Stand: 11.02.2014 Freie und Hansestadt Hamburg Finanzbehörde Der Ausbaubeitrag
2 Vorwort Sehr geehrte Anliegerin, sehr geehrter Anlieger, Ihr Grundstück oder Ihre Eigentumswohnung liegt an einer bereits endgültig hergestellten Verkehrsanlage (Straße, Platz oder Weg), die nun verändert werden soll. Der Fachbegriff für Verkehrsanlagen, an denen gebaut werden darf, lautet Erschließungsanlagen. Sofern die geplanten Baumaßnahmen eine Verbesserung oder Erweiterung zur Folge haben und nicht nur Instandhaltungsmaßnahmen darstellen, sollen Sie als Ausgleich für den Vorteil, den Sie durch die Baumaßnahmen erhalten, demnächst einen Ausbaubeitrag zahlen. Diese Broschüre möchte Ihnen helfen, anhand eines modellhaften Beispieles die Berechnungsgrundlagen zu verstehen. Rechtliche Ansprüche können hieraus jedoch nicht abgeleitet werden. Mit freundlichen Grüßen Ihr Abrechnungsteam Anliegerbeiträge
3 1. In welchen Rechtsgrundlagen ist das Ausbaubeitragsrecht geregelt? Die Vorschriften über das Ausbaubeitragsrecht finden Sie im 9. Teil des Hamburgischen Wegegesetzes (HWG) mit den 51 bis 63. Durch entsprechende Verweisungen in diesen Paragraphen sind jedoch auch weitere Vorschriften des Erschließungsbeitragrechts ( 44 ff. HWG und 127 ff. tlw. Baugesetzbuch) im Ausbaubeitragsrecht anzuwenden. 2. Für welche Baumaßnahmen sind Ausbaubeiträge zu zahlen? Ausbaubeiträge sind für alle Baumaßnahmen zu zahlen, die zu einer Erweiterung oder Verbesserung der Straße führen ( 52 HWG). Unter einer Erweiterung ist eine flächenmäßige Vergrößerung der Straße insgesamt oder einer einzelnen Teileinrichtung zu verstehen; z.b. die Verbreiterung der Fahrbahn von 5 auf 6 m. Eine Verbesserung liegt immer dann vor, wenn der vorhandene Zustand in seiner Beschaffenheit oder Funktionalität positiv verändert wird; z. B die Belegung von ehemaligen Grandgehwegen mit Gehwegplatten oder die Herstellung eines Regenwassersieles als Ersatz für einen offenen Graben. Reine Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sind dagegen nicht beitragsfähig. Ebenso müssen Sie für die Herstellung von Radwegen ( 52 Abs. 1 Nr. 3a HWG) und die Erweiterung und Verbesserungen von Fahrbahnen an Hauptverkehrsstraßen ( 54 Abs. 2 Nr. 3a HWG) keine Ausbaubeiträge zahlen. 3. Wann entsteht die sachliche Beitragspflicht? Die Beitragspflicht (Abrechnungsreife) entsteht mit der Bekanntmachung des Abschlusses der Baumaßnahmen im Amtlichen Anzeiger ( 55 HWG). Für unser Beispiel Rosenweg sollen folgende Voraussetzungen gelten: Vor der Baumaßnahme:
4 Nach der Baumaßnahme: Westen Osten Durch die Baumaßnahmen im Jahr 2014 wird der westliche Gehweg durch Verlegung von Gehwegplatten auf einer ehemaligen Grandfläche verbessert. Auf der Ostseite wird von den Anliegergrundstücken 1 m Fläche zu einem Preis von 120 /m² hinzuerworben und mit Gehwegplatten belegt. Diese Baumaßnahme stellt eine Erweiterung der Teileinrichtung Nebenflächen dar. Die Flurstücksnummern, Grundstücksgrößen und Ausweisungen in den Bebauungsplänen für das Beispiel sind dem folgenden Plan zu entnehmen:
5 Im Folgenden wird an diesem Beispiel erläutert, wie sich der Ausbaubeitrag für das einzelne Grundstück errechnet. 