Depression. Maturaarbeit von Irina Kaeser, Klasse 6b. Betreuungsperson: Ursula Jäger. Abgabedatum: 7. Januar 2013



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1 Depression Maturaarbeit von Irina Kaeser, Klasse 6b Betreuungsperson: Ursula Jäger Abgabedatum: 7. Januar 2013 1

2 Inhalt 1 Inhalt... 2 2 Vorwort... 4 3 Einleitung... 5 4 Theorieteil... 6 4.1 Was ist eine Depression?... 6 4.2 Symptome... 7 4.2.1 Psychische Symptome... 7 4.2.2 Physische Symptome... 9 4.3 Wodurch werden diese Symptome verursacht?... 11 4.3.1 Gehirn... 11 4.3.2 Hormone... 11 4.3.3 Familiäres Umfeld... 12 4.3.4 Geschlecht... 12 4.3.5 Vererbung einer Depression... 12 4.4 Auslöser einer Depression... 13 4.4.1 Stress und Lebensereignisse... 13 4.4.2 Körperliche Erkrankungen... 13 4.5 Depressionsarten... 14 4.6 Verlauf einer Depression... 14 4.7 Behandlungsmöglichkeiten... 15 4.7.1 Psychologische Therapien... 15 4.7.2 Medikamentöse Behandlungen... 17 4.7.3 Selbsthilfe... 18 5 Informationen eines Facharztes für Psychiatrie und... 20 Psychotherapie... 20 6 Gespräch mit Frau M., einer ehemals depressiven Frau... 22 7 Vergleich der Theorie mit einem konkreten Fall... 23 7.1 Symptome... 23 7.2 Wodurch wurden die Symptome bei Frau M. ausgelöst?... 25 7.3 Auslöser ihrer zweiten Depression... 25 7.4 Depressionsart... 25 7.5 Verlauf ihrer Depression... 26 7.6 Behandlung... 26 8 Schlusswort... 27 9 Literaturverzeichnis... 29 10 Abbildungsverzeichnis... 30 2 11 Anhang... 31 11.1 Gespräch mit Frau M.... 31 11.2 Interview mit dem Facharzt... 39 12 Selbständigkeitserklärung... 43 2 3 3

3 Vorwort 4 Einleitung Ich hatte mir sehr lange Gedanken über das Thema für meine Maturaarbeit gemacht. Ich wusste, dass ich etwas im Themenbereich Psychologie machen möchte, das mit Menschen zu tun hat. So ging ich an einem Samstag in die Bibliothek und schaute mir Bücher zu verschiedenen Themen an und entdeckte so schlussendlich ein Buch über das Thema Depression. Ich merkte, dass dieses Thema mich interessiert, als ich anfing im Buch zu lesen. So lieh ich es mir aus und begann es zu Hause sofort zu lesen. Das Thema Depression faszinierte mich und ich wollte mehr darüber erfahren. So beschloss ich meine Maturaarbeit über einen Teilaspekt des sehr grossen Themas Depression zu machen. Ich zog in Erwägung über die verschiedenen Behandlungsmethoden zu schreiben oder die verschiedenen Arten, wie sich eine Depression zeigt, zu erläutern. Doch keine von diesen Ideen gefiel mir besonders, da ich am liebsten ein wenig über alles geschrieben hätte. So kam ich auf mein jetziges Thema. Ich dachte mir nämlich, das es mir am besten gefallen würde, den ganzen Verlauf der Krankheit einer bestimmten Person zu erfahren, dann in meiner Arbeit über diesen zu berichten und mit der Theorie zu vergleichen. Als schwierige Aufgabe stellte es sich heraus eine Person zu finden, die bereit ist, mit mir über ihre Depression zu sprechen. Es ergab sich, dass mein Vater jemanden kennt, der schon seit langer Zeit im Bündnis gegen Depression vom Kanton Appenzell Ausserrhoden arbeitet. Ich nahm mit Herrn Norbert Hochreutener, Seelsorger am psychiatrischen Zentrum in Herisau, Kontakt auf und durch ihn kam ich zum Kontakt mit Frau M., welche von einer Depression betroffen war, sowie mit Herrn Dr. Thorsten Berghändler, der sich für ein Interview mit mir bereit erklärte. Ich möchte zuerst Herrn Norbert Hochreutener ganz herzlich für den grossen Aufwand danken, den er für mich auf sich genommen hat und mir so beträchtlich bei der Erstellung meiner Maturaarbeit geholfen hat. Einen sehr gossen Dank gehört selbstverständlich auch Frau M., die mir ihre ganzen Erfahrungen, die sie mit einer Depression gemacht hatte, erzählte. Ich danke auch ganz herzlich Herrn Dr. Thorsten Berghändler, der mir mit seinen Antworten auf meine Fragen die Ansicht einer Fachperson nähergebracht hat. In einem Buch heisst es Wer nicht selbst depressiv war, kann das nicht verstehen. Es ist so schwer zu beschreiben, es gibt kein Wort, das benennt, was eine Depression ist. 1 Es gibt verschiedene Erklärungen, die beschreiben, was eine Depression ist, denn es ist eine Krankheit, die nicht genau definierbar ist. Meine Fragestellung lautet Was verbirgt sich hinter der Krankheit Depression? Das Ausserrhoder Bündnis gegen Depression titelte einst mit dem Ausdruck Depression hat viele Gesichter 2. Aus dieser Aussage habe ich mein Hauptthema für meine Maturaarbeit abgeleitet. Depression hat viele Gesichter, ich will nun herausfinden, was sich hinter einem von diesen verbirgt, indem ich den Verlauf der Depression einer bestimmten Person beschreibe. Ich werde im Theorieteil die verschiedenen Symptome einer Depression beschreiben, sowie die verschiedenen Arten und Verläufe und deren Behandlungsmöglichkeiten. Zudem habe ich mir zum Ziel gesetzt, ein persönliches Interview mit einer Person zu führen, die von einer Depression betroffen war. Damit werde ich den gesamten Verlauf einer Depression kennenlernen und muss mich nicht auf einen Teilaspekt einschränken. Danach werde ich die Theorie mit dem Gespräch mit der Person, welche von einer Depression betroffen war, vergleichen. Dadurch kann ich sogleich erkennen, inwiefern die Theorie mit der Realität übereinstimmt. Da ich mich auf das Gespräch mit einer Person beschränke, kann ich nur Feststellungen machen, die spezifisch auf diese Person zutreffen und nicht für die Allgemeinheit gelten. Frau M., die ich für meine Maturaarbeit zum Thema Depression interviewt habe, war vor einigen Jahren selber von einer schweren Depression betroffen. Für sie ist es sehr wichtig, dass die Öffentlichkeit über das Thema Depression informiert wird und es so vielleicht möglich ist, dieses Thema nicht mehr so tabuisiert zu betrachten. Vor allem, sagte sie, sollte das Thema schon in jungen Jahren von der Bevölkerung wahrgenommen werden und auch an einer Kantonsschule thematisiert werden. So traf ich Frau M. und sie erzählte mir sehr ausführlich über ihre Depression. Ich fand es sehr interessant und beeindruckend, wie sie heute damit umgehen kann. Zudem habe ich mir vorgenommen, dass ich einem Facharzt auf schriftlichem Weg einige spezifische Fragen stellen möchte und diese Aussagen auch in meine Maturaarbeit einfliessen lassen werde. Dadurch kann ich meinen theoretischen Teil durch Aussagen von einer Fachperson ergänzen und beschränke mich so nicht ausschliesslich auf schriftliche Quellen. Herzlichen Dank auch an Frau Jäger, die mir als meine Maturabetreuungsperson immer zu Seite stand, wenn ich Hilfe brauchte. 4 1 Wolfersdorf, Manfred, Depression. Die Krankheit bewältigen, 1. Auflage der Neuausgabe, Bonn 2010, S.7. 2 Vgl. http://www.buendnis-depression.ch/article/article.php3?art=114, 16.12.12, 20.10 Uhr. 4 5 5

