Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Härtefallkommissionsverordnung vom Dezember 2015 Aufgrund des 23 a Absatz 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Artikel 128 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), wird verordnet: Artikel 1 Die Niedersächsische Härtefallkommissionsverordnung vom 6. August 2006 (Nds. GVBl. S. 426), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. September 2013 (Nds. GVBl. S. 228), wird wie folgt geändert: 1. 5 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt geändert: aa) Satz 1 wird wie folgt geändert: aaa) Nummer 4 wird gestrichen. bbb) Die bisherige Nummer 5 wird Nummer 4. ccc) Die bisherige Nummer 6 wird Nummer 5 und erhält folgende Fassung: 5. das Ausweisungsinteresse nach 54 Abs. 1 oder Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 AufenthG schwer oder besonders schwer wiegt, es sei denn, dass am Tag des Eingangs der Eingabe a) die Verbüßung der Jugendstrafe mindestens drei Jahre oder die Verbüßung der Freiheitsstrafe mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Ausländerin oder der Ausländer in diesem Zeitraum nicht erneut wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat verurteilt worden ist, oder b) die Gründe für das Schwerwiegen des Ausweisungsinteresses nach 54 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 oder Abs. 2 Nrn. 1 und 3 AufenthG vor mehr als drei Jahren entstanden sind, c) Die bisherige Nummer 7 wird Nummer 6 und wie folgt geändert: Am Ende wird der Punkt durch das Wort oder ersetzt. ddd) Es wird die folgende Nummer 7 angefügt: 7. die Ausländerin oder der Ausländer sich noch nicht 18 Monate im Bundesgebiet aufhält. bb) Die Sätze 2 bis 4 erhalten folgende Fassung:
2 Eine Eingabe wird zur Beratung auch nicht angenommen, wenn ein Termin für eine Abschiebung der Ausländerin oder des Ausländers bereits feststeht oder ein feststehender Termin verstrichen ist und die Ausländerbehörde die Ausländerin oder den Ausländer nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht mindestens einmal über die Möglichkeit der Anrufung der Härtefallkommission informiert hat. 3 Die Information nach Satz 2 muss mindestens vier Wochen vor dem Feststehen des Termins für eine Abschiebung erfolgt sein. 4 Hat sich die Ausländerin oder der Ausländer länger als fünf Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten, so wird eine Eingabe nur dann nicht zur Entscheidung angenommen, wenn die Ausländerbehörde sie oder ihn wiederholt über die Möglichkeit der Anrufung der Härtefallkommission informiert hat. b) Es wird der folgende neue Absatz 2 eingefügt: (2) 1 Die Entscheidung nach Absatz 1 trifft die Härtefallkommission durch ihr vorsitzendes Mitglied. 2 Das vorsitzende Mitglied kann Ausnahmen von Absatz 1 Satz 1 Nr. 7 zulassen, wenn es dies aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls für geboten hält. 3 Wird dem vorsitzenden Mitglied vor Beginn der Beratung in der Härtefallkommission bekannt, dass ein Grund nach Absatz 1 nachträglich entstanden ist, so wird nachträglich entschieden, dass die Eingabe nicht zur Beratung angenommen wird. 4 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden, wenn dem vorsitzenden Mitglied vor Beginn der Beratung in der Härtefallkommission ein Grund nach Absatz 1 nachträglich bekannt wird. c) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3 und wie folgt geändert: aa) In Satz 1 wird die Verweisung Satz 1 gestrichen. bb) Es wird folgender neuer Satz 4 angefügt: 4 In den Fällen nach Absatz 2 Satz 2 ist die Eingabe nur angenommen, wenn die Entscheidung einstimmig zustande kommt. d) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4. 2. 7 wird gestrichen. 3. Der bisherige 8 wird 7.
