Wissenschaftliches Institut der AOK Pressemitteilung Berlin, 28. März 2017 HAUSANSCHRIFT Rosenthaler Str. 31 D-10178 Berlin POSTANSCHRIFT Postfach 11 02 46 D- 10832 Berlin TELEFON +49 30 34646-2393 FAX +49 30 34646-2144 INTERNET www.wido.de E-MAIL bgf@wido.bv.aok.de Eltern im Osten nehmen häufiger Kinderpflegekrankengeld in Anspruch Berlin. Immer mehr berufstätige Eltern nutzen die Möglichkeit, während der Pflege ihres kranken Kindes finanzielle Unterstützung von ihrer Krankenkasse zu erhalten. Der Anteil der AOK-Mitglieder mit Kinderpflegekrankengeld ist in den letzten fünf Jahren um 47 Prozent gestiegen. Besonders oft wird Kinderpflegekrankengeld im Osten Deutschlands beansprucht. Während in Dresden 10,2 Prozent aller Mitglieder diese Leistung wahrgenommen haben, waren es in Gelsenkirchen gerade einmal ein Prozent. Mütter in den neuen Bundesländern kehren nach der Geburt ihrer Kinder früher in den Beruf zurück als in den alten Bundesländern und sind insgesamt häufiger Vollzeit erwerbstätig, so Helmut Schröder, Stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Während im Jahr 2012 nur 1,9 Prozent aller AOK-Mitglieder das Kinderpflegekrankengeld nutzten, waren es 2016 bereits 2,8 Prozent. Somit haben von den 12,5 Millionen erwerbstätigen AOK-Mitgliedern mehr als 340.000 mindestens einmal Kinderpflegekrankengeld in Anspruch genommen. Nach wie vor sind es zwar vor allem die Mütter, die ihr krankes Kind pflegen. Jedoch steigt der Anteil der Männer, die Kinderpflegekrankengeld beanspruchen, seit 2012 kontinuierlich an: Von 25 auf fast 29 Prozent im Jahr 2016. Regional gibt es große Unterschiede bei der Inanspruchnahme von Kinderpflegekrankengeld. Besonders in den großen Städten im Osten Deutschlands liegt der Anteil deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt. In den acht größten Städten Ostdeutschlands nahmen im Schnitt 6,9 Prozent aller Beschäftigten mindestens einmal im Jahr Kinderpflegekrankengeld in Anspruch, in den westlichen großen Städten waren es hingegen im Durchschnitt nur Prozent der Beschäftigten. An der Spitze lag Dresden mit 10,2 Prozent der AOK-Mitglieder, Schlusslichter waren Duisburg und Gelsenkirchen (1,1 und 1 Prozent aller Mitglieder). Für dieses Phänomen dürfte die jahrzehntelange Tradition der Müttererwerbstätigkeit in Ostdeutschland eine wichtige Rolle spielen, erläutert Helmut Schröder. In den neuen Bundesländern ist die Erwerbstätigenquote der Mütter in allen Familienphasen höher als in Westdeutschland. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, Kinderpflegekrankengeld in Anspruch nehmen zu müssen. Seite 1 von 9
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Seite 2 von 9 Kurze betriebliche Ausfallzeiten durch kranke Kinder Kinderkrankengeldfälle zeichnen sich durch kurze Fehlzeiten im Beruf aus. Eltern, die wegen eines kranken Kindes fehlen, sind durchschnittlich 2,3 Tage je Krankheitsfall abwesend: Bei knapp 82 Prozent dieser Fehlzeiten werden drei Tage nicht überschritten. Im Vergleich dazu dauert die krankheitsbedingte Fehlzeit eines erwerbstätigen AOK-Mitgliedes im Durchschnitt 1 Tage je Fall. Auch der Ausbildungsabschluss hat einen Einfluss darauf, ob Kinderpflegekrankengeld beantragt wird: So haben nur Prozent der