Kieferorthopädie
4 Inhaltsverzeichnis 45 Vertrauen ist die Basis für den Behandlungserfolg. 6 Was wollen Sie wissen? 11 Das Ideal der geraden Zähne 13 Kieferorthopädie ist Prophylaxe 15 Wie man Zähne und Kiefer bewegt 17 Wie Eltern bei Kindern Fehlstellungen verhindern 23 Die häufigsten Fehlstell - ungen 24 Überbiss, Vorbiss, Kreuzbiss 27 Offener Biss und Tiefbiss 29 Beim Engstand herrscht Platzmangel 31 Lücken im Gebiss 37 Wie geht es los? 42 Geduld gehört dazu 46 Wer zahlt für die Behandlung? 53 Am Anfang steht der Behandlungsplan 56 Was passiert, wenn...? 63 Lose Klammern, feste Spangen 64 Lose Klammern können den Kiefer umformen 68 Platten und FKO-Geräte 72 Feste Spangen 82 Mehr Kraft durch Gummizüge 89 Zähne ziehen oder nicht? 92 Retention schützt vor Rückfall 94 Extraleistungen zur Bracket-Behandlung 100 Leistungen der GKV nicht mehr zeitgemäß? 109 Klammern für Erwachsene 111 Vor allem mit Brackets 113 Nur dünne Drähte und geringe Kräfte 115 Fast unsichtbare Geräte 118 Kieferorthopädie mit Kieferchirurgie 125 Ganzheitliche Kiefer - orthopädie 65 Wer zahlt bei Schäden und Verlust? Stiftung Warentest Kieferorthopädie
5 131 Was so alles passieren kann 138 Was tun bei Streit mit dem Kieferorthopäden? 144 Die Rolle der Krankenkasse 75 Die Vor- und Nachteile von festen Spangen 147 Zusatzversicherungen Lohnt sich das? 150 Wer ist betroffen? 154 Hilfe 154 Adressen 156 Literatur 157 Fachbegriffe erklärt 171 Stichwortverzeichnis 69 Den Gaumen in Form bringen 149 Zusatzversicherungen für Erwachsene? 59 Was bezahlen die gesetzlichen Kranken - kassen?
11 Das Ideal der geraden Zähne Gesunde Zähne und ein ebenmäßiges Gebiss sind nicht nur wichtig für das Aussehen. Eine stabile Situation im Mund bedeutet Lebensqualität bis ins Alter. Nur bei fünf Prozent der Menschen steht alles wie es soll. Eine kiefer - orthopädische Behandlung kann helfen. Schöne Zähne sind ein Statussymbol. Ein Lächeln mit ebenmäßigen Zähnen in einem wohlgeformten Gebiss steht für Gesundheit und Erfolg. Die Ansprüche an ein ansprechendes Äußeres sind gestiegen, und die meisten Menschen sind bereit, nicht nur für medizinisch notwendige, sondern auch für ästhetische Verbesserungsmaßnahmen zeitlichen und finanziellen Aufwand zu betreiben. Das perfekte Gebiss bleibt ein Ideal, bei 95 von 100 Menschen stehen Zähne und Kiefer nicht so, wie sie sollen. Statt sich wie Perlen an einer Schnur aufzureihen, sind die Zähne gedreht, gekippt oder verschoben. Meist treten mehrere Fehlstellungen gleichzeitig auf. Durchschnittlich 35 von 100 Menschen haben eine Fehlstellung, die behandelt werden müsste. Bei 30 von 100 ist eine Behandlung wünschenswert. Bei einem weiteren Drittel ist sie möglich, aber nicht zwingend notwendig. Doch auch die Zufriedenheit mit dem eigenen Aussehen, das subjektive Wohlbefinden, ist ein Kriterium für Gesund-Sein.
