Städtisches Gymnasium Thomaeum



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Stand: 1. Dezember 2014

Transkript:

Städtisches Gymnasium Thomaeum Unsere Shakespeare Company Ostern 2009 Rundbrief Nr. 3 im Schuljahr 2008/09: 3. April 2009 Liebe Schülerinnen und Schüler, sehr geehrte Eltern, Freunde, Förderer und Ehemalige, liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Der 11. März 2009 beginnt als ganz normaler Schultag, und so geht dieser Mittwoch in Kempen auch zu Ende. In den Nachrichten erfahren wir abends, dass Tim K. an diesem Morgen an seiner ehemaligen Realschule im baden-württembergischen Winnenden ein Blutbad angerichtet und 16 Menschen getötet hat: Schüler, Lehrer, Passanten und schließlich sich selbst.

2 Die Reaktionen sind unterschiedlich, und die am 24. Dezember 2008 an unsere Wände gesprühten Drohungen noch gegenwärtig. Während die einen erschüttert sind, nehmen andere die grauenvolle Tat eher gleichmütig hin. Was tun Sie, damit ein solcher Amoklauf am Thomaeum nicht geschieht? Auf diese Frage kann die ehrliche Antwort nur lauten: Nichts! Nichts, was ein solches Verbrechen wirklich verhindern könnte! Winnenden, Emsdetten, Erfurt: Die Gewaltverbrechen, die hier 2009, 2006 und 2002 geschahen, gehören als Möglichkeit leider Gottes zum heutigen Schulleben dazu, und sie sind der exzessive Ausdruck einer mitleidslosen Jugendkultur, zu der Erwachsene nicht mehr immer Zutritt haben und die die virtuelle vielleicht nicht mehr von der lebendigen Wirklichkeit unterscheiden kann. Hätte man bei größerer Sensibilität ein solches Verbrechen nicht verhindern können? Die in solchen Fragen immer enthaltene Schuldzuweisung ist wohlfeil. Selbstverständlich legen Werteerziehung und Erziehung zum sozialen Verhalten im Zusammenwirken von Eltern und Schule die Basis. Wir haben dieses Erziehungsverständnis in unserem Schulprogramm aus dem Jahre 2005 verankert und streben täglich neu danach, ein Klima der Gewaltfreiheit zu schaffen und Achtsamkeit, Anerkennung und gegenseitigen Respekt im Miteinander zu leben. Herabwürdigendes und verletzendes Reden und Verhalten dürfen nicht akzeptiert werden. Daran arbeiten wir beständig trotz des manchmal aufkommenden Gefühls einer Sisyphusarbeit und zu diesem Zweck haben wir ein umfassendes Konzept des sozialen Lernens entwickelt, das von der Klasse 5 bis in die Oberstufe reicht und viele miteinander verknüpfte Elemente enthält: von der ersten Klassenfahrt mit dem Schwerpunkt des sozialen Kompetenztrainings über Projekte zur Persönlichkeitsentwicklung und Gewaltprävention bis hin zum Sozialpraktikum und zu individuellen Gesprächsangeboten (unter anderem von unserer Beratungslehrerin Frau Fröhling). Wie wichtig uns dieser Teil von Schule ist, ist daran erkennbar, dass in der Präambel unseres Schulprogramms der pädagogische Bezug als grundlegend herausgestellt wird: Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule wird primär im pädagogischen Bezug zwischen Lehrer und Schüler realisiert. Die Qualität dieser personalen Beziehung ist es, die darüber mitentscheidet, ob schulische Bildung und Erziehung im Einzelfall gelingen. Als Basis dieser Beziehung gilt uns Zuwendung. Obwohl in der Sprache antiquiert anmutend, kann uns nach wie vor das leiten, was der Namenspatron unserer Schule, Thomas a Kempis, vor Jahrhunderten in seiner Nachfolge Christi so formuliert hat: Ohne innere Liebe ist alles äußere Tun nichts nütze. Was aber aus Liebe geschieht, das ist groß, das bringt reiche Frucht, so gering und ungeachtet es im Auge des Menschen auch sein mag. (Nachfolge Christi 1.15.1) Auch das erste Leitbild, das die Erziehung in gemeinsamer Verantwortung beinhaltet, drückt aus, dass die Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit und moralischen Handelns den höchsten erzieherischen Stellenwert hat. Für den Umgang miteinander bedeutet das, dass es darum geht, ein positives Selbstwertgefühl, gegenseitige Wertschätzung, demokratisches Verhalten sowie persönliche Bescheidenheit verbunden mit der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung vorzuleben und zu vermitteln. Aus Erfurt, Emsdetten und Winnenden ergibt sich für die Schule auch die Notwendigkeit einer verstärkten Medienerziehung. Übermäßiger Medienkonsum und exzessives Spielen von Killerspielen am Computer lassen die Empathiefähigkeit deutlich sinken. An die Stelle lebendiger Erfahrung mit allen Sinnen und an die Stelle menschlicher Begegnung tritt der Austausch mit einem emotionslosen Abbild. Als Beispiel dafür, dass das Thomaeum hier um Gegensteuerung bemüht ist, sei erwähnt, dass unsere zweite Klassenfahrt in der Mittelstufe unter dem Motto Natur erleben steht. Auch ohne Erfurt, Emsdetten und Winnenden hätten wir versucht, eine Kultur des Hinsehens zu praktizieren, nun ist jedem deutlich, dass diese Kultur unverzichtbar ist und eine Kultur des Vorlebens voraussetzt. Dadurch jedoch das Verbrechen verhindern zu wollen, diesem Sicherheitsanspruch können wir nicht gerecht werden. Zurzeit befassen sich die Schülervertretung und die Lehrerkonferenz damit, wie man Sicherheit und Schutz erhöhen kann, falls es doch einmal zum Schlimmsten kommen sollte. Hier und heute sei an die