Artikel 2 Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. Hannover, den Dezember 2015 Die Niedersächsische Landesregierung
B e g r ü n d u n g A. Allgemeiner Teil Anlass und Ziel der Verordnung Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) regelt in 23 a die Erteilung eines Aufenthaltstitels in Härtefällen. 23 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ermächtigt die Landesregierung, durch Rechtsverordnung eine Härtefallkommission einzurichten und unter anderem das Verfahren und Ausschlussgründe zu bestimmen. Mit der Änderungsverordnung werden Abläufe im Härtefallverfahren erleichtert und beschleunigt. Gleichzeitig werden redaktionelle Anpassungen im Hinblick auf das seit dem 01.08.2015 geltende Aufenthaltsgesetz vorgenommen. B. Besonderer Teil Zu Artikel 1: Zu Nummer 1: Der Katalog der absoluten Nichtannahmegründe in 5 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung wird um eine neue Nummer erweitert. Ausländerinnen und Ausländern, die sich noch keine 18 Monate ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten, wird zukünftig der Zugang zur Härtefallkommission grundsätzlich verwehrt. Nur unter den engen Voraussetzungen des neu eingefügten 5 Absatz 2 Satz 2 wird es von diesem Grundsatz mit einem Sonderprüfungsrecht des vorsitzenden Mitglieds Ausnahmen aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls geben. Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Personen mit einer nur kurzen Aufenthaltsdauer ist derzeit regelmäßig nicht zu erwarten, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach 23 a AufenthG in Betracht kommt. Verfahren, die im Ergebnis auch heute regelmäßig ohne Erfolg bleiben, werden damit von vornherein vermieden. Mit dem neuen Nichtannahmegrund entfällt bei dem vorbezeichneten Personenkreis gleichzeitig die Verpflichtung der Ausländerbehörden zur Belehrung über die Möglichkeit und das Verfahren für die Anrufung der Härtefallkommission. Diese ist künftig erst bei einer Aufenthaltsdauer von mindestens 18 Monaten verpflichtend vorzunehmen. Auch die Gründe, die zur Einführung einer Verpflichtung zur wiederholten Belehrung geführt haben, greifen bei kürzeren Aufenthalten nicht, weshalb auch eine wiederholte Belehrung nach 5 Absatz 1 Satz 3 nur noch dann erforderlich ist, wenn sich die Ausländerin oder der Ausländer bereits länger als fünf Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet aufhält.
Darüber hinaus wird der Nichtannahmegrund in 5 Absatz 1 Nr. 5 redaktionell an den Wortlaut der 53 und 54 des Aufenthaltsgesetzes in der ab dem 01.01.2016 geltenden Fassung angepasst. Zu Nummer 2: Die frühere Übergangsregelung ist nicht mehr erforderlich und kann daher gestrichen werden. Einer neuen Übergangsregelung bedarf es nicht, da die nach vorherigem Recht angenommen Eingaben unverändert angenommen bleiben. Zu Artikel 2: Die Vorschrift enthält die Bestimmung über das Inkrafttreten. C. Ergebnis der Verbandsbeteiligung Im Rahmen der Verbandsbeteiligung haben die Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen, das Katholische Büro Niedersachsen, die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens (AG KSV), die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen (LAG FW) sowie der Flüchtlingsrat Niedersachsen eine Stellungnahme abgegeben. Die Niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe hat sich der Stellungnahme der LAG FW vollinhaltlich angeschlossen. Im Rahmen der schriftlichen Stellungnahme wurde ein Termin zur mündlichen Anhörung am 19.11.2015 angeboten. Von diesem Angebot machte lediglich der Flüchtlingsrat Gebrauch. Die einzelnen Stellungnahmen enthalten im Wesentlichen die nachfolgend dargestellten Forderungen: Grundsätzlich vertreten die Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen, das Katholische Büro Niedersachsen, die LAG FW, der Flüchtlingsrat Niedersachsen und die Niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe die Ansicht, dass der Zugang zur Härtefallkommission möglichst offen gestaltet sein sollte und daher jede Einschränkung des Zugangs ablehnt wird, wohingegen die AG KSV vorgesehene Begrenzungen begrüßt und sich erst Recht für deren Erweiterung ausspricht. 1. Forderung nach einer unabhängigen Fachberatungsstelle ( 3 Abs. 3) Die Forderung der Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen, des Katholischen Büros Niedersachsen, der LAG FW, des Flüchtlingsrats Niedersachsen sowie der Niedersächsischen Landesbeauftragten für Migration und Teilhabe nach einer