5 Theorieteil 5.1 Was ist eine Depression? Eine Depression zu haben bedeutet nicht, dass man einige Tage lang an gedrückter Stimmung leidet, sondern eine Depression ist eine schwere Krankheit, bei welcher sowohl die Psyche als auch der Körper betroffen ist. Eine Depression zu diagnostizieren ist oft sehr schwierig, denn es gibt kein einzelnes Symptom, an dem der Arzt genau erkennen könnte, ob es sich nun um eine Depression oder nur um eine gedrückte Stimmung handelt. Um zu sagen, dass es sich um eine Depression handelt, muss die Person über längere Zeit an einigen der Symptome leiden, die eine Depression ausmachen. Diese Symptome werde ich im folgenden Text noch genauer erläutern. Das Auftreten der Symptome einer Depression kann ohne klare Ursache geschehen, kann aber auch die Folge eines schweren Erlebnisses sein. Eine Depression kann im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein, denn häufig haben Patienten, die an einer schweren Depression leiden, auch Suizidgedanken. Für viele Betroffene einer Depression kann es nur schon eine Hilfe sein darüber zu sprechen. Die Meisten wenden sich an ihren Hausarzt, der ihnen dann verschiedene Behandlungsmöglichkeiten vorschlägt, auf die ich später eingehen werde. Schon früher gab es Menschen, die an einer Depression erkrankt sind. Damals waren sich die Menschen aber noch nicht bewusst, dass es sich um eine Krankheit handelt und die Depression wurde dadurch auch nicht so behandelt wie heute. Innerhalb der letzten 40 Jahren hat die Anzahl der Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, stark zugenommen, was unter anderem auf die heutige Lebensweise zurückzuführen ist. In der heutigen Zeit ist das Leben oft von Stress geprägt und auch die Arbeitslosigkeitsrate spielt sicherlich eine Rolle. Auch wird das Thema Depression heutzutage viel häufiger thematisiert als noch vor einigen Jahren, so kann der starke Anstieg an Depressionen auch auf diese Ursache zurückzuführen sein. Vor einigen Jahren wussten die Menschen noch nicht, dass sie eine Depression gehabt haben könnten, wenn sie sich häufig niedergeschlagen und bedrückt fühlten. Durch die heutige Präsenz dieses Themas kommen die Leute viel schneller auf die Idee, dass sie an einer Depression leiden könnten. 3 Laut Statistiken leiden in der heutigen Zeit rund 5% der Schweizer Bevölkerung an einer Depression, rund 20% der Bevölkerung erkranken mindestens einmal im Leben an einer Depression. 4 Aber das Gute an der heutigen Zeit ist, dass die Depressionen als Krankheit anerkannt werden und somit erfolgreich behandelt und geheilt werden können. 5.2 Symptome Wie schon erwähnt, zeigt sich eine Depression durch verschiedene Symptome. 5.2.1 Psychische Symptome Nicht jede Person, die an einer Depression erkrankt, leidet an den gleichen Symptomen wie andere Patienten. Häufig ist es so, dass die Person an einer gedrückten Stimmung leidet, es können aber auch Verhaltungsänderungen oder unerklärliche körperliche Symptome auftreten. 5 Gedrückte/ Deprimierte Stimmung Der Patient fühlt sich niedergeschlagen, seine Stimmung ist sehr bedrückt. Sein Leben wird von Gefühlen wie Traurigkeit und Leere begleitet. Freudlosigkeit/ Emotionslosigkeit Die betroffene Person leidet ständig an dieser bedrückenden Stimmung. So wird verhindert, dass Freude empfunden werden kann. Sie fühlt eine innere Leere und verliert dadurch das Interesse an der Umwelt. Bei schweren Depressionen können auch die negativen Gefühle verloren gehen, was dazu führt, dass der Betroffene überhaupt nichts mehr empfindet, dass der Betroffenen emotionslos ist. Er fühlt nichts mehr, fasst nichts mehr aus seinem Umfeld emotional auf und kann seine Gefühle nicht mehr zeigen. Antriebsstörung Depressive Menschen haben oft Probleme, ihren Alltag bewältigen zu können. Sie brechen den Kontakt zu ihren Bekannten ab und glauben nicht, dass sie auch nur die kleinste Aufgabe erledigen können. 6 Ängstlichkeit Wenn wir uns bedroht fühlen, beginnen wir uns zu ängstigen, wir werden nervös, angespannt und schreckhaft. Sobald aber diese Bedrohung vorüber ist, lassen diese Gefühle wieder nach. Bei einem Menschen, der an einer Depression leidet, kann es jedoch sein, dass diese Gefühle über Wochen anhalten. Schon bei Tagesanbruch haben sie Angst vor den Verlauf des Tages. Es besteht die Möglichkeit, dass das Symptom der Ängstlichkeit stärker ist als jenes der gedrückten Stimmung und so kann es in manchen Fällen vorkommen, dass die Ängstlichkeit zum Hauptsymptom der Depression wird. 3 Vgl. McKenzie, Kwame, Depression, Dorling Kindersley, München 2002, S. 7-9. 4 Vgl. Hügi, Roland, Was kann man gegen eine Depression unternehmen?, CSS Magazin, Nummer 4/2012, Frage 22. 6 5 Vgl. McKenzie, 2002, S. 9-10. 6 Vgl. Hegerl, Ulrich/Niescken, Svenja, Depressionen bewältigen, 2. Aktualisierte Auflage 2008, S. 12-13. 6 7 7

