5 Besonderheiten. in den Altersgruppen. 5.1 Kinder im Vorschulalter



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5 Besonderheiten in den Altersgruppen Wenn Sie nun beginnen möchten, aktiv mit Ihrem Kind an einer gesünderen Lebensgestaltung zu arbeiten, sollten Sie sich zunächst einmal bewusst machen, was Ihr Kind in seinem Alter und Entwicklungsstand verstehen und umsetzen kann, und Ihre Erwartungen danach ausrichten. Durch die unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Kinder ergeben sich ganz verschiedene Möglichkeiten, aber auch Grenzen. Diese beziehen sich auf das Verhalten, das Selbstbild, das Verständnis von Kategorien und Zusammenhängen, das Zukunftsverständnis, die Fähigkeit, Gefühle zu erkennen und zu äußern, die Rolle der Eltern sowie das Interesse an gesunder Ernährung und an Bewegung. 5.1 Kinder im Vorschulalter Kontrolliertes Verhalten. Kinder in dieser Altersgruppe haben inzwischen gelernt, sich nachdrücklich mit Worten zu äußern und auf Aufforderungen der Eltern angemessen zu reagieren. Ist ein Kind in diesem Alter beispielsweise wütend darüber, dass die Mutter ihm Süßigkeiten verwehrt, kann es mit Worten protestieren und mit der Mutter einen Kompromiss aushandeln, anstatt zu weinen oder einen Wutanfall zu bekommen. Auch sind die Kinder bereits in der Lage, ihr Verhalten zu kontrollieren. So kann ein Kind in diesem Alter z.b. auf dem Stuhl sitzen bleiben, obwohl es lieber aufstehen und rennen oder spielen möchte, und verletzt andere in der Regel nicht, auch wenn es wütend ist. Die Kinder können nun auch immer besser mit negativen Ge- 5.1 Kinder im Vorschulalter 85

fühlen umgehen. Ganz kleine Kinder suchen in solchen Situationen in erster Linie Unterstützung und Trost bei ihren Eltern. Kinder im Vorschulalter können bereits Strategien anwenden, um sich von stressreichen und negativen Ereignissen abzulenken. In der Regel tun sie dies durch Handlungen. Ein interessantes Experiment soll dies verdeutlichen. Experiment Ablenkungsstrategien während des Wartens Der Forscher Walter Mischel und seine Kollegen haben in vielen Studien mit Vorschulkindern getestet, ob die Kinder bereits Strategien anwenden können, um mit schwierigen Situationen fertig zu werden. Dazu wurde den Kindern eine schmackhafte Belohnung (Süßigkeit) vorgesetzt und ihnen gesagt, dass sie diese sofort essen können, oder aber noch ein wenig warten müssen, um dann die doppelte Menge zu erhalten. Man hat die Kinder dann für einige Minuten allein gelassen und per Video beobachtet. Dieses Warten auf die Belohnung war für die Kinder schon eine große Leistung, und nicht alle haben es geschafft. Aber interessant war, was die Kinder während des Wartens allein im Raum gemacht haben. Die Forscher haben beobachtet, dass einige Kinder sich abgelenkt haben. Sie haben mit sich selbst gesprochen, gesungen oder sich Spiele ausgedacht. Einige Kinder starrten hingegen permanent auf die Belohnung. Die Kinder, die sich mit irgendetwas ablenkten, also eine Art Strategie angewendet hatten, hielten das Warten auf die größere Belohnung am längsten aus. Das Experiment zeigt, dass Vorschulkinder es schaffen, sich selbst zu kontrollieren, und mit für sie schwierigen Situationen und negativen Gefühlen umgehen können. Wenn Kinder dieses Alters beispielsweise von anderen gehänselt werden, können sie 86 5 Besonderheiten in den Altersgruppen