3 allgemeinen Sicherheitsregeln erinnert, die nach den Osterferien mit allen Klassen und Kursen besprochen und behutsam eingeübt werden. Dass mit dem Bewusstmachen von Gefahren und dem Üben von Verhalten in Notsituationen immer auch die Gefahr verbunden ist, dass es Menschen darauf anlegen, solche Situationen heraufzubeschwören, ist eine traurige Erfahrung, die die zahllosen Amokdrohungen nach Winnenden bestätigen. Wir können andererseits nicht darauf verzichten, da wir es sonst unterlassen würden, ein Verhalten einzuüben, das im Eventualfall Leben retten könnte. Die folgenden Verhaltensregeln sollten allen bekannt sein: Verhalten bei Amoklagen und anderen Sicherheitsstörungen 1. Jeder sorgt bei konkreten Feststellungen unverzüglich für die Auslösung eines Schulalarms Sicherheitsstörung (nur im Sekretariat möglich). Keinen Feueralarm auslösen! Alarm gemäß Alarmplan über Lautsprecher mit entsprechenden Verhaltenshinweisen: Achtung, hier spricht die Schulleitung! Aufgrund einer akuten Gefahr begeben sich alle schnellstmöglich in den nächsten Klassenraum. Verschließen Sie sicher die Türen. Personen außerhalb des Gebäudes verlassen sofort den Nahbereich der Schule. Verhalten Sie sich still! Warten Sie auf weitere Anweisungen! Sofort Polizei über Notruf 110 verständigen! 2. Alle Personen verbleiben in ihren Räumen. Personen auf Gängen und Fluren suchen sofort den nächstgelegenen Raum auf und sichern diesen gegen Zutritt (Abschließen, Barrikade mit Schränken, Tischen, Bänken). 3. Fenster- und Türbereiche meiden, auf den Boden legen! 4. Einmal verschlossene Räume dürfen nicht mehr geöffnet werden, erst nach eindeutiger Aufforderung durch die Polizei! 5. Personen außerhalb der Gebäude (Schulhof, Parkplatz) verlassen den Nahbereich und stehen der Polizei als Auskunftspersonen am festgelegten Sammelplatz zur Verfügung! Die mit diesen Grundsätzen verbundenen Detailfragen werden in Kürze mit allen Beteiligten mit Schülern, Lehrern, Eltern sowie der Stadt und der Polizei) besprochen und entschieden. Glücklicherweise gab es im zurückliegenden Quartal auch andere Themen, sowohl ernste als auch froh stimmende, die für Gesprächsstoff sorgten. So verabschiedete sich nach einem erfüllten Berufsleben Herr Augstein am 13. März von seiner Schule, und so feierten die Abiturienten ihre letzten Unterrichtstage vor Ostern mit einer Mottowoche. Es gab die traditionelle Karnevalsfeier für die 5. und 6. Klassen, den EU-Projekttag für die Jahrgangsstufe 11, das Eins-Live-Schulduell mit der Jahrgangsstufe 13, einen Kollegiumsnachmittag in Grefrath, das Sozialpraktikum der 9. Klassen, das Betriebspraktikum der Jahrgangsstufe 11 und natürlich viel Theater am Thomaeum. Einen ganz besonders nachhaltigen Eindruck hinterließ bei allen Schülerinnen und Schülern der 9. Klassen und den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern der Besuch von Mirjam Honig am Holocaust- Gedenktag. Wir sind sehr dankbar, dass Frau Honig uns an ihren Lebenserinnerungen teilhaben ließ, an einem schweren Schicksal, das sie aus Kempen und Deutschland vertrieb. Seit dem 1. Februar 2009 gehören Frau Annika Ritz (Englisch/Biologie) und Herr Andreas Berg- Hildebrand (Mathematik/Physik/Philosophie) fest zu unserem Kollegium. Ihnen wünschen wir ebenso eine gute Zeit am Thomaeum wie unseren neuen Referendaren: Frau Bossmann (D/F), Herrn Erdmann (SW/SP), Herrn Nagel (EK/SP) und Frau Potocka (D/E). Herzlich willkommen!

4 In diesem Jahr blickt unser Gymnasium auf eine 350jährige Geschichte zurück, und dieses Jubiläum wollen wir im Herbst gebührend feiern. Für das Festwochenende vom 18. bis 20. September 2009 haben wir den folgenden Rahmen geplant: Tag Programmpunkt Leiter Helfer Freitag, 18.09.2009: morgens Freitag, 18.09.2009: abends Samstag, 19.09.2009: 11-17 Uhr Samstag, 19.09.2009: abends Sonntag, 20.09.2009: 10.00 Uhr und 11.30-14.00 Uhr Sternwanderung: von unseren Quellgebieten zum Ziel Klassen- und Sportlehrer mit ihren Klassen und Kursen Bildung eines geschlossenen Rings, der die Standorte des Gymnasiums Thomaeum verbindet Abschlusskundgebung Night of the Thoms (im Kolpinghaus): Gruppen und Solisten Gastbeiträge (z.b. aus Ulanów) Schulfest (Schulhöfe, Außenbühne, Klassen, PZ): Die Schule von der Gründerzeit bis heute Das Thomaeum, die Stadt Kempen und Europa Musik und Theater, Spiele und Verpflegung Ehemaligenfest (im Kolpinghaus) mit Programm: Beiträge aus der Schule und von Ehemaligen Ökumenischer Gottesdienst auf dem Schulhof (Außenbühne) für alle (Ehrengäste, Lehrer, Schüler, Eltern, Bürger) Festakt mit geladenen Gästen in der Aula und anschließendem Umtrunk (und Imbiss?) Frau Holz und die Fachschaft Sport sowie die Klassenlehrerinnen und -lehrer Frau Hellmann, Frau Nienhaus und Kolleginnen und Kollegen Herr Dreiser Herr Dreiser, Herr Schieferstein und Herr Käberich Frau Bonzelet und Frau Dr. Sitzler- Grefen Frau Vetter- Rehkämper und Herr Kaum Eltern Förderverein Kollegium, SV, Eltern Die Alt- Thomaeer Ideen und tatkräftige Unterstützung von allen Seiten sind uns herzlich willkommen. Allen Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 10 und 13 viel Erfolg wünschend und um Achtsamkeit im Umgang miteinander werbend grüßen wir Sie und euch alle zu Ostern 2009 herzlich: Gudrun Vetter-Rehkämper und Edmund Kaum

5 Inhalt: Seite Schwerpunktthemen Tschüss, Dieter! 6 Alles Gute, Herr Augstein! 7 Besondere Zeilen 10 Mirjam Honig wieder in Kempen 12 Mirjams Flucht vor Hitler 13 Die Freiheit wird euch nicht gratis in den Schoß gelegt. 14 In Farbe gibt es den Rundbrief auf unserer Homepage: www.thomaeum.de Die Künste Romeo und Julia crazy in love 15 Französisches Theater 20 Junge Anmut und Eleganz 20 Häuser-Modellbau 21 Kempener Literaturwettbewerb 22 Bläservorspiel 23 Bei einem Orchester... 24... den Niederrheinischen Sinfonikern 25 Zeitläufte Schülerbetriebspraktikum 2009 26 Deutsche Schülerakademie 2008 27 Planspiel Börse 2008 28 SV-Management 28 Karneval am Thomaeum 29 Wieder sauber! 29 Doppelpech beim Schulduell 30 Computerführerschein und Bauernhof 31 EU-Projekttag 32 Schulradioprojekt 33 ZONTA: YWPA-Award 34 Freies Reden: Die Angst vor der Blamage 35 Die besten Vorleser des Kreises 35 Französisch in Rochefort 36 Aus Deurne nach Kempen 37 Science@ItsBest 37 Mädchenfußball für die Klassen 5 und 6 38 Nacharbeit am Freitagnachmittag 38 Entspannung am Freitagnachmittag 38 Termine am Ende des Schuljahres 39 Auszeit vom Alltag 39 Amoklaufdrohung: Stellungnahme der SV 40 Nachmittags- und Hausaufgabenbetreuung 41 Anmeldungen für das Schuljahr 2009/10 42 Frau Mirjam Honig, geb. Winter 1935 aus Kempen geflohen, 2009 für einen Tag in die Stadt ihrer Kindheit zurückgekehrt Redaktion: Fotos: Druck: *** Edmund Kaum Udo Schieferstein Brigitte Marezki, Dagmar Stotz Ich habe geschrien, geflüstert und ich habe mich geärgert aber ich hatte Spaß!