Depressives Denken Personen, die an einer Depression erkrankt sind, haben oft ein verändertes Denken. Ihre negativen Gedanken überdecken die positiven. Sie fühlen sich oft schuldiger als sie überhaupt sind und nehmen keine positive Anerkennung wahr. Sie sehen nur noch das Negative und schenken dem Positiven dadurch keine Aufmerksamkeit mehr. Dieses negative Empfinden fördert die Depression und führt auch dazu, dass sie ein geringes Selbstwertgefühl bekommen und so das Gefühl der Wertlosigkeit gesteigert wird. Konzentrationsprobleme Depressiven Menschen schwirren oft irgendwelche depressiven Gedanken oder Grübeleien durch den Kopf, diese führen dazu, dass Konzentrationsprobleme auftreten können. Sie konzentrieren sich so stark auf diese Gedanken, dass sie unfähig sind sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Durch die Konzentrationsprobleme können auch Entscheidungsschwierigkeiten und Unaufmerksamkeit auftreten, sodass sich der Betroffene verwirrt fühlt. Wahn und Halluzinationen Bei schwer depressiven Menschen kann es vorkommen, dass sich ihr Denken so verzerrt, dass sie Realität und Einbildung nicht mehr unterscheiden können. Der Verstand beginnt sie zu verwirren, sodass die Erkrankten denken sie seien verrückt. So können Wahnvorstellungen und Halluzinationen auftreten. Wenn ein Wahn auftritt, ist die Person von etwas Falschem überzeugt. Manche Menschen können sich einbilden, dass sie die schlechtesten Menschen auf Erden sind und deshalb von allen verabscheut werden. Halluzinationen zeigen sich oft dadurch, dass die Erkrankten Geräusche und Stimmen hören, die gar nicht vorhanden sind. Die eingebildeten Stimmen sagen ihnen, dass sie schlechte Menschen sind, dadurch ist eine Verstärkung der Depression möglich. Suizidgedanken Häufig werden betroffene Personen während der Depression mit dem Gedanken an Suizid konfrontiert. Sie denken, dass alles um sie herum keinen Sinn mehr macht, dass das Leben schrecklich ist und die Welt besser ohne sie zurecht kommen würde. Viele probieren sich aber nicht selber umzubringen, sondern hoffen auf den Tod. Denn trotz allen Symptomen haben die meisten Patienten nicht den Mut und die Kraft sich umzubringen, da sie an ihre Familien oder Religion denken. 7 5.2.2 Physische Symptome Eine Depression kann auch zu körperlichen Erkrankungen führen, da durch eine Depression der Körper geschwächt wird. Schlafstörungen Während einer mittleren oder schweren Depression ist es oft der Fall, dass die Erkrankten frühmorgens aufwachen und danach nicht mehr einschlafen können. Auch mit dem Einschlafen kann es Probleme geben, da dieses durch das ständige Nachdenken und Grübeln des Patienten erschwert werden kann. Die Schlafstörungen, die bei Depressionen auftreten, haben oft Müdigkeit zur Folge. Verlangsamung Durch die bleierne Müdigkeit fällt es den Kranken oft schwer ihren täglichen Pflichten nachkommen zu können. Sie empfinden sie als anstrengend und haben fast keine Energie diese zu erledigen. Auch auf das Sprechen kann die Depression Auswirkungen haben. Die Sprache wir monoton und langsam. In manchen Fällen kann es auch zu einer körperlichen Verlangsamung kommen. Appetitmangel Manche Erkrankten verlieren ihr Hungergefühl, das führt dazu, dass sie starke Gewichtsverluste erleiden. Umgekehrte physische Symptome Bei einigen depressiven Personen können sich die physischen Probleme genau als Gegenteil herausstellen. Anstatt einer Schlafstörung schlafen sie sehr lange und sehr häufig, sie nehmen stark an Gewicht zu, weil sie einen grösseren Appetit entwickelt haben. Trotz allen diesen umgekehrten Symptomen leiden diese Personen an einer depressiven Stimmung. Andere physische Symptome Eine Depression kann fast jedes körperliche Symptom hervorrufen. Dennoch werden alle diese Symptome durch die Depression ausgelöst und nicht wie mache Erkrankte befürchten durch körperliche Erkrankungen. Lächelnde Depression Eine Person leidet an einer lächelnden Depression, wenn sie einige der physischen Symptome aufweist, sich aber nicht bedrückt fühlt. Dieses könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich 7 Vgl. McKenzie, 2002, S. 11-17. 8 8 9 9

diese Patienten nicht eingestehen können, dass sie sich niedergeschlagen fühlen und so von ihrem Unterbewusstsein getäuscht werden. 8 Um eine Depression zu diagnostizieren müsse einige dieser Symptome über mindestens zwei Wochen vorhanden sein. Allerdings ist es bei jedem Mensch verschieden an wie vielen Symptomen er leidet. Man sagt auch, dass die Anzahl der auftretenden Symptome die Schwere der Depression bestimmt. Laut der ICD-10 (International Classification of Diseases) müssen mindestens zwei der Hauptsymptome, sowie zwei der Nebensymptome über zwei Wochen vorhanden sein, damit eine leichte Depression diagnostiziert werden kann. Wenn zwei Hauptsymptome und mindestens drei Nebensymptome vorhanden sind, liegt eine mittelschwere Depression vor. Sobald drei der Hauptsymptome und mindestens vier Nebensymptome festgestellt werden, kann man von einer schweren Depression sprechen. 9 Hauptsymptome: Nebensymptome: Bedrückte/Deprimierte Stimmung Ängstlichkeit Freudlosigkeit Emotionslosigkeit Antriebsstörung Depressives Denken Konzentrationsprobleme Wahn und Halluzinationen Schlafstörungen Verlangsamung Appetitstörung Umgekehrte physische Symptome Suizidgedanken Lächelnde Depression In der Schweiz erkrankten im Jahr 2009 rund 50% aller Patienten an einer mittelschweren Depression, bei knapp 40% wurde eine leichte Depression diagnostiziert und knapp 10% litten an einer schweren Depression. 10 5.3 Wodurch werden diese Symptome verursacht? Die Wissenschaft hat sehr lange gebraucht, bis sie herausgefunden hat, durch welche Ursachen eine Depression verursacht werden kann. In vielen Fällen führen mehrere Ursachen zur Erkrankung an einer Depression. 