Gottesdienst vom 5. Januar 2014 Gott nahe zu sein ist mein Glück Annäherungen an die Jahreslosung 2014 Unsere Jahreslosung. Was steckt da alles drin? Was es bei mir ausgelöst hat, möchte ich heute Morgen mit Ihnen teilen. Zuerst eher ist es Allgemeines zum Stichwort Glück. Dann folgt die biblische Sicht. Und zuletzt die Frage der persönlichen Umsetzung. 1. Teil: Unser Streben nach Glück Glück. Ein grosses Wort. Entsprechend umfassend ist der Artikel in der Wikipedia. The pursuit of hapiness das Verlangen nach Glück - ist laut der Unabhängigkeitserklärung der USA, dem Gründungsdokument der ersten neuzeitlichen Demokratie, das Recht eines jeden Menschen. Ein Staat hat dafür zu sorgen, dass seine Bürger glücklich sein können. Das ist sehr ein hoher Anspruch. Er entspricht unserer zutiefst menschlichen Sehnsucht: Wir möchten glücklich sein. Doch damit beginnt das Problem. Was denn bedeutet glücklich zu sein? Im Blick auf uns selbst: Erleben wir uns tatsächlich als glücklich? Vielleicht haben Sie es auch gelesen. Laut der neusten Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Gallup leben wir in einem der Länder, in dem die Menschen am glücklichsten sind. Glücklicher sind die Leute nur noch in Südamerika und am glücklichsten im Südpazifik auf den Fidschi-Inseln. Dort geben 88 Prozent der Menschen an, sie seien glücklich. Bei uns sind es 68 Prozent. Als unglücklich bezeichnen sich nur 5 Prozent, 27 fallen in die Kategorie weder/noch. Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es kaum. Aber: Je älter die Befragten, desto glücklicher. Die 15- bis 34-Järhigen bezeichnen sich zu 66 Prozent als glücklich, bei den 55- bis 75-jährigen sind es 72 Prozent. Wenn ich uns hier anschaue, dann müssten wir also eine Versammlung von sehr glücklichen Menschen sein. Vielleicht sind wir es ja. Allein mir fehlt der Glaube so meine Empfindung im Blick auf unser Land. Es geht mir eher wie in den Kommentaren zum Artikel im SonntagsBlick. Wenn wir so glücklich sein sollen, weshalb haben wir eine der höchsten Selbstmordraten der Welt?
Mit solchen Studien bin ich gar nicht glücklich. Wer ist hier glücklich? Ich nicht, und zu den Reichen gehöre ich auch nicht. Wenn ich die Gesichter auf der Strasse oder im ÖV sehe, denke ich eher an viele depressive Seelen. Meine Empfindung ist: Wir hier in der Schweiz hätten zwar ganz viel Grund, glücklich zu sein, sind es aber trotzdem nicht. Im Blick auf die Situation in dieser Welt müssen wir uns eigentlich schämen für unser Gejammer, zum Beispiel in der Politik, wo viele unser Land und den Wohlstand nur bedroht sehen. Glück. Es gibt dazu zwei Märchen mit ganz viel Wahrheit darin. Das erste ist dasjenige vom Fischer und seiner Frau. Die beiden wohnen in einem Schweinestall am Meer. Der Fischer geht alle Tag hin und angelt und angelt. Eines Tages macht er einen grossen Fang, einen Butt. Der fängt an zu sprechen. Fischer, lass mich leben. Ich bin gar kein Butt, ich bin ein verwünschter Prinz. Was hast du davon, dass du mich tötest? Gut, ich lass dich schwimmen, sagt der Fischer. Zu Hause erzählt er es. Hast du dir denn nichts gewünscht?, fragt die Frau. Du hättest doch für uns ein Haus aus Stein wünschen können. Geh schnell wieder hin und ruf ihn. Der Mann will nicht recht, geht aber doch und ruft: Manntje, Manntje, Timpe Te, Fischlein, Fischlein in der See, meine Frau, die Ilsebill, will nicht so, wie ich wohl will. Da kommt der Butt und spricht: Was will sie denn? Ach, sagt Fischer, ich hätte mir etwas wünschen sollen. Sie will gerne ein Haus haben. Geh nur, sagt der Butt, sie hat es schon. Die Frau ist zufrieden für vierzehn Tage. Dann aber wird ihr das Haus zu eng und der Garten nicht gross genug. Sie sagt: Der Butt hätte uns ein grösseres Haus schenken können. Geh, er soll uns ein Schloss geben. Ach, Frau, spricht der Mann, das Haus ist doch gut genug. Warum sollen wir in einem Schloss wohnen? Aber die Frau besteht darauf. Und sie bekommen den Wunsch erfüllt. Wir ahnen, wie es weiter geht. Das Glück im Schloss dauert nicht lange. Die Frau will König werden, dann Kaiser und schliesslich auch Papst. Der Mann gibt nach und geht zum Butt und der erfüllt es. Die Frau ist aber immer noch nicht zufrieden. Sie überlegt, was sie noch mehr werden könnte. Eines Tages weiss sie es. Sie will wie Gott werden und die Sonne aufgehen lassen können. Wieder muss der Mann zum Butt.