4. Bis zu welchem Umfang darf ein Ausbaubeitrag gefordert werden? In Hamburg gibt es Straßen unterschiedlicher Ausdehnung. Deshalb hat der Gesetzgeber in 45 HWG bestimmt, dass ein Ausbaubeitrag nur insoweit erhoben werden darf, als die Straße für die Erschließung der Grundstücke in einem bestimmten Gebiet erforderlich ist. 45 Abs. 1 HWG regelt unter Berücksichtigung der zulässigen baulichen Nutzung (aus dem Bebauungsplan zu entnehmen), welche maximalen Breiten für die Teileinrichtungen Fahrbahn, Parkflächen und Nebenflächen abgerechnet werden dürfen. Die angegebene Breite multipliziert mit der Länge der abzurechnenden Strecke ergibt den Höchstumfang für die einzelne Teileinrichtung. Überschreitet der tatsächliche Umfang den Höchstumfang, ist dieser entsprechend zu kürzen, da der Aufwand nicht für die Erschließung der Grundstücke erforderlich ist (z.b. ausschließlich für den Durchgangsverkehr). Für den Grunderwerb, die Beleuchtung und die Entwässerung errechnet sich der beitragsfähige Umfang aus der Summe der beitragsfähigen Umfänge der Teileinrichtungen Fahrbahn, Parkflächen und Nebenflächen. In unserem Beispiel haben wir eine überwiegende zulässige Wohnbebauung von ein und zwei Vollgeschossen. Das Gebiet ist daher 45 Abs. 1 Nr. 1 b HWG zuzuordnen und begrenzt die beitragsfähigen Breiten für die - Fahrbahn auf 7,0 m - Parkflächen auf 4,0 m - Nebenflächen auf 6,0 m. Aus dem Produkt dieser Breiten und der Länge der Straße von 200 m errechnen sich nachstehende beitragsfähige Umfänge für den Grunderwerb: Teileinrichtung Höchst -breite Beitragsfähiger Höchstumfang Tatsächlicher Umfang alt Tatsächlicher Umfang neu Beitragsfähiger Umfang Fahrbahn 7 m 1.400 m² 1.200 m² 1.200 m² 0 m² Parkflächen 4 m 800 m² 0 m² 0 m² 0 m² Nebenflächen 6 m 1.200 m² 400 m² 600 m² 200 m² Grunderwerb Beleuchtung Entwässerung 3.400 m² 1.600 m² 1.800 m² 200 m² Da der tatsächliche Umfang nach der Baumaßnahme mit 1.800 m² unter dem beitragsfähigen Umfang von 3.400 m² liegt, können für die zusätzlich erworbenen 200 m² Grunderwerbskosten angesetzt werden. Die Veränderungen innerhalb der Teileinrichtung Nebenflächen stellen sich wie folgt dar:
6 Befestigungsart Tatsächlicher Umfang alt Tatsächlicher Umfang neu Beitragsfähiger Umfang Grand 400 m² 100 m² 0 m² Platten 0 m² 500 m² 500 m² Die Verlegung der 500 m² Platten teilen sich auf in 300 m² Verbesserung (auf Grandflächen) und 200 m² Erweiterung (mit Grunderwerb). 5. Wie berechnet sich der beitragsfähige Ausbauaufwand? Der beitragsfähige Ausbauaufwand für die tiefbautechnischen und gärtnerischen Arbeiten werden nach Einheitssätzen (Pauschalen) abgerechnet ( 46 Abs. 2 HWG). Die Einheitssätze legt der Senat in der Verordnung über die Höhe der Einheitssätze (EsV) fest. Sie werden aus den durchschnittlich aufzuwendenden Kosten errechnet und bei Bedarf angepasst. In unserem Beispiel sind folgende Kostenpositionen anzusetzen: Nebenflächen: Herstellungsjahr: 2014 Befestigungsart: Platten Einheitssatz 1 Nr. 3 a EsV: 44,08 /m² Umfang: 500 m² 44,08 /m² x 500 m² = 22.040,00 Grunderwerb: 120 /m² x 200 m² = 24.000,00 Summe: 46.040,00 6. Welchen Anteil trägt die Stadt? Da eine Straße neben dem Anliegerverkehr immer auch eine Funktion für den Durchgangsverkehr hat, trägt die Stadt einen Eigenanteil. Dieser variiert je nach Straßentyp zwischen 30 und 100 Prozent ( 54 HWG). Unterschieden wird zwischen Anliegerstraßen, Haupterschließungs- bzw. Hauptgeschäftsstraßen und Hauptverkehrsstraßen. Der Anteil der Stadt ist umso höher, je größer der Nutzen für die Allgemeinheit ist. Der Rosenweg in unserem Beispiel ist nach der gesetzlichen Definition in 54 HWG eine Anliegerstraße. Deshalb beträgt der Anteil der Stadt einheitlich 30 %. Beitragsfähiger Aufwand: 46.040,00 Abzüglich 30 %: 13.812,00 Gekürzter beitragsfähiger Aufwand: 32.228,00
