Lost in Space Beratung bei exzessivem PC-/Internetgebrauch Dipl. Psych. Andreas Koch
200 180 173 180 160 140 142 157 120 118 Betroffene 100 80 78 75 84 Angehörige 60 40 20 0 37 0 2006 2007 2008 2009 2010
Betroffene PC/Konsole/Internet Männer Frauen Jahr Anzahl Prozent Anzahl Prozent 2006 37 100,0% 0 0,0% 2007 87 96,7% 3 3,3% 2008 123 86,6% 19 13,4% 2009 148 94,3% 9 5,7% Gesamt 395 92,7% 31 7,3%
Angehörige PC/Konsole/Internet Männer Frauen Jahr Anzahl Prozent Anzahl Prozent 2006 0 0,0% 0 0,0% 2007 30 28,3% 76 71,7% 2008 55 31,8% 118 68,2% 2009 58 32,2% 122 67,8% Gesamt 143 31,2% 316 68,8%
Diagnostik Fließende Übergänge funktionale, zweckgerichtete aber intensive Nutzung kurz-, mittel- oder langfristig exzessive Nutzung dysfunktionale, missbräuchliche Nutzung pathologische, abhängige Nutzung Stoffungebundene Verhaltenssucht oder Symptom einer anderen vorhandenen Störung (Angst, Depression, Borderline, schizoide Persönlichkeit) F63.8 (sonstige abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle) F68.8 (sonstige näher bezeichnete Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen)
Diagnostische Kriterien Exzessive Nutzung von PC/Internet/Spielkonsole/Games Reduzierte Handlungskontrolle (Kontrollverlust) Anstieg von Häufigkeit und Intensität Unwiderstehlicher Drang zu Spielen oder Online zu sein Psychische Entzugserscheinungen (Traurigkeit, Aggression) Gescheiterte Abstinenzversuche Interessenseinengung und sozialer Rückzug Vernachlässigung von Pflichten Psychische, physische, soziale Folgeschäden Lebensbestimmender Charakter des Medienkonsums
Folgen exzessiver PC- und Internetnutzung Gesundheitliche Probleme (Rücken, Augen, Kopfschmerzen) Ernährungsprobleme (Über- oder Untergewicht) Psychische Probleme (Traurigkeit, Angst, Depression) Übermüdung Konzentrationsstörungen Probleme in der Schule, am Ausbildungsplatz, im Beruf Verbaute Zukunftschancen (Schulabbruch) Streit in der Familie, in der Partnerschaft, im Freundeskreis Soziale Isolation Finanzielle Probleme
Häufigkeit der Problemfelder (269 Männer, 30 Frauen) 1. World of Warcraft 35,8% 2. Ego-Shooter 22,5% 3. Andere Online-Rollenspiele 16,0% 4. Chatten 13,4% 5. Strategiespiele/Simulationen 12,7% 6. Surfen/Newsseiten 12,1% 7. Pornographie 9,6% 8. Actionspiele 7,6% 9. Browserspiele 5,7% 10.PC-Nutzung (Musik, Filme, Wikipedia) 5,1%
Arbeitsgrundlagen Offene, akzeptierende Haltung in Bezug auf neue Medien Abstinenz keine Voraussetzung, sondern Ziel Übernahme von Eigenverantwortung Überwachung des eigenen Medienkonsums (Logbuch) Angebote Erstberatungen (mit Angehörigen möglich) Mehrfachgespräche Angeleitete Gesprächsgruppe Freizeitpädagogik (Sport, Kultur, Kreativität)
Abstinenzformen Kontrollversuch in Bezug auf das exzessive Konsummuster Fester Stundenplan oder festes Stundenkontingent Phasenabstinenz Abstinenz für einen festgelegten Zeitraum Teilabstinenz Verzicht auf bestimmte Nutzungsformen Völlige Abstinenz Entfernen der Hard- und Software, Abmelden des Internets
Praktische Erfahrungen aus der Betroffenenarbeit Persönliche Kontaktaufnahme wichtig Konflikt zwischen Jugendkultur und Problembewusstsein Unsicheres Auftreten und Introvertiertheit Defizite in der sozialen Interaktion Trauerarbeit beim Ausstieg notwendig Hoher Bedarf an Freizeitgestaltung und real life Hoher Bedarf an ambulanter und stationärer Therapie
