BIBLIODRAMA ALS GEISTLICHES ERLEBEN



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Transkript:

BIBLIODRAMA ALS GEISTLICHES ERLEBEN Simone Boley www.caminando-unterwegs.de Inhalt 1. ERLÖSUNG COOL... 2 GEISTLICHES ERLEBEN IN EINER BIBLIODRAMAGRUPPE... 2 2. GANZHEITLICHE VERKÜNDIGUNG DURCH BIBLIODRAMA... 3 3. VORBEREITUNG DES BIBLIODRAMAS... 4 4. ZIEL DER LEITUNG BOTSCHAFT DES TEXTES... 5 5. VERWOBEN SEIN VON PERSON UND BIBLISCHER FIGUR... 6 6. DER TEXT PREDIGT ZU JEDER PERSON INDIVIDUELL... 7 7. ZUSAMMENFASSUNG... 8

1. ERLÖSUNG COOL GEISTLICHES ERLEBEN IN EINER BIBLIODRAMAGRUPPE Erlösung cool, so ruft eine Frau in mittleren Jahren in der Rolle des Schatzmeisters aus Äthiopien aus. Sie hat das Evangelium, das ihr Philippus erklärt hat mit Herz und Verstand erfasst (Apostelgeschichte 8, 26 40). Im Rollenspiel spricht sie zuvor ihre Sehnsucht und Suche nach Erlösung aus, die findet sie dort an der Wasserstelle mitten in der Wüste von Gaza. Die Protagonistin spürt und erlebt die tiefe Freude des Schatzmeisters, Liebe, inneren Frieden und Angenommen sein. So kann sie, wie der Schatzmeister, ihre Straße fröhlich ziehen (Apg.8, 39). Bei der Vertiefung der Geschichte von Jesus und der Frau am Jakobsbrunnen (Johannes 4, 5 30) nimmt eine Teilnehmerin in der Rolle der Samariterin einen heiligen Moment wahr. Hier, in der Begegnung mit Jesus spürt sie etwas von der Quelle des lebendigen Wassers, von der er spricht. Es bleibt die Hoffnung, mit dieser Quelle in Berührung zu bleiben, besonders dann, wenn Jesus nicht mehr leibhaftig da ist. Um die Einladung zur Nachfolge geht es in der Geschichte von der Berufung des Zöllners Levi (Markus 2, 13 14). Die Teilnehmerinnen begegnen sich in einer kurzen Sequenz in den Rollen des Levi, Jesus und eines Zuschauers. Fast alle empfinden diese Situation als sehr dicht, sie spüren: ich bin wahrgenommen, ich bin gemeint. Und sie erkennen in einem spirituellen Höhepunkt, dass es Jesus bei seiner Berufung in die Nachfolge nicht um Leistung und Aktivismus geht, sondern um ein offenes Herz, um Hingabe, Liebe und Sehnsucht. Die genannten Beispiele beschreiben das Erleben einzelner Teilnehmerinnen an drei Bibliodramaabenden, die ich unter dem Thema Verwandlung durch Begegnung im Oktober und November 2012 zusammen mit meiner Leitungspartnerin Anna Reimann durchgeführt habe. Das Thema gibt einen Hinweis darauf, welche Intention ich/ wir mit dem Bibliodrama an den Abenden hatten. Unser Wunsch und unsere Hoffnung war und ist es, dass die acht Teilnehmerinnen die Verwandlung der biblischen Figuren in der Begegnung mit Jesus, bzw. Philippus erleben und diese Botschaft in der Rolle dieser Figuren für ihr persönliches Leben ganzheitlich nachvollziehen. Mein Leben verwandelt sich in der Berührung mit Jesus, einem Engel, dem Heiligen Geist, dem Evangelium, verkündet durch einen Boten Gottes. Wir möchten einen heiligen Raum (so auch im Bibliodrama-Ansatz der Pallottiner) schaffen, in dem Menschen diese geistliche Wahrheit für sich erkennen. Ich möchte Menschen durch meine Bibliodramaarbeit einen Lebens- und Glaubensimpuls geben, der sie mit der Heilsgeschichte Gottes in Berührung bringt, mit dem Wirken Gottes in ihrem persönlichen Leben, mit der Sehnsucht nach dem Geheimnis Gottes, nach der Fülle des Lebens und nach Heilung, mit Erfahrungen, die stärken, trösten und tragen. Seite 2

