Wangerooger Yacht-Club e.v. Im Dorfgroden 3 - D-26486 Wangerooge An die Bezirksregierung Lüneburg Auf der Hude 2 D-21339 Lüneburg Absender: Udo von Papstein Sport- und Schriftwart Im Dorfgroden 3 D-26486 Wangerooge Telefon: 0171 / 4852342 email: info@wirtschaftsstrategien.de Wangerooge, Samstag, 2. August 2003 Betreff : Ihr Zeichen: 201.1-20223/9-28 Raumordnungsverfahren mit integrierter Prüfung der Umweltverträglichkeit für den geplanten Offshore-Windpark Nordergründe Hier: Einspruch des Wangerooger Yacht-Clubs e.v. Mein Zeichen : Windpark Nordergründe 2003 Einspruch # 030802 WYC-BRLg SS.lwp Kopie an : Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst bedanke ich mich für die Übersendung der Ergebnisniederschift des Meetings vom 24.06.2003. Nach gründlicher Durcharbeit der Ergebnisniederschift sowie der nachgereichten Ergänzungen zu den Gutachten sind wir zu dem Schlusse gekommen, dass der WYC mit seinen gesamten Mitgliedern das Vorhaben auch weiterhin und trotzt der Reduzierung der Fläche vollständig ablehnt. Zur Begründung verweisen wir auf unseren, Ihnen vorliegenden, Einspruch vom 22.02.2003, der voll umfänglich aufrecht erhalten bleibt. Die Erörterungen in dem Meeting vom 24.06.2003 konnten in keinem Punkt unsere Bedenken mildern. Im Gegenteil, sie haben unsere Bedenken verstärkt. In dem Meeting vom 24.06.2003 wurden Bemerkungen und Aussagen gemacht die sich zwar in der privaten Niederschrift des Unterzeichners befinden, jedoch in der übersandten Ergebnisniederschrift nicht auftauchen. Ggf. müssen wir auf diese Diskrepanz noch zu einem späteren Zeitpunkt zurückkommen, sofern das fehlen von Aussagen Entscheidungsrelevanz bekommt. Seite 1 von 5
Wir können u.a. folgendes nicht nachvollziehen: 1. So z.b. die Risikoabschätzung (GAUSS): 1.1 Wir können nicht erkennen, warum es Sinn machen soll eine Kollisionswahrscheinlichkeit über die Kollisionshäufigkeiten für den Außenweser- bzw. den Außenelbebereich zu errechnen 1). Bei aller akademischen Akribie sollte man den gesunden Menschenverstand nicht abschalten. Durch die WEAs wird im Fahrtgebiet Hoheweg / Tegeler Palte die Kollisionswahrscheinlichkeit mit WEAs um 100 % steigen. Alles andere ist Schönfärberei. Gleiches gilt für die reichlich wirklichkeitsfremde Betrachtung, dass ein kleiner Öltanker (bis 8.000 BRZ) wahrscheinlich erst in 27.246 Jahren mit einer WEA zusammentrifft. Hier haben sich Statistiker ausgetobt. Die Frage bleibt mit welchem Ziel? Die Aussagen mögen zwar wissenschaftlich exakt sein, nach unserer Auffassung haben sie mit den originären Lebenserfahrungen der Küstenbewohner jedoch wenig gemein. Nach dem vorliegenden Rechenmodell hätte der Unfall der "Pallas" vor Sylt erst in 47.487 Jahren und 6 Tagen stattfinden dürfen (Also alles retour, damit die statistischen Annahmen wieder stimmen?). Aus einer Überbewertung der akademisch errechneten Kollisionswahrscheinlichkeit leiten wir eine Verniedlichung der sich durch den OWP Nordergründe tatsächlich aufbauenden Kollisionsgefahren. Auch wenn, nach den Vorschriften für die Schifffahrt, jeder sein Schiff so zu führen hat, dass es ordentlicher Seemannschaft entsprechend nicht zu Kollisionen und Unfällen kommen kann, lernt bereits der jüngste Moses, dass man auf See in Gottes Hand ist, also die Kräfte der Natur, der Technik und des Menschen nicht nach Fahrplan und menschlichem Rechenwerk wirken. Folglich ist jedes zusätzliche, künstliche Hindernis eine 100 %ige Gefahrenerhöhung und eine neue, hier vermeidbare, Gefahrenquelle. Somit sollten diejenigen, die diese Gefahrenquelle aufstellen und/oder genehmigen, auch für alle Folgen und Schäden aufkommen müssen, sofern es sich nicht doch verbietet eine Baugenehmigung zu erteilen. 