Rechtsquellen und Rechtsschichten (Schluss)

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Transkript:

Vorlesung Römisches Privatrecht Vorlesung am 05.11.2008 Rechtsquellen und Rechtsschichten (Schluss) Prof. Dr. Thomas Rüfner Materialien im Internet: http://ius-romanum.uni-trier.de/index.php?id=22849

Ausstellungsbesuch in Bonn Ausstellungen Rom und die Barbaren und Die Langobarden Termin Samstag, 22.11. Bitte melden Sie sich bis 10.11. definitiv an unter sonja.stadler@uni-trier.de Prof. Dr. Th. Rüfner 2

Bedeutungen von ius civile Gegenbegriff zu ius publicum. In diesem Zusammenhang sprechen die Römer meist von ius privatum, nur gelegentlich von ius civile. Gegenbegriff zu ius naturale und ius gentium. Gegenbegriff zu ius honorarium. Prof. Dr. Th. Rüfner 3

Das ius naturale Das Recht aller Lebewesen: Allgemeine Instinktgebote : Verbindung von Mann und Frau / Männchen und Weibchen, Zeugung und Erziehung von Nachwuchs (vgl. Art. 6 I GG: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Normen mit Ewigkeitswert (quod semper aequum ac bonum est). Aber: Die Abänderung des ius naturale durch ius gentium oder ius civile wird nicht ausgeschlossen. Aus der Natur der Sache sich ergebende, keiner Begründung bedürftige Rechtseinrichtungen. Prof. Dr. Th. Rüfner 4

Das ius gentium Theoretisch: Das allen Völkern (gentes) gemeinsame Recht. Gemeint ist nicht das Völkerrecht im heutigen Sinn (Recht der zwischenstaatlichen Beziehungen), sondern bei allen Völkern geltende Rechtssätze ( Völkergemeinrecht ). Praktisch: Das von römischen Gerichten (auch) auf Nichtbürger bzw. zwischen Bürgern und Nichtbürgern angewendete Recht. Funktion: Praktische Bewältigung der Folgen des Personalitätsprinzips Die Abgrenzung zwischen Ius naturale und Ius gentium ist in den Quellen nicht scharf. Prof. Dr. Th. Rüfner 5

Das ius civile im Gegensatz zum ius gentium Geltung nur für römische Bürger (oder Inhaber besonderer Privilegien, connubium oder commercium). Grundlage: Althergebrachte Rechtsgewohnheiten und Gesetzesrecht. Beispiele für römischen Bürgern vorbehaltene Institute: Übereignung durch mancipatio, Testament, Schuldversprechen durch sponsio. Prof. Dr. Th. Rüfner 6

Ius honorarium und Ius civile Ius civile: Gesetzes- und (altes) Gewohnheitsrecht. Ius honorarium: Recht, das von den Inhabern der republikanischen Ehrenämter (honos), insbesondere vom Prätor, daher auch ius praetorium, in Ausübung ihrer Ämter geschaffen wurde um das Ius civile zu unterstützen ergänzen korrigieren. D. 1, 1, 7, 1: Ius praetorium est, quod praetores introduxerunt adiuvandi, vel supplendi, vel corrigendi iuris civilis gratia propter utilitatem publicam. Prof. Dr. Th. Rüfner 7

Das ius honorarium Wichtigster mit der Rechtspflege betrauter Beamter war der Prätor. Das wichtigste Instrument zur Fortbildung des Rechts war das Edikt, in dem der Prätor ankündigte, wie er während seiner Amtszeit seine Aufgaben in der Rechtspflege ausüben wollte. Prof. Dr. Th. Rüfner 8

Die Rolle des Prätors im Zivilprozess (klassischer Formularprozess) Leitung der ersten Prozessphase (in iure). Anhörung der Parteien Bei Vorliegen der Voraussetzungen: Bestimmung eines (Laien-)Richters und Erteilung einer Klageformel, durch die dem Richter die Maßstäbe für seine Entscheidung vorgegeben wurden. Prof. Dr. Th. Rüfner 9

Beispiel einer Rechtsschutzverheißung durch den Prätor: Qui servum alienum adversus bonos mores verberavisse deve eo iniussu domini quaestionem habuisse dicetur, in eum iudicium dabo. (D. 47, 10, 15, 34) Von wem behauptet wird, dass er gegen die guten Sitten einen fremden Sklaven geschlagen hat oder ihn ohne Zustimmung seines Herrn gefoltert hat, gegen den werde ich eine Klage gewähren. Prof. Dr. Th. Rüfner 10

Die Entwicklung des prätorischen Edikts Ursprünglich stand der Ediktsinhalt im Ermessen jedes Amtsinhabers Allmähliche Verfestigung in den Jahrhunderten um Christi Geburt. (Edictum tralaticium). 130 n. Chr.: Ediktsredaktion durch den Juristen Julian auf Befehl Kaiser Hadrians. Text steht endgültig fest und darf vom jeweiligen Amtsinhaber nicht mehr geändert werden. (Edictum perpetuum) Die klassischen Juristen kommentierten den verfestigten Ediktstext wie ein Gesetzbuch. Prof. Dr. Th. Rüfner 11

Innovationen des Honorrarechts Formularverfahren Formfreie Verträge Fortentwicklung des Deliktsrechts (actio iniuriarum, actio doli). Eigentumsähnlicher Schutz für bestimmte berechtigte Besitzer (actio Publiciana). Prof. Dr. Th. Rüfner 12

Die Rechtsquellen des ius civile und des ius honorarium Leges Plebiscita Constitutiones principum Gewohnheitsrecht Responsa prudentium Edicta Ius civile Ius honorarium Die gutachtlichen Äußerungen der Juristen lassen sich nicht ohne Weiteres dem ius civile oder dem ius honorarium zuordnen. Prof. Dr. Th. Rüfner 13

Zusammenfassung: Die verschiedenen Bedeutungen von ius civile Gegenbegriff zu ius publicum Gegenbegriff zu ius honorarium Gegenbegriff zu ius naturale und ius gentium In den beiden letztgenannten Bedeutungen bezeichnet ius civile Gesetzesrecht und älteres Gewohnheitsrecht. Neuerungen ohne gesetzliche Grundlage sind zugleich Teil des ius gentium und des ius honorarium (vgl. etwa die actio Publiciana 1007 BGB). Prof. Dr. Th. Rüfner 14

Vorlesung Römisches Privatrecht Vorlesung am 12.11.2008 Die Formalgeschäfte als Grundfiguren des klassischen römischen Rechts Prof. Dr. Thomas Rüfner Materialien im Internet: http://ius-romanum.uni-trier.de/index.php?id=22849