unabhängigen Fachberatungsstelle ist bereits bei der vorangegangenen 4. Änderung der NHärteKVO diskutiert worden. Die Regierungsfraktionen haben im Rahmen der Politischen Liste im November 2014 entschieden, eine Fachberatungsstelle einzurichten. Insoweit wurden auch Haushaltsmittel bereitgestellt. Herrin des Verfahrens über die Ausschreibung und Einrichtung einer Fachberatungsstelle ist die StK. Insoweit wird darauf hingewiesen, dass eine Regelung bezüglich einer unabhängigen Fachberatungsstelle nicht in der NHärteKVO verankert werden sollte. Eine unabhängige Fachberatungsstelle kann dem Verständnis nach nur als eine Beratungshilfe für Härtefallersuchende angesehen werden, und gerade nicht als eine Unterstützung der Kommission. Dies würde zu einem Interessenskonflikt führen. Insgesamt sollte berücksichtigt werden, dass das Härtefallverfahren als ultima ratio nur greift, wenn keine anderen aufenthaltsrechtlichen Bleibemöglichkeiten bestehen. Insoweit wird eine einseitige Beratung in Richtung des Härtefallverfahrens als nicht zielführend angesehen und sollte vielmehr auf eine Ausweitung der Beratung über vorrangige anderweitige aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten zielen. 2. Aufnahme der Eingabe durch Bevollmächtigte ( 4 Abs.1) Die Forderung der Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen, des Katholischen Büros Niedersachsen, der LAG FW, des Flüchtlingsrats Niedersachsen sowie der Niedersächsischen Landesbeauftragten für Migration und Teilhabe, in die Verordnung aufzunehmen, dass auch Bevollmächtigte als eingabeberechtigte Personen gelten, ist unbegründet. Das Handeln durch Verfahrensbevollmächtigte ist allgemeingesetzlich geregelt und findet selbstverständlich Anwendung. Eine Aufnahme wäre rein deklaratorischer Natur. Die Praxis der Eingaben lässt diesbezüglich kein Defizit über den Kenntnisstand dieser Eingabemöglichkeit erkennen, so dass es keiner Klarstellung bedarf. 3. Aufnahme eines neuen Nichtannahmegrundes ( 5 Abs. Nr.7) Die im Entwurf vorgesehene Aufnahme eines neuen Nichtannahmegrundes, wonach der Zugang zur Härtefallkommission für diejenigen Menschen ausgenommen wird, die sich weniger als 18 Monate im Bundesgebiet aufhalten, wird von der Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen, dem Katholischen Büro Niedersachsen, der LAG FW, dem Flüchtlingsrat Niedersachsen sowie der Niedersächsischen Landesbeauftragten für Migration und Teilhabe grundsätzlich abgelehnt, da insoweit keine Prüfung von Einzelfällen, die auch bei Kurzaufenthalten besondere Integrationsleistungen vorweisen können, möglich sei. Die AG KSV hält die Erweiterung auf den neuen Nichtannahmegrund in der Sache für richtig, fordert jedoch den Zeitraum der Nichtannahme auf 2 bis 3 Jahre auszuweiten. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Personenkreis mit einer kurzen Aufenthaltsdauer von bis zu 18 Monaten auch nach der bisherigen Entscheidungspraxis der Härtefallkommission und des Ministeriums für Inneres und Sport so gut wie nie eine Aufenthaltserlaubnis als Härtefall erhalten hat. Der neue Nichtannahmegrund wird zudem verbunden mit einem Sonderprüfungsrecht für das vorsitzende Mitglied, das unter engen Voraussetzungen auch Ausnahmen zulassen kann. Damit bleiben im Kern der humanitäre Leitgedanke des Härtefallverfahrens und die Gerechtigkeit im Einzelfall unberührt, so dass die Forderung unbegründet ist. Eine Ausweitung des Zeitraums der Nichtannahme auf zwei bis drei Jahre wird zudem abgelehnt, da in diesem Zeitraum bereits gute Integrationsleistungen vorliegen können, die den Zugang zur Härtefallkommission durchaus rechtfertigen.
