Erneuerung des DHHN und Berliner Folgemessungen Helmut Gehring

Ähnliche Dokumente
Die Zukunft sächsischer Festpunktfelder Haben Festpunktfelder noch eine Zukunft?

Erneuerung des DHHN GEOforum Leipzig 2009 (Infrastruktur und Planung)

Der einheitliche Raumbezug in Deutschland

Die Erneuerung der 1. Ordnung des Deutschen Haupthöhennetzes in Brandenburg

GREF. Ergebnisse. Produkte. Integriertes Geodätisches Referenzstationsnetz. Kontakt.

Dezernat 30 Raumbezug

Raumbezug. exakt. aktuell. hoheitlich.

Quasigeoid. der Bundesrepublik Deutschland. Die Höhenbezugsfläche der. Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen.

B e z u g s s y s t e m e r l a s s

Erdellipsoid (Rotationsellipsoid) als mathematisch/geometrisch

Der integrierte geodätische Raumbezug und seine amtliche Realisierung in Deutschland

GPS-Höhenmessungen in der Landesvermessung Niedersachsen

Quasigeoidmodell für Rheinland-Pfalz

Diese Vorschrift legt für den Freistaat Thüringen das amtliche Lage-, Höhen- und Schwerebezugssystem

Neuer Raumbezug 2016 für NRW

Neuer Raumbezug 2016 für NRW

Dokumentation zur Modellierung der Geoinformationen des amtlichen Vermessungswesens (GeoInfoDok)

Die Erneuerung des DHHN und die Einführung des integrierten Raumbezugs 2016

Leica Tour Spezial, Linstow, 7. Oktober 2011 Jörg Rubach, LAiV M-V

Seid vermessen! Analoge und digitale Techniken in der Bauaufnahme. Bauhaus-Universität Weimar

Aufsätze, Abhandlungen

Inhaltsverzeichnis. Vorwort des Herausgebers. Vorwort der Verfasser. Teil I: ORGANISATION

Anweisung. für die Einrichtung, Führung und Bereitstellung des amtlichen geodätischen Raumbezugssystems. - Raumbezugsanweisung - (RBA)

1.3.4 Baden 6. Inhaltsverzeichnis. Vorwort des Herausgebers. Vorwort der Verfasser. Teil I: ORGANISATION

Neue Ansätze zum Bodenbewegungsmonitoring in Nordrhein-Westfalen

Bodenbewegungskataster Radarfernerkundung für ein neues Produkt der Landesvermessung NRW

Das Deutsche Haupthöhennetz 2016 in Sachsen. Martin Köhr / Grit Moosdorf Referat Geodätischer Raumbezug

Richtlinie für den einheitlichen integrierten geodätischen Raumbezug des amtlichen Vermessungswesens in der Bundesrepublik Deutschland.

SAPOS - bundesweite Raumbezugsbasis für präzise Georeferenzierung im Kontext internationaler Bezugssysteme

Koordinaten im Wandel Die geodätischen Grundlagen bleiben

Perspektiven, Vorteile und Möglichkeiten des Raumbezugs 2016

Deformationsnetz Eifel-Plume. GPS-basiertes Projekt der Bezirksregierung Köln, Abteilung 7 GEObasis NRW und des LVermGeo Rheinland-Pfalz

Richtlinie. für den. einheitlichen integrierten geodätischen Raumbezug. des amtlichen Vermessungswesens in der. Bundesrepublik Deutschland

An alle Kunden des Satellitenpositionierungsdienstes SAPOS in Niedersachsen und Bremen. SAPOS -Newsletter Ausgabe

Strategien und Lösungen. M.Eng. Christian Baier

Geodätischer Raumbezug 2015 in Nordrhein-Westfalen

125 Jahre Hauptnivellements die Entwicklung zu einem modernen geodätischen Pegelwesen

Vergleichstest der Kalibrierverfahren für GPS-Antennen Teil 2 - Vorhaben und Datensatz

Hinweise für die Praxis. Georeferenzierung von Registern und sonstigen Datensätzen nach 14 EGovG und 12 EGovG BW (E-Government-Gesetz)

Hintergründe zum Bezugssystemwechsel nach ETRS89 Um Punkte in der Ebene oder im dreidimensionalen Raum untereinander in Beziehung zu bringen, werden K