Was will sie denn noch?, fragt der Fisch. Sie will wie Gott sein. Doch jetzt ist definitiv genug. Geh, sie sitzt wieder im alten Schweinestall., sagt der Butt. Unser Verlangen nach Glück: Es kann zu einem Fass ohne Boden werden. Immer mehr und mehr soll es sein. Es gibt ein Mass an Wohlstand, der zuviel sein kann. Es ist nicht gut, wenn jeder Wunsch in Erfüllung geht. Nebenbei: Es sind nicht immer die Frauen, die unzufrieden sind! Wir können die Rollen gut auswechseln. Es gibt dann noch das andere Märchen, Hans im Glück. Der bekommt für seine jahrlange Arbeit von seinem Meister einen Klumpen Gold. Aber für sein Glück braucht es das nicht. Auf der Heimreise trifft er einen Reiter und wünscht sich, dass er auch so leicht und unbeschwert über Stock und Stein traben kann. Und so tauscht er mit dem Reiter, gibt ihm das Gold und nimmt das Pferd. Später tauscht er das Pferd mit einer Kuh, die Kuh gegen ein Schwein, das Schwein gegen eine Gans, und die Gans schliesslich gegen einen Schleif- und zuletzt einen Feldstein. Von der Last erschöpft, lässt er sich an einem Brunnen nieder und will gerade trinken, als ihm der Stein in den Brunnen fällt. Doch statt traurig zu sein über den Verlust, fällt er vor Freude auf die Knie und dankt Gott für das Glück, ohne Last zu sein. Zufrieden kommt er nach Hause. Vielleicht müssen wir zuerst ganz viel loslassen, damit wir glücklich sein können. Vielleicht braucht es wirklich nur wenig. Vielleicht etwas ganz Anderes, als diese Welt uns bieten kann. (Zwischenspiel) 2. Teil: Trügerisches Glück, wahres Glück Etwas ganz Anderes, als diese Welt uns bieten kann. Wobei in einem gesunden Mass das irdische Glück sicher nicht zu verachten ist. Salomo sagt im Buch des Predigers: Wenn irgendein Mensch bei aller Mühe isst und trinkt und Gutes geniesst, ist auch dies ein Geschenk Gottes. (Pred 3,13) Wir sollen uns freuen und es geniessen, wo es möglich ist. Das wahre Glück ist aber noch mehr und etwas anders als das, was uns das Allerbeste in der bestehenden Welt bieten kann.
So spricht Asaph, der den 73. Psalm geschrieben hat. Er sagt das nicht so einfach daher als nur ein frommer und schöner Spruch. Es war ein langer Weg, bis er dies von Herzen sagen konnte. Deshalb steht der Vers erst am Schluss. Es lohnt sich, den ganzen Psalm 73 zu lesen. Ich fasse zusammen. Der Einstieg ist ein frommes Bekenntnis. Lauter Güte ist Gott gegen Israel, gegen die, die reinen Herzens sind. Aber dann geht es ganz anders weiter. Asaph spricht davon, wie er fast verzweifelt ist und seinen Glauben beinahe verloren hat. Er erlebt, wie es Menschen, die keinen Deut nach Gott fragen, ganz prächtig ergeht. Es sind Leute, die ungeniert tun, was eigentlich verboten gehört, herumprahlen, sich vollsaufen und fressen und andere schamlos ausnutzen und verhöhnen. Und sie werden dafür noch vom Volk bewundert! Sie sagen sich: Gott, wie kann er wissen, was bei uns abläuft, falls es ihn überhaupt gibt. Dies zu erleben tut weh. Asaph meint: Ich bin mir blöd vorgekommen ich als einer, der versucht, vor Gott und den Mitmenschen recht zu leben. Er überlegt sich, ob er es auch so tun soll wie die, die das Gefühl haben, sie seien niemandem Rechenschaft schuldig und Gott verleugnen. Doch wohl ist es ihm dabei nicht. Er meint: Ich müsste meine innerste Überzeugung aufgeben und mich verleugnen. Denn tief in mir weiss ich, dass es sich lohnt, mit Gott zu leben. Als ich in einer