so. Montage/dpa WIRTSCHAFT Bayern-Sponsoren rücken offenbar von Präsident Uli Hoeneß ab. Experten raten dem Steuersünder zum Rückzug, um den Image-Schaden für den Club zu minimieren. VON JOHANNES RITTER, HENNING PEITSMEIER UND CARSTEN BERGMANN INKLUSIVE Interview mit Dirk Roßmann»Mir tut Herr Hoeneß nicht leid«
v V v v v v Es sind die Wochen des sportlich größten Erfolgs seit Jahren. Nach dem sensationellen 4:0-Sieg gegen den großen FC Barcelona verneigt sich die ganze Fußball- Welt vor dem deutschen Rekordmeister. Darüber hinaus ist der Bundesliga-Titel längst im Sack, das Pokalfinale gegen Stuttgart scheint nur Formsache, mit Mario Götze steht der erste spektakuläre Neuzugang fest. An diesem Dienstag, bei diesem einmaligen Ereignis gegen die Katalanen, lag die Aufmerksamkeit der TV-Kameras aber nicht einzig auf dem Spielfeld. Nach jedem Tor jubelte Uli Hoeneß vollformatig auf den Bildschirmen der Republik. Der Fußballpräsident saß wie immer mit rot-weißem Fanschal auf seinem Stammplatz auf der Ehrentribüne und freute sich wie in alten Zeiten, in denen er noch nicht als Steuersünder mit einem Haftbefehl konfrontiert war. Die Jubelposen in der Allianz-Arena kommen häufig vor in dieser Ausnahmesaison von Deutschlands erfolgreichstem Fußballklub. Häufig zu sehen sind prominente Vertreter aus der deutschen Wirtschaft. Zu den Dauergästen auf der Ehrentribüne zählen Herbert Hainer, Rupert Stadler und Martin Winterkorn. Die drei Manager führen die Unternehmen DA WAR DIE WELT NOCH IN ORDNUNG (v.l.) Hoeneß, Rummenigge, Hainer und Hopfner Adidas, Audi und Volkswagen. Sie sind nicht nur große Fußballfans, sondern auch geschäftlich eng mit dem FC Bayern verbunden. Adidas ist Ausrüster der Mannschaft und nach einem stattlichen Millioneneinsatz mit 9,1 Prozent an der FC Bayern München AG beteiligt. Ebenso wie die VW-Tochtergesellschaft Audi, die den Fußballstars die Nobelkarossen mit den vier Ringen zur Verfügung stellt. Hainer, Stadler und Winterkorn waren zwar live dabei. Ihre Plätze lagen diesmal aber außerhalb des Kamera-Ausschnitts. Es wird ihnen nur recht gewesen sein. Gemeinsame dpa «
vvvvvv Jubelposen mit Hoeneß sind in diesen Tagen nicht das, was PR-Fachleute empfehlen. Schon gar nicht, wenn man wie Hainer, Stadler und Winterkorn im Aufsichtsrat von Bayern München sitzt. Die drei und alle übrigen Mitglieder im neunköpfigen Kontrollgremium müssen Hoeneß Verhalten daraufhin bewerten, ob er als ihr Aufsichtsratsvorsitzender noch tragbar ist. Vieles deutet darauf hin, dass es schon in der nächsten Aufsichtsratssitzung am morgigen Montag zu einer Entscheidung kommt. dpa Hoeneß hat sich selbst wegen einer schweren Straftat angezeigt und den Steuerbetrug damit eingestanden. Selbst wenn er nicht freiwillig aus seinen Bayernämtern weichen will, werden die anderen Aufsichtsratsmitglieder über diese schlichte Tatsache nicht hinwegsehen können. Sie würden in ihren eigenen Unternehmen ihr Gesicht verlieren, wenn sie Hoeneß nicht zu einem vorläufigen Ausstieg überreden können, der dann später still in einen kompletten übergeht. «So könnte das Szenario aussehen, das Hoeneß von den Bayern-Sponsoren angeboten wird. Im Vorfeld äußerten sie sich dazu zwar nicht. Aber Audi-Chef Rupert Stadler sagte
v v v V v v der Bild am Sonntag : Wir stehen für achtbares, ehrliches und regelkonformes Verhalten im Geschäftsalltag. Ein klares Bekenntnis zu Hoeneß und seiner Position als Chefkontrolleur gab im Sponsorenkreis dagegen niemand ab. Christian Strenger, der zu den bekanntesten Fachleuten in Fragen guter Unternehmensführung (Corporate Governance) zählt und Mitglied der Regierungskommission Deutscher Governance Kodex ist, legt Hoeneß den geordneten Rückzug nah. Solange die Sache nicht endgültig geklärt ist, wäre es wichtig und richtig, das Amt ruhen zu lassen. Mit Blick auf die Wirkung auf den Fußball im Allgemeinen und Bayern München im Besonderen wäre es allerdings besser, wenn er sein Amt niederlegte. Schließlich hat er ja zugegeben, Steuern hinterzogen zu haben, sagte Strenger. Winterkorn und Hainer müssten sich genau überlegen, ob sie bei Bayern München andere Regeln gelten lassen wollten als jene, die es in ihren Unternehmen gebe. Dann müssten sie aber auch den daraus möglicherweise