5.3.1 Gehirn Unser Gehirn besteht aus sehr vielen Nervenzellen, die sich untereinander verständigen, indem sie Chemikalien, die Neurotransmitter genannt werden, freisetzen. Diese Neurotransmitter bewegen sich vom Ende der einen Nervenzelle durch den synaptischen Spalt, das ist ein kleiner Zwischenraum zwischen zwei Nervenzellen, zum Anfang einer anderen Nervenzelle und übermitteln so eine Botschaft. Es kann sein, dass zur Ausführung einer Tätigkeit einer Person mehrere Hundert dieser Nervenzellen benötigt werden. So ist es sehr wichtig, dass die Kommunikation zwischen den Nervenzellen einwandfrei funktioniert. Zwei Nervenzellen: Bei depressiven Menschen herrscht oft ein Mangel der Neurotransmitter Dopamin, Serotonin und Noradrenalin. Wenn eine zu niedrige Konzentration dieser Chemikalien vorhanden ist, kann es zu einer fehlerhaften Kommunikation zwischen den Nervenzellen kommen. Dies kann eine Erklärung für die Entstehung von depressiven Symptomen sein. Es ist möglich, dass dieser Mangel an Neurotransmittern durch Stress verursacht wird. Um diesen Mangel zu beheben, werden häufig Antidepressiva eingesetzt, welche die Konzentration der Chemikalien im Gehirn erhöhen. Abb.2 8 Vgl. McKenzie, 2002, S. 17-19. 9 Vgl. Hegerl/Niescken, 2008, S. 18-20. 10 Vgl. Hügi, Roland, CSS Magazin, 4/2012, Frage 22. Abb.1 10 5.3.2 Hormone Bei der Entstehung einer Depression können die Hormone Adrenalin und Cortisol eine grosse Rolle spielen. 10 11 11

Durch das Hormon Adrenalin kann Angst ausgelöst werden. Das Hormon Cortisol hat eine Wirkung auf alle Bereiche unseres Stoffwechsels. Es bereitet unseren Körper in einer Stresssituation auf einen Notfall vor und es verändert unsere Immunreaktion. Bei depressiven Menschen ist auffällig, dass die Freisetzung von Cortisol im Gehirn nicht wie bei gesunden Menschen geschieht. Bei gesunden Menschen wird morgens eine grosse Menge Cortisol ausgeschüttet, welche im Laufe des Tages abnimmt. Bei einigen Depressiven allerdings, wird dieses Hormon während des ganzen Tages in gleichen Mengen freigesetzt. Cortisol beeinflusst die Menge der Neurotransmitter im Gehirn, somit ist es möglich, dass dies eine Ursache für eine Depression sein könnte, allerdings ist es auch möglich, dass die Menge der Freisetzung von Cortisol eine Folge der Depression ist. 5.3.3 Familiäres Umfeld Es ist bewiesen, dass Kinder, die misshandelt oder sexuell missbraucht werden, später empfänglicher sind für Depressionen. Es gibt auch Anzeichen dafür, dass Personen, welche einen Elternteil in der Kindheit verloren haben, ein erhöhtes Risiko für die Erkrankung an einer Depression entwickeln können. 5.3.4 Geschlecht Bei Frauen werden etwa doppelt so viele Depressionen diagnostiziert wie bei Männern. Allerdings muss dies nicht heissen, dass Frauen anfälliger sind, sondern es kann sein, dass sich weniger Männer eine Depression eingestehen. 11 Bedingungen an einer Depression erkranken kann, wenn diese beispielsweise einen Verlust erleidet, ihre Arbeit verliert oder krank wird. 13 5.4 Auslöser einer Depression 5.4.1 Stress und Lebensereignisse Wenn eine Person unter Stress leidet, kann dies dazu führen, dass eine Depression ausgelöst wird. Aber auch ein bestimmtes Ereignis im Leben kann dazu führen, dass man in eine Depression verfällt. Dies kann beispielsweise geschehen durch einen Tod eines Ehegattens oder durch den Tod eines nahen Menschens, durch den Verlust des Arbeitsplatzes und durch viele solche unterschiedlichen Ereignisse, auf die allerdings jeder Mensch anders reagiert. Belastende Ereignisse: Tod eines Ehegatten Tod eines nahen Menschen Ehescheidung Verletzung oder Krankheit Trennung Arbeitsplatzverlust Gefängnisaufenthalt Ruhestand 5.4.2 Körperliche Erkrankungen Der Schock, wenn eine Person erfährt, dass sie unter einer ernsten Krankheit leidet, kann bewirken, dass eine Depression auftritt. Auch Krankheiten, die das Gehirn oder die Hormone betreffen, wie beispielsweise Parkinson und Multiple Sklerose, können die Auslösung einer Depression bewirken. 14 5.3.5 Vererbung einer Depression Es ist gut belegt, dass diejenigen Menschen, bei welchen schon ein Elternteil an einer Depression litt, ein höheres Risiko haben, an einer Depression zu erkranken. Somit kann gesagt werden, dass eine genetische Veranlagung für das Erkranken an einer Depression vorhanden sein kann. Wir alle haben genetische Veranlagungen, die unsere Grösse, Augenfarbe, Lebenserwartung, sowie unsere Anfälligkeit für gewisse Krankheiten bestimmen. Dadurch kann abgeleitet werden, dass auch bei einer Depression die genetischen Faktoren eine Rolle spielen können. Allerdings existiert kein einzelnes Depressionsgen. Es gibt Krankheiten, die durch eine Veränderung eines einzelnen Gens entstehen und deren Ursache genau einem Gen zu zuordnen ist. Bei einer Depression ist davon auszugehen, dass die grosse Mehrheit der Patienten über Gene verfügt, die mit bestimmten Umwelteinflüssen so reagieren, dass eine Depression entstehen kann. So kann es sein, dass eine bestimmte physische oder psychische Belastung nur dann eine Depression bei einer Person auslöst, wenn diese Person die genetisch bedingte Empfindlichkeit vorweist. 12 Allerdings muss man hier ergänzen, dass jede Person unter bestimmten 11 Vgl. McKenzie, 2002, S. 7-21. 12 Vgl. Hegerl/Niescken, 2008, S. 49-52. 12 13 Vgl. McKenzie, 2002, S. 22. 14 Vgl. McKenzie, 2002, S. 27-30. 12 13 13

5.5 Depressionsarten Es kann zwischen leichten, mittelschweren und schweren Depressionen unterschieden werden. Leichte Depression Eine leichte Depression tritt häufig nach einem spezifischen belastenden Ereignis auf. Während dieser Depression kann die gedrückte Stimmung kommen und gehen. Häufig reicht eine Veränderung des Lebensstils um diese Depression zu überwinden. Mittelschwere Depression Personen, die von einer mittelschweren Depression betroffen sind, haben eine andauernde, gedrückte Stimmung. Zusätzlich entwickeln sie physische Symptome, sodass in diesem Stadium Medikamente zur Behandlung eingesetzt werden müssen. Schwere Depression Personen die unter einer schweren Depression leiden, sind oft Suizid gefährdet. Denn sie leiden unter starken physischen Symptomen, sowie Wahn und Halluzinationen. 