2. GANZHEITLICHE VERKÜNDIGUNG DURCH BIBLIODRAMA Biblische Texte sprechen ins Leben von Menschen hinein. In der Regel geschieht dies durch klassische Formen wie Predigt und Andacht. Dabei geht es in erster Linie um das verstandesmäßige Erfassen einer biblischen Botschaft. Viele Menschen brauchen außerdem jedoch einen ganzheitlichen, sinnlichen, kreativen Zugang zu biblischen Texten. Da ich selbst so empfinde, habe ich an der Ausbildung zur Bibliodramaleiterin teilgenommen und arbeite mit der Methode des Bibliodrama in der kirchlichen Erwachsenenarbeit, nach dem Motto, was für mich selbst wertvoll ist, möchte ich gerne teilen und an andere weitergeben. Durch Körperarbeit allein oder zu zweit können Teilnehmende tiefer in einen Text eintauchen als nur durch das gesprochen Wort. In der Geschichte von Jesus und der Frau am Jakobsbrunnen (Joh. 4) werden Grenzen hinsichtlich der Beziehung zwischen Mann und Frau, jüdischem und samaritanischem Glauben, sowie der persönlichen Situation der Frau überschritten. In einer Übung, in der sie mit Nähe und Distanz experimentieren, erleben die Teilnehmerinnen beispielsweise, wie sich Grenzüberschreitungen durch eine vertraute oder fremde Person anfühlen, wie nah sie einander kommen dürfen, was beiden gut tut und was nicht. Dass das Folge mir nach, mit dem Jesus den Zöllner Levi zum Jünger beruft, nicht so leicht von Statten geht, wie im Text beschrieben, sondern einen inneren Widerstand hervorruft, fühlen die Teilnehmerinnen in einer Paarübung im Sitzen, bei der in einem ersten Durchgang Partnerin A ihre Partnerin B allein durch Blickkontakt zum Aufstehen und Mitkommen motivieren soll, in einem zweiten Durchgang durch Blickkontakt und der Aufforderung Folge mir nach Kreative Elemente, wie Malen, Arbeiten mit Ton, Holz, Wolle, Tüchern usw., Singen und Tanz, bieten die Möglichkeit, die Botschaft des Textes zu gestalten und auszudrücken. Das klassische Rollenspiel oder andere Formen der Rollenarbeit, wie z.b. Arbeit mit Standbildern oder Figuren, hilft den Teilnehmenden in Kontakt zu kommen, sich zu identifizieren, ein Verwoben sein der eigenen Person mit der biblischen Figur zu erleben (siehe Abschnitt 5) Durch das bibliodramatische Gestalten eines Textes bekomme ich eine andere und tiefere Beziehung zum Text als zuvor, unabhängig davon, ob ich in der Rolle der Leiterin oder der Teilnehmerin bin. Wenn mir der Text zu einem späteren Zeitpunkt wieder begegnet, werde ich an meine Erfahrung im Bibliodrama erinnert, mein persönliches Evangelium wird wieder lebendig. Die Verkündigung durch das ganzheitliche Erleben eines Textes wirkt nachhaltiger als das Hören einer Predigt. Zudem bin ich mir bewusst, dass diese Form der Verkündigung eher meinen Gaben und Neigungen entspricht, als das Predigen im klassischen Sinn. Seite 3