Produktdefinition LFPS Landwirtschaftlicher Fahrzeugpositionierungsservice Bayern

Brandenburger Geodätentag 2012 Aktuelle Entwicklungen im amtlichen Vermessungswesen in NRW von Klaus Mattiseck -Referat 36 im MIK NRW -

CRSEU Informationssystem für europäische Koordinatenreferenzsysteme

Das Amtliche Festpunktinformationssystem (AFIS ) Stand und Entwicklung

Zur Nutzung von Antennenkalibrierungen im SAPOS

Dipl.-Ing. Otmar Didinger Präsident des Landesamts für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz. Folie März 2010

Erzielbare GPS- Koordinatengenauigkeiten bei Verwendung von Antennenkorrektionen

Mitteilungen. man beim Landesvermessunsgamt Brandenburg unter der Telefonnummer 0331/ oder 0331/ (Thomas Rauch, LVermA, Potsdam)

Auszug aus dem amtlichen Festpunktinformationssystem (AFIS ) ,151 Genauigkeitsstufe Standardabweichung S <= 1 cm.

Untersuchungen zum Präzisionsnivellement

Feldanweisung für Absolutschweremessungen im Rahmen der Erneuerung und Wiederholung des Deutschen Haupthöhennetzes (DHHN) im Zeitraum

Grundlagenvermessung Amtliche Bezugssysteme

Aktuelles aus der LGB. Martina Braune

Vergleichende Betrachtungen zur Höhenbestimmung mittels Digitalnivellement und DGPS in einem Vertikalprofil

Das EVRF2007. europäischen Höhenreferenzsystems

ETRS 89 Einführung im Kreis Warendorf

Titelmaster. Vom globalen Bezugssystem bis zur Umsetzung für die Praxis. Barbara Görres

Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) Produktstandard

Genauigkeitsanalyse der SAPOS

Hinweise zur Nutzung des SAPOS in Nordrhein-Westfalen. SAPOS -Dienste. Stand: 1. Januar 2017

Bodenbewegungskataster NRW - Einordnung - Ergebnisse. Internetplattform CODE.DE

Das ETRS89 als geodätischer Raumbezug in Thüringen

Höhen im System des Deutschen Haupthöhennetzes 1992

SAPOS Satellitenpositionierungsdienst der deutschen Landesvermessung

Grundlagenvermessung Amtliche Bezugssysteme

GPS-Antennenkalibrierungen beim Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen

NÖV. Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen NÖV NRW 2/2006

Kooperative Aktualisierung der Grundkarte zwischen. Netzbetreiber und Katasteramt

AFIS. Das amtliche Festpunkt- Informationssystem in Brandenburg. Dipl.-Ing. Gunthard Reinkensmeier

Nachrichten. Niedersachsen. der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung. NaVKV 4 / 2011

Geodateninfrastruktur Deutschland. Dr.-Ing. Winfried Hawerk Stellvertretender Vorsitz Lenkungsgremium GDI-DE

Verordnung des VBS über die Landesvermessung (LVV-VBS) vom 5. Juni 2008 (Stand am 1. August 2017)

2 Aufgabenfelder und Wirkungsbereiche

Länderbericht Berlin

Verwaltungsvereinbarung

Was bedeutet Normal Null? Unser Höhensystem und der Meeresspiegel

Abstimmung des Nachweises des Liegenschaftskatasters an der Landesgrenze Richtlinie zum Abstimmungsverfahren

Aktuelle Notizen. 74 Söder eröffnet BayernLab in Wunsiedel. 76 Einführung von ETRS89/UTM in Bayern. 77 Herausragend ein DOM für ganz Bayern

Prüffeld der Landeshauptstadt

Workshop: Bezugsystemwechsel auf ETRS89/UTM und erste Erfahrungen in Baden Württemberg. Christian Walz, Dipl.-Ing. Geodäsie, Schulung und Support

Die richtigen Hinweistafeln aus geodätischer Sicht

Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) Produktstandard. für 3D-Gebäudemodelle. Version 1.