AOK-Mitglieder ohne einen beruflichen Ausbildungsabschluss dieses Angebot in Anspruch genommen. Liegt hingegen ein akademischer Abschluss vor, steigt dieser Anteil auf 5,6 Prozent. Der gesetzliche Leistungsanspruch des Kinderpflegekrankengeldes bietet gerade bei den klassischen Kinderkrankheiten eine sinnvolle Unterstützung für berufstätige Eltern und kann helfen, Belastungsfaktoren, wie Finanzknappheit oder psychische Anstrengungen, im Zaum zu halten, so Helmut Schröder. Eltern können bis zum 12. Geburtstag ihres gesetzlich versicherten Kindes jeweils bis zu 10 Arbeitstage pro Jahr Krankengeld bei Erkrankung des Kindes von ihrer Krankenkasse beziehen, wenn sie aufgrund einer ärztlichen Bescheinigung zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten Kindes der Arbeit fernbleiben und wenn das keine andere im Haushalt lebende Person übernehmen kann. Bei Alleinerziehenden sind es bis zu 20 Arbeitstage. Leben mehrere Kinder im Haushalt liegt der Anspruch bei maximal 25 bzw. 50 Arbeitstagen für Alleinerziehende. Krankenstand bleibt stabil Insgesamt ist der Krankenstand im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr mit 5,3 Prozent gleich geblieben. Damit hat jeder Beschäftigte im Durchschnitt 19,4 Tage aufgrund einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Betrieb gefehlt. Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen sind in den letzten 10 Jahren konstant angestiegen, sie nahmen um 79,3 Prozent zu. Psychische Erkrankungen führen außerdem zu langen Ausfallzeiten. Mit 25,7 Tagen je Fall dauerten sie mehr als doppelt so lange wie der Durchschnitt mit 1 Tagen je Fall im Jahr 2016. Der Analyse des WIdO liegen die Daten von 12,5 Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmern zugrunde, die 2016 in mehr als Millionen Betrieben beschäftigt waren. Pressekontakt: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Christine Göpner-Reinecke Tel.: 030/34646-2298 Fax: 030/34646-332298 E-Mail: presse@wido.bv.aok.de
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Seite 3 von 9 In Dresden nehmen Eltern am häufigsten Kinderpflegekrankengeld in Anspruch. Das Schlusslicht ist Gelsenkirchen. Abbildung 1: Anteil der AOK-Mitglieder, die Kinderpflegekrankengeld in Anspruch genommen haben, an allen AOK-Mitgliedern in den 50 einwohnerstärksten Städten, 2016 Dresden Chemnitz Leipzig Erfurt Rostock Halle Magdeburg Potsdam Braunschweig Berlin Bielefeld Oldenburg Lübeck Solingen Hannover Münster Hamburg Nürnberg Leverkusen Stuttgart Karlsruhe Osnabrück Kiel Wiesbaden Bremen Hamm Essen Frankfurt Freiburg Wuppertal Kassel Mannheim Oberhausen Augsburg München Krefeld Dortmund Düsseldorf Mülheim Ludwigshafen Aachen Mainz Bonn Bochum Mönchengladbach Hagen Köln Saarbrücken Duisburg Gelsenkirchen 2,4 2,2 2,1 2,0 2,0 1,9 1,9 1,9 Bund: 2,8 % 1,3 1,3 1,3 1,3 1,1 1,0 5,5 5,4 5,3 5,1 7,7 7,3 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Anteil AOK-Mitglieder in % 8,6 10,2