folgenden Imageschaden hinnehmen. In einer Rede vor 3900 Führungskräften hatte Winterkorn im März 2012 betont, dass es beim Thema Compliance zum Schutz der Reputation des Unternehmens keinerlei Toleranz gebe. Kernwerte wie Integrität und Fairness würden von der Unternehmensführung ausdrücklich gefordert, schreibt VW in seinem Geschäftsbericht. Aus VW-Kreisen verlautete, dass sich Winterkorn mit dem Fall Hoeneß beschäftigen werde. In dieser Sache geht keiner zur Tagesordnung über, hieß es. Einen offensiven Umgang mit der Causa Hoeneß gibt es aber ebenso wenig. So wurde bei der VW- Hauptversammlung in Hannover in der vergangenen Woche eisern dpa «
v v v v V v geschwiegen. Die Frage, die aber viele beschäftigt: Wie wirkt sich die Steueraffäre des Bayern-Präsidenten auf das Image der Sponsoren aus? Einen Imageschaden befürchtet Stephan Rebbe, Geschäftsführer der renommierten Hamburger Agentur Kolle REBBE Rebbe, für die Geldgeber nicht. Kunden könnten zwischen der Institution FC Bayern und der Privatperson Hoeneß unterscheiden, sagt er. Noch habe der Bayern-Präsident Zeit, einen Schaden für den Verein abzuwenden. Die harte Logik der Wirtschaftswelt greife nämlich eher früher als später auch bei ihm. Ganz egal, welche Reputation er bislang auch habe. Ein angeschossenes Alphatier kann mittelfristig keine Alphamarke repräsentieren und anführen. KRUMREY Eine klare Linie zwischen Verein und Privatperson zieht auch Florian Krumrey, Geschäftsführer von der Münchner PR-Agentur Serviceplan. Noch. Es sei wichtig, wie der Verein mit der Debatte im Präsidium umgehe, damit es nicht zu einem Flächenbrand komme. Aufgrund der aktuellen Faktenlage gebe es noch keinen Grund für einen Sponsoren-Ausstieg. In seiner Funktion sei Uli Hoeneß allerdings nicht mehr tragbar, sagt Krumrey, der auf 20 Jahre Erfahrung in den verschiedensten Bereichen des Sport-Business zurückgreift und zu den bundesweit führenden Sportmarketing-Experten zählt. Zum Selbstschutz und um den letzten Funken an Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit nicht zu verlieren, würden wir zu einem professionellen Rückzug raten, um nunmehr Verantwortung gegenüber dem Präsidialamt, dem Verein und den Partnern zu übernehmen. Hoeneß sei als Botschafter oder Werbetestimonial der Markenwelt nicht zu empfehlen. Den aktuellen Sponsoren wie Audi, VW und Adidas rät der Münchner PR-Experte zu Treue. Denn: Auch wenn der Verein und die Marke FC Bayern durch die Debatte in negatives Licht geraten sind, ist Loyalität in Höhen und Tiefen einer Partnerschaft grundsätzlich primär ein hohes Gut, das viel zu selten gelebt wird, sagt Krumrey. Im Klartext: Durch ein
v v v v v V klares Bekenntnis könnte der Wert der Marke steigen, an Glaubwürdigkeit sogar gewinnen. Ein Szenario, das Andreas Walter für durchaus möglich hält. Das Motto Wie in guten so auch in schlechten Zeiten mache eine Marke authentischer. Walter ist einer der führenden Kommunikationsexperten Deutschlands. Besonders wenn es um Krisenkommunikation geht. Der Essener sagt: Wenn man es richtig macht und rechtzeitig und begründet handelt, lässt sich der Imageschaden in Grenzen halten. Kommunikation habe weniger mit Tatsachen als mit Interpretation zu tun. Sponsoringverträge werden nur aus einem Grund geschlossen. Man erhofft sich einen Imageund Vertrauenstransfer. Der sei zumindest bei der Person Uli Hoeneß nicht mehr gegeben. Das oberste Gebot: Entkoppeln Sie Ihre persönliche Beziehung zu Uli Hoeneß von dem Sachverhalt, sagt Werner. Viele Krisen verschlimmern sich nur dadurch, dass persönliche Freundschaften den Blick für die Realität vernebeln. Zumindest für die TV-Kameras haben Hainer, Stadler und Winterkorn den freien Blick gewährleistet. Ob jetzt auch der Weg frei wird für einen neuen Aufsichtsratschef? N dpa Alle Rechte vorbehalten. (c) F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
so.interview»mir tut Herr Hoeneß nicht leidmir tut Herr Hoeneß nicht leid«von CLAUDIA BREBACH DIRK ROSSMANN Der Hannoveraner, geboren am 7. September 1946, hat 1972 mit der Gründung der Drogeriekette Rossmann Wirtschaftsgeschichte geschrieben. Dank 1800 Filialen und mehr als 26 000 Mitarbeitern ist die Discounterkette heute in Deutschland nach dm der Branchenzweite. BITTE SCROLLEN