Vermessung und Ortung mit Satelliten

Vermessung und Ortung mit Satelliten

Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) Standard. für digitale Oberflächenmodelle (DOM-Gitter)

Dokumentation. zur Modellierung der Geoinformationen des amtlichen Vermessungswesens. (GeoInfoDok)

Bezugssysteme und Transformationen im deutschen Vermessungswesen

AXIO-NET Transformationsdienste

Europäisches Terrestrisches Referenz- System

Koordinatentransformation UTM (Projekt KanU)

Anwendungshinweise für die Lagetransformations- und Höhenmodelle des LDBV Bayern in SAPOS

Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Vermessungstechniker, Vermessungstechnikerin Fachrichtung Vermessung. Schriftliche Prüfung

Geobasisdienste der Vermessungs- und Katasterverwaltungen

SAPOS Satellitenpositionierungsdienst der deutschen Landesvermessung

Die AdV schreitet voran: GeoInfoDok 7.0. Dr.-Ing. Thomas Grote

60 Jahre AdV. Tätigkeitsbericht 2007/2008 AMTLICHES DEUTSCHES VERMESSUNGSWESEN

ascos ruhrgas positioning services

Die Fehmarnbelt-Querung

Transkript:

Erneuerung des DHHN und Berliner Folgemessungen Helmut Gehring Das derzeitige amtliche Deutsche Haupthöhennetz 1992 (DHHN92) ist nach der Wiedervereinigung durch Verbindungsmessungen in den Jahren 1991 und 1992 zwischen dem Deutschen Haupthöhennetz 1985 (DHHN85) in den alten Bundesländern und dem staatlichen Nivellementnetz 1976 (SNN76) in den neuen Bundesländern entstanden. Hauptziele waren ein bundesweit einheitliches Höhenbezugssystem und die Einführung von Normalhöhen in ganz Deutschland. Die Datengrundlagen des DHHN92 waren bereits zum Einführungszeitpunkt in 1994 teilweise über 20 Jahre alt. Wegen des damit verbundenen Qualitätsverlustes und der zunehmend eingeschränkten Nutzung für Folgemessungen Dritter bestand in vielen Bundesländern der Bedarf zur Erneuerung dieses Netzes. In 2002 beschloss die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) auf Initiative Berlins die Einrichtung einer Projektgruppe, die als Auftrag die Grundlagenermittlung und die Planungsvorbereitungen für eine Erneuerung des DHHN erhielt. Der Projektauftrag wurde vorrangig unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit, der Wissenschaftlichkeit und der Nachhaltigkeit definiert. Aus wirtschaftlich vertretbaren Erwägungen war zunächst eine Teilerneuerung des DHHN in Form von Großschleifen geplant. Diese Großschleifen, sogenannte Pflichtlinien, sollten sich als Minimalausstattung möglichst auf das vorhandene DHHN beziehen, aber nur noch 60 % des DHHN92 Ursprungsdatenbestandes umfassen. Nachteilig wirkte sich bei dieser Reduzierung der Verzicht von Linien an den Landesgrenzen aus. Hier fehlten durch die Punkteinbußen die Anschlussmöglichkeiten für nachgeordnete Verdichtungsstufen. Zur Problemlösung wurden zusätzliche optionale Linien zugelassen, die ebenfalls in das Gesamtprojekt integriert werden sollen. Beispielhaft hierfür ist die bisherige Linie 1. Ordnung, die Berlin umschließt. Unter Beachtung aller Hauptkriterien und nach einer ausführlichen Studie wurde in 2004 der Projektauftrag erweitert und neu definiert.. Ziel des Projektes ist die Erneuerung des DHHN durch das Verfahren des geometrischen Präzisionsnivellements, verbunden mit epochengleichen GNSS- und Absolutschweremessungen zur: Überprüfung des amtlichen Höhenbezugssystems zwecks Aufdeckung von Höhenänderungen und Spannungen im DHHN92 (Diagnose) mit der Option zur Einführung eines neuen amtlichen Höhenstatus, Einbindung des DHHN in ein zukünftiges, integriertes Raumbezugssystem, Modellierung hochgenauer Geoidinformationen für die weitere Verbesserung der satellitengestützten Gebrauchshöhenbestimmung insbesondere mit SAPOS durch die Verknüpfung von Nivellement mit epochengleichen GNSS-Messungen (Systeme GPS und Galileo) und neuen Erdschwerefeldmodellen (Missionen GRACE und GOCE) sowie Schaffung aktueller Grundlagen für wissenschaftliche Arbeiten im Sinne der Daseinsvorsorge. Gründe für die Notwendigkeit der Erneuerung lieferten umfangreiche Datenerhebungen in allen Bundesländern. Hierdurch konnte festgestellt werden, dass die gesetzliche Aufgabe, die Bereitstellung eines bundeseinheitlichen, genauen Höhenbezugssystems, ohne eine Netzerneuerung langfristig nicht anforderungsgerecht erfüllt werden kann. Dies gilt vor allem in geotektonisch und bergbaulich beeinflussten Regionen. [2], [3] Mit der Einbindung des DHHN in ein integriertes, epochengleich geschaffenes Raumbezugssystem sollen langfristig weitere deutliche Kosteneinsparungen erzielt werden. Anstelle aufwändiger nivellitischer Wiederholungsmessungen innerhalb der üblichen Perioden soll ein Vergleich ellipsoidischer Höhen auf identischen Punkten zu verschiedenen Epochen Rückschlüsse auf Höhenveränderungen der Erdoberfläche zulassen. Gleichzeitig soll eine Höhenbezugsfläche hochgenau modelliert werden, um Gebrauchshöhen zukünftig satellitengestützt wirtschaftlich und mit hoher Genauigkeit bestimmen zu können. Ein weiteres Argument für die Erneuerung ist, dass in den Nachbarstaaten entsprechende Aktivitäten existieren oder bereits abgeschlossen wurden. Im Projektplan des AdV-Arbeitskreises Raumbezug (AK RB) wurde nach gründlichen Kostenanalysen festgelegt, dass die Erneuerung des DHHN92 nach einem integrierten Messverfahren notwendig ist. Außerdem sollen neben den Großschleifen auf bundesweit 250 besonders geeigneten Punkten GNSS- Messungen und auf 100 Punkten, die möglichst mit diesen GNSS-Punkten identisch sind, Absolutschweremessungen erfolgen. Hiermit sollen insbesondere die Forderungen zur Modellierung eines hochpräzisen Quasigeoidmodells erfüllt werden. (Abbildung 1). Im Mai 2005 beschloss das zuständige Plenum der AdV die Umsetzung des Projektvorschlages für den Zeitraum 2006 bis 2011. Die Hauptaufgabe der neuen Projektgruppe Koordinierung und Durchführung zur Erneuerung des DHHN bestand darin, dass sämtliche Arbeiten in allen Bundesländern nach einheitlichen Kriterien durchgeführt werden sollten. In Anlehnung an eine für die Erneuerung des DHHN85 genutzte Feldanweisung waren nunmehr drei Feldanweisungen, je eine für das Nivellement, eine für die Durchführung der GNSS-Kampagne und eine für die Absolutschweremessungen, zu erarbeiten. Während die GNSS-Feldanweisung und die Absolutschwerefeldanweisung gänzlich neu entwickelt werden mussten, war die vorhandene Nivellement-Feldanweisung sehr aufwändig fortzuschreiben. Hier war insbesondere der enorme Technologiefortschritt mit den erstmals in einer Großkampagne eingesetzten neuen Digitalnivellieren zu berücksichtigen. In den 1