7 7. Wie wird der Ausbauaufwand auf die Grundstücke verteilt? Der Ausbauaufwand ist im Verhältnis der erschlossenen Grundstücksflächen zu verteilen ( 47 HWG). Maßgeblich sind die Grundstücksverhältnisse, die gegolten haben, als die Beitragspflicht für die gesamte Baumaßnahme entstanden ist. Dabei gibt es zwei Besonderheiten zu beachten: Dürfen die Grundstücke an einer Straße nach den Bebauungsplänen (auf die tatsächliche Nutzung kommt es nicht an) unterschiedlich genutzt werden, ist die Grundstücksfläche mit einem Nutzungsfaktor zu multiplizieren, der in 47 b HWG gesetzlich festgelegt ist (modifizierte Grundstücksfläche). Hierdurch wird erreicht, dass z. B. ein Gewerbegrundstück oder ein zehngeschossig ausgewiesenes Grundstück einen höheren Beitrag zahlen muss als ein eingeschossiges Einfamilienhausgrundstück. Wird ein Grundstück von mehr als einer Straße erschlossen (z.b. Eckgrundstück) und beträgt der Nutzungsfaktor 1,2 bis 1,6 wird eine Ermäßigung gewährt. Diese beträgt 40 Prozent der Grundstücksfläche, höchstens jedoch 600 m² ( 47 a HWG). In unserem Beispiel sind drei unterschiedliche Nutzungsarten vorhanden. Die Grundstücke mit der Ausweisung WR I erhalten einen Nutzungsfaktor von 1,4 und die Grundstücke mit der Ausweisung WR II einen Nutzungsfaktor von 1,6. Der Nutzungsfaktor für das eingeschossig ausgewiesene Gewerbegebiet beträgt 2,5. Des weiteren sind vier Eckgrundstücke vorhanden, von denen nur drei wegen der Höhe der Nutzungsfaktoren eine Ermäßigung erhalten: Flurstück Nr. Fläche m² ermäßigte Fläche m² Nutzungsfaktor modifizierte Grundstücksfläche m² Beitragsanteil (modifizierte Fläche x Beitragssatz, siehe unten) 10 1.000 600 1,6 960 1.041,29 11 1.000 1,6 1.600 1.735,49 12 1.000 1,6 1.600 1.735,49 13 600 1,6 960 1.041,29 14 600 1,6 960 1.041,29 15 600 1,6 960 1.041,29 16 600 1,6 960 1.041,29 17 700 1,6 1.120 1.214,84 18 700 1,6 1.120 1.214,84 19 700 420 1,6 672 728,90 20 1.000 600 1,4 840 911,13 21 1.000 1,4 1.400 1.518,55 22 1.000 1,4 1.400 1.518,55 23 600 1,4 840 911,13 24 600 1,4 840 911,13 25 700 1,4 980 1.062,99 26 5.000 2,5 12.500 13.558,49 Summe 20.000 29.712 Der Beitragssatz für einen m² modifizierte Grundstücksfläche beträgt: Gekürzter beitragsfähiger Aufwand: 32.228,00 = 1,08467959 /m² Summe modifizierte Grundstücksfläche: 29.712 m²
8 8. Wer bekommt den Festsetzungsbescheid? Adressat des Festsetzungsbescheides ist die Eigentümerin oder der Eigentümer, der zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung im Grundbuch eingetragen ist ( 134 Abs. 1 BauGB). Gibt es Wohnungseigentümer oder Erbbauberechtigte, sind diese die Adressaten. Sind auf einem Grundbuchblatt mehrere Personen eingetragen, kann sich die Abteilung Anliegerbeiträge einen davon als Gesamtschuldner auswählen und den Ausbaubeitrag von diesem in voller Höhe fordern. 9. Wann darf der Ausbaubeitrag nicht mehr gefordert werden? Eine Festsetzung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist ( 63 HWG). Diese Frist beträgt fünf Jahre und beginnt mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. 10. Wann ist der Ausbaubeitrag fällig? Die gesetzliche Zahlungsfrist beträgt einen Monat ( 135 Abs. 1 BauGB). 11. Was passiert, wenn Sie den Ausbaubeitrag nicht zahlen können? In diesem Fall können Sie einen Antrag auf Stundung, Ratenzahlung oder Verrentung stellen. Es wird dann geprüft, ob Ihnen die Begleichung der Forderung in einer Summe zugemutet oder Ihnen eine Zahlungserleichterung gewährt werden kann. 12. Sie sind mit der Festsetzung nicht einverstanden? Sie können innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides Widerspruch einlegen. Beachten Sie jedoch, dass der Ausbaubeitrag dennoch fristgerecht zu zahlen ist, da bei öffentlichen Abgaben der Widerspruch die Zahlungsverpflichtung nicht aufschiebt. Der Vollständigkeit halber wird bereits hier darauf hingewiesen, dass Widerspruchsverfahren kostenpflichtig sind, wenn Sie mit Ihrem Widerspruch keinen Erfolg haben.