6 Herr Schieferstein erläutert die Regeln des Abschiedsspiels Kempen/Thomaeum: Tschüss, Dieter! von Tom Krebs (WZ 14.03.2009) Mit Dieter Augsteins Abschied geht eine lange Hausmeister-Ära zu Ende. Etwas gerührt wirkte Dieter Dietrich Augstein bei seinem Abschied am Freitag schon, auch wenn er sagte: Dieser Freitag der 13. ist ein schöner Tag für mich. Seit August 1983 war der 62-Jährige als Hausmeister am Thomaeum beschäftigt. Schulleiter Edmund Kaum würdigte in seiner Festrede Arbeit und Einsatz Augsteins, der auch schon unter den Ex- Rektoren Georg Strasser und Martin Reis die Geschicke der Schule mitverantwortete. Sportlicher Abschied in einen sportlichen Ruhestand Diesen Sachverstand durfte Augstein am Freitag unter Beweis stellen, denn das Lehrerkollegium hatte sich einige lustige Aufgaben ausgedacht. So musste er verschiedene Schlüsselbunde den passenden Lehrern zuordnen, den richtigen Besitzer von Brieffächern wissen und ein Sportquiz lösen. Das alles meisterte er mit Bravour und bekam dafür einen Pokal mit der Inschrift Dieter Augstein, Meister des Hauses Gymnasium Thomaeum Kempen von August 1983 bis Mai 2009. Der Pokal selbst war unter vielen bunten Luftballons versteckt, sodass Augstein nur mit Nadelgewalt an seine Auszeichnung gelangte. Stellvertretend für das Lehrerkollegium erhob Udo Schieferstein das Wort, dann folgten Geschenke von Lehrern, Schülern und Eltern. Besonders ins Zeug gelegt hatte sich Walter Weitz an der Gitarre mit einem eigens für Auge gedichteten Hausmeisterlied, dessen Refrain von allen festlich mitgesungen wurde. Augstein selber beschreibt seine fast 26 Jahre mit den Worten des Radiomoderators Manfred Manni Breuckmann: Ich habe geschrien, geflüstert und ich habe mich geärgert aber ich hatte Spaß! Den wird er sicherlich auch bei seiner letzten Amtshandlung, einem Probealarm mit Beteiligung der Feuerwehr, haben. Für die Zukunft hat Augstein auch schon Pläne: Ich werde radfahren und mich bei der Vereinigten Turnerschaft Kempen zusätzlich als Gerätewart einbringen. Na dann Tschüss und alles Gute, Dieter!

7 Alles Gute, Herr Augstein! Jo, wenn d'r Aufzoch klemmp un de Mülltonn' brennt un em janze Huus et Leech usfällt, es em drette Stock d'r Klo verstopp, alles weed bei mir jemeld'. Ooch wenn Wasserrühre lecke, dun se mich ooch naachs für wecke, dat es minge Job. Dreck en d'r Eck un 'ne Fleck an d'r Deck, sidder dann jeck, wem es dä Dreck? Muss weg! Hey, Herr Augstein. Jo jo. Hey, Herr Augstein. Ben schon do. Hey, Herr Augstein. Wat es loss? Hey, Herr Augstein. Jo jo, ich kumme. Lieber Herr Augstein, das hätte der Kölsche Jong unter uns natürlich viel echter vortragen können, aber vielleicht singt Herr Weitz uns und Ihnen dieses Lied ja heute noch wir haben uns nicht abgesprochen. Aber weil auf Sie zutrifft, was die Bläck Föss dem Huusmeester Kaczmarak in den Mund legen Jo, jo. Ich kumme., habe ich bei den Kölnern abgeschrieben. Und natürlich gilt nicht nur für den Berufsgenossen Kaczmarek, sondern auch für Sie: Alles fess im Griff! Herr Augstein, fest im Griff hatten Sie das Thomaeum seit 1983, seit 26 Jahren also. Zuerst hatten Sie Herrn Reiss unter sich, dann Herrn Strasser und schließlich mich und unsere jeweiligen Kollegien. Schüler, Eltern, Sekretärinnen, Lehrer und Schulleiter, Sie haben sie kommen und gehen sehen, Sie jedoch sind fast eine Generation lang geblieben. Die, die Sie überlebt haben, sind aber zum Teil zu Ihrem Abschied wieder da. Ich freue mich, dass ich Herrn Strasser an alter Wirkungsstätte begrüßen darf, ebenso wie die ehemaligen Kollegen. Schön, Sie wiederzusehen, Herr Vogt, Herr Reifenrath, Herr Murphy, Herr Kastner, Herr Krause, Herr Bellenberg und Herr Looser. Herzlich Willkommen sage ich auch unseren Schulpflegschaftsvorsitzenden, Frau Füngerlings, Herrn Klein und Herrn Kunter. Zu guter Letzt begrüße ich unsere Schülervertreter, Julia Bauer, Aurelia von Hassel und Jens Hoffrichter. Es ist Freitag, der 13., lieber Herr Augstein, und Tränen hat der Himmel in den letzten Wochen schon genug geweint. Doch heute scheint die Sonne. Wie sollen wir diese Himmelszeichen deuten? Ich sagte schon, Sie haben viele kommen und gehen sehen, Sie aber waren beständig da, Sie kennen die Schule wie kein zweiter, Sie hatten die Anstalt fest im Griff bis heute. Genauer gesagt, bis kommenden Montag, den 16. März. Dass jetzt Schluss ist, dass Sie uns nun alleine lassen, das haben Sie uns unmissverständlich klargemacht: auf dem weißen Knopf am Revers Ihres Arbeitskittels und am Maßband in Ihrer Kommandozentrale, das wir jeden Tag kürzer werden sahen und das jetzt oh, Schreck fast ganz verschwunden ist, bis auf ein armseliges Stümmelchen von zwei Zentimetern. Ganz ehrlich, liebe Thomaeer und Alt-Thomaeer, dieses schnell schrumpfende Maßband hat mich manchmal mit Schrecken erfüllt. Erinnert es mich doch allgemein recht plastisch und drastisch an die wie im Flug ablaufende Zeit Tempus fugit! (Damit Sie nicht denken, wir hätten die Verbindung zu unseren Wurzeln und Ihrem alten Thomaeum ganz abgeschnitten, Herr Strasser!) und lässt für mich konkret die Frage immer bedrohlicher werden: Was machen wir jetzt bloß ohne Sie, Herr Augstein? Denn wir wissen alle, dass eine gute Schule neben guten Lehrern natürlich nichts dringender braucht als einen guten Hausmeister. Gibt es den nicht, dann geht nicht mehr viel! Lobhudelei am Ende einer Dienstzeit? Schau n mer mal, um eine andere deutsche Lichtgestalt zu zitieren. Schauen wir uns also einmal gemeinsam Ihr Täterprofil an, ich meine natürlich Ihr Tätigkeitsprofil, Ihre Hausmeisterei, Herr Augstein.