3. VORBEREITUNG DES BIBLIODRAMAS Das geistliche Erleben ergibt sich nicht ausschließlich in der Durchführung eines Bibliodramas für die Teilnehmenden, sondern es beginnt schon speziell für die Leitung mit der Auswahl des Themas, des Textes und der Vorbereitung des Bibliodramas. Anna und mich hat das Thema Verwandlung eines Menschen in der Begegnung mit Jesus beziehungsweise im Fall des Schatzmeisters aus Äthiopien mit Philippus interessiert. Welche Konsequenzen ergeben sich im Leben eines Menschen aus einer solchen Begegnung, die ganz zufällig passiert? Dieser Aspekt war uns wichtig, deshalb suchten wir nach Texten, bei denen die Hauptpersonen nicht aktiv nach Veränderung in ihrem Leben streben (wie z.b. Heilungsgeschichten), sondern durch eine Begegnung überrascht, eine Verwandlung erfahren. Bei unseren Vorbereitungstreffen sprachen wir jedes Mal sehr offen über die Erfahrung von Verwandlung durch Gottes Wirken in unserem eigenen Leben, die so oft ganz vorsichtig und langsam und fast unbemerkt geschieht. Dabei wurden wir inspiriert durch ein Buch des schwedischen Theologen Anders-Petter Sjödin: Verwandelt in Gottes Nähe, Neufeld Verlag, 2012, der dazu einlädt, durch unterschiedliche geistliche Übungen (Stille, Meditation, Lectio divina, Fasten, Pilgern, u.v.m.) sich der Gegenwart Gottes hinzugeben und dadurch nach und nach eine Verwandlung zu erleben. Durch eine Exegese, die jede von uns für die Vorbereitungstreffen ausgearbeitet hatte, sowie durch die Texterarbeitung zu zweit kamen wir in ein lebendiges Gespräch, das einerseits am Text orientiert war, zum anderen an der Zielgruppe, aber immer auch an unseren eigenen Fragen und Erkenntnissen. In einer Phase des Brainstorming suchten wir nach Übungen und Methoden um den Text bibliodramatisch zu gestalten. Diese probierten wir aus und übten zu zweit welche Form am besten zum Text, zur Gruppe und zu uns passt. Ebenso wählten wir geeignete Lieder und Gebete, Segensformen und Körpergebete. Dieses Ringen um den richtigen Weg erlebten wir beide sehr bereichernd, beflügelnd, ermutigend. Es war ein kleiner Gottesdienst für uns, die Leiterinnen eines Bibliodramaprojektes. So wurden wir beide in unserem persönlichen Glauben schon im Vorfeld der Bibliodramaabende gestärkt. Seite 4

4. ZIEL DER LEITUNG BOTSCHAFT DES TEXTES Bei der Wahl der Texte für die drei Abende war uns der Aspekt wichtig, dass die Verwandlung durch Begegnung bei den Protagonisten der Texte zu unterschiedlichen Auswirkungen führt: - bei der Berufung des Zöllners Levi (Markus 2, 13 14) in eine direkte Nachfolge Jesu, - bei der Frau am Jakobsbrunnen (Johannes 4, 5-30) zu Begeisterung und Verkündigung des Messias - beim Schatzmeister aus Äthiopien (Apostelgeschichte 8, 26 40) zum Glauben an Christus und den Wunsch nach der Taufe Unser erstes Ziel war es, Nachfolge, Verkündigung des Evangeliums, Glaube und Taufe als Folgen der Verwandlung den Teilnehmenden als Botschaft der Texte zu verkündigen. Bei der Vorbereitung der einzelnen Abende bemerkten wir jedoch, dass die Texte anders zu uns sprachen. Alle drei Hauptpersonen (Levi, Frau, Schatzmeister) haben einen wunden Punkt, der in den Geschichten spürbar wird: - beim Zöllner Levi ist es der unseriöse Umgang mit dem Geld der Bevölkerung.(Mk. 4, V. 13) - bei der Frau am Jakobsbrunnen ist es die entstandene Schuld durch die Beziehung zu fünf Männern. (Joh. 4, 18) - beim Schatzmeister ist es das Eingeständnis, trotz sehr guter Bildung etwas nicht zu verstehen und die Hilfe eines anderen zu brauchen. (Apg. 8, 31) Wir entdeckten für uns, dass es in den Texten darum geht, dass die Menschen von Jesus, bzw. Philippus gesehen, angesehen und wahrgenommen werden. Sie kommen in Berührung mit ihrem wunden Punkt und erleben in der Begegnung dessen Verwandlung und dadurch Befreiung und Heilung. So erfuhren wir anhand dieser Beispiele, dass sich unser ursprüngliches Ziel mit diesen Geschichten verwandelte und eine andere Botschaft der Texte in den Vordergrund rückte. Dadurch erlebten wir, dass der Text in die individuelle Situation der Leitenden und auch der Teilnehmenden (siehe Abschnitt 6) hineinspricht, bzw. dass ein Text mit der Brille des eigenen Lebenskontextes gelesen wird und dann im Bibliodrama umgesetzt wird. In unserem Fall beschäftigten wir uns, angeregt durch das o.g. Buch, mit dem von dem spanischen Mystiker Johannes vom Kreuz (1542 1591) geprägten Begriff der dunklen Nacht der Seele. Hierbei geht es darum, dass der wunde Punkt im eigenen Leben als dunkle Nacht erfahren wird, in der Hingabe an Gott jedoch zu einer Tröstung und Verwandlung führt. Seite 5