15 5.6 Verlauf einer Depression Zusätzlich zu den Einordnungen der Schwere der Depression, kann zwischen verschiedenen Verläufe einer Depression unterschieden werden. Unipolare Depression Eine unipolare Depression wird am häufigsten diagnostiziert. Sie liegt dann vor, wenn eine depressive Phase mit typischen Symptomen auftritt. Meistens dauert diese Phase einige Wochen bis Monate. Diese Phase kann in jedem Alter auftreten, ihr Beginn ist manchmal schleichend, manchmal tritt sie urplötzlich ein. Rezidivierende unipolare Depression Dieser Verlauft beschreibt eine wiederauftretende Phase der Depression, nachdem man schon einmal daran erkrankt ist. Das Risiko ist relativ gross, dass man einige Zeit nach dem Abklingen einer Depression wieder einen Rückfall erleidet. Biopolare affektive Depression Bei einer unipolaren Depression leidet der Betroffene die ganze Zeit unter einer bedrückten Stimmung. Bei einer biopolaren affektiven Depression allerdings, kann der Betroffene zwischen einer bedrückten und einer überschwänglichen Stimmung hin und her schwanken. Während einer überschwänglichen Phase hat der Patient einen grossen Tatendrang, gehobene Stimmung, fehlendes Schlafbedürfnis und eine grosse Risikobereitschaft. Diese Phasen kann man auch manische Phasen nennen. Bei diesem Verlauf von Depression besteht ein grosses Rückfallrisiko. Allerdings tritt die biopolare affektive Erkrankung deutlich weniger oft auf, als die unipolare Depression. Dysthymia Die Krankheitszeichen ähneln denen einer unipolaren Krankheit sehr, sind allerdings weniger stark ausgeprägt. Eine Dysthymia ist eine chronische Depression, die über lange Zeit hinweg andauert. Die Betroffenen fühlen sich oft über Jahre hinweg müde, niedergeschlagen, ängstlich und freudlos, allerdings sind die Betroffenen dieser Verlaufsform noch in der Lage ihre alltäglichen Aufgaben zu meistern. 16 5.7 Behandlungsmöglichkeiten Die meisten Personen, die an einer Depression erkranken wenden sich zuerst einmal an ihren Hausarzt. Danach gibt es drei verschiedene Behandlungsarten, die psychologische und die medikamentöse Behandlung und die Selbsthilfe. 5.7.1 Psychologische Therapien Durch eine psychologische Therapie versucht man den Grund für die Depression herauszufinden. Diese Therapieform ist die meist angewendete Behandlung einer Depression. Der Patient spricht mit einem Psychologen über seine Probleme und Sachen, die ihn belasten. So kann der Psychologe herausfinden, weshalb der Patient depressiv ist. Manche Patienten sind allerdings nicht in der Lage über ihre Probleme zu sprechen, da sie sich zu kraftlos fühlen. In diesem Fall kann es sein, dass die Patienten zunächst ein Antidepressivum einnehmen müssen, damit sie überhaupt die Kraft finden darüber zu sprechen. Allerdings dauern diese Therapien bei verschiedenen Patienten unterschiedlich lange, je nach gewählter psychologischer Therapie, welche auf verschiedenen Theorien basieren. Kurzzeittherapien Eine Kurzzeittherapie dauert etwa sechs Monate. Während diesen Sitzungen werden die heutigen Probleme des Patienten angeschaut und der Psychologe versucht die Depression durch diese Gespräche zu behandeln. Bei einer Kurzzeittherapie gibt es verschiedene Theorieansätze, zu ihnen gehören die kognitive Therapie, die Verhaltenstherapie, die kognitive Verhaltenstherapie und die kognitive analytische Therapie. 15 Vgl. McKenzie, 2002, S.31-32. 16 Vgl. Hegerl/Niescken, 2008, S. 20-22. 14 14 15 15

Kognitive Therapie Während dieser Therapie soll erreicht werden, dass sich der Patienten mit seinen negativen und unrealistischen Gedanken auseinander setzt und diese aufschreibt. Der Therapeut hilft ihm diese depressive Art des Denkens zu beenden. Verhaltenstherapie Diese Therapie konzentriert sich mehr auf das Verhalten als auf das Denken. Eine Plan soll den Patienten helfen, besser zu schlafen, sich gut um sich selber zu kümmern und sich vernünftig zu ernähren. Durch diesen Plan wird das depressive Verhalten eingeschränkt und manche Patienten sehen dies als erste Schritte der Genesung. Kognitive Verhaltenstherapie Diese Therapieform ist eine Mischung aus der kognitiven Therapie und der Verhaltenstherapie. Sie beschäftigt sich sowohl mit dem Denken der Patienten, als auch mit dem Verhalten. Kognitive analytische Therapie Dies ist wiederum eine Mischform von der kognitiven Therapie und der Verhaltenstherapie, allerdings wird auch die Vergangenheit des Patienten betrachtet, um herauszufinden, weshalb der Patient depressiv denkt. Diese Therapie ist eine der wenigen Kurzzeittherapien, bei der auch die Vergangenheit des Patienten miteinbezogen wird und dadurch die Ursache der Depression herausgefunden werden kann. Das Ziel der anderen drei Kurzzeittherapien ist es, das depressive Verhalten und Denken zu überwinden und nicht herauszufinden, weshalb der Patient depressiv geworden ist. Langzeittherapien Langzeittherapien nehmen eine längere Zeit in Anspruch, da der Therapeut mit dem Patienten während diesen Sitzungen in die Vergangenheit des Patienten eintaucht und so versucht zu ergründen, woher das Denken und das Verhalten des Patienten stammen könnte. Auch hier gibt es sehr unterschiedliche Theorieansätze, zwei davon sind die Psychoanalyse und die Beratung. Psychoanalyse Die Psychoanalytiker denken, dass Schwierigkeiten, wie zum Beispiel eine Depression, aus Problemen in unserer Vergangenheit, welche verdrängt worden sind oder zu vergessen versucht wurden, stammen. Diese Erinnerungen sind jedoch noch immer in unserem Unterbewusstsein vorhanden und schwächen uns, wenn wir Stress haben oder sowieso schon geschwächt sind. Die Psychotherapie soll diese unbewussten Erinnerungen an die Oberfläche holen, sodass eine Auseinandersetzung mit diesen Problemen möglich ist. So können diese Gefühle bewältigt werden und verursachen keine weiteren Probleme mehr. Beratung Berater und Therapeuten helfen den Patienten Entscheidungen zu treffen, geben allerdings keine direkten Ratschläge oder versuchen beim Lösen von Problemen zu helfen. 