11. Datenbankschnittstellen
Inhalt 11.1 Motivation 11.2 Eingebettetes SQL 11.3 Open Database Connectivity (ODBC) 11.4 Java Database Connectivity (JDBC) 11.5 Objekt-Relationale Abbildung (ORM) 2
11.1 Motivation Datenbankschnittstellen ermöglichen den Zugriff auf die gespeicherten Daten aus einer externen Anwendung DBMS und Anwendung laufen oft auf unterschiedlichen Rechnern, so dass Netzwerkkommunikation nötig ist Zwei Zielgruppen von Datenbankschnittstellen Endbenutzer, die Daten mit bekannten oder einfach zu bedienenden Anwendungen lesen bzw. ändern möchten Entwickler, die aus Code der entwickelten Anwendung auf die Daten zugreifen möchten 3
Anwendungsbeispiele Anwendungsbeispiele von Datenbankschnittstellen: Webapplikation (z.b. ein Content-Management-System), welche mit Java Server Pages implementiert wurde, greift auf eine Datenbank (z.b. MS SQL Server) zu Mitarbeiterin erstellt Serienbrief mit MS Word, der an alle Kunden geschickt werden soll; die Kundendaten liegen in einer Datenbank (z.b. MS SQL Server) Applikation auf Smartphone speichert ihre internen Daten in einer eingebetteten Datenbank (z.b. SQLite), die auf dem gleichen Endgerät läuft 4
Anforderungen Anforderungen an Datenbankschnittstellen sind u.a. Portabilität, d.h. kann das verwendete RDBMS oder die Programmiersprache einfach ausgetauscht werden Fehleranfälligkeit, d.h. werden Fehler (z.b. inkorrektes SQL) bereits bei der Entwicklung oder erst beim Einsatz erkannt Wartbarkeit, d.h. erfordert Änderung (z.b. des Schemas) weitreichende Modifikationen des zugreifenden Codes Transparenz, d.h. bleiben die Spezifika des RDBMS bzw. der Datenbank (z.b. Schema) verborgen 5
Historisches Call-Level Interfaces (CLIs) als früher Ansatz, bei dem Hersteller sprachspezifische (z.b. für C oder Fortran) Schnittstellen für bestimmtes Datenbanksystem in Form von Bibliotheken zur Verfügung stellen Eingebettetes SQL erweitert Wirtssprache (z.b. C) um SQL-Kommandos, die vor Compilierung in Befehle der Wirtssprache (z.b. CLI-Aufrufe) übersetzt werden SQL/CI als standardisierte Schnittstelle in SQL:1999, die die Grundlage für Open Database Connectivity darstellt 6
Historisches Open Database Connectivity (ODBC) entkoppelt Programmiersprache und Datenbanksystem durch Verwendung von Treibern Java Database Connectivity (JDBC) als moderne objektorientierte Standardschnittstelle für Anwendungen in Java Frameworks für objekt-relationale Abbildung (z.b. Java Persistence und Hibernate) bilden Objekte mit Attributen auf Tabellen mit Spalten ab; die Datenbank kann den Entwicklern dabei verborgen bleiben, so dass keine SQL-Kenntnisse notwendig sind 7
11.2 Eingebettetes SQL Eingebettetes SQL erweitert eine Wirtssprache (z.b. C) um SQL-Kommandos für den Datenbankzugriff Erweiterungen sind keine eigentlichen Kommandos der Wirtssprache, so dass Code vor der eigentlichen Compilierung durch einen Präcompiler transformiert werden muss Präcompiler übersetzt die erweiterten Kommandos in eigentliche Kommandos der Wirtssprache (z.b. CLI-Aufrufe für Datenbankzugriff) 8
Eingebettetes SQL Präcompiler kann Korrektheit der SQL-Kommandos, auch ob sie kompatibel mit dem Schema sind, überprüfen Eingebettetes SQL oft auf statische SQL-Kommandos beschränkt, d.h. die Kommandos müssen zur Übersetzungszeit bereits feststehen Eingebettetes SQL spielt heute eine geringere Rolle SQLJ für Java Embedded SQL für C/C++ 9
SQLJ für Java SQL-Kommandos werden mit #sql ausgezeichnet und in Java-Code eingebettet Erweiterter Code muss mittels Präcompiler sqlj in echten, für den Java-Compiler verständlichen, Code umgewandelt werden Präcompiler überprüft, ob SQL-Kommandos korrekte Syntax haben, ob sie mit dem Schema übereinstimmen und die Typkompatibilität für den Datenaustausch Generierter Code greift per JDBC auf Datenbank zu 10