Sicher wird jede und jeder, der Predigten vorbereitet, über ähnliche Erfahrungen berichten können. Aus eigenem Erleben heraus weiß ich, dass die Auseinandersetzung mit einem Bibeltext bei der Vorbereitung einer Andacht, Bibelarbeit, etc. viel einbringt an Entdeckungen, Einsichten und Überzeugungen. Dennoch empfinde ich dies bei der Vorbereitung eines Bibliodramas viel intensiver und existentieller, meines Erachtens nach deshalb, weil ich als ganzer Mensch mit Körper, Geist und Seele dem Text begegne. 5. VERWOBEN SEIN VON PERSON UND BIBLISCHER FIGUR Bei der Rollenwahl für ein szenisches Spiel wählen die Teilnehmenden häufig intuitiv eine Figur, die Anteile ihrer eigenen Persönlichkeit aufweist. So entschied sich z. B. eine sehr fürsorgliche, mütterliche Frau für die Rolle des Engels in der Geschichte des Schatzmeisters aus Äthiopien und auch weil sie gerne die Kontrolle über eine Situation behält. Eine andere Frau möchte gerne alles mitkriegen, aber nicht aktiv in einer Angelegenheit mitwirken. Sie wählte die Rolle des Kutschers, der den Schatzmeister durch die Wüste fährt. Eine weitere Frau verkörperte die Rolle des Schatzmeisters, da sie sich selbst suchend erlebt. Die Frau in der Rolle des Philippus wünscht sich, dass durch ihr Handeln, durch sie etwas in Bewegung kommt. Die Darstellerin des Heiligen Geistes möchte Zugang zur Herrlichkeit Gottes haben, nach der sie sich sehnt. Im Rolleninterview vor dem Spiel können die Teilnehmenden in Kontakt kommen mit dem Thema, das sie bei der Rollenwahl beeinflusst hat, welche Fragen sie an die biblische Figur haben. Sie spüren hierbei schon die Verknüpfung ihres Motivs mit dem der biblischen Gestalt. In der Dynamik des Spiels ist es sehr spannend zu beobachten, wie die handelnden Personen mit der biblischen Figur verwoben werden, sie werden gleichsam eine Persönlichkeit. In dieser Interaktion kann das Thema der Darstellerin deutlich werden. In der Verbundenheit mit der biblischen Person gibt diese im Spiel Antworten auf die Fragen, die die Protagonistin bewegen. Als Faszinosum beschreiben es Teilnehmende, dass sie sich in der Rolle Dinge sagen hören, die offenbar nicht von ihnen stammen, aber die genau zu der Lebenssituation passen, in der sie sich im Moment befinden. Auch wenn eine Rolle vorgegeben wird, oder die Teilnehmenden in mehrere Rollen schlüpfen, füllt die jeweilige Person diese Rolle mit den Anliegen aus, die sie im Moment beschäftigt. Bei der Geschichte von der Berufung des Zöllners Levi verkörperten zum Beispiel die Teilnehmenden im Wechsel die Rolle von Jesus, von Levi und eines Zuschauers. In der abschließenden Austauschrunde äußerten die Teilnehmerinnen Seite 6