8 Der Hausmeister sorgt für Ordnung und Sauberkeit im Gebäude. Das setzt voraus, dass er selbst ordnungsliebend und sauber ist. Ordnung muss schließlich sein. Ja, Herr Augstein, Sie haben immer nach dem Rechten gesehen, darauf geachtet, dass alles und jedes an seinem Platz war oder dorthin kam, wo es benötigt wurde. Die Reinigungskräfte haben Sie gut betreut und gelenkt. Wir Lehrer wie Schüler haben es Ihnen dabei nicht immer leicht gemacht. Sie kennen Ihre ganz besonderen Pappenheimer. Den Kampf gegen die im Eingangsbereich abgestellten Fahrräder haben wir beide verloren. Der Hausmeister hat eine handwerkliche Berufsausbildung, verfügt über handwerkliches und technisches Geschick und führt kleine Reparaturarbeiten selbstständig aus. Trifft voll und ganz zu: Egal, ob Schulmöbel zusammenzubauen oder zu reparieren sind, ob Löcher zu kitten, Glühlampen auszuwechseln, Leitungen zu löten oder die Rufanlage und der Pausengong neu zu programmieren, ob die Entwässerungsrohre zu reinigen sind Sie machen das! Der Hausmeister bedient und kontrolliert die Heizung und wartet die sanitären Anlagen. Ein Geschäft für sich! Sie haben dieses Geschäft bravourös geführt, Herr Augstein, obwohl es Sie manchmal verständlicherweise angeekelt hat, wenn Sie zum Beispiel die Klospülung wieder gangbar machen mussten. Aber Sie haben es hingekriegt, wenn auch mit Kopfschütteln und unter Kopf- und Herz- Schmerzen. Der Hausmeister erledigt allgemeine Hausverwaltertätigkeiten, man könnte neudeutsch auch sagen, er managt die Logistik der Ver- und Entsorgung. Sie koordinieren und kontrollieren Handwerksarbeiten, Sie transportieren Möbel, Sie besorgen die Post und machen Botengänge, halten guten Kontakt zum Schulverwaltungsamt na ja, nicht zu allen dort und zum Hochbauamt und transportieren auf diese Weise wichtige Nachrichten, Sie entsorgen den Müll, Sie sorgen für Milch und Kakao. Und Sie sind der Schlüsseldienst. Wer hat welchen Schlüssel? Wer bekommt welchen Schlüssel? Wer hat das Licht nicht ausgeknipst und die Tür nicht verschlossen, sodass Sie noch mal rausmüssen? Sie haben das alles perfekt gemanagt, Herr Augstein! Manch einer Ihrer möglichen Nachfolger bewirbt sich denn auch als Facility Manager. Ein Hausmeister wie Sie ist mir lieber. Der Hausmeister arbeitet auch gerne im Freien und hat Spaß an der Gartenarbeit. Er pflegt die Grünanlagen und die Schulhöfe, kratzt die Fugen aus, steht fassungslos vor mutwilligen Zerstörungen als Beispiel sei das Achteck genannt und bringt doch letztlich alles wieder in Ordnung. Im Winter schippt er Schnee und hält die Wege offen, im Herbst harkte er früher das Laub zusammen, heute bläst er es durch die Gegend. Ob Sie allerdings wirklich einen grünen Daumen haben, Herr Augstein, da bin ich mir dann doch nicht so ganz sicher. Aber, Gott sei Dank, haben Sie ja mittlerweile immer auch einen Hausmeisterassistenten. Der Hausmeister zeichnet sich nicht nur durch hohe seelische, sondern auch durch hohe körperliche Belastbarkeit aus und ist flexibel, denn er ist immer unterwegs und doch immer präsent, auch in den Abendstunden und an Wochenenden. Sie haben gut auf das Haus aufgepasst, Herr Augstein, sich persönlich verantwortlich gefühlt und dadurch sicher so manchen potentiellen Übeltäter auch abgeschreckt. So haben Sie zu unser aller Sicherheit beigetragen. Anderes konnten Sie schnell zwar, aber leider eben nur feststellen. Aktuell denke ich da besonders an die Schmierereien zu Heiligabend. Körperlich und geistig fit gehalten hat Sie der Sport. Das gilt nicht nur für Sie selbst, Sie treiben auch andere zu Höchstleistungen an. Siehe Frau Marezki und Frau Stotz, die Ihnen das Sportabzeichen zu verdanken haben. Der Hausmeister hat ein großes Einfühlungsvermögen und ist ein Kommunikationsgenie. Er ist absolut zuverlässig, kann sich in sein Gegenüber hineinversetzen, ist offen, höflich, freundlich und hilfsbereit gegenüber Jedermann und Jederfrau. Dass man in 26 Dienstjahren selbst nicht immer mit dem nötigen Respekt behandelt wird, Herr Augstein, das haben Sie das eine oder andere Mal erfahren müssen. Dass Ihnen auch mal der Kragen geplatzt ist, ist verständlich und menschlich. Insgesamt aber haben Sie auch diesem Anforderungsprofil Ihres Berufes überzeugend entsprochen. Ganz im Gegensatz zu einem urdeutschen Hausmeister, dem Kollegen Krause Sie kennen doch Hausmeister Krause, oder? Der mit dem Dackel und den missratenen Kindern. Der das Radfahrerprinzip mit Leben erfüllt: nach oben buckeln und nach unten treten. Sie fahren zwar auch Rad, Herr Augstein, aber glücklicherweise anders. Mein Respekt!

9 Obwohl ich vieles von dem, was Sie täglich tun, Herr Augstein, noch nicht einmal erwähnt habe, denke ich, dass es ausreicht, um zu unterstreichen, wie vielfältig und anspruchsvoll Ihr Aufgabengebiet ist. Nach allem, was ich gesagt habe, könnte man resümieren: Sie sind die gute Seele dieses Schulhauses. Dieses Prädikat müssen Sie aber zumindest teilen, teilen mit Ihnen, liebe Frau Augstein. Sie waren täglich da, im Hintergrund zwar, aber wirkungsvoll. Sie haben geholfen, Hunger und Durst zu stillen, Sie haben sich auch um die Sorgen und Nöte so mancher Kinder gekümmert. Und bis die Stadt dies vor kurzem untersagte, waren Sie auch immer als Hausmeisterin im Dienst, wenn Ihr Mann einmal nicht konnte. Ein großes Dankeschön, liebe Frau Augstein, für Ihre leise, aber beständige und verlässliche Arbeit für diese Schule, und das heißt, für die Menschen in dieser Schule, kleine wie große. Als Zeichen unserer großen Dankbarkeit darf ich Ihnen einen kleinen Strauß Blumen überreichen. Lieber Herr Augstein, ich konnte Sie nicht mehr umstimmen und doch noch zum längeren Bleiben überreden. Gestern, als ich mich im Internet umschaute, da wurde mir schlagartig klar, dass ich nie eine echte Chance hatte, Sie zu halten. Ich weiß ja, dass Sie gern reisen und mit dem Wohnmobil die Welt erfahren. Und wenn man nun die Möglichkeit hat, Beruf und Hobby eins werden zu lassen, dann überlegt man nicht zweimal. Warum hatten wir am Thomaeum keine Chance? Ich las: Hausmeisterjob im Paradies. Hausmeister gesucht für eine Insel am Great Barrier Reef im australischen Bundesstaat Queensland. Alles klar! Zwar hoffe ich, dass Sie insgesamt für sich sagen können, Herr Augstein, es hat sich ganz gut leben lassen am Thomaeum, aber mit dem Paradies konkurrieren zu wollen, das hielte ich doch für vermessen. Danke, Herr Augstein! Danke von Amts wegen und persönlich Danke! Ich und wir werden Sie und Ihre Frau sehr vermissen. Hey, Herr Augstein. Wat läuf? Hey, Herr Augstein. Kein Zick! Hey, Herr Augstein. Ich muss weg! Eine gute Zeit, Herr Augstein, Ihnen, Ihrer Frau und Ihrer Tochter mit Familie. Auf Wiedersehen! Edmund Kaum

10 Blumen und Bücher Besondere Zeilen Herrn Augstein gewidmet, von der Klasse 5a An Herrn Augstein Herr Augstein, Sie waren lange da, jetzt gehen Sie weg für viele Jahr. Um 05:30 piepst der Wecker, und Sie essen was vom Zuckerbäcker. Rote Mütze, graue Weste, Sie waren hier der Allerbeste. Sie waren immer für uns da, das fanden wir ganz wunderbar. Sie sorgten für Ordnung immerzu, und reparierten alles im Nu. Die Jahre waren ziemlich lang, Sie blieben trotzdem immer dran. Der Besen sah Sie immer an, für ihn waren Sie der Supermann. Sie aßen gerne Ente, doch jetzt gehen sie in Rente. (Lukas M., Simon, Lukas S., Annette und Kira) Herr Augstein Vor vielen Jahren kamen Sie her, jetzt können Sie in den Urlaub ans Meer. Sie haben die Blätter von den Straßen geräumt und dabei manchmal von Urlaub geträumt. Sie waren immer hilfsbereit und hatten handwerkliche Fähigkeit. Um sechs Uhr morgens mussten Sie aufstehen und dann zur Schule gehen. Sie schlossen uns die Türen auf, dann gingen wir die Treppe rauf. Sie verkauften am Kiosk Eistee, im Winter räumten Sie den Schnee. Sie ziehen in ein neues Haus, hoffentlich gibt es dort keine Maus. Sie waren immer superfit und machten alles mit. (Mathias, Justin, Benjamin, Sarah, Hannah, Anna-Lena) Ansichten vom Niederrhein als Geschenk von Herrn Heinen Enthüllung des Pokals Herrn Augsteins Schulleben Sie waren lange für die Schule da, jetzt sind Sie weg für viele Jahr. Sie hielten alles sauber, das war dann wie ein Zauber. Mit Ihrem grauen Kittel, erfanden Sie viele gute Mittel. Mit Ihrer roten Mütze naschten Sie rote Grütze. Sie brachten das Mobiliar in Schuss, doch damit ist jetzt Schluss.