12 Hasenzähne können kieferorthopädisch gut behan - delt werden, dann kommen obere und untere Zahnreihe wieder in Kontakt. Die Wissenschaft geht heute davon aus, dass die Zahl der Zahn- und Kieferfehlstellungen immer weiter zunehmen wird. Denn der Kiefer von uns Menschen wird kleiner oder genauer gesagt, sein Wachstum wird nicht mehr so stark angeregt wie in früheren Zeiten. Evolution lässt den Kiefer schrumpfen. Ein ganz natürliches Phänomen: Kieferknochen und Zähne werden nicht mehr im ursprünglichen Umfang beansprucht, weil wir nicht mehr auf rohen Wurzeln und zähem, nicht ganz durchgebratenem Fleisch herumkauen, sondern die Nahrung weitgehend essfertig zubereiten. Die durchschnittliche Kiefergröße geht im Lauf der Generationen also zurück, die Zahl der Zähne aber bleibt. Das schafft Probleme. Bei vielen Patienten fehlt den Zähnen inzwischen der Platz, um sich richtig auf dem Zahnbogen aufzustellen. Einige Fehlstellungen werden von den Eltern auf die Kinder vererbt. Aber nicht jedes schiefe Gebiss ist Schicksal. In 40 Prozent der Fälle ist es selbst gemacht. Die Fehlstellung wurde durch Gewohnheiten (Habits) hervorgerufen. Die können erbliche Einflüsse auch verstärken. Zahnfehlstellungen und Kieferfehllagen vorzubeugen, zu erkennen und zu behandeln, ist die Aufgabe des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie. Aus medizinischer Sicht ist sein Ziel, das optimale Zusammenspiel von Zähnen, Zahnhaltegewebe, Kiefer, Kaumuskeln und Gelenk zu erreichen. Diese bilden eine funktionelle Einheit. Die Stellung der Zähne und die Lage von Ober- zum Unterkiefer zueinander sind wichtig für das Funktionieren des Systems Kauapparat. Stiftung Warentest Das Ideal der geraden Zähne
13 Kieferorthopädie ist Prophylaxe Zähne und Kiefer zu richten, verbessert nicht nur das Aussehen. Es ist eine langfristige Investition in die Gesundheit und kann helfen, Zahnprobleme und Zahnersatz zu vermeiden. Ein gesundes Gebiss erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es seine Aufgaben lange wahrnehmen kann: Kauen und Sprechen. Ist das reibungsfreie Miteinander nicht möglich, kommt es zu Problemen. Die Aussprache kann beeinträchtigt sein. Sind Zähne dagegen gekippt oder verdreht, kommt die Zahnbürste an einige Stellen nicht heran, um sie richtig zu säubern. In den schwer erreichbaren Ecken siedelt sich dann Zahnbelag (Plaque) an. Der verursacht Karies, Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) oder Erkrankungen des Zahnhalteapparats (Parodontitis). Dadurch lockern sich die Zähne oder fallen gar aus. Das bedeutet lange Sitzungen beim Zahnarzt und kostet hochwertiger Zahnersatz ist teuer. Fehlstellungen erschweren die Pflege Die Menschen werden immer älter. Das bedeutet, ein funktionsfähiger Kauapparat wird länger gebraucht. Zubeißen und schmecken können sind ein Stück Lebensqualität mit einer Kunststoffprothese ist das schwierig. Die Deutschen kommen statistisch gesehen inzwischen mit immer mehr eigenen Zähnen ins Seniorenalter, das ist gut, denn nichts ist stabiler als der eigene Zahn. Umso wichtiger ist es aber auch, dass die verbliebenen Zähne gut aufgestellt sind. Denn die Zahnpflege kann im höheren Alter ohnehin durch andere Erkrankungen erschwert sein. Die Fehlstellungen im Mund können außerdem zu Verspannungen führen. Die Folge seien Nacken- und Rückenschmerzen, Kopfschmerzen bis hin zum Tinnitus, sagen die Kieferorthopäden. Das ist zwar