SQLJ für Java SQL-Kommandos werden mit #sql ausgezeichnet und in Java-Code eingebettet 1 #sql {INSERT INTO Studenten (MatrNr, Name, Vorname) 2 VALUES (23781, Max, Mü ller )} Wirtsvariablen erlauben Datenaustausch zwischen Java-Code und SQL-Kommandos 1 long matrnr = 23781; 2 #sql {DELETE FROM Studenten WHERE MatrNr = :matrnr}; 11
SQLJ für Java Iteratoren zum Lesen eines Anfrageergebnis in Java müssen vor Verwendung deklariert werden 1 #sql iterator StudentIter (long matrnr, String vorname, String name); hierdurch wird eine Klasse StudentIter generiert Definition einer Instanz der Klasse StudentIter und Ausführung der zugehörigen Anweisung 1 StudentIter iter; 2 #sql iter={ SELECT MatrNr, Name, Vorname FROM Studenten }; 12
SQLJ für Java Navigation durch das Anfrageergebnis 1 while (iter.next()) { 2 System.out.println(iter.matrnr() + " " + 3 iter.vorname() + " " + iter.name()); 4 } SQLJ-Code wird in Dateien mit Endung.sqlj abgelegt, um ihn von regulärem Java-Code zu unterscheiden SQLJ unterstützt, mit Einschränkungen, dynamisches SQL: SQL-Kommandos können parametrisiert werden und somit erst zur Laufzeit genau definiert sein 13
SQLJ für Java 1 import java.sql.*; 2 import sqlj.runtime.ref.defaultcontext; 3 import oracle.sqlj.runtime.oracle; 4 5 #sql iterator StudentIter (long matrnr, String vorname, String name); 6 7 public class StudentExample 8 { 9 public static void main (String args[]) throws SQLException 10 { 11 // Verbindung zur Datenbank herstellen 12 Oracle.connect 13 (" jdbc: oracle: thin: @sw03:5521:hs", " user", " password"); 14 15 // Iterator definieren 16 StudentIter iter; 17 #sql iter={ SELECT MatrNr, Name, Vorname FROM Studenten }; 18 19 // Datensä tze lesen 20 while (iter.next()) { 21 System.out.println 22 (iter.matrnr() + " " + iter.vorname() + " " + iter.name()); 23 } 24 } 25 } 14
Embedded SQL für C 1 # include <string.h> 2 # include <stdio.h> 3 # include <ctype.h> 4 5 // Variablen von SQL- Communication Area einbinden 6 EXEC SQL INCLUDE SQLCA; 7 8 int main(int argc, char **argv) { 9 10 // Deklaration von Variablen 11 EXEC SQL BEGIN DECLARE SECTION; 12 VARCHAR uid[80]; 13 VARCHAR pwd[20]; 14 VARCHAR db[20]; 15 VARCHAR vorname[30]; 16 VARCHAR name[20]; 17 EXEC SQL END DECLARE SECTION; 18 // Verbindungsdaten setzen 15
Embedded SQL für C 19 // Verbindungsdaten setzen 20 strcpy(uid.arr," user"); 21 uid.len = strlen(uid.arr); 22 strcpy(pwd.arr," password"); 23 pwd.len = strlen(pwd.arr); 24 strcpy(db.arr," hochschule"); 25 db.len = strlen(db.arr); 26 27 // Verbindung zur Datenbank herstellen 28 EXEC SQL CONNECT :uid IDENTIFIED BY :pwd USING :db; 29 30 // Anfrage an Datenbank schicken 31 EXEC SQL SELECT Name, Vorname 32 FROM Studenten 33 INTO :name, :vorname 34 WHERE MatrNr = 23786; 35 36 // Name und Vorname ausgeben 37 printf(" Der Student heisst %s %s", vorname, name); 38 39 } 16
11.3 Open Database Connectivity (ODBC) Open Database Connectivity (ODBC) in den 1990ern von Microsoft entwickelt und Grundlage für den von der SQL Access Group (SAG) entworfenen Standard SQL/CLI Portabilität als Ziel von ODBC, d.h. Anwendung soll unabhängig vom verwendeten RDBMS (oder allgemein: Datenquelle) sein und deren Austausch soll einfach erfolgen können 17
Treibermanager und Treiber ODBC erreicht Portabilität durch Verwendung von Treiber als Vermittler zwischen Anwendung und Datenquelle (vgl. Druckertreiber und Office-Anwendungen) Anwendung kommuniziert mit Treibermanager über Aufrufe von festgelegten ODBC-Funktionen (z.b. SQLConnect zum Aufbau einer Verbindung) Datenquellen (z.b. Datenbank oder.csv-datei) sind beim Treibermanager registriert Treiber übersetzt ODBC-Funktionsaufrufe für die jeweilige Datenquelle um 18
Treibermanager und Treiber Anwendung Treibermanager Treiber RDBMS Treiber CSV RDBMS CSV 19