Erfahrungen, wir z.b. ich fühlte mich als Levi angesehen und wahrgenommen, ich bin für Jesus wichtig, er meint ausgerechnet mich was auch ihr Bedürfnis und ihre Sehnsucht im eigenen Leben ist. Eine weitere Teilnehmerin sprach davon, dass sie mit der Jesus- Energie in Berührung gekommen ist, ich spürte auf einmal eine außergewöhnliche Kraft in mir, eine unbeschreibliche Liebe, wie ich sie selbst überhaupt nicht in mir habe. Eine dritte Frau sagte, dass sie in der Rolle des Zuschauers einen besonderen Segen in diesem Moment erlebt habe, ich bin Zeuge von etwas ganz besonderem gewesen, ich spüre, dass dies mein Leben verändert. Diese Erfahrungen bekunden geistliches Erleben in der Rolle, im Verwoben sein der Person mit der biblischen Gestalt, Gottes- und Selbsterfahrung wirken hier zusammen. 6. DER TEXT PREDIGT ZU JEDER PERSON INDIVIDUELL Daraus ergibt sich, dass die biblischen Texte eine verschiedenartige Botschaft für jede/n TeilnehmerIn bei einem Bibliodrama enthalten. Bei der Exegese können die Leitenden die Hauptaussage eines Textes finden, ihr Ziel, welches sie mit der Erarbeitung des Textes haben, festlegen (siehe Abschnitt 4) und dann durch passende Übungen gestalten. Dennoch gibt es in jedem Text noch eine tieferliegende Botschaft, die sich durch das Bibliodrama für jeden Teilnehmenden persönlich eröffnet. Ähnliches kann ich bei der eigenen Bibellese erleben. Ein Text, ein Wort, ein Satz spricht in mein ganz persönliches Leben hinein, stärkt und ermutigt mich, gibt eine Antwort auf Fragen, die mich im Augenblick beschäftigen, wirkt als Zuspruch im Alltag, ähnlich wie in einer Predigt. Allerdings erlebe ich im Bibliodrama genau die Aussage, die für mich persönlich bestimmt ist in eindringlicherer und verstärkterer Weise (siehe Abschnitt 2). Ich bin in der ganzheitlichen Form des Bibliodramas mit meinem ganzen Menschsein angesprochen und herausgefordert. Das geistliche Erleben ist wirksamer als die ausschließlich kognitive Auseinandersetzung mit einem Text. Seite 7

7. ZUSAMMENFASSUNG Zurück zum Anfang, ich möchte ein weiteres Zitat der Frau in der Rolle des Schatzmeisters anführen. Nach der Taufe und der Freude über die Erlösung sagt sie: Ich bin sauber, außen und innen Das heißt, sie spürt etwas von der Verwandlung, die mit ihr geschehen ist. Für meine Mitleiterin, Anna Reimann und mich zeigt sich durch diese Aussage und auch durch die Rückmeldungen der anderen Teilnehmerinnen an den drei Bibliodramaabenden, dass alle Zusammenkünfte eine Möglichkeit geboten haben, in einen intensiven Kontakt mit einem Bibeltext zu kommen. Jede Frau konnte sich selbst erfahren, ihren Platz in der Gruppe finden, und sich in einer vertrauten Atmosphäre öffnen. Von einer persönlichen Gotteserfahrung, die berührt und beeindruckt und verändernd wirkt, konnten am Ende der drei Abende alle Teilnehmerinnen berichten. Ich freue mich, dass es gelungen ist, einen o.g. genannten heiligen Raum zu schaffen, in dem Bibliodrama als geistliches Erleben möglich war. Ebenso freut mich, durch Mitteilungen der Frauen nach vielen Wochen zu erfahren, dass sie durch den Impuls im Bibliodrama eine Verwandlung erlebt haben, die langfristig in ihr Leben hinein wirken wird. Seite 8