kurz vor seinem Ableben noch eine Continental Singlecone mit Cutaway, die ihm im Rahmen eines Festivals in Deutschland übergeben wurde. Die mir vorliegenden Testinstrumente sind Interpretationen klassischer National-Modelle. Es handelt sich hier um eine Tricone Style 3 und eine Style 0 Singlecone. CS3 Die Roundneck Tricone Style 3 ist ein optisches Highlight. Ihre filigrane Lily of the valley -Gravur besticht durch hohes handwerkliches Niveau, das ganze Instrument macht, wenn man es in die Hand nimmt und genauer betrachtet, einen gediegenen Eindruck. Ich streiche über die Saiten und erkenne: Die Gitarre ist bereits auf Open D gestimmt. Und es geht sofort los mit ein paar Licks vom Altmeister Tampa Red. Für so etwas ist diese Gitarre prädestiniert. Kein ambitionierter Bluesgitarrist kommt an Tampa Red vorbei, mit seinem Slidespiel auf einer National Tricone Style 4 war er der stilbildende Tricone-Spieler auf dem Bluessektor überhaupt. Und genau diesen Sound kann man in erstaunlicher Qualität aus der Continental herausholen. Was will das Blueserherz mehr: Der Klang ist, der Bauweise entsprechend, weich und rund mit ausgeprägtem Sustain. Nur in den Bässen kommt für meinen Geschmack etwas zu wenig. Das liegt sicher auch an den werksseitig aufgezogenen Medium-Saiten ( ). Sie sind einfach zu schwach, um eine Tricone so richtig zum Leben zu erwecken. Zum 118 grand gtrs

4 DETAILS Modell: CS0 Hersteller: Continental Korpus: German Silver, vernickelt Hals: Ahorn Finish/Farbe: amber, transparent Griffbrett: Ebenholz Mensur: 64,4 cm Sattelbreite: ca. 4,6 cm Kopfplatte: Slotted Head (Fensterkopf) Mechaniken: Kluson-Style, geschlossen Halsansatz: 14. Bund Resonator: Singlecone, 9,5 Zoll Listenpreis: Euro incl. Koffer Modell: CS3 Hersteller: Continental Style: 3, Lily of the valley -Gravur Korpus: German Silver, vernickelt Hals: Ahorn Finish/Farbe: amber, transparent Griffbrett: Ebenholz Mensur: 64,4 cm Sattelbreite: ca. 4,8 cm Kopfplatte: Slotted Head (Fensterkopf) Mechaniken: Kluson-Style, geschlossen Halsansatz: 11,5. Bund Resonator: Tricone (set of 3) Listenpreis: Euro inkl. Koffer grand gtrs 119

5 GRAND ACOUSTICS NATIONALS UND DOBROS Die Hauptkategorien von Resonatorgitarren Dobros werden in der Ausführung mit Holzkorpus und Squareneck vor allem in der Country- und Bluegrassmusik verwendet, wobei ihr Sound durch den speziellen Spider-Resonator geprägt wird. Der wohl berühmteste Dobrospieler der Gegenwart ist Jerry Douglas. Bei den Nationals gibt es, abgesehen von den beiden Halsvarianten Round- und Squareneck sowie den Materialvarianten Metall und Holz, zwei grundlegende Kategorien: Tricones und Singlecones. Tricones haben, wie der Name erahnen lässt, drei Resonatoren (engl. cones). Singlecones besitzen nur einen Resonator, der dafür wesentlich größer ist. Tricones sind etwas leiser mit sehr viel Sustain und Obertönen und gehen damit klanglich in Richtung Dobrosound. Tricones von National mit Metallkorpus und Squareneck wurden in den 20er und 30er Jahren von den klassischen Hawaiigitarristen (z. B. Sol Hoopii, Tau Moe) gespielt. Auch die Blues- u. Gospelsänger in den Südstaaten fanden schnell Gefallen an den amplified guitars, die in der Werbung als fünfmal so laut wie eine normale Gitarre angepriesen wurden. Sie bevorzugten meistens die