11 Ihre Wohnung an der Schule, bauten Sie in einer Kuhle. Sie hielten sich fit mit m Rad, danach nahmen Sie ein heißes Bad. Sie aßen gerne Ente, und jetzt gehen Sie in Rente. (Marian, Sophia, Felix, Jan-Philip, Anna, Viktor) Die schöne Zeit am Thomaeum Sie hielten sich immer fit, und waren immer nett. Auf dem Rad machten Sie täglich einen Ritt, und blieben nie lange im Bett. Mit Ihrer grauen Weste und den langen Hosen waren Sie der Beste und gossen immer Rosen. Mit Ihrer roten Mütze, gehen Sie jetzt in Rente. Sie essen gerne rote Grütze und eine gebratene Ente. Doch jetzt müssen Sie gehen, wir wünschen Ihnen auf Ihren Wegen, und jeder wird es sehen, viel Glück und Gottes Segen. (Niklas, Rebekka, Alina, Chiara, Robin, Louis) Hoffentlich nutzen Sie Ihre Zeit gut, das tut gut und macht Mut. Sie hatten immer sehr viel Mut, das fanden wir schon immer gut. Sie waren immer fit und machten alles mit. Sie gehen jetzt in Rente, wir fragen uns, was ist mit ihrer Ente? Sie ziehen in Ihr neues Heim, drum schreiben wir Ihnen diesen Reim. Sie haben Ihren Job gut ausgeführt, und selbst Sie waren sehr gerührt. (Lennart, Marc-Philipp, Franziska, Jan, Lukas E., Patricia) Der Abschied Sie waren lange an dieser Schul, jetzt entspannen Sie sich am Pool. Sie waren flexibel jederzeit, doch jetzt haben Sie ihre Freiheit. Ein besonders behandeltes Pult als Abschiedsgeschenk von Herrn Strasser

12 Auge (intoniert von Herrn Bärsch, Herrn Krüger, Herrn Weitz und Herrn Käberich) Frau Mirjam Honig (geb. Winter) am Holocaust-Gedenktag, dem 27. Januar 2009, wieder in Kempen Im Rahmen des Religionsunterrichtes beider Konfessionen wird das Thema Holocaust in der Jahrgangsstufe 9 behandelt. Es gehört zu den Pflichtthemen der Lehrpläne beider Fächer. Das große Interesse, die erstaunliche Anteilnahme unserer Schülerinnen und Schüler sowie Recherchen zu einzelnen Themen (so vor allem zum Schicksal der Juden während des Naziregimes in unserer Stadt) haben uns bewogen, den Holocaust-Gedenktag (27. Januar) in geeigneter Weise zu würdigen. Foto: Kurt Lübke Bei unseren Recherchen konnten wir mit Hilfe von Dr. Kaiser eine ehemalige Bürgerin unserer Stadt, die wegen ihres jüdischen Glaubens mit ihrer Familie Kempen verlassen musste, ausfindig gemacht. Es ist Frau Mirjam Honig (geb. Winter), die in Eindhoven (NL) wohnt und häufig an niederländischen Schulen über ihre Erfahrungen berichtet. Sie erklärte sich bereit, an diesem besonderen Tag bei uns zu Gast zu sein und die 100 Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen über die Vergangenheit zu informieren. Norbert Minke Mirjam Honig, am 17. August 1922 in Kempen als ältere von zwei Töchtern des Anwalts Dr. Karl Winter und seiner Ehefrau Berta (geb. Baum) geboren, war 13, als sie mit der Familie ihre Heimatstadt verließ. Fünf Jahre später holte das Dritte Reich sie ein: Die deutsche Wehrmacht überfiel die Niederlande. Dass sie die Besatzung überlebte, verdankt Mirjam Honig mutigen Einwohnern, die die einzelnen Familienmitglieder von einem Versteck zum anderen reichten. Die erste Warnung vor der Deportation erhielt sie von einem Angehörigen des Widerstands, den sie später heiratete. Ich war gerade 20 geworden, als ich untertauchte. Das war im September 1942; in der Bevölkerung waren Gerüchte aufgekommen, die jungen Juden würden seit Juli zum Arbeitseinsatz nach Deutschland geholt. Dass die Transporte in Wirklichkeit über das Durchgangslager Westerbork für Auschwitz bestimmt waren, wussten wir nicht, denn wir hatten damals kein Radio und kein Telefon mehr. Ich trug den Davidsstern und in meinen Pass war auf Anweisung der Deutschen ein J gestempelt worden. So fragte ich eine gleichaltrige Bekannte, Diny Olofsen (sie arbeitete bei Philips), ob ich ihren Ausweis haben dürfte. Ich hatte den Satz noch nicht zu Ende