17 5.7.2 Medikamentöse Behandlungen Antidepressiva Mittelschwere und schwere Depressionen werden häufig mit Hilfe von Antidepressiva behandelt. Anders als andere Medikamente kann Antidepressiva nicht abhängig machen. Dieses Medikament zeigt nur bei depressiven Menschen eine Wirkung, bei gesunden Menschen bewirkt es nichts. Dennoch können Menschen, die mit Antidepressiva behandelt werden, sich nach dem Absetzen dieses Medikaments seltsam fühlen. Dies ist jedoch kein Zeichen von Sucht oder Abhängigkeit, es zeig nur, dass sich der Körper daran gewöhnt hat. Indem man aber die Dosierung des Antidepressivums nach und nach verringert, ermöglicht man dem Körper sich wieder normal einzustellen, sodass keine Symptome der Depression zurück bleiben und kein komisches Gefühl nach dem Absetzen des Antidepressivums auftritt. Wirkung der Antidepressiva: Wie bereits im vorherigen Text erklärt, können die Symptome einer Depression dadurch entstehen, dass die Nervenzellen nicht mehr richtig miteinander kommunizieren. Damit zwei Nervenzellen miteinander kommunizieren können, benötigen sie Neurotransmitter. Diese Chemikalien bringen die Informationen der einen Nervenzelle zur anderen. Werden aber von der einen Nervenzelle nicht genügend Neurotransmitter in die Synapse, das ist der Spalt zwischen zwei Nervenzellen, ausgeschüttet, ist keine oder nur fehlerhafte Kommunikation möglich. Dieses Problem kann von den Antidepressiva behoben werden. Diese wirken, indem sie die Menge der Neurotransmitter erhöhen und so die Kommunikation zwischen den Nervenzellen ermöglichen, sodass es zu keinen depressiven Symptomen aufgrund falscher Kommunikation zwischen den Nervenzellen kommen kann. Nach einiger Zeit stellt der Körper selbst wieder eine genügende Menge an Neurotransmitter her, sodass das Einsetzen von Antidepressiva nicht mehr notwendig ist. Anwendung von Antidepressiva Wie schon erwähnt wird das Antidepressivum zur Behandlung von mittelschweren und schweren Depressionen eingesetzt. Allerdings muss bei der Behandlung mit Antidepressiva auch mit Nebenwirkungen gerechnet werden, die allerdings abnehmen wenn sich der Körper daran gewöhnt. Um diese möglichst klein zu halten, sollte man zuerst kleine Dosierungen einnehmen 16 17 Vgl. McKenzie, 2002, S. 48-55. 16 17 17

und diese mit der Zeit erhöhen. Es gibt viele verschiedene Antidepressiva, die einen eignen sich für die einen Depressionsarten besser, die anderen für andere Depressionsarten. Man sollte das Antidepressiva allerdings nicht sofort, nachdem man eine Depression überwunden hat, absetzten, sondern noch eine Weile länger einnehmen. Stimmungsstabilisatoren: Stimmungsstabilisatoren werden hauptsächlich für die Verhinderung eines Rückfalls in eine Depression eingesetzt. Elektrokrampftherapie Diese Therapie ist sehr umstritten, jedoch sehr wirksam. Sie wird bei jenen Patienten angewendet, bei welchen die Depression nicht auf Antidepressiva anspricht, die durch ihren gesundheitlichen Zustand keine Behandlung mit Antidepressiva machen können oder deren Depression so schwerwiegend ist, dass sie lebensbedrohlich wird. Trotz ihrer Wirksamkeit gibt es viele Kritiker dieser Methode, da niemand genau weiss, wie diese Methode funktioniert und der Elektroschock eine mittelalterliche Foltermethode ist. Dennoch wird diese Methode von den Ärzten angewendet, da sie sehr wirksam ist und keine bleibenden Schäden im Gehirn zurücklässt. Durch die Elektrokrampftherapie wird der Patient in einen Zustand gebracht, indem er beginnen kann sich mit seinen Problemen zu beschäftigen, allerdings löst diese Therapie nicht die der Depression zugrunde liegenden Probleme. Bevor durch Elektroden an der Kopfhaut schwacher Strom ins Gehirn geleitet werden kann, bekommt der Patient ein kurz wirkendes Betäubungsmittel und ein Muskelentspannungsmittel verabreicht, damit durch den Strom kein Krampfanfall im Körper sondern nur im Gehirn verursacht wird. Die Elektrokrampftherapie beginnt sofort zu wirken, den meisten Patienten geht es schon nach ein paar Wochen besser, dennoch sind mehrere Behandlungen innerhalb weniger Wochen nötig. 18 erlebt haben, trifft und in welcher man erfahren kann, dass man mit seinen Problemen und Ängsten nicht alleine ist. Durch eine Selbsthilfegruppe kann man auch an Informationen über Kliniken, Behandlungen und Ärzte kommen, zu diesen man ansonsten keinen Zugang hätte. Zudem können in einer Selbsthilfegruppe Freundschaften entstehen, welche einem helfen können, die Depression zu überwinden. Sport Wenn eine Person an einer leichten Form der Depression leidet, in der Lage ist und die Energie dazu hat Sport zu treiben, ist dies eine gute Möglichkeit ihre Genesung zu beschleunigen oder sogar um Rückfälle in eine schwere Phase der Depression zu verhindern. Während dem Sport werden körpereigene Hormone ausgeschüttet, welche sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Tagesablauf strukturieren Depressive Menschen haben oft ein Problem damit, ihren Alltag zu bewältigen. Um diesem entgegen wirken zu können, kann es hilfreich sein, die Tage genau zu planen. Auf diese Weise kann man ein Gleichgewicht zwischen den angenehmen und unangenehmen Arbeiten finden und so den Alltag besser überstehen. Da bei depressiven Menschen oft auch Entscheidungsschwierigkeiten auftreten, kann man diese umgehen, indem man schon im Vorhinein den Tag plant. 19 5.7.3 Selbsthilfe Zusätzlich zu den medikamentösen und psychologischen Behandlungen gibt es auch die Möglichkeit der Selbsthilfe, durch diese das seelische und körperliche Wohl gefördert werden kann. Selbsthilfegruppen Da das Thema Depression in der Gesellschaft auch heute noch nicht vollständig enttabuisiert ist, ist eine Selbsthilfegruppe eine gute Möglichkeit, in welcher man Personen, die Ähnliches 18 Vgl. McKenzie, 2002, S. 55-71. 19 Vgl. Hegerl/Niescken, 2008, S.135-143. 18 18 19 19