die Situation entschärfen, indem sie die Bedeutung der Hänseleien für sich anders bewerten. Positives Selbstbild. Interessant ist auch, wie Kinder sich in diesem Alter selbst sehen und definieren. Sie verstehen und beschreiben sich anhand konkreter, beobachtbarer Eigenschaften ( Ich habe blaue Augen ), Fähigkeiten ( Ich kann ganz schnell rennen ), sozialer Beziehungen ( Ich wohne in einem großen Haus mit meinem Bruder ) und Vorlieben ( Ich mag Pizza ). Das Selbstkonzept ist vorwiegend positiv ( Ich kann schon bis 20 zählen ), auch wenn es vielleicht nicht ganz stimmt. Die Kinder können dieses positive Selbstbild aufrechterhalten, da sie sich in der Regel noch nicht mit anderen vergleichen, wodurch sie Defizite erkennen könnten. Auch beziehen sie Erfolge und Misserfolge aus der Vergangenheit nicht in ihre Bewertung ein und glauben standhaft, eine Aufgabe lösen zu können, auch wenn es ihnen bislang noch nicht gelungen ist. Die Fähigkeit, eine andere Sichtweise anzunehmen, ist bei diesen Kindern noch nicht ausgebildet. Sie glauben, dass andere Menschen in allem genauso denken wie sie. Das zeigt sich deutlich in den endlosen Streitereien zwischen Kindern im Sinne von: Hast du doch! Hab ich nicht! Doch! usw. Verständnis einfacher Kategorien. Die Kinder in diesem Alter können bereits einfache logische Beziehungen und Kategorien wie zu viel essen zu viel Gewicht oder Lebensmittel macht dick macht nicht dick verstehen. Komplexere Hintergründe, wie z.b. Dieses Lebensmittel enthält zu viel Fett und zu wenig Vitamine können die Kind noch nicht verstehen. Sie können auch mit dem abstrakten Begriff gesunde Lebensmittel nicht viel anfangen, im Gegenteil, vielleicht verbinden sie damit sogar etwas Langweiliges und Fades, wobei sie mit Sicherheit unbewusst die Haltung der Eltern übernehmen. Anderes Zukunftsverständnis. Auch ist das Zeitverständnis noch ein anderes als bei älteren Kindern. Diese Kinder leben im Jetzt, d.h., längerfristige Konsequenzen in der Zukunft wie 5.1 Kinder im Vorschulalter 87

Wenn du ständig zu viel Süßigkeiten isst, wirst du später zunehmen kann das Kind noch nicht nachvollziehen, denn in dem Moment, in dem es die Süßigkeiten isst, passiert ja noch nichts. Vielmehr sind in diesem Alter direkt spürbare Konsequenzen, also Lob für konkretes Handeln, Anerkennung bei Gleichaltrigen, Erfolgserfahrung oder Zuwendung der Eltern die größte Motivation für ein Kind. Die Eltern sollten bedenken, dass Kinder in diesem Alter ihre Bedürfnisse häufig sofort befriedigen möchten und manchmal Schwierigkeiten haben, etwas längere Zeit aufschieben zu müssen oder auf etwas zu warten. Kein Benennen von Gefühlen. Auch sind bei diesen Kindern keine Auseinandersetzungen über Gefühle, also über Motive für das Essverhalten, möglich. Wenn Kinder frustriert oder traurig sind, dann sind sie einfach schlecht drauf, ohne genau sagen zu können, was sie fühlen. Den Zusammenhang Immer wenn ich traurig bin, esse ich können Kinder in diesem Alter noch nicht nachvollziehen. Wenn Eltern diesen Zusammenhang bei ihrem Kind entdecken, ist es sinnvoll, das Kind durch einfache Regeln und konkrete Anweisungen zu unterstützen. Beispielsweise sollten Eltern in diesen Situationen das Kind anregen, etwas zu spielen, oder sich mit ihm beschäftigen. Vorliebe für bestimmte Lebensmittel. Zu bedenken ist, dass bereits kleine Kinder Vorlieben und Abneigungen gegenüber bestimmten Lebensmitteln haben, häufig unterscheiden sich sogar Geschwister darin. Diese Lebensmittelpräferenzen werden maßgeblich durch das Angebot an Nahrung geformt. Die Fähigkeit, Hunger und Sättigung zu verspüren, wird bereits durch das Fütterungsverhalten der Eltern im Säuglingsalter beeinflusst. Dann finden Lernprozesse statt, bei denen die Eltern mit ihrem Verhalten Einfluss auf das weitere Essverhalten des Kindes nehmen, wie z.b. durch den Einsatz von Süßigkeiten als Trostpflaster oder das Verbot von Lebensmitteln als Strafe. Wenn Eltern das Kind immer wieder dazu zwingen, bestimmte, als sehr gesund angepriesene Lebensmittel zu essen, 88 5 Besonderheiten in den Altersgruppen