13 gesprochen, da machte sie schon ihr Handtäschchen auf und gab mir ihren Pass, obwohl sie wusste, dass KZ darauf stand. Ihre Mutter hat dann der Polizei erzählt, Diny habe ihre Tasche mit den Papieren bei einem Luftangriff verloren. So bekam sie einen neuen Ausweis. In ihren Pass, den sie mir gegeben hatte, praktizierten Männer vom Widerstand mein Passbild hinein. Ein Nachbar, den ich schon längere Zeit kannte der Lehrer Gerrit-Jan Honig, klingelte dann bei uns mit der Nachricht, ich stünde auf der Deportationsliste der niederländischen Polizei. Wieder half mir die Familie Olofson. Ich war gerade zu einem gemütlichen Abend, und die Sperrstunde, die für Juden um acht Uhr begann, kam immer näher. Da fasste ich mir ein Herz und rückte mit der Frage heraus, ob ich bei ihnen übernachten dürfte. Mutter Olofson, die gerade am Bügelbrett stand, sagte nur, ohne aufzublicken: Du kannst bei uns bleiben, bis wir was anderes gefunden haben. Denn in der kleinen Wohnung lebten bereits fünf Menschen. In dieser selbstverständlichen Weise, ohne irgendein Aufhebens davon zu machen, haben uns die Menschen in den Niederlanden bis zum Kriegsende geholfen. Ich fand zunächst ein Versteck in Eindhoven, das mir die evangelische Kirche vermittelt hatte. In der Nähe der Kirche kam ich bei der protestantischen Familie Stavast unter; abends durfte ich den Kindern am Bett aus der Kinderbibel vorlesen. Auch wenn ich nie vor die Tür ging, wusste jeder in der Nachbarschaft, dass da jemand zu viel im Haus war. Aber alle haben geschwiegen. Nach einer Zeit, als die Deportationen abgeklungen waren, ging ich kurz nach Hause und erfuhr, dass gleich vier Polizisten da gewesen waren, um mich abzuholen. Die Eltern aber hatten ihnen gesagt, dass ich mich freiwillig gemeldet hätte. Mit Hilfe der Kontakte aus Vaters Zeit als Krawattenhändler kam ich die nächsten Monate als Logiergast jeweils ein bis zwei Wochen in verschiedenen Verstecken unter. Im Frühjahr 1943 war ich noch einmal kurz bei meinen Eltern, als ein wildfremder Mann erschien und ihnen mitteilte, dass sie noch am selben Tag abgeholt werden sollten. Er bot ihnen ein Versteck an. Meine Schwester wurde von einem Deutschen versteckt, der schon länger in Eindhoven wohnte und sie auf dem Gepäckträger ihres Fahrrads zu seiner Familie brachte. So kamen wir an verschiedenen Orten unter. Das Kriegsende erlebten wir in Sevenum, dessen 3.000 Einwohner damals an die 1.000 Untergetauchte verbargen, davon etwa 100 Juden. Mirjams Flucht vor Hitler von Tobias Dupke (RP 28.01.2009) Am gestrigen Holocaust-Gedenktag hat Mirjam Honig, geb. Winter, Neuntklässlern des Gymnasiums Thomaeum ihre Lebensgeschichte erzählt. Die Jüdin aus Kempen war zehn Jahre alt, als Hitler an die Macht kam. Spätestens als Mirjam Honigs Stimme zittert, als bei der Erinnerung an ihre Jugend die ersten Tränen die Wange herunterlaufen spätestens in diesem Augenblick wird allen Schülern der neunten Klasse am Gymnasium Thomaeum klar, dass diese Unterrichtstunde etwas ganz Besonderes ist. "Ein kostbarer Moment", wird Klassenlehrerin Adelheid Sitzler-Grefen später sagen. Denn die 85-jährige Mirjam Honig berichtet von ihrem Leben. Die gebürtige Kempenerin ist Jüdin und gerade zehn Jahre alt, als Hitler an die Macht kommt. Vater muss Beruf aufgeben Im Religionsunterricht nehmen die neunten Klassen des Kempener Gymnasiums derzeit die Judenverfolgung durch. Die Schüler stießen bei ihren Recherchen zum Thema Holocaust auf das Schicksal von Mirjam Honig, die in Kempen mit dem Namen Winter geboren ist. Ihr Vater, Dr. Karl Winter, arbeitete als Rechtsanwalt in seiner Kanzlei an der Aldekerker Straße. "Er war einer der ersten Juden, die ihren Beruf aufgeben mussten", erinnert sich Tochter Mirjam. Der promovierte Jurist musste daraufhin Krawatten verkaufen, um seine Familie ernähren zu können. Mirjam Honig hat ihre Geschichte schon oft erzählt, in den Niederlanden besucht sie regelmäßig Schulen. In Deutschland hat sie gestern das erste Mal mit Jugendlichen gesprochen. Ein Schritt, der ihr schwer fiel. "Ich finde, dass ich das tun muss. Das bin ich den Menschen, die uns damals geholfen haben, schuldig", sagt sie. Und so ist die Geschichte der Mirjam Honig keine Anklage, sondern ein Erinnern an die vielen Leute, die sie und ihre

14 Familie unterstützt haben. Die sie vor den Nazis unter Einsatz ihres eigenen Lebens versteckt haben, denen bis heute keine Denkmäler errichtet wurden. "Als ich eines Tages in die Schule kam, durfte eigentlich niemand mehr neben mir sitzen. Eine Schulkameradin ist aufgestanden und hat sich trotzdem neben mich gesetzt", erinnert sich Frau Honig. Diese kleine Geste habe ihr durch die dunkelsten Zeiten geholfen. Kurze Zeit später flüchteten die Winters nach Venlo, weg von den Schildern "Für Juden verboten", weg von der ständigen Lebensgefahr ("Wir waren vogelfrei."). Von Venlo aus zog die Familie nach Eindhoven, das 1940 von den Deutschen besetzt wurde. Mirjam und ihre Eltern tauchten unter. Wöchentlich wechselten sie ihren Unterschlupf, flüchteten nach Sevenum, trennten sich zeitweise. Bis 1944 die Alliierten kamen und das Dorf befreiten. Mirjam Honig erinnert sich genau: "Am 23. November kamen die Schotten." "Das war sehr interessant", erklärt Laura Nascimento nach der Stunde. Hannah Lehmann ergänzt: "Wir können uns jetzt ein bisschen vorstellen, wie es damals war." Die beiden sind 14 Jahre alt. In ihrem Alter war Mirjam Honig bereits auf der Flucht. Die Freiheit wird euch nicht gratis in den Schoß gelegt. (WZ 28.01.2009: bu) Holocaust-Gedenktag: Die Jüdin Mirjam Honig floh aus Kempen in die Niederlande. Am Dienstag berichtete sie im Thomaeum von der Zeit als Verfolgte. Kempen. Mucksmäuschenstill ist es, als Mirjam Honig am Dienstagmorgen Neuntklässlern des Thomaeums ihre Geschichte erzählt. Mirjam Honig ist Tochter des Anwalts Karl Winter und wurde am 17.August 1922 in Kempen geboren. Mirjam und ihre Familie sind Juden. Wegen des zunehmenden Drucks auf die jüdischen Mitbürger auch in Kempen emigriert die Familie am 1.Oktober 1935 in die Niederlande. In der Schule durfte niemand mehr neben ihr sitzen, erzählt Mirjam Honig. Die beste Freundin tat dies trotzdem. Als sie nach Jahrzehnten zum Klassentreffen eingeladen wurde, hat sie gefragt, warum diese das tat. Die Antwort berührt noch heute: Meine Mutter hat gesagt, ihr seid beste Freundinnen, Mirjam hat es jetzt besonders schwer, sei mal besonders nett zu ihr. Das hab ich einfach getan. Im Nachbarland glaubte sich die Familie sicher. Karl Winter schlug sich als Krawattenvertreter mehr schlecht als recht durch. Doch als die Deutschen die Niederlande besetzten, wurde es für die Familie eng. Immer mehr Freunde und Nachbarn wurden deportiert. Es erscheint wie ein Wunder, dass die Winters immer wieder rechtzeitig gewarnt wurden, wenn neue Abtransporte anstanden. Noch heute ist Frau Honig dankbar dafür. Im Juli 1942 wurde es Zeit, unterzutauchen. Aus Sicherheitsgründen war die Familie auf verschiedene Orte rund um Venlo und Eindhoven verteilt. Mirjam Honig hatte in Kempen katholische und protestantische Freundinnen. Deshalb fiel es ihr nicht schwer, sich in den Familien, wo sie Obdach fand, einzufinden.

15 Noch heute steckt bei einer Familie ein Lesezeichen an der Stelle in der Kinderbibel, aus der sie an ihrem letzten Abend vorlas. Könnt ihr euch das vorstellen, das ständige Gefühl der Gefahr? Wir waren unfrei, wir waren vogelfrei, jeder konnte mit uns machen, was er wollte, fragt sie die Schüler. Man merkt ihnen die Betroffenheit an und auch dass sie Schwierigkeiten haben, damit zurechtzukommen. Nein, sie können sich das nicht vorstellen. Am 22. November 1944 wurde Sevenum, der letzte Zufluchtsort von Mirjam Honig, durch britische Soldaten befreit. Ihr späterer Mann warnte die Familie vor der Deportation. Bis heute lebt sie in Eindhoven. Am Dienstagmorgen hat sie das erste Mal in Deutschland, in ihrer Heimatstadt, von ihren Erlebnissen berichtet. Passt auf Euch auf, die Freiheit wird euch nicht gratis in den Schoß gelegt, mahnt sie die Schüler. Rafael und Max spielen Schicksal Theater am Thomaeum: Romeo und Julia crazy in love (25.-29. März 2009: Mittwoch, Freitag, Samstag, Sonntag) Eigenproduktion der Theater-AG (Klasse 8-11) frei nach Shakespeare Romeo und Julia die große romantische Tragödie, vermutlich Shakespeares bekanntestes und beliebtestes Drama. Ein Stück Weltliteratur, an dem sich irgendwann die meisten Schultheatergruppen einmal versuchen, und nun hat es uns erwischt. Aber würde das gut gehen, ein so gefühlvolles Stück zu spielen, mit poetischen Liebesszenen? Vorweg sei erwähnt, dass sich meine diesbezüglichen Ängste als unbegründet erwiesen haben, denn unsere Inszenierung kam mit vier ausverkauften Vorstellungen beim Publikum sehr gut an, vielleicht auch deshalb, weil wir nicht einfach das Originalstück nachgespielt, sondern in der Verbindung von klassischen und moder-