Roundneck-Singlecones. Sie waren lauter als die Tricones und vor allem im Anschaffungspreis deutlich niedriger. Singlecones klingen härter und haben weniger Sustain. Anders als bei den Dobros spielten bei den Nationals die Instrumente aus Holz nur eine untergeordnete Rolle. Die Produktion der historischen National-Modelle wurde bereits vor dem II. Weltkrieg eingestellt. Spielen in Open D oder Open G benutze ich auf meiner eigenen Continental Tricone Style 1 sowie auf diversen Nationals folgende Stärken: 016, 018, 027, 036, 047, 059. Einfach mal ausprobieren der Klang der Resonatorgitarre wird sich entscheidend verbessern! Medium-Saiten wären bei der Tricone nur zum Spielen in normaler Stimmung erste Wahl. Auch das habe ich natürlich ausprobiert, und es klingt gar nicht schlecht. Weitergespielt Die Mechaniken des Testinstruments funktionieren butterweich. Es handelt sich um so genannte Kluson-Style- Mechaniken mit kleinen Metallknöpfen. Der Hals hat mit 48 mm am Sattel und 57 mm am 11. Bund die für eine Tricone optimale Breite und liegt mit seinem vollen D- Profil ideal in der Hand. Das Stringspacing (Abstand zwischen 1. und 6. Saite) bei der T-Bar (der Steg der Tricone) ist für meinen Geschmack mit ca. 54 mm allerdings deutlich zu eng. 58 mm wären hier ideal und angesichts des optimal breiten Griffbretts ohne Problem realisierbar. Das entspräche mehr dem historischen Vorbild und würde auch deutlich das Spiel mit Fingerpicks erleichtern. Das kann man nachträglich aber relativ leicht ändern. Wer mit sowas keine Erfahrung hat, sollte jedoch eine gute Reparaturwerkstätte bzw. einen Gitarrenbauer konsultieren. Der Hals/Korpusübergang befindet sich den alten Nationals entsprechend - nicht am 12., sondern zwischen dem 11. und 12. Bund. Beim zweiteiligen Hals aus geflammtem Ahorn wurde, aus Kostengründen und um die Produktpalette zu vereinfachen, auf ein Binding verzichtet. Zum Vergleich: Bei den alten Nationals gab es und bei den neuen National Resophonics aus Kalifornien gibt es bereits bei der ungravierten Style 1 ein Halsbinding. Die helle Lackierung der Halsrückseite ist Geschmackssache, mir persönlich hätte eine etwas dunklere Farbe besser gefallen. Rundherum Was den Korpus betrifft, hat man sich große Mühe bei den Details gegeben. Wie bei den alten National- Originalen ist hier der Boden deutlich gewölbt. Das größere Korpusvolumen wirkt sich sehr positiv auf den Klang des Instruments aus. National Resophonic Guitars in Kalifornien produziert unverständlicherweise Tricones immer noch mit flachem Boden, obwohl die Fans seit Jahren unüberhörbar fordern, dass das endlich geändert wird. Den Münchnern kann s nur recht sein. Continental ist außerdem der bisher einzige Hersteller weltweit, der Korpusse serienmäßig aus German Silver fertigen lässt. Weitere Vergleichsdisziplinen mit dem Platzhirschen aus Kalifornien: die Verarbeitungsqualität und der Preis. Bei der Verarbeitung haben die National Resophonics klar die Nase vorn. Mit der Lupe sollte man bei der Conti das Nickelplating nicht untersuchen. Die Verarbeitung ist gut, aber nicht überragend. Das relativiert sich allerdings wieder beim Preis. Hier ist die Conti im Vergleich zur National Resophonic Style 3 ein Schnäppchen toller Klang zum musikerfreundlichen Preis. Zur CS0 Von den beiden Testinstrumenten mein klarer Favorit. Es handelt sich um eine Style 0 mit 14-Bund-Hals. Ich nehme sie aus dem Koffer und die Zeit vergeht wie im Flug. Mindestens zwei Stunden lang schaffe ich es nicht, sie beiseite zu legen. Mit einer Gitarre ist es eben ähnlich wie mit Schuhen entweder sie passt, oder sie passt nicht. Die CS0 passt und wie! Ich spiele zuerst in normaler Stimmung ohne Slide. Die werksseitig aufgezogenen 120 grand gtrs