6 Informationen eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie rigen in der Regel unterstützt. Insbesondere können im therapeutischen Rahmen Konflikte bearbeitet werden, aber auch der Umgang der Angehörigen mit der Depression beziehungsweise mit dem depressiv Erkrankten selber verbessert werden. Um meine theoretische Zusammenfassung durch eine Fachperson zu ergänzen, schickte ich einige Fragen per Mail an Herrn Dr. Thorsten Berghändler. Herr Dr. Berghändler ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und hat je eine Praxis in Herisau und in Gais. Ich werde nun die wichtigsten Punkte aus seinen Antworten zusammenfassen, das gesamte Interview befindet sich im Anhang. In welcher Jahreszeit erkranken am meisten Menschen an einer Depression? Die Kälte und die Lichtverhältnisse im Winter führen dazu, dass es in der kalten Jahreszeit eine Steigerung von Menschen mit Depressionen gibt (Winterdepression), diese können allerdings vorwiegend zu Hause mit einer Lichttherapie behandelt werden. Man weiss aus Untersuchungen, dass in Ländern, die nahe am Äquator liegen, diese jahreszeitabhängigen Schwankungen nicht vorkommen, da die Tage länger und die Temperatur wärmer ist. Kann man eine Depression vollständig heilen? Das Ziel der Depressionsbehandlung ist die Symptomfreiheit. So gesehen kann man von einer vollständigen Wiederherstellung des Gesundheitszustandes sprechen. Es gilt jedoch hier eine Einschränkung wie in allen Bereichen der Medizin: Jede Krankheit hinterlässt Narben. Im Falle der Depression bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit, erneut an einer Depression zu erkranken, erhöht ist. Wie lange dauert im Durchschnitt ein Klinikaufenthalt? In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist die Aufenthaltsdauer für stationäre Behandlungen stetig gesunken. Dies liegt einerseits am medizinischen Fortschritt, der Verwendung effektiverer Medikamente und der Vernetzung mit komplementären oder anschliessenden ambulanten Angeboten. Wie werden Personen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen? Die Einweisung in eine Klinik darf nur von einer Fachperson vorgenommen werden und nur wenn eine unmittelbare Gefahr für das Leben der Betroffenen, durch Suizidgefährdung, oder für Dritte besteht. Das schliesst darauf, dass nur schwer depressive Menschen in eine Klinik eingewiesen werden. Für manche depressive Menschen ist es schwierig die Einsicht zu erlangen in eine Klinik zu gehen, andere Patienten gehen freiwillig in eine Klinik, da es für sie selbst oder für ihre Angehörigen eine Entlastung bedeutet. Wie werden die Patienten behandelt? Nur schwere Depressionen werden gemäss der internationalen Richtlinien medikamentös mit Antidepressiva behandelt. Zusätzlich erhalten die Patienten in der Klinik unterstützende oder auch spezifische psychotherapeutische Gespräche und eine Strukturierung des Alltags durch komplementäre Therapieangebote (Beschäftigungstherapie, Ergotherapie, Bewegungstherapie, Musiktherapie...). Bei leichten Depressionen wird auf Medikamente verzichtete, bei mittelgradigen Depressionen wird eine medikamentöse Unterstützung empfohlen. Bei schwerst depressiven Menschen wird zur Behandlung in seltenen Fällen auch die Elektrokrampftherapie hinzugezogen. Wieso ist heute das Thema Depression so präsent? Es gibt in diesem Sinne nicht mehr Depressionen als früher, sondern es ist vielmehr der Fall, dass die Krankheit Depression heute ein Stück mehr enttabuisiert ist. Von daher fällt es der Öffentlichkeit leichter, darüber zu sprechen. Herr Dr. Berghändler, was fasziniert Sie an der Arbeit mit depressiven Menschen? Das vorrangige Ziel eines Arztes ist es, mit seinem Wissen und Können zur gesundheitlichen Genesung eines Menschen beizutragen. So ist es auch für mich eine berufliche Befriedigung, wenn ich einen depressiv erkrankten Menschen durch die Anwendung verschiedener Methoden aus seiner depressiven Erkrankung herausführen kann. Der in der therapeutischen Arbeit zu erlebende Unterschied zwischen dem depressiv Erkrankten und dem anschliessend geheilten Patienten ist immer wieder sehr erfreulich und befriedigend. Wie gelingt es Ihnen Arbeit und Privatleben zu trennen? Dies ist eine Frage der Professionalität. Wenn sie ihren Beruf gut gelernt haben, so ist der Umgang mit den Belastungen während der Arbeit letztendlich ebenso professionell. In der Regel schliesse ich den Tag so ab, dass ich meine Patienten gut versorgt weiss. Werden Angehörige in die Behandlung miteinbezogen? Das Einbeziehen der Angehörigen ist sehr empfohlen, allerdings findet dies nur mit der Zustimmung des Patienten statt. Der Verlauf einer Therapie wird durch den Einbezug von Angehö- 20 20 21 21

7 Gespräch mit Frau M., einer ehemals depressiven Frau 8 Vergleich der Theorie mit einem konkreten Fall Ich habe mit Frau M., die vor vier Jahren über circa eineinhalb Jahre lang an einer schweren Depression litt, ein Gespräch geführt, während diesem sie mir ihren ganzen Krankheitsverlauf erzählte. Das gesamte Gespräch ist im Anhang meiner Maturaarbeit zu finden, im folgendem Text gebe ich eine Zusammenfassung des Krankheitsverlaufs von Frau M., indem ich die wichtigsten Punkte erwähne. Frau M. ist um die 50 Jahre alt, lebt heute mit ihrem Partner zusammen und hat einen Sohn. Der Vater ihres Sohnes, mit dem sie circa 30 Jahre lang verheiratet gewesen war, ist vor etwa vier Jahren an Krebs gestorben. Sie arbeitet sehr gerne in ihrem Beruf, während dem sie häufig in Kontakt mit Menschen kommt, was ihr sehr gut gefällt. Vor etwa 15 Jahren hatte Frau M. schon einmal eine Depression, als ihre Mutter gestorben war. Vor etwa vier Jahren verfiel sie wiederum in eine Depression, über welche sie mir ausführlich berichtete. In der Zeit vor ihrer zweiten Depression verlor ihr Mann seine Arbeit, weil er Probleme mit seinem Rücken hatte. Er machte eine Weiterbildung und hatte nach zwei Jahren endlich Aussicht auf einen neuen Job, dies war eine Erleichterung für die Familie, da es nun endlich weiter gehen konnte. Allerdings bekam er, bevor er diesen Job antreten konnte, vom Arzt die Diagnose unheilbarer Krebs gestellt. Wenige Zeit vor der Diagnose des Mannes starb zudem der Schwiegervater von Frau M. So kam eine