POJA SUNGEUN LEE
胞子포자 Sungeun Lee Schriftlicher Teil zur künstlerischen Diplomarbeit PoJa Universität für angewandte Kunst Wien Bildende Kunst Malerei Betreuerin der Diplomarbeit: Emma Rendl Denk Angestrebter akademischer Titel: Mag.art. Wintersemester 2016/17
Der Frischhaltebehälter hat versagt. Alles ist verdorben. Eine bräunlich grüne Flüssigkeit mit ocker - grauen Einsprengseln, überzogen von transparenten, leicht ins Bläuliche gehende Mikrohaarteilchen quillt mir entgegen. Irgendwie hat alles um mich herum viel mit mir und meiner Situation zu tun, denke ich bei diesem Anblick. Wie interessant. Ich schaue und schaue. Und irgendwann beginne ich auch zu staunen. Der Inhalt ist gewissermaßen tot, doch gleichzeitig scheint auch Leben drinnen zu sein. Leben in der kleinen Box im kalten Kühlschrank meiner kalten Wohnung. Ich glaube, ich kann wieder anfangen zu malen...
Das Fenster meiner Wohnung, 2015, Foto
Schimmel verschmutztes Wasser der Fensterrahmen morsch Modergeruch Abblätternder Lack Malerei der Witterung
Stefan Kürten Black Mirror, 2007 190 x 270 Oil and acrylic ground on untreated cotton Stefan Kürten Perfect World, 2016 120 x 160 cm, Acrylic and Ink on Paper - on Linen
Das Fenster meiner Wohnung, 2015, Foto
Das Fenster meiner Wohnung, 2015, Foto
Ich könnte etwas dagegen tun, doch ich tue es nicht. Es wäre auch nicht schlecht, wenn alles einfach so in sich zusammenbräche, wenn alles komplett kaputt würde, alles verrottete, vielleicht könnte etwas Neues daraus werden.
Wie das Wasser. Treiben. Lassen. Treiben lassen. Ohne Widerstand. Versuchen. Ich muss es versuchen. Und wiederholen. Wieder und wieder.
Das Blatt und die Leinwand sind immer schon von Klischees zugedeckt, die mit entschiedener Geste erst weggewischt werden müssen, um den Raum für etwas Neues zu schaffen. Weil das Neue dem Alten oft bis zur Ununterscheidbarkeit gleicht, wird man es nicht davor bewahren können, gelegentlich mit ihm verwechselt und von ihm wie von einem Doppelgänger heimgesucht zu werden. Ebenso wird niemand, der ein neues Buch ein Ereignis nennt, verhindern können, dass in denselben Worten eine gedankenlose Phrase anklingt, wie sie durch die Feuilletons geistert, in denen sich die Meinungen unverbindlich zur Schau stellen. Und es sind die Meinungen, vor denen wir uns hüten müssen, wenn wir das Ereignis lieben. (Gilles Deleuze / Félix Guattari)
Wiederholung und Erinnerung sind die gleiche Bewegung, nur in entgegengesetzter Richtung; denn wessen man sich erinnert, das ist gewesen, wird rücklings wiederholt; wohingegen die eigentliche Wiederholung sich der Sache vorlings erinnert. Daher macht die Wiederholung, falls sie möglich ist, den Menschen glücklich, indessen die Erinnerung ihn unglücklich macht, unter der Voraussetzung nämlich, dass er sich Zeit nimmt zu leben und nicht schnurstracks in seiner Geburtsstunde einen Vorwand zu finden trachtet, sich aus dem Leben wieder davon zu stehlen, z.b. weil er etwas vergessen habe. (Sören Kierkegaard: Die Wiederholung)
Dass die Körper Sprechen, Auch Das wissen wir seit Langem
Studio 2015~2016
Der Umraum des Bildes wird Teil des Bildes. Alles greift ineinander, wird schließlich zu einem Ganzen. Alles ist eines. Zhang Enili No.6, 2010 Space painting
Studio 2016
Ich gehe nun einmal davon aus, daß auch das geringste unter den irdischen Dingen Das große Ganze widerspiegelt, daß die Struktur des Daseins sich ebensogut in einer Seite mit lokalen Todesanzeigen manifestiert wie in den Bemühungen mancher Philosophen, ein Fangnetz über die sogenannte Wirklchkeit zu spannen (Cees Noteboom)
Studio 2016
Studio 2016
Meine Arbeit muss unvorhersehbar sein. Ich darf nicht nach einem fixen Plan in meinem Kopf arbeiten. Ich darf nicht wissen, wie das Ergebnis aussehen wird. Ich muss immer auf den Prozess achten. Ich muss genau schauen. Ich muss sorgfältig beobachten. Ich muss auf den Ablauf reagieren. Meine Gedanken nicht Einfluss nehmen lassen. Ich muss das einfach machen. Ich muss allem seinen freien Lauf lassen. Mit meiner Arbeit mitfließen.
Studio 2016
포 PoJa ( 자 ) = Sporen Sporen Farbe Wasser Bibliographie Nooteboom, Cees: Ich hatte tausend Leben und nahm nur eins, Ein Brevier Ausgewählt von Rüdiger Safranski. Erste Auflage Suhrkamp Verlag 2008, S.23. Gilles Deleuze/Félix Guattari: Was ist Philosophie? Aus dem Französischen von Bernd Schwibs und Joseph Vogl, Frankfurt am Main 1996, Suhrkamp Verlag, S 241-260. Kierkegaard, Sören ; Rochol, Hans: Die Wiederholung. Hamburg: Meiner Verlag, 2000. Breitwieser, Sabine ; Breitwieser, Sabine ; Schmutz, Hemma ; Widmann, Tanja ; Karner, Dietrich ; Biemann, Ursula ; Adorf, Sigrid ; Agamben, Giorgio ; Streither, Anja ; Koether, Jutta: Dass die Körper sprechen, auch das wissen wir seit langem : That bodies speak has been known for a long time. 1. Aufl.. König: Verlag der Buchhandlung Walther König, 2004.