6 Medium-Saiten ( ) sind dafür die richtige Wahl. Es macht Spaß, Stücke im Stil von Blind Boy Fuller Blues und Ragtime auf der Conti zu spielen. Die Saitenlage ist so eingestellt, dass sowohl das normale als auch das Spiel mit dem Glas- bzw. Metallröhrchen möglich ist. Als ich die Gitarre später auf Open G und Open D umstimme und mit dem Slide zu Werke gehe, macht sie auch hier eine ausgezeichnete Figur. Der Ton ist laut, klar und trotzdem sahnig. Obwohl gerade die 14-bündigen Singlecones im Vergleich zu den Zwölfbündern vor allem in den Bässen oft etwas dünn klingen, habe ich hier diesen Eindruck überhaupt nicht. Was macht eine gute Resonatorgitarre aus? Das Korpusmaterial, dessen Stärke/Gewicht, der Hals und vor allem der Resonator. Auch bei der Style 0 ist der Korpus aus German Silver mit dem, für dieses Modell typischen, sandgestrahlten Palmenmotiv. Und dann ist es wohl auch der Resonator - die Seele einer jeden Resonatorgitarre - der hier offenbar von bester Qualität ist. Tatsächlich erzählte mir erst kürzlich ein langjähriger AMI-Mitarbeiter, dass man mit den Cones, die jetzt in den Style 0s verwendet werden, sehr zufrieden ist. Ich besaß in den 90er Jahren selbst eine der ersten Continental Style 0s. Sie klang nicht annähernd so gut wie unser Testinstrument, viel zu sehr nach Banjo. Seltsamerweise liebte ausgerechnet Rory Gallagher diesen Banjo-ähnlichen Klang, eine Präferenz, die er mit nur wenigen Resonatorgitarristen teilen dürfte. Halsmaß Die Halsdimensionen der CS0 sind sehr angenehm. Es handelt sich im Prinzip um den gleichen Hals wie bei der CS3, nur etwas schlanker. Mit ca. 46 mm am Sattel ist das Griffbrett nicht ganz so breit wie bei der CS3. Auch hier wären etwas größere Saitenabstände beim Biscuit (Steg) vorteilhaft. Das bei einer Style 0 traditionell vorhandene Griffbrettbinding wurde auch hier eingespart. Ehrlich gesagt, vermisse ich es hier, anders als bei der CS3, nicht sonderlich. Die Mechaniken sind die gleichen wie bei der CS3 und funktionieren perfekt. Fazit Für mich persönlich ist eine Tricone in erster Linie ein Slide-Instrument. Zum Normal-Spielen würde ich immer eine Holzgitarre bevorzugen. Insgesamt ist der Klang sehr speziell und mit Worten schwer zu beschreiben. Wer diesen speziellen Tricone-Sound sucht, dem kann man die CS3 ruhigen Gewissens empfehlen. Wer auf das Lily of the Valley -Dekor verzichten mag, für den gibt es die CS1 ohne Gravur oder sonstige Verzierungen. Die CS0 ist eine gut verarbeitete, klanglich hervorragende Singlecone, die den Vergleich mit anderen Modellen nicht scheuen muss. Man kann sie jedem ans Herz legen, der eine vielseitige Resonatorgitarre sucht. Außerdem sieht sie gut aus. Apropos sieht gut aus: Wie ich hörte, gab es vor ca. 15 Jahren in der Bravo ein Foto von Bon Jovi, auf dem er mit einer Continental Style 0 abgebildet war. grand gtrs 121