Raumbezogene Raumbez ogene Geobasisda eobasisdatten Stand (Frühjahr 2010) liegen die Messergebnisse bundesweit innerhalb der erlaubten Genauigkeiten, wenngleich auch regionale Unterschiede zutage treten. Die Nivellementmessungen können wahrscheinlich termingemäß Ende 2011 beendet werden. Für die Auswertungen, Analysen und Schlussfolgerungen zur Nutzung dieser Resultate sind sicher zwei weitere Jahre einzuplanen. Diese Einschätzung rührt auch daher, dass nunmehr mit sechs oder sieben Datumspunkten ausgewertet wird. Feldanweisungen wurden u.a. auch Festlegungen zu den in den Kampagnen zu verwendenden Instrumenten, zu den Kalibrierverfahren, den Kalibriergrenzwerten und den hierfür autorisierten Kalibrierstellen getroffen. Ringversuche zwischen den ausgewählten Kalibrierstellen gewährleisten die Kompatibilität der eingesetzten Instrumente und der hiermit ermittelten Messwerte. In der Projektgruppe wurden Erkenntnisse über systematische Fehlfunktionen hochmoderner Präzisionsinstrumente intensiv bearbeitet. Hierdurch konnten Anregungen an die Hersteller zur Implementierung entsprechender Warnhinweise gegeben werden. Beispielhaft hierfür sind die Kritischen Zielweiten bei den digitalen Nivellieren. Die 250 GNSS-Punkte wurden in der Zeit von Ende Mai 2008 bis Anfang Juli 2008 in einer 6 wöchigen deutschlandweiten Kampagne mit 34 Messtrupps aus fast allen Bundesländern mehrfach und in 24 Stundenzyklen simultan beobachtet. Die Festlegung auf das Messjahr 2008 erfolgte im Wesentlichen nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Dabei wurden Kriterien wie absolutes Sonnenfleckenminimum, Nutzung mehrerer Satellitensysteme, unsichere Perspektiven beim sich ständig verzögerndem System Galileo, die sich zunehmend verschlechternden finanziellen Rahmenbedingungen in den Ländern und der optimale Zeitpunkt zur Projektmitte besonders berücksichtigt. Auch hier sind zwei Rechenstellen für die Auswertung unabdingbar. Die GNSS-Messungen werden beim Landesamt für Geoinformation Niedersachsen in Hannover (LGN) und beim BKG ausgewertet. Die notwendigen und sehr aufwändig zu ermittelnden Kalibrierergebnisse für die einheitlich verwendeten Chokeringantennen bestimmten die Firma GEO++ in Garbsen und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin auf den hochgenauen Kalibrierrobotern. Die bisher publizierten Zwischenresultate lassen das Erreichen der vordefinierten GNSS-Höhengenauigkeiten von deutlich < 5 mm realistisch erscheinen. Die als Bestandteil des Gesamtprojektes vereinbarten 100 Absolutschwerepunkte wurden in 2009 etwa zur Hälfte vom BKG gemessen und ausgewertet. Hierfür wurde ein feldtaugliches A10 Absolutgravimeter eingesetzt, das in Deutschland lediglich beim BKG vorhanden ist. Die erreichbare Genauigkeit liegt nach der Reduzierung auf die Oberkante der Vermarkung bei 11 µgal. In 2010 ist hier der Abschluss geplant. Durch das Gesamtprojekt DHHN 2006-2011 ergaben sich weitreichende Auswirkungen auf die Vorhaben der Landesvermessung in Berlin. Abb. 1: Projektübersicht Erneuerung des DHHN 2006-2011 Die Höhenfestpunktfelder der 1. - 3. Ordnung in Berlin Die gemeinschaftliche Nutzung des bekannten Programmpaketes HOEHE führte ebenfalls zu einer starken Vereinheitlichung und insbesondere zu einem hohen Automatisierungsgrad. Um auch hier Systematiken auszuschließen, war die Festlegung auf jeweils zwei unterschiedliche Rechenstellen zwangsläufig. Die Nivellementmesswerte der jeweiligen Bundesländer werden mit dem einheitlichen Programm HOEHE vorausgewertet (Fehlerbetrachtung, Kalibrierkorrekturen, Schwerekorrekturen) und dann von den Rechenstellen bei der Bezirksregierung Köln (ehemals Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen) und dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) zu unabhängigen endgültigen bundesweiten Ergebnissen weiterverarbeitet und ausgeglichen. Die zwei Softwarevarianten wurden über repräsentative Groß- und Verdichtungsschleifen hinsichtlich Kompatibilität und systematischen Fehlern getestet und verglichen. Nach derzeitigem Wegen des teilungsbedingten Fehlens der 1. Ordnung in Berlin verständigten sich zunächst die Länder Berlin und Brandenburg auf eine Erweiterung des DHHN92 in Anlehnung an den historischen über 100 Jahre alten Linienverlauf der Königlich Preußischen Landesaufnahme (Abbildung 2). Da der Normalhöhenpunkt von der 1911 abgebrochenen Berliner Sternwarte nach Hoppegarten verlegt wurde, bestand die Notwendigkeit zur Festlegung eines neuen Knotenpunktes in Berlin. Hier bot sich der in 1985 im Zusammenhang mit der damaligen Bundesgartenschau (jetzt Britzer Garten) eingerichtete Landeshaupthöhenpunkt an (Abbildung 3). Konsequenzen hatte diese Entscheidung für den Ost-West-Verlauf der Linie entlang des Straßenzuges der heutigen Bundesstraßen 1 und 5. Die NordSüd-Linie wurde dagegen weitgehend dem historischen 2