geballte Ladung von schlimmen Ereignissen auf Frau M. zu, welche bei ihr schlussendlich erneut eine Depression auslösten. Frau M. verfiel über circa eineinhalb Jahre lang in eine schwere Depression, während dieser sie auch eine lange Zeit in der Klinik verbrachte. Nach diesen schlimmen eineinhalb Jahren kehrte sich die ganze Situation von Frau M. Sie bekam wieder Lust auf das Leben und begann dieses wieder selbst in die Hand zu nehmen und hat die schlimme Trauerphase um ihren Mann überwunden. Heute geht es ihr sehr gut und sie kann auch sagen, dass sie aus dieser schwierigen Zeit profitieren konnte. Sie hat durch diese Zeit eine innere Ruhe gefunden, aus dieser nun viele schöne Momente in ihrem Leben entstehen. Ich werde nun die wichtigsten Aspekte, die ich während dem Gespräch mit Frau M. erfahren habe, mit der Theorie in Bezug setzten und herausfinden, inwiefern ich die Theorie auf einen konkreten Fall übertragen und anwenden kann. 8.1 Symptome Ich war sehr erstaunt, als ich anfing die Symptome der Theorie mit den Symptomen zu vergleichen, von denen mir Frau M. erzählt hatte. Ich musste feststellen, dass jedes einzelne psychische Symptom auch von Frau M. erwähnt wurde. Deprimierte Stimmung Dieses Symptom ist das Hauptsymptom von vielen Depressionen. So auch bei Frau M., sie erzählte, dass sie an einer bedrückten Stimmung litt und zwar beständig über eineinhalb Jahre lang. Ausser beim Jassen konnte sie manchmal dieses Gefühl vergessen, doch ansonsten war es immer bei ihr. Freudlosigkeit/Emotionslosigkeit Ihr Humor, der ihr heute und auch vor der Depression sehr wichtig war, ging während ihrer Depression verloren. Sie konnte nicht mehr lachen oder mit anderen Leuten mitlachen. Sie beschrieb auch, dass ihr der Anblick oder die Helligkeit und Wärme der Sonne manchmal fast weh taten und sie darüber kein Glück oder Freude empfinden konnte. Durch den Energieverlust den sie Tag um Tag erlitt, fand sie auch keine Kraft mehr ihre Emotionen auszudrücken. Antriebsstörung Dies war ein sehr ausgeprägtes Symptom der Depression von Frau M. Sie erwähnte mehrmals, dass sie in der schlimmsten Phase ihrer Depression nur die Kraft für die allernötigsten Dinge aufbringen konnte. Sie schafft es knapp zu duschen oder sich anzuziehen. Auch um den Haushalt zu führen, fehlte ihr die Energie, so war es besser für sie in die Klinik zu gehen. Ängstlichkeit Die grösste Angst während ihrer Depression war die Angst vor der Zukunft. Was geschieht, wenn ihr Mann nicht mehr da ist? Wie soll sie alt werden ohne ihren Mann? Wie soll es weiter gehen mit ihrem Leben? Mit ihrem Sohn? Mit dem Haus? Sie erzählte, dass sie sich diese Fragen immer wieder stellte und sie eine grosse Angst davor hatte. 22 22 23 23

Depressives Denken Das depressive Denken kam bei Frau M. natürlich auch daher, dass sie wusste, dass ihr Mann bald sterben würde. So konnte sie eigentlich nur negativ in die Zukunft sehen, denn sie wusste, jeder Tag der verging, bedeutete, dass der Tod ihres Mannes einen Tag näher rückte. Schlafstörungen Das Einschlafen war für Frau M. ein sehr schwieriges Unterfangen, welches ihr meist nur mit Schlaftabletten gelang. Aber auch den Schlaf selber konnte sie nicht richtig geniessen, da auch dieser sehr unruhig war. Konzentrationsprobleme Als sie mir sagte, dass sie irgendwann merkte, dass sie nun nicht mehr in der Lage war, arbeiten zu gehen, hing das sicher auch mit den Konzentrationsschwierigkeiten zusammen. Sie beschrieb, dass in ihrem Kopf ein Durcheinander an Gedanken war und sie nicht mehr klar denken konnte. Halluzinationen Frau M. gab sich am Anfang selber die Schuld für ihre Depression. Sie dachte, dass sie selber Schuld ist an ihren Symptomen. So fühlte sie sich schwach und dies führte dazu, dass sie sich wiederum schlecht fühlte. Suizidgedanken Sie erklärte mir, dass sie oft daran gedacht hatte, sich selber umzubringen, sie aber nie die Kraft und den Mut dazu gehabt hätte. Einmal als sie in der Klinik war, hatte sich ein Patient, der mit ihr in der Gruppe lebte, am Wochenende zu Hause umgebracht. Sie sagte, dass das ein grosser Schock für die Gruppe war, denn niemand hätte gedacht, dass wirklich jemand in der Lage wäre sich selber umzubringen. Bei den physischen Symptomen erzählte sie mir von einem inneren Seelenschmerz, den sie immer fühlte, aber nicht körperlich war. Verlangsamung Durch den grossen Energieverlust, den Frau M. immer wieder erwähnte, kam es auch zu einer Verlangsamung. Sie hatte keine Energie mehr den Haushalt zu erledigen und brachte so am Tag nur noch die nötigsten Dinge zustande. Appetitmangel Obwohl Frau M. vor ihrer Depression das Essen sehr genossen hatte und auch sehr gerne ass, verlor sie während ihrer Depression die Lust daran. Sie verlor innerhalb drei bis vier Monaten zehn Kilogramm Gewicht. Sie beschrieb es, als dass sie geschmolzen sei. Im Theorieteil habe ich aufgeführt, dass sobald drei der Hauptsymptome einer Depression und vier der Nebensymptome vorhanden sind, von einer schweren Depression gesprochen werden kann. In Frau M. s Fall ist diese Anzahl von Symptomen auf jeden Fall vorhanden. 8.2 Wodurch wurden die Symptome bei Frau M. ausgelöst? Frau M. erzählte mir, dass auch schon ihre Mutter an einer Depression gelitten hatte. In der Theorie heisst es, dass Personen, bei welchen ein Elternteil bereits an einer Depression erkrankt ist eine höhere Anfälligkeit für Depressionen haben (Vererbung). So auch bei Frau M., da ihre Mutter bereits an einer Depression litt. Dadurch dass ihre Mutter während der Kindheit von Frau M. an einer Depression litt, konnte sie sich nicht sehr gut um sie kümmern. So baute sich während der Kindheit von Frau M. ein starkes Gefühl der Verlassenheit in ihr auf, dass während ihrer Depression wieder zum Vorschein kam. In der Theorie steht, dass es Einfluss auf das Entstehen einer Depression haben kann, wenn ein Elternteil während der Kindheit stirbt. Bei Frau M. war dies nicht der Fall, trotzdem denke ich, dