Der Pfiff um die Ecke

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Transkript:

Walter Serner Der Pfiff um die Ecke 22 Kriminalgeschichten Anaconda

Die Sammlung erschien zuerst 1925 unter dem Titel Der Pfiff um die Ecke. Zweiundzwanzig Spitzel- und Detektivgeschichten im Elena Gottschalk Verlag, Berlin. Textgrundlage dieser Ausgabe ist Walter Serner: Der Pfiff um die Ecke. 22 Kriminalgeschichten. Berlin: Paul Steegemann Verlag 1927. Orthografie und Interpunktion wurden unter Wahrung von Lautstand sowie sprach-stilistischen und grammatischen Eigenheiten den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar. 2016 Anaconda Verlag GmbH, Köln Alle Rechte vorbehalten. Umschlagmotiv: Hans Baluschek (1870 1935),»Bahnhof (Lehrter Bahnhof)«(1929), Berlinische Galerie / akg-images Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de Satz und Layout: InterMedia Lemke e. K., Ratingen Printed in Czech Republic 2016 ISBN 978-3-7306-0413-7 www.anacondaverlag.de info@anacondaverlag.de

Inhalt Das Zéro... 7 Der Beau... 18 Die dilettierende Pension... 29 Das ominöse Schild... 40 Eine kuriose Karriere... 51 Der Vicomte.... 62 Auf schwindelnder Höhe... 73 Lampenfieber.... 85 Das steile P.... 96 Daisy... 107 Faule Zeiten... 118 Der Sturm auf die Villa... 129 Bukarest Budapest.... 140 Die Bande Kaff... 150 Das Geheimnis der Concetta Cappi... 162 Der berühmte Zedde... 174 Eros vanné... 186 Die Frezzaria... 196 Der Freund aus Costa Rica... 207 Die schwarze Serie... 219 Sprotte schmust... 231 Un débrouillard... 243 5

Das Zéro Mit Semmelhug wollte es, seit er in Stuttgart war, nicht vorwärts gehen. Schon nach acht Tagen hatte er das Hotel Marquardt mit dem Hotel Wörner vertauschen müssen und wenige Tage darauf dieses mit einem kleinen Zimmer in der Rosenbergstraße. Da er einsah, dass es mit ihm bald so weit sein würde wie vor fünf Jahren, als er, zu sehr seinem Glück vertrauend, plötzlich gepäcklos auf der Straße stand, überzählte er zähneknirschend den Rest seiner Barschaft: Fünfunddreißig Mark! Entsetzlich! Wohl wissend jedoch, dass ein Zustand solch negativer Art am wenigsten dazu geeignet ist, eine miserable Situation durch einen schmucken Einfall zu sanieren, stieg Semmelhug resigniert auf die Straße hinunter, gleichsam um sich selbst aus dem Weg zu gehen. Verdrießlich vor sich hin pfeifend gelangte er zu der schmalen Stiege, welche von der Rosenbergstraße zum Hoppenlau-Friedhof hinabführt. Dessen Bäume und die mit Recht gemutmaßte Stille zogen ihn an wie jeden, der mit sich nichts Wichtigeres anzufangen weiß. 7

Das Zéro Semmelhug erging sich sohin auf den engen sauberen Pfaden dieses einsamen Ortes, von Zeit zu Zeit gedankenlos vor einem Grab stehen bleibend. Nach einer Viertelstunde fiel ihm auf, dass er die Inschriften las, und gleichzeitig, dass er soeben eine sehr merkwürdige gelesen hatte. Er kehrte um, trat neuerdings vor den Grabstein und las laut vor sich hin:»heinrich von Inten, geb. am 3. März 1850, gest. am 10. März 1911 aus Gram über seinen verlorenen Sohn.«Kopfschüttelnd, aber grinsend ging Semmelhug weiter: Sein Vater hatte sich in dieser Hinsicht bei Weitem mehr beherrscht. Bald darauf verließ er, keineswegs heiterer als vordem, den Friedhof und gelangte langsamen Schrittes allmählich auf die Königsstraße. Nachdem er sie etliche Male passiert hatte, ermüdete er. Nie ist man mehr geneigt, Impulsen statt Überlegungen sich hinzugeben, als wenn das Lebenstempo sehr reduziert ist. Und so widerfuhr es auch Semmelhug, dass er in einem spontanen Anfall von galgenhumoresker Gleichgültigkeit sich kurzerhand entschloss, koste es, was es wolle, im Wilhelmsbau zu essen. Als dies nach einer Stunde in opulenter Weise geschehen war, befiel Semmelhug, der nun doch der wiederkehrenden Klarheit sich nicht länger zu entziehen vermochte, eine wahre Katastrophen-Stimmung. Es war ihm, als müsse er unter allen Umständen Bewegung in seine Lage bringen, um eine erfreuliche Änderung herbeizuführen. Und da ihm, der Teufel weiß warum, just jene merkwürdige Inschrift auf dem Hoppenlau- 8