ruhigen Stunde mir überlegte habe, wie es denn tatsächlich ist, realisierte ich, wie viele von denen, die hochmütig geworden sind, zuletzt tief gefallen sind. Du stellst sie auf schlüpfrigen Boden, du lässt sie ins Leere fallen. Wie werden sie zum Entsetzen im Nu! Sie verschwinden, nehmen ein Ende mit Schrecken. Da musste ich mir sagen: Wie dumm war ich, als ich glaubte, es lohne sich nicht, den Weg mit Gott zu gehen. Deshalb: Nun bleibe ich bei dir, du hälst mich an deiner rechten Hand. Nach deinem Ratschluss leitest du mich, und hernach nimmst du mich auf in Herrlichkeit. Wen hätte ich im Himmel? Bin ich bei dir, so begehre ich nichts auf Erden. Mögen mein Leib und mein Herz verschmachten, der Fels meines Herzens und mein Teil ist Gott auf ewig. Denn sieh, die dir fern sind, kommen um, du vernichtest jeden, der treulos dich verlässt. Mein Glück aber ist es, Gott nahe zu sein; bei Gott, dem Herrn, habe ich meine Zuflucht. Alle deine Werke will ich verkünden. (Zwischenspiel) 3. Teil: Gott nahe zu sein ist mein Glück!
Und ich selbst? Ich kenne diese Sehnsucht in mir, the pursuit of hapiness das tiefe Verlangen nach Glück. Ich schätze es, wenn ich irdisches Glück erleben kann. Ein gutes Essen, einen schönen Abend mit Freunden, unbeschwerte Ferienwochen mit meiner Frau, ein gut abgesicherte Existenz als Pfarrer in unserem Land. Ich kenne aber auch meine Unzufriedenheit. Zum Beispiel, wenn ich mehr Zeit für mich selbst haben möchte und nicht immer so viel Druck und Termine um mich herum. Das Loslassen von Idealvorstellungen und Wünschen fällt mir schwer. Ich kenne auch Anfechtungen. Lohnt es sich, an Gott zu glauben und sich für die Kirche hier am Ort einzusetzen? Bringt das wirklich etwas? Für viele besteht für Gott doch gar kein Bedarf. Sie leben ganz gut ohne ihn. Aber dann erlebe ich Zeiten und Zeichen, die sehr ermutigen. Eigentlich jede Woche wieder neu, dass es Sinn macht, Pfarrer zu sein. The pursuit of hapiness : Es ist uns als Ehepaar kürzlich bei einem Besuch begegnet. Es war eine Person mit einer tiefen Sehnsucht nach mehr Glück im eigenen Leben und mit ganz viel Frust, es bisher nicht erreicht zu haben. Ihre Suche nach dem Glück ist bis jetzt eigentlich nur materiell geblieben. Es ist die Sehnsucht nach einem schöneren Leben und der Wunsch nach einer Karriere mit gutem Verdienst. Die Tatsache, dass es nicht so hoch hinaus geht wie gewünscht und die eigene Qualifikation nicht gefragt ist, frustriert. Es ist hart, den eigenen Weg zu akzeptieren auf einem tieferen Niveau als erträumt. Irgendwie fehlt in diesem Leben etwas, was sonst Halt gibt und trägt. Ich bin froh, dass ich Gott habe. Ich sage das nicht bloss als Pfarrer. Ohne Gott wäre ich arm dran. Für mich ist Gott eine gewaltige Substanz, von der ich zehren kann. Ich merke, dass die Investition in die Beziehung zu Gott die Zeiten, die ich mir nehme, um vor ihm zu sein im Gebet, im Lesen der Bibel und in Gemeinschaft mit anderen Christen - mir viel Kraft und Inspiration geben. Ich könnte nicht ohne sein. Ich empfinde Christsein als Privileg, auch wenn es kein einfacher Weg ist. Ich freue mich, mir auch dieses Jahr einige Tage der Stille zu gönnen, die mich aus dem Alltag nehmen und ihn in einem neuen Licht erscheinen lassen, sogar in einem göttlichen Glanz. Solche Zeiten stellen mich auf. Ich schreibe die Termine deshalb nächste Woche in meine Agenda ein, damit sie nichts hindern kann. Amen.