1.2 Im besagten Gutachten (Tabelle 5.4) ist unter Ladung ausgeführt, dass die Mehrheit der Schiffstypen kein Gefahrgut als Ladung hat. Wir halten diese Aussage für grundlegend falsch. In den Seecontainern werden alle möglichen Waren und Güter transportiert, also auch Gefahrgut. Nach aussagen erfahrener Kapitäne und Schiffsoffiziere wissen die Leute an Bord häufig nicht einmal was sie da über die Weltmeere schippern und ob die Emballagen die richtigen sind, OK sind und ob sie richtig in den Containern gestaut sind. Im Zusammenhang mit diesem Wissen halten wir die Aussage "...KEIN 1 ) Man könnte als Betrachtungsgebiet ja auch die Deutsche Bucht nehmen, dann wäre die Kollisionswarscheinlichkeit vielleicht bei 1.500 Jahren. Seite 2 von 5
GEFAHRGUT..." für abenteuerlich. Dabei wäre dann noch zu spezifizieren, was als Gefahrgut, z.b. für das Watt, anzusehen ist, wenn es erst in der See schwimmt bzw. im Watt liegt. 1.3 Im Übrigen gehen die Gutachter davon aus, dass sich die vorhandenen Ausgangsfaktoren nicht sonderlich verändern. Diese Grundannahme halten wir für falsch. Alleine der Weser-Jade-Port wird die Verkehrsaufkommen und die Nutzung der Wasserwege an der Küste stark und nachhaltig verändern. Wir rechnen im Gebiet der OWP mit erheblich zunehmendem Schiffsaufkommen, insbesondere von Fahrzeugen der Sportschifffahrt. Die Gutachter gehen ferner davon aus, dass nur große Schiffseinheiten den Weser-Jade-Port anlaufen werden (einkommender Verkehr). Dies halten wir im Bezug auf die Verkehrsentwicklung (30 Jahre) für wirklichkeitsfremd. Ferner gehen die Gutachter davon aus, dass es so gut wie keinen ausgehenden Verkehr und keine Erhöhung des Regionalverkehrs (Querverkehr) geben wird. Auch diese Annahmen sehen wir als nicht hinlänglich eruiert und als falsch an. Erfahrungen in ähnlichen Situationen widersprechen den gutachterlichen Ausführungen. Der gutachterlichen Auffassung widersprechen Überlegungen der Reedereien, der Länder und Kommunen, sowie der grundsätzliche Wille Verkehre von der Straße weg zu bekommen, um dem Verkehrsinfarkt durch LKW zu entgehen. Da die Bahn auf Sicht keine nennenswerten Kapazitäten aufbauen kann wird man Frachten wieder auf das Wasser bringen müssen (die Infrastruktur ist vorhanden, die Wasserwege haben Kapazitäten frei). Wenn man schon Betrachtungen für Bauwerke anstellt die bis zu 30 Jahre leben sollen, dann muss man auch diese Zusammenhänge eruieren und dazu gutachterlich Stellung nehmen. Insoweit wird eine Erweiterung gutachterlicher Stellungnahmen seitens des WYC gefordert. Der OWP ist und bleibt ein Fremdkörper in Meer und Watt. Folglich sollten die Betreiber auch für alle Risiken und Gefahrenmomente aufkommen die mit dem OWP zusammenhängen. Die erweiterten Forderungen des WYC sind z.b. in der Ergebnisniederschrift nicht erwähnt. Die von Dr. Manthey gewünschten "Ausgleichsvorschläge" und vom Unterzeichner vorgetragenen Harmonisierungsforderungen fehlen z.b. völlig. So bleibt unbeleuchtet was an Ausgleichsmaßnahmen verlangt wird, wenn die Baugenehmigung doch erteilt würde. Damit wird den Antragstellern die Möglichkeit genommen ihre Kalkulation nochmals zu überarbeiten. Wir fragen uns, ob man sich seitens der Antragsteller eigentlich darüber im Klaren ist was ein einziger Unfall eines Tankers, eines Gefahrguttransporter oder größeren Containerschiffes im Gebiet Elbe-, Weser-, Jade-Gebiet ggf. bis Helgoland anrichten kann, anrichtet, welche Naturbelastungen und menschlichen Tragödien mit solchen Ereignissen, in dieser Region, verbunden sind, die ohnehin nicht im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Erfolge steht und deren wichtigste Ressource die intakte Natur ist. Wir fragen uns, ob wir in einem solchen Falle zumindest auf ausreichenden Seite 3 von 5