Raumbezogene Geobasisdaten Abb. 2: Linienverlauf der Preußischen Landesaufnahme Verlauf angepasst. Hierdurch sind in Berlin bisher knapp 200 neue Höhenfestpunkte der künftigen 1. Ordnung entstanden (Abbildung 5). Der durchschnittliche mittlere Fehler aus Hinund Rückmessungen im Berliner Teil beträgt 0,26 mm. In 2010 wird das Teilstück der Linie Berlin-Lübben vom Knotenpunkt im Britzer Garten bis zur südlichen Stadtgrenze komplettiert. Zur Zeit werden die Höhen der Punkte 1. Ordnung im System des Übergeordneten Höhenfestpunktfeldes (ÜH) bestimmt. Diese Höhen haben einen vorläufigen amtlichen Charakter bis zur Fertigstellung des bundesweiten Gesamtnetzes in voraussichtlich 2012 / 2013. Das ÜH wurde in der Zeit von 2003 bis 2006 auf 641 Doppelkilometer mit 1050 Punkten erneuert und in 2007 festgesetzt. Wie beim Netz 1. Ordnung waren auch hier die Daten für das ÜH teilweise über 20 Jahre alt. Wegen der zusätzlich hohen Zerstörungsraten mit jährlichen Punktverlusten bis zu 3 % war die Erneuerung unumgänglich. Die Einführung von überwiegend neuen Höhen bei identischen Punkten belegt die Notwendigkeit zur Erneuerung auch im Nachhinein. Die Erkenntnisse in der 1. Ordnung und 2. Ordnung (ÜH) trafen auch für das Aufnahmehöhenfestpunktfeld (AH) der 3. Ordnung zu. Ein hohes Kundeninteresse an genauen aktuellen Höhen mit noch vertretbaren Nachbarschaftsabständen führten 2005 im Rahmen des Berliner Projektes Amtliche Ver- Abb. 3: Schweremessungen am Landeshaupthöhenpunkt im Britzer Garten 3