4. Berücksichtigung von Aufenthalten vor der letzten Einreise bei der Zulassung von Ausnahmen zur Annahme eines Nichtannahmegrundes durch das vorsitzende Mitglied ( 5 Abs. 2 S.2) Die Forderung der LAG FW verdeutlicht, dass es durchaus Ersuchende geben kann, die zwar nur einen kurzen derzeitigen Aufenthalt aufweisen, sich aber aufgrund von vorherigen langen Aufenthaltszeiträumen bereits gut in Deutschland integriert haben. Dieser Einwand ist durchaus berechtigt und findet bereits dahingehend seinen Niederschlag, dass das vorsitzende Mitglied im Rahmen seines Sonderprüfungsrechts nach 5 Absatz 2 Satz 2 Umstände dieser Art für Ausnahmen zur Annahme eines Nichtannahmegrundes zulassen kann. 5. Wiederholte Belehrung über das Härtefallverfahren ( 5 Abs. 1 S.3) Die Forderung der LAG FW sowie des Flüchtlingsrats Niedersachsen ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer darüber zu informieren, wann aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet und ein Abschiebetermin festgesetzt werden sollen, widerspricht der bundesgesetzlichen Vorgabe, dass ein Abschiebetermin nicht mehr angekündigt werden darf ( 59 Abs. 1 S. 8 AufenthG) und wird daher abgelehnt. Die weitere Forderung der Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen, des Katholischen Büros Niedersachsen, der LAG FW, des Flüchtlingsrats Niedersachsen sowie der Niedersächsischen Landesbeauftragten für Migration und Teilhabe, eine wiederholte Belehrung zu verlangen, wenn seit der ersten Belehrung bereits 10 bzw. 12 Monate vergangen sind, ist ebenfalls nicht nachzukommen. Die Gründe, die zur Einführung einer Verpflichtung zur wiederholten Belehrung geführt haben, greifen bei kürzeren Aufenthalten nicht, weshalb auch eine wiederholte Belehrung nur noch dann erforderlich ist, wenn sich nach der ersten Belehrung noch ein deutlich längerer Aufenthalt im Bundesgebiet anschließt, die Aufenthaltsbeendigung also beispielsweise aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erfolgen konnte und weiterhin Duldungen zu erteilen waren. Die Forderung der AG KSV, die Belehrung zur Anrufung der Härtefallkommission erst nach einer konkret bestimmten Zeit zu wiederholen, wird insoweit umgesetzt, als dass die Einzelheiten diesbezüglich im Erlasswege geregelt werden. 6. Streichung des Einstimmigkeitserfordernis zur Ablehnung von Eingaben durch das Vorprüfungsgremium ( 5 Abs.2 S.2) Die Forderung der AG KSV, 5 Absatz 2 Satz 2 (bisherige Fassung) zu streichen, wird abgelehnt. Die Umsetzung der Forderung würde bedeuten, dass die Annahme von Eingaben mit Mehrheitsentscheidung getroffen wird. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass das Minderheitenvotum des Vorprüfungsgremiums ein wichtiges Instrument ist, um humanitäre Einzelfallentscheidungen in der Härtefallkommission zu ermöglichen.