materiellen Schadenersatz, seitens der Antragsteller, bauen können oder ob hier nur Risiken zu unseren Lasten aufgebaut werden. In diesem Zusammenhang vermissen wir gutachterliche Hinweise auf Risiken für und deren Auswirkungen auf Natur und Mensch bei Kollisionen, sowie Vorschläge seitens der Gutachter bzw. der Antragsteller auf Harmonisierungsmaßnahmen. Den Gefahrenpotenzialen durch natürliche Hindernisse und Gefahren können wir nicht ausweichen, die haben wir selbst bzw. als Gemeinschaft zu tragen, darauf sind wir eingerichtet. Anders verhält sich dies nach unserer Auffassung für künstliche Gefahrenpotenziale. Hier sollten, nach dem Verursacherprinzip, die Betreiber des OWP die Risiken tragen und nicht das einzelne Schiff, der einzelne Anwohner. 2. Unter dem Eindruck der uns bis jetzt vorliegenden Daten befürchten wir mehr denn je, dass der OWP Nordergründe folgende Entwicklungen negativ beeinflusst: 2.1 Wassersport, insbesondere das Seesegeln 2.2 Fremdenverkehr 2.3 Fischerei 2.4 Frachtschifffahrt 2.5 Fahrwasser durch Versandungen 2.6 Sicherheit und Leichtigkeit im betroffenen Seegebiet 2.7 Entwicklung der Küstenbadeorte und der Insel Wangerooge In diesem Bereich ist gutachterlich nichts dezidiert vorgetragen. Die Aussagen der Gutachter über die Entwicklung des Fremdenverkehrs im Meeting vom 24.06.2003 lassen allen Grund zu der Annahme, dass wir in verschiedenen Welten leben. Wir, die wir täglich mit dem Fremdenverkehr umgehen, also die Praktiker, werden mit aussagen von Gutachtern, also Theoretikern, konfrontiert, die grundsätzlich nicht stimmen. Es wurden z.b. Annahmen von Rügen (Ostsee) ohne bedenken auf die Insel Wangerooge (Nordsee) übertragen. Es wurde behauptet, dass sich der Fremdenverkehr trotz der WEA an Land in Ostfriesland gut entwickelt hat und mit keinem Wort, dass diese WEAs eine sehr viel bessere Entwicklung gebremst haben. Diese Aussagen von Leuten von der Basis sind offensichtlich der Wissenschaftshörigkeit zum Opfer gefallen, den und gerade dieser Zusammenhang wird in der Ergebnisniederschrift nicht hinlänglich gewürdigt. Seite 4 von 5
3. Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass der OWP Nordergründe nur die Spitze eines Eisberges ist. Der OWP ist ein Pilotprojekt - ja, aber nicht nach der Definition der Antragsteller. Wir buchstabieren das Pilotprojekt OWP Nordergründe nicht als Forschung und Entwicklung, sondern als Machbarkeitsstudie für weitere Vorhaben in der Deutschen Bucht, in den Watten und vor den Inseln. Wir vermuten, dass diesem Pilotprojekt, sofern es sich wirtschaftlich (inkl. steuerlicher Förderung und Einspeisungssubventionen -die letztlich die Stromkunden zahlen-) rechnet und genehmigt wird in absehbarer Zeit weitere "OWP" folgen werden. Es handelt sich hier also nicht nur um einen OWP-Pilot-Projekt zu Forschung und Entwicklung der Windenergie sondern vor allem um die Schaffung eines Präzedenzfalles. Nicht übersehen werden darf, dass es sich hier in erster Linie um ein sehr großes Geschäft handelt. Allerdings wollen wir verhindern, dass es zu Gunsten des Shareholdervalue und zu Lasten der Natur und den Insel- und Küstenbewohnern, inkl. ihrer Entwicklungsmöglichkeiten, gemacht wird. Wir wollen keine Wirtschaftsförderung zu unseren Lasten. Auch dieses Meeting-Ergebnis fehlt in der Ergebnisniederschrift. Wir bitten Sie das Obige zu den Akten zu nehmen und in den Entscheidungsprozess einfließen zu lassen. Ihrer Nachricht entgegensehend verbleiben wir mit freundlichen Inselgrüßen Ihr Wangerooge Yacht-Club (Udo von Papstein) Sport- und Schriftwart Seite 5 von 5