16 nen Elementen eine eigene Geschichte entwickelt haben. Dazu haben wir zu Beginn des Schuljahres die Hilfe der Theaterpädagogin Verena Meyer in Anspruch genommen, die uns in einem zweitägigen Workshop auf spielerische Weise mit dem Stoff vertraut machte. Auf der Grundlage ihrer Übungen und Improvisationen haben wir dann weiter gearbeitet, Figuren dazu erfunden, Szenen entwickelt, die zwischen den Originalszenen spielen, und verschiedene Schlüsse diskutiert. Angesichts von über 30 Spielerinnen und (wenigen) Spielern, die in etwa gleichwertige Rollen spielen wollten, war schnell klar, dass einer der Schwerpunkte auf dem Konflikt zwischen zwei verfeindeten Gruppen liegen sollte, die sich im Grunde recht ähnlich sind und längst vergessen haben, warum sie sich bekriegen. Dies wird in unserer Inszenierung dadurch deutlich, dass beide Gruppen eine ähnliche Struktur haben, sich in der Kleidung nur durch eine dominierende Farbe unterscheiden und selbst ihre religiösen Rituale fast identisch sind. Ihre Verblendung und Oberflächlichkeit führt zur Katastrophe, dem Tod von Mercutio Montague und Tybalt Capulet, was sie zumindest leicht nachdenklich werden lässt. Lediglich die jungen Liebenden Romeo Montague und Julia Capulet sind von Anfang an unvoreingenommen genug, um sich über alle Schranken hinwegzusetzen, sogar über die beiden Todesfälle. Ihre Liebe zueinander ist bedingungslos und absolut. Aber wäre denn ein Happy End möglich? Könnte diese bedingungslose Liebe im Alltag überleben? Das Schicksal, so Shakespeare, will es anders: Die star-cross d lovers begegnen sich, lieben sich und werden grausam getrennt. Im Original geschieht dies einmal durch die unglückliche Ausgangssituation und die hitzköpfige Aggressivität der beiden Raufbolde, aber zuletzt, als die Liebenden durch einen klugen Fluchtplan doch noch zusammenkommen könnten, durch unheilvolle Verkettungen von dummen Zufällen und verpatzten Chancen (wenn zum Beispiel der Brief von Julia an Romeo, der ihm erklären soll, dass ihr Tod nur vorgetäuscht ist, ihn deshalb nicht erreicht, weil der Bote wegen des Pestausbruchs im Kloster festgehalten wird). Dies erschien uns allzu konstruiert, und so übernahm bei uns von Anfang an eine Gruppe von Menschen die Rolle des Schicksals: Romeos und Julias Geschichte wird im Rahmen einer Reality-TV-Sendung des Senders Thom TV mit dem Titel Spot on Menschen hautnah gesteuert von Fernsehmoderatoren, Interviewern und ihrem ausschließlich in englischen Originalzitaten sprechenden Boss. Die Medienleute sind teils komisch, teils bösartig in ihrer Gedankenlosigkeit. Ähnlichkeiten mit real existierenden Formaten waren durchaus beabsichtigt. Eine ihnen entgegenwirkende Kraft stellen die ausgewiesenen Komiker des Stückes dar. Bei Shakespeare sind es meist die Diener oder Narren, bei uns sind es zwei weibliche Figuren am Rande der Gesellschaft, Dealerin und Rosenverkäuferin. Sie ergreifen für die Liebenden Partei, während alle anderen sie nicht ernst nehmen; daran ändert auch das Heranziehen von psychotherapeutischen Fachkräften nichts. All diese Änderungen machten eine Kürzung im Vergleich zum Originalstück notwendig, um Überlänge zu vermeiden. Diese Kürzungen betreffen vor allem den Teil nach der Mordszene, der wegen der vorherrschenden Atmosphäre von Trauer und Verzweiflung sowieso für das Schultheater nur schwer glaubhaft zu bewältigen ist. Bei uns findet keine Heirat statt, und die Liebenden kommen schon vor dem Mord als Paar zusammen, in der Hoffnung, auf diese Weise die Familienfehde zu beenden. Sara und Nils als Julia und Romeo

17 Allerdings haben wir zumindest für das Liebespaar den Charme der poetischen Sprache gerettet: Im Gegensatz zu den übrigen Akteuren benutzen Romeo und Julia die (übersetzte) Originalsprache, was ihre herausgehobene Stellung im Stück noch unterstreicht. Eine weitere Änderung: Shakespeares Julia ist ihrem Romeo an Reife und auch an Fingerspitzengefühl für das praktische Leben überlegen (heimliche Eheschließung, Fluchtplan), bei uns hingegen sind sie gleich stark. Was bleibt: Romeo und Julia sind zwei sensible junge Menschen mit starken Emotionen, deren Liebe füreinander von jeder Anfechtung durch innere Zweifel oder äußere Einflüsse unangetastet bleibt. So legen sie nach und nach die ihre Familien kennzeichnenden Farben ab, bis sie bei ihrem Tod in reines unschuldiges Weiß gehüllt sind, während die Konfrontation der Montagues und Capulets sich im Schwarz der tiefen Trauer auflöst. Wie im Original wird das Publikum einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt. Wut und Hass, Liebe und Verzauberung, Gelächter, Erschrecken, Trauer treffen in schneller Folge aufeinander. Aus der Schwierigkeit, die vielen verschiedenen Spielorte des Stücks auf unserer kleinen Bühne darzustellen, halfen uns die Klasse 9n3 und ihre Kunstlehrerin Petra Wacker, die von Dezember 2008 bis März 2009 im Kunstunterricht Entwürfe für die Bühnendekoration erarbeitete und auch die Ausführung übernahm: In einem 1. Schritt erstellten die Schülerinnen und Schüler in selbstgewählten Gruppen ihre Entwürfe für die verschiedenen Räume, wobei der Fantasie zunächst keine Grenzen gesetzt waren. In einem 2. Schritt musste in Absprache mit der Theatergruppe geklärt werden, was dringend benötigt wurde und was zu verwirklichen war. Wir entschlossen uns, nicht zuletzt aus Raumgründen, für eine minimalistische Andeutung von Räumen, die mit möglichst wenig Umbau darzustellen waren. Aus dem Entwurf eines prächtigen Festsaals entstand die Bühnengestaltung mit Säulen (aus dem Stück Gott im Jahr 2002), die nur umgestrichen werden mussten. Für die Capulets steht die Farbe Rot, was sich in roten Vorhängen (Fundus) sowie in ihrem Wappentier, einem Löwen, wiederholt. Natürlich bleibt auch die Rückseite dieses Reliefs nicht ungenutzt. Die beiden Zimmer im Haus der Capulets werden durch zwei bewegliche Wände angedeutet, wobei der Goldstreifen auf der Wohnzimmertapete die gesellschaftliche Stellung der Capulets unterstreicht und das Fenster in Julias Zimmer ihre Offenheit für andere Lebensentwürfe andeutet. Für die öffentlichen Räume wurde jeweils ein Gegenstand hergestellt: der Engel für den Friedhof, die Laterne mit oder ohne Bank aus dem Fundus für die Szenen im Park oder auf Plätzen. Und natürlich bekamen die beiden Moderatoren auf dem Balkon sowohl ihre Fernsehumrahmung als auch eine Stadt-Skyline als Hintergrund. Brigitte Nienhaus Die Montagues Romeo Mercutio Benvolio Tom Laura Samantha Tamara Lisa Trinchen Die Capulets Julia Julias Mutter Julias Vater Julias Amme Tybalt Gregorio Victoria Roxana Francesca Anita Felicitas Bella Stella Ella Julias Gedanken Das Schicksal Interviewerin Rita Klaus Schere Karenius Mirkowski Kamerafrau Tracy Tontechnikerin Bobby Mitwirkende Nils Kretschmer Jannik Lange Sven van der Velden Henning Schilder Hannah Königs Franziska Nowacki Luica Lunau Kathrin Hegger Anne Lunau Sara Niemeyer Rebekka Atakan Jan Seemann Anne Brünen Tim Schilder Andreas Dohmen Franka Novotny Mara Keßler Gaby Feniuk Aniela Tenhaef Felicia Lange Shanice Breiding Geraldine Klewes Isabel Bosseray Gaby Feniuk, Mara Keßler, Franka Novotny, Franziska Nowacki Johanna Frickel Max Suchsland Rafael Regh Jacqueline Kern Laura Bastos do Nascimento