erreichen sie häufig nur, dass das Kind diese Lebensmittel konsequent ablehnt. Hingegen kann das strenge Verbot von Süßigkeiten diese für das Kind besonders attraktiv machen. Die Begründung der Eltern Das ist nicht gesund, da ist zu viel Zucker drin, davon bekommst du Karies ist für ein Kind im Vorschulalter nicht nachvollziehbar. Es möchte einfach im Moment nur gerne den süßen Geschmack erleben, die Freunde im Kindergarten dürfen es ja schließlich auch, und nur das ist ihm wichtig. Eltern als Modell. In dieser Altersgruppe findet das Kind in den Eltern ein wichtiges Modell für sein Verhalten. Das betrifft nicht nur die Auswahl und Bewertung der Nahrung ( Papa isst ja auch kein Obst ), sondern auch das Essverhalten (Essen vor dem Fernseher, drei Hauptmahlzeiten am Esstisch). Das Gleiche gilt für das Bewegungsverhalten; auch hier übernimmt das Kind Verhaltensweisen ( Mama fährt nie mit dem Fahrrad, Papa ist ja auch im Fußballverein ). Diese Lernmotive werden auch von der Werbeindustrie in Verbindung mit Lebensmitteln eingesetzt ( groß und stark werden ). Kleinere Kinder können diese Strategie nicht durchschauen und verbinden mit den Lebensmitteln tatsächlich die angepriesenen Eigenschaften. Die Begeisterung der kleineren Kinder dafür, Neues zu lernen und eigene Erfahrungen zu machen, können Eltern sehr gut nutzen. Die Kinder sind schon geschickt genug, um z.b. beim Kochen und Backen mitzuhelfen oder eine neue Sportart zu erlernen. Das Erlebnis, selbst etwas zustande gebracht zu haben, z.b. selbst das Gemüse geschnitten zu haben oder an der Erstellung der Einkaufsliste beteiligt gewesen zu sein, ist für das Kind enorm wichtig. Spaß an Bewegung. Das Ziel Abnehmen, also die Verringerung seines Körpergewichtes, ist für ein kleines Kind kein nachvollziehbarer Grund, um sich mehr zu bewegen. Hier spielt wieder das fehlende Zukunftsverständnis im Sinne von Wenn du mehr Fahrrad fährst, wirst du später abnehmen! eine Rolle. Viel motivierender ist für das Kind, dass es bei der Bewegung 5.1 Kinder im Vorschulalter 89