messung zu der Entscheidung, im Zeitfenster von 2005 bis 2010 auch das AH zu erneuern. Im Gegensatz zur 1. und 2. Ordnung konnten die Bezirke im AH darüber selbst entscheiden, ob geeignete, bereits vor diesem Projektzeitraum durchgeführte großräumige Erneuerungen in das Projekt einbezogen werden. Drei Bezirke entschieden sich, für die Hälfte der Bezirksfläche bis zu 15 Jahre alte Daten mit in das Projekt zu übernehmen. In der gemeinsamen zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin und den 12 Bezirksvermessungsämtern geschlossenen Zielvereinbarung wurde zudem eine Reduzierung des Punktbestandes der ursprünglich 10.000 Höhenfestpunkte um 50 % festgelegt, was künftig deutlich größere Punktabstände von durchschnittlich 400 m zur Folge hat. Aktuelle Abfragen lassen erwarten, dass Ende 2010 die Außenarbeiten in allen Bezirken abgeschlossen sein werden. Insgesamt werden in der 1. - 3. Ordnung in Berlin ab 2012 ca. 6.500 Höhenfestpunkte zur Verfügung stehen. Die Schwerefestpunktfelder der 1. - 3. Ordnung in Berlin Wegen der an der Technischen Universität Berlin (TUB) im Bereich der Schweremessung vorhandenen Instrumente und Auswerteprogramme wurden im Rahmen eines Kooperationsabkommens die Schwerewertbestimmungen im Deutschen Hauptschwerenetz 1996 (DHSN96) für die ca. 100 Schwerefestpunkte der 3. Ordnung vom dortigen Institut durchgeführt. Für die 2. Ordnung wurden 14 Punkte vom BKG in 2003 bzw. 2009 gemessen und ausgewertet. Hiervon sollen wegen der herausragenden Qualität der Absolutschweremessungen u.u. noch vier mit dem A10 gemessene Punkte in Abstimmung mit der AdV in die 1. Ordnung des DHSN96 hoch gestuft werden. Bisher verfügt Berlin über einen Schwerefestpunkt 1. Ordnung im DHSN96. Alle drei Netze wurden in 2009 gemeinsam ausgeglichen. Die gleichmäßig über Berlin verteilten Schwerefestpunkte sind wegen der erforderlichen Schwerewertkorrektionen bei der Normalhöhenberechnung und für die Modellierung des Quasigeoids unverzichtbar (Abbildung 4). Das Geodätische Grundnetz in Berlin Das Plenum der AdV legte in 2004 in einem Strategiepapier [4] den künftigen einheitlichen Raumbezug in Deutschland fest. Danach sollen die Höhenfestpunkte des DHHN92 der 1. Ordnung, die Schwerefestpunkte des Deutschen Schweregrundnetzes 1994 (DSG94) sowie die Punkte der 1. Ordnung des DHSN96, die SAPOS-Referenzstationen und die Geodätischen Grundnetzpunkte (GGP) den einheitlichen künftigen dreidimensionelen Raumbezug repräsentieren. Die GGP haben dabei die Aufgabe, das SAPOS-Referenzstationsnetz zu sichern. Dieses bedingt, dass die GGP-Bestimmung gemeinsam mit den Abb. 4: Übersicht der Schwerefestpunkte in Berlin 4