18 Der BOSS Verkäuferin Lolita Dealerin Easy (Isi) Die Streitschlichter Poet Hippie Normalo Oma Rocker Fürst Die Therapeutinnen Udo Schieferstein Theresa Heußen Mona Liedtke Anne Brünen Johanna Frickel Hannah Königs Rebekka Atakan Jan Seemann Dorian Pluschke Franziska Nowacki, Christina Hanzen, (Brigitte Nienhaus) Bühnendekoration: Klasse 9n3, Leitung Petra Wacker: Löwe: Sandra Müller, Lisa Norgall, Tobias Parnitzke, Rouven Weber Laterne: Jan Fruhen, Michael Pongratz, Johann Viefers, Marius Weckes Fernseher: Jens Ditzen, Steffen Warmann Skyline: Jan-Robin Fleischer, Nick Maiwald, Tobias Thull Engel: Anne Czempisz, Tamara Grüters, János Szombati, Johanna Vogt Wohnzimmer: Laura Kersjes, Nina Lebbing, Franziska Lempa, Anne Schoenmakers Julias Zimmer: Shanice Breiding, Ralph Mohr, Sybille Schreiber, Sabrina Mettmann Vor und hinter Bühne Umbau: Jens Hoffrichter, Ramona Hesselmans Souffleuse: Carolin Hermanns (Felicia Lange) Maske: Kerstin Lisa Breyer, Sarah-Jasmin Casteel, Carolina Knerr, Lisa Melina Merks, Tatjana Leenen, Isabel Bildstein, Julia Bruckmann Technik: Sebastian Stegmanns, Tom Tetzlaff, Ben Angenheister Plakat und Flyer: Sven van der Velden Choreographie I feel pretty : Aniela Tenhaef Einstudierung der Kampfszenen: Nils Kretschmer Näharbeiten: Heike Leenen, Brigitte Nienhaus Regie: Brigitte Nienhaus, Aniela Tenhaef Johanna als Hippie Oma Rebekka mit Schatten

19 Graziös: Felicia, Gaby und Aniela!

20 Französisches Theater: La Pièce: Sans Titre Dass im Unterricht, auch im Fremdsprachenunterricht, hin und wieder kleine Spielszenen erarbeitet werden, ist nicht selten. Der pädagogische Nutzen liegt auf der Hand: Man übt das fließende Sprechen umso leichter, wenn man Bewegungen damit verbinden kann; man beschäftigt sich selbständig mit einem fremden literarischen Text und findet spielerisch einen neuen Zugang zur Literatur, der die klassische analytische Methode sinnvoll ergänzt. Selten allerdings geschieht es, dass sowohl die Schülerinnen und Schülern als auch die Lehrerin soviel Spaß daran haben, dass sie sich daran machen, aus einzelnen improvisierten Spielszenen ein zusammenhängendes Stück zu erarbeiten, das dann anderen Lerngruppen vorgeführt werden kann. So geschehen am Altweiber-Donnerstag, dem 19. Februar 2009. Und das kam so: Der 13er Französisch-Leistungskurs mit Schülerinnen und Schülern aus beiden Kempener Gymnasien hat zu verschiedenen Unterrichtsthemen immer wieder den spielerischen Umgang mit Texten geübt. Zuletzt waren es einige Texte des absurden Theaters: Auszüge aus En attendant Godot (Warten auf Godot) von Samuel Beckett, La Cantatrice Chauve (Die kahle Sängerin) sowie aus den Exercices de conversation (Konversationsübungen) von Eugène Ionesco waren die Grundlage für verschiedene Darstellungs- und Sprechübungen., die dann zu kompletten Szenen ausgebaut und zusammengefügt wurden. Besonders die Ionesco-Texte bieten sich für ein solches Unternehmen an, denn der Autor thematisiert in seinen Stücken immer wieder das Erstarren von Sprache in Konversationsfloskeln, die Schwierigkeiten menschlicher Kommunikation, ja sogar das Unterrichten im Allgemeinen und das Sprachlernen im Besonderen. So bestehen zum Beispiel ganze Passagen der Kahlen Sängerin aus einem Lehrbuch zum Erlernen der englischen oder französischen Sprache. Diese Tendenz haben wir an mehreren Stellen unseres Stückes aufgegriffen, so am Schluss in einer kleinen selbst verfassten Rede, in der wir uns sowohl über Herrn Ionesco als auch über uns selbst ein wenig lustig machen. Insgesamt sind wir recht frei mit den Ursprungstexten umgegangen, haben häufig mit Wiederholungen gearbeitet, was hoffentlich das Verständnis der Szenen erhöht. Wir haben uns zusätzlich bemüht, die sprachlichen Äußerungen durch Mimik, Gestik und viel Bewegung möglichst klar zu machen. Das Ganze wurde von Kursmitgliedern am Flügel und an der Gitarre begleitet. Die auf das Nötigste reduzierten Kostüme und Requisiten stammten aus dem eigenen Kleiderschrank und dem Theaterfundus. Anklänge an den Auftakt des Karnevalsfestes waren in unserem Stück nicht zufällig und wir hatten den Eindruck, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer den Sinn für Unsinn auf der Bühne ebenso genießen konnten wie die Akteure, auch wenn sie nicht jedes einzelne Wort verstanden haben. Brigitte Nienhaus Les acteurs Maike Behrend, Magdalena Betz, Kerstin Lisa Breyer, Kathrin Gierthmühlen, Nele Hansen, Henning Hupperich, Anna Lommetz, Xenia Malinowski, Laura Manthei, Katrin Müller, Thore Müller, Anna Steyer, Denise Tippkötter, Cedric Willsch Les musiciens Piano: Guitare: Thomas Geuchen Cedric Willsch Junge Anmut und Eleganz von Christina Hanzen (WZ: 12.03.2009) In drei Workshops studieren Thomaeer Choreografien für einen Auftritt beim Festival Ensemblia ein. Sie würden daraus gerne eine AG machen. Aus den Boxen dröhnen Beats von Peter Fox. Alles neu verspricht der Berliner Musiker