nachvollziehbar, bewiesen ist es bisher nicht. Es gibt viele Hinweise, doch derzeit noch keinen gesicherten wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass die Nichtbehandlung einer Zahnfehlstellung zwangsläufig Schäden hervorruft. Bei Patient A kann das passieren, Patient B lebt mit seinen schiefen Zähnen problemlos bis ins Rentenalter. Es existiert keine Studie zur langfristigen Wirkung der kieferorthopädischen Intervention noch zu ihrer Auswirkung auf die Mundgesundheit, heißt es in einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie. Das heißt, der Beleg für die unbedingte Notwendigkeit einer Zahnkorrektur existiert nicht. Selbst Zahnmediziner und Kieferorthopäden haben nicht immer vorbildlich
14 30 SEKUNDEN FAKTEN 5 % klein ist die Gruppe der Bevölkerung, bei der die Zähne und Kiefer so stehen, wie sie sollen. Nobody is perfect Bei Schauspieler Jürgen Vogel sind die Zahnlücken geradezu ein Markenzeichen. 35 % haben eine Fehlstellung, die behandelt werden müsste. 30 % der Bevölkerung ist angeraten, ihre Fehlstellung zu behandeln. 30 % der Fehlstellungen können behandelt werden, es ist aber medizinisch nicht notwendig. angeordnete Zähne. Für Patienten hingegen, die Schmerzen haben oder unter ihren schiefen Zähnen leiden, stellt sich die Frage des Ja oder Nein zu einer kieferorthopädischen Behandlung nicht. Mit nach Idealmaßen ausgeformten Zahnbögen geht aber auch eine gewisse Einmaligkeit verloren. Gerade die kleinen Abweichungen von der Norm machen manchmal den Charakter eines Gesichts aus. Mit normal geformten Eckzähnen wäre Jürgen Vogel vielleicht nie zum deutschen Filmstar geworden. Seine auffällig spitz geformten Beißer machen aus ihm einen unverwechselbaren Typ. Ein Fall für den Kieferorthopäden wäre beispielsweise die Frontzahnlücke von Brigitte Bardot oder Vanessa Paradis. Viele Models und Schauspielerinnen haben solch ein behandelbares Diastema mediale oder Trema. Stiftung Warentest Das Ideal der geraden Zähne
15 Wie man Zähne und Kiefer bewegt Bei Kindern kann die lose Klammer Zähne und Kiefer beeinflussen, bei Jugendlichen und Erwachsenen geht das nur noch mit der Bracket-Apparatur. In einigen Schulklassen sind die Kinder ohne Spange mittlerweile in der Minderheit. Über 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, Österreich und der Schweiz tragen kieferorthopädisches Gerät im Mund. Gehänselt wird deswegen kein Kind. Manche finden es richtig cool, sie zu tragen. Das Einsetzen der Brackets kann als eine Art Initiationsritus gelten. Damit gehört ein Teenager zum Kreis derer, die sich verpuppen, um nach dem Entfernen der Apparatur als schöner Schmetterling in die Klasse zu flattern. Auch bei Erwachsenen ist die Zahnkorrektur im Trend. Solange das Kind noch wächst, können lose Klammern eingesetzt werden. In dieser Phase wird ständig Knochen neu gebildet und umgebaut, die Kieferknochen werden länger, breiter und höher. Die im Knochen als Keim angelegten Zähne bilden Wurzeln aus, brechen durch und wachsen in die Länge. Die losen Spangen funktionieren in dieser Phase wie ein Turngerät. Sie reizen Gewebe, Muskulatur und Kieferknochen, bringen Zähne und Kiefer dazu, sich in die Richtung zu entwickeln, die die Klammer vorgibt, hemmen oder fördern das Wachstum. Nachteil: Lose Spangen wirken nur, wenn sie regelmäßig und auch am Tage getragen werden. Faser - apparat Kieferknochen Zahnzement Dentin Zahnschmelz Pulpa (Zahnmark Zahnfleisch