Treibermanager und Treiber Abhängig von der Art der ODBC-Datenquelle muss der Treiber selbst mehr oder weniger leisten, z.b. bei einem mächtigen RDBMS (z.b. MS SQL Server) können die SQL-Kommandos an das RDBMS unverändert weitergereicht werden bei einer einfachen Datenquelle (z.b. CSV-Dateien) muss der Treiber selbst sich um die Ausführung von SQL-Kommandos kümmern, d.h. intern ein DBMS (z.b. mit Selektion, Projektion und Join) implementieren 20
ODBC-Funktionen ODBC definierte drei Ebenen von Funktionen (API-levels) Core-Level Funktionen z.b. SQLConnect zum Aufbau einer Verbindung zu einem Treiber SQLAllocStmt zum Anlegen eines SQL-Kommandos Level-1 Funktionen z.b. SQLGetInfo zum Erfragen von Informationen über den Treiber SQLGetTypeInfo zum Erfragen unterstützter Datentypen Level-2 Funktionen z.b. SQLColumnPrivilege zum Erfragen verfügbarer Spalten SQLPrimaryKeys zum Erfragen von Primärschlüsselattributen 21
SQL-Unterstützung in ODBC ODBC kennt drei Ebenen (levels) der SQL-Unterstützung Minimale SQL-Grammatik CREATE TABLE und DROP TABLE INSERT, SELECT und UPDATE keine Gruppierung und Aggregation, keine Funktionen nur Datentyp CHAR Core SQL zusätzlich z.b. ALTER TABLE, CREATE INDEX, CREATE VIEW vollständiges INSERT, SELECT und UPDATE Datentypen z.b. VARCHAR, DECIMAL, NUMERIC, SMALLINT 22
SQL-Unterstützung in ODBC Extended SQL auch OUTER JOIN in SELECT skalare Funktionen wie SUBSTRING oder ABS zusätzliche Datentypen z.b. DATE und TIME Stapelverarbeitung von SQL-Kommandos Anlegen gespeicherter Prozeduren Portabilität und Performanz der Anwendung hängt von verwendetem API-Level und SQL-Unterstützung ab; ein höherer API-Level und eine höhere SQL-Unterstützung führen zu besserer Performanz, aber eben auch zu geringerer Portabilität 23
Datenbankzugriff mittels ODBC aus C 1 # include " SQL.H" 2 3 int main(int argc, char **argv) { 4 5 // Umgebungs - Handle belegen SQLAllocConnect( henv, & hdbc ); 6 SQLAllocEnv( &henv ); 7 8 // Verbindungs - Handle belegen 9 rc = SQLConnect( hdbc, server, SQL_NTS, uid, SQL_NTS, pwd, SQL_NTS ); 10 11 // Verbindung aufbauen, Abbruch bei Fehler 12 if( rc!= SQL_SUCCESS && rc!= SQL_SUCCESS_WITH_INFO ) 13 return( print_err( hdbc, SQL_NULL_HSTM )); 14 15 // Speicherplatz für SQL- Befehle belegen 16 SQLAllocStmt( hdbc, &hstmt ); 17 18 // SQL- Kommando zum Anlegen einer Tabelle in String 19 szsql = " CREATE TABLE Studenten 20 ( MatrNr INTEGER, Vorname VARCHAR(30), Name VARCHAR(30))"; 21 // SQL- Kommando ausführen, Abbruch bei Fehler 24
Datenbankzugriff mittels ODBC aus C 21 22 // SQL- Kommando ausführen, Abbruch bei Fehler 23 if( SQLExecDirect( hstmt, szsql, SQL_NTS )!= SQL_SUCCESS ) 24 return( print_err( hdbc, hstmt ); 25 26 // Anlegen der Tabelle mit COMMIT abschließen 27 SQLTransact( hdbc, SQL_COMMIT ); 28 29 // Ressourcen wieder freigeben und Verbindung schließen 30 SQLFreeStmt( hstmt, SQL_DROP ); 31 SQLFreeConnect( hdbc ); 32 SQLFreeEnv( henv ); 33 34 return 0; 35 } 25
Datenbankzugriff mittels ODBC aus Excel ODBC hat sich als Standardschnittstelle etabliert und wird von Standardsoftware (z.b. MS Office) unterstützt; dies erlaubt u.a. folgende Anwendungsszenarien MS Excel und MS Access können als Frontend zum Lesen und Ändern von in einem RDBMS gespeicherter Daten verwendet werden Serienbriefe können in MS Word mittels Zugriff auf in RDBMS gespeicherter Daten generiert werden MS Excel kann als ODBC-Datenquelle dienen, d.h. Datenblätter können mittels SQL angefragt werden 26
Zusammenfassung Datenbankschnittstellen erlauben Zugriff auf Datenbank aus einer externen Anwendung Portabilität als wichtige Anforderung, d.h. RDBMS oder Programmiersprache soll leicht austauschbar sein Call-Level Interfaces als Schnittstellen für bestimmtes RDBMS und bestimmte Programmiersprache Open Database Connectivity (ODBC) erreicht Entkopplung durch Verwendung von Treibern 27
Literatur [1] A. Kemper und A. Eickler: Datenbanksysteme Eine Einführung, De Gruyter Oldenbourg, 2015 (Kapitel 4) [2] G. Saake, K.-U. Sattler und A. Heuer: Datenbanken - Konzepte und Sprachen, mitp Professional, 2013 (Kapitel 13) 28