Spaß und Kontakt zu anderen Kindern hat. Daher ist es sinnvoll, dem Kind entsprechende Angebote zu machen und den Spaß in den Vordergrund zu stellen. Auch hier ist das Vorbild der Eltern entscheidend: Leben sie den Spaß an Bewegung vor, so ist dies für das Kind ein starker Anreiz, sich auch mehr zu bewegen. Hier ist es die Aufgabe der Eltern, Vorlieben und Interessen des Kindes zu erkennen und zu fördern. 5.2 Kinder im Grundschulalter Geplantes Verhalten. Kinder im Grundschulalter richten sich danach, was sie konkret erleben, erfahren und sehen. Der Fachausdruck für dieses Alter ist daher auch konkret-operationale Phase. Die Kinder sind nun immer mehr in der Lage, gedanklich Strategien zu entwickeln, um sich auf Anforderungen und Ereignisse vorzubereiten und Handlungen zu planen. Sie können ihr Verhalten noch gezielter regulieren und an die gegebenen Situationen und an ihre Ziele anpassen. Differenziertes Selbstbild. Das Selbstbild dieser Kinder ist im Unterschied zu jüngeren Kindern nicht mehr nur positiv, da sie damit beginnen, ihre Eigenschaften und Verhaltensweisen mit anderen zu vergleichen ( Thorsten kann den Ball weiter werfen als ich, Ich bin sehr beliebt, Mathe kann ich nicht so gut ). Die Vorstellungen der Kinder über sich selbst werden im Verlauf der Grundschulzeit immer differenzierter und umfassender. Zum Beispiel können die Kinder das Beliebtsein konkret an verschiedenen Verhaltensweisen festmachen ( Ich helfe anderen, Ich kann ein Geheimnis behalten ). Da das Selbstbild bei Grundschulkindern stark von den Meinungen anderer beeinflusst wird, sind diese Kinder anfällig für die Entwicklung eines geringen Selbstwertgefühls, falls man sich negativ über sie äußert (z.b. sie wegen des Übergewichts oder schlechterer sportlicher Leistungen hänselt). Die Kinder sind jedoch nun zusätzlich 90 5 Besonderheiten in den Altersgruppen

in der Lage, auch die Sichtweise und Einstellungen anderer Personen zu erkennen und ihre Perspektive zu übernehmen oder zu bedenken, wie z.b.: Die Kinder haben mich gehänselt, weil ich nicht so schnell rennen kann, aber dafür kann ich viel besser rechnen als die. Oder: Ich mag gerne Süßigkeiten. Mama findet aber, dass ich nicht so viel davon essen soll. Verständnis komplexerer Zusammenhänge. Bezüglich des Essverhaltens können die Kinder in diesem Alter zwar abstrakte Zusammenhänge wie Da ist zu viel Fett drin, das macht dick noch nicht so leicht verstehen, sie können aber beispielsweise das Prinzip der Gewichtsreduktion nachvollziehen. Mit einiger praktischer Übung gelingen ihnen auch Einteilungen in Kategorien wie fetthaltig zuckerhaltig. Eingeschränktes Zukunftsverständnis. Die Zukunftsperspektive dieser Kinder ist stark an der Gegenwart und näheren Zukunft orientiert, aber auch für sie ist die Gesundheit in der Zukunft noch zu abstrakt und kein ausreichendes Motiv für ihr Verhalten. Erkennen von Gefühlen. Durch ihre zunehmende Erfahrung sind Kinder dieser Altersgruppe in der Lage, Gefühle differenzierter wahrzunehmen und können sie nun auch ausdrücken. Zudem werden ihnen Zusammenhänge zwischen Gefühlen und Verhalten deutlich, so können sie z.b. den Zusammenhang zwischen negativen Gefühlen und Essen zum Trost verstehen. Eltern sollten sich hierüber aktiv mit ihrem Kind auseinander setzen und nach besseren Möglichkeiten der Problemlösung suchen, da die Kinder dieser Altersgruppe im Gegensatz zu kleineren Kindern fähig sind, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und anzuwenden. Beispielsweise können sie sich in schwierigen Situationen gedanklich ablenken, ein Problem aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und verschiedene Lösungsmöglichkeiten ausprobieren. Wenig Interesse an gesunder Ernährung. Kinder in dieser Altersgruppe haben so gut wie kein Interesse daran, sich gesund zu 5.2 Kinder im Grundschulalter 91