Motive exzessiver Computernutzung Suche Anerkennung Freundschaft und Gemeinschaft Freiheit Anregung und Spannung oder Entspannung Flucht Unbefriedigendes, reales Leben Soziale Bindungen und Beziehungen Schulische, berufliche und familiäre Verpflichtungen Einsamkeit und innere Leere Leistung Immer besser werden (High-End-Gamer) Soziale Komponente Hilfe erhalten und Hilfe geben Gesprächspartner
Angehörigenarbeit Informationsabend einmal im Monat Aufklärung zu den Themen Gaming PC und Internet Jugendschutz Co-Abhängigkeit Angehörigengruppe (wurde nicht genutzt) Trichtermodell (Info-Abend > Gemeinsames Beratungsgespräch)
Zitate
Er ist 25 Jahre alt, wiegt nur noch 39kg und ist so dehydriert, dass er diesen Sommer nicht überleben wird. (Mutter, Sohn (25) spielt WoW)
Angehörige sind nicht hilflos sondern ohnmächtig!
Sagen Sie mir einfach nur was ich machen soll! (Mutter, Sohn (17), spielt Metin Online)
Angehörige suchen nach sofortiger Problemlösung Tendenz Verantwortung zu delegieren
Jan-Lukka, sagst Du jetzt bitte auch mal was! (Mutter, Sohn (15), spielt PS3)
Nicht jeder Klient freut sich, wenn er uns besuchen darf
Stimmt, manchmal macht er auch noch Sachen für Erwachsene! (Mutter, Sohn (15), spielt GTA IV und CoD MW 2)
Eltern entscheiden, was ihre Kinder konsumieren dürfen Jugendschutz ist für manche ein Fremdwort
Also ich finde das eine Unverschämtheit wie das hier bei ihnen läuft. Ich dachte das hier ist die Caritas. SpD, Jugendamt und Erziehungsberatung, bei den ganzen Idioten waren wir auch schon. Und Sie haben hier doch auch von nichts ne Ahnung. Wenn wir das gewusst hätten, wären wir gar nicht erst gekommen! (Mutter, Sohn (23) spielt Guild Wars)
Eltern sind wütend auf ihre Situation und suchen die Schuld bei anderen Ambivalenz zwischen erwünschter Mediennutzung und pathologischem Gebrauch
Ich möchte ihn in den Schwitzkasten nehmen und ihm so lange mit der Faust ins Gesicht schlagen bis er ohnmächtig ist und dann seinen Scheiß-PC aus dem Fenster schmeißen! (Vater, Sohn (15) spielt CoD 4 + GTA IV)
Familie als System verstehen! Einsicht in eigene Anteile! Vorteile, dass die Kinder Gamer sind!
Ich frag mich sowieso, warum man diese ganze Scheiße nicht einfach verbietet! (Vater, Sohn (16) spielt CS)
Verbote bringen nichts, klare Regeln schon! Eltern in ihrer Erziehungskompetenz stärken: Mut zur Veränderung!
Vier-Felder-Schema der Veränderung Vorteile Nicht-Veränderung Kein Streit Kein Stress Seine Ruhe haben Nachteile Nicht-Veränderung Beziehungsverlust Ausweitung des Problems Schuldgefühle Nachteile Veränderung Streit Stress Angst was passieren könnte Vorteile Veränderung Beziehungsaufnahme Beseitigung des Problems Erleichterung
Perspektiven Klientenzahlen werden weiter ansteigen Erweiterung des Beratungs- und Betreuungsangebotes Anerkennung als eigenständiges Störungsbild Wege der Finanzierung Weiterversorgung der Klienten Prävention und Information
Lost in Space Wartenburgstraße 8 10963 Berlin Tel: 030-666 33 959 Fax: 030-666 33 958 Cafe.Beispiellos@caritas-berlin.de www.computersucht-berlin.de