umliegenden Referenzstationen und den benachbarten GGP auch über die Landesgrenzen hinaus erfolgen muss. Bestimmungskriterien für GGP sind Höhen im DHHN92, Schwerewerte im DHSN96 und Koordinaten im ETRS89 in jeweils hoher Genauigkeit bei einem maximalen Punktabstand von 30 km. Diese Hauptvoraussetzungen erfüllen die in der GNSS-Kampagne 2008 angemessenen Punkte uneingeschränkt. Daher hat der Arbeitskreis Raumbezug der AdV in 2008 beschlossen, die GNSS-Punkte als Bestandteil des GGP-Festpunktfeldes in Deutschland einzuführen. In Berlin soll neben einer qualitativ und quantitativ ausgewogenen GGP-Ausstattung wegen besonderer Infrastrukturanforderungen ein Festpunktfeld aus insgesamt 150 dreidimensionalen Festpunkten dauerhaft unterhalten werden. Hierbei sind neben den drei SAPOS-Referenzstationen, zwei von den 250 deutschlandweiten GNSS- Punkten der Kampagne 2008, vier weitere, besonders stabile Messpfeiler und sieben Punkte aus der länderübergreifenden BREF/BRAREF-Kampagne als künftige GGP eingerichtet und gemessen worden (Abbildung 5). Die endgültige Bestimmung ist abhängig von der GNSS-2008-Kampagnenauswertung der beiden oben genannten. Rechenstellen. Die Messungen auf den vier Pfeilern erfolgten simultan zu den bundesweiten Beobachtungen im Berliner Raum in zwei unabhängigen 24-stündigen Messzyklen. Unterstützt wurde die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Abteilung Geoinformation hierbei von der überwiegenden Anzahl der Bezirksvermessungsämter. Die Berliner Referenzpunkte wurden im Februar 2008 durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und im Herbst 2009 durch Vergabe der Messleistungen an fünf Berliner Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (ÖbVI) mit weiteren 40 Punkten des Raumbezugsnetzes im Rahmen eines durch die EU geförderten Projektes (EFRE) bestimmt. Von den insgesamt 150 dreidimensionalen Punkten wurden Anfang 2010 über ein Drittel in das Gesamtnetz integriert. Für die restlichen ca. 85 Punkte, die auch zur Ableitung lokaler Transformationspara meter vorgesehen sind, ist eine weitere, erheblich weniger aufwändige Kampagne in 2010 vorgesehen. Und zur Qualitätssicherung werden zukünftig neben den Überwachungstätigkeiten lediglich in größeren Zeitabständen für die länderübergreifende Einheitlichkeit des Raumbezuges deutschlandweite Überprüfungskampagnen notwendig sein. Quellenangaben [1] AdV - Arbeitskreis Raumbezug (2003): A 11-2.4.2 [2] AdV - Arbeitskreis Raumbezug (2004): A 12-2.5.2 [3] AdV - Arbeitskreis Raumbezug (2004): A 12-2.5.3 [4] AdV - Plenum (2004): Beschluss 115/7 [5] Richtlinie für den einheitlichen Raumbezug in der Bundesrepublik Deutschland Abb. 5: Übersichtskarte von Berlin über das DHHN 2006-2011 und über das Geodätische Grundnetz 5