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Seite 4 von 9 In den östlichen Bundesländern ist die Inanspruchnahme von Kinderpflegekrankengeld am höchsten Abbildung 2: Anteil der AOK-Mitglieder mit mindestens einem Kinderpflegekrankengeldfall an allen AOK-Mitgliedern nach Bundesländern, 2016 Sachsen Thüringen Sachsen-Anhalt Mecklenburg-Vorpommern Brandenburg Berlin Niedersachsen Hamburg Schleswig-Holstein Bremen Baden-Württemberg Bayern Hessen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland 2,4 2,2 2,1 2,0 2,0 5,5 5,1 4,7 Bund: 2,8 % 7,9 8,8 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Anteil AOK-Mitglieder in %
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Seite 5 von 9 Inanspruchnahme von Kinderpflegekrankengeld steigt bei Müttern und Vätern Abbildung 3: Anteil der AOK-Mitglieder mit mindestens einem Kinderpflegekrankengeldfall an allen AOK-Mitgliedern in den Jahren 2012 bis 2016 nach Geschlecht 5 Anteil AOK-Mitglieder in % 4,5 4 3,5 3 3,3 3,6 3,7 4,0 4,5 Frauen 2,5 2 1,9 2,1 2,1 2,4 2,8 Gesamt 1 0,5 0,8 1,0 Besch 1,0 Männer 0 2012 2013 2014 2015 2016
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Seite 6 von 9 Kurze Fehlzeiten für die Pflege eines kranken Kindes Abbildung 4: Kinderpflegekrankengeldfälle nach Dauer, AOK-Mitglieder, 2016 1 Tag 2 Tage 27,2 37,9 3 Tage 16,8 4 Tage 5 Tage 7,8 7,4 6 Tage 7 Tage 8 Tage 9 Tage 10 Tage mehr als 10 Tage 0,9 0,5 0,5 0,3 0,2 0,3 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Anteil der Kinderpflegekrankengeldfälle nach Falldauer in %
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Seite 7 von 9 Bildungsstand beeinflusst Häufigkeit der Inanspruchnahme von Kinderpflegekrankengeld Abbildung 5: Anteil der AOK-Mitglieder mit mindestens einem Kinderpflegekrankengeldfall an allen AOK-Mitgliedern in der jeweiligen Personengruppe nach Bildungsstand, 2016 Diplom/Magister/Master/Staatsexamen 5,6 Promotion 4,4 Meister-/Techniker oder gleichwertig 4,0 Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung 3,7 Bachelor 3,1 Abschluss unbekannt ohne beruflichen Ausbildungsabschluss 0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 Anteil der AOK-Mitglieder in %
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Seite 8 von 9 Krankenstand unverändert Abbildung 6: Entwicklung des Krankenstandes und der Arbeitsunfähigkeitstage pro Mitglied seit 2007, AOK-Mitglieder 20,0 19,5 19,0 18,5 18,0 17,5 17,0 16,5 16,0 15,5 15,0 14,5 AU-Tage je Mitglied Krankenstand in % 5,3 5,3 5,2 5,1 4,9 4,9 4,8 4,8 4,6 4,5 16,4 17,0 17,3 17,6 17,7 18,1 18,5 18,9 19,5 19,4 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 5,4 5,2 5,0 4,8 4,6 4,4 4,2 4,0 WIdO 2017
Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Seite 9 von 9 Psychische Erkrankungen weiter angestiegen Abbildung 7: Tage der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder nach Krankheitsarten in den Jahren 2006-2016, Indexdarstellung (2005 = 100%) AU-Tage in % 190 Psyche Herz/Kreislauf Atemwege Verdauung Muskel/Skelett Verletzungen 170 150 130 110 90 70 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Psyche 100,3 109,4 114,6 12 132,3 139,1 154,7 155,8 170,9 175,1 179,3 Herz/Kreislauf 98,4 100,9 102,9 103,8 102,5 99,3 109,5 107,7 112,9 11 100,8 Atemwege 83,6 94,0 97,7 111,1 96,9 99,9 99,5 121,1 100,5 123,3 114,6 Verdauung 101,0 107,6 111,3 107,9 102,0 101,3 104,9 105,1 108,8 107,4 102,7 Muskel/Skelett 99,2 104,3 107,1 104,0 110,7 107,3 113,2 11 119,6 117,4 120,0 Verletzungen 10 10 103,0 102,5 108,7 105,5 107,2 106,6 108,4 107,1 106,6