ernähren. Zwischen Jungen und Mädchen besteht darin auch kein nennenswerter Unterschied. Fragt man die Kinder, warum sie essen, können sie die biologische Funktion richtig einschätzen: Nicht verhungern, groß und stark werden, nicht krank werden. Es sind zwar Tendenzen sichtbar, dass diese Kinder grundlegende Ernährungsempfehlungen verinnerlicht haben: Obst und Gemüse gelten als gesund, Zucker wird mit Karies (weniger mit Übergewicht) in Verbindung gebracht. Aber hier zeigt sich deutlich, dass das Wissen um die Ernährung und das Essverhalten wenig miteinander zu tun haben. So ergab eine Studie, dass 80 Prozent der Kinder sagen Obst ist gesund, aber 40 Prozent so gut wie gar kein Obst essen. Eltern im Vergleich. Die Eltern sind bei den Kindern dieser Altersgruppe weiterhin ein wichtiges Vorbild in Bezug auf das Essund Bewegungsverhalten. Aber auch das Verhalten und die Meinung anderer Kinder, z.b. im Freundeskreis oder in der Schule, spielen nun für das Kind eine Rolle. Es vergleicht zudem das Verhalten seiner Eltern mit dem der Eltern von Freunden. Wenn das Kind beispielsweise feststellt, dass es in der Familie seines besten Freundes erlaubt ist, vor dem Fernseher zu essen, in der eigenen Familie jedoch nicht, so fällt bestimmt der bekannte Satz: Warum darf ich das nicht? Alle meine Freunde dürfen das doch auch. Es bleibt daher auch in dieser Altersgruppe die Aufgabe der Eltern, durch Strukturierung des Alltags und Vorbildsein für eine gesunde Lebensweise zu sorgen. Hierbei sollte das Kind in dem Wunsch nach Selbständigkeit unterstützt werden, indem ihm Möglichkeiten gegeben werden, Entscheidungen selbst zu treffen, z.b. über die Einteilung der Süßigkeiten für die Woche oder die Verwendung des Taschengeldes. Spaß und Bestätigung durch Bewegung. Die Verringerung des Gewichts bzw. der Erhalt der Gesundheit reicht Grundschulkindern als Anreiz für mehr Bewegung nicht aus, da der erwartete Nutzen zu weit in der Zukunft liegt und zu abstrakt ist. Auch in 92 5 Besonderheiten in den Altersgruppen

dieser Altersgruppe kann erwünschtes Verhalten eher durch das Angebot an Spaß, Anerkennung und Selbstbestätigung erreicht werden. 5.3 Ältere Kinder und Jugendliche Prozessorientiertes Verhalten. Ältere Kinder und Jugendliche sind zunehmend in der Lage, ihr Verhalten als Teil eines Prozesses zu sehen und zielgerichtet einzusetzen. So können sie auch die von den Eltern angeregten Änderungen des Ess- und Bewegungsverhaltens in diesem Sinne beurteilen und verstehen. Rollenorientiertes Selbstbild. Eine große Bedeutung für Jugendliche hat natürlich die Pubertät und alle mit ihr verbundenen Herausforderungen. Die zentralen Fragen drehen sich um die eigene Identität, das Bild der eigenen Person: Wer bin ich? Wie wirke ich auf andere? In diesem Alter steht das abstrakte Denken im Vordergrund, d.h., der Jugendliche kann sich, sein Verhalten und seine Eigenschaften nun differenzierter und konkreter beschreiben. Besonders bemerkenswert ist, dass sich der Jugendliche nun auch unterschiedlich in verschiedenen Rollen und Zusammenhängen definiert. Er kann sich als einfühlsam und hilfsbereit seinen Freunden gegenüber beschreiben, aber als eher introvertiert und schweigsam in einer fremden Umgebung. Die Meinung der Freunde ist nun enorm wichtig, die Meinung der Eltern tritt zunehmend in den Hintergrund. Als Orientierung haben Normen, besonders die, die in der Gruppe gelten, eine große Bedeutung. Sie scheinen dem Jugendlichen Struktur und Halt zu geben, können auf der anderen Seite aber auch enormen Druck ausüben. Dies betrifft ganz besonders den eigenen Körper, da sich dieser in diesem Alter ja auch extrem verändert. In der Pubertät beginnen Jugendliche, sich aktiv mit ihrem Körper auseinander zu setzen, ihre sogenannte Geschlechterrolle zu finden und erste Beziehungen zum anderen 5.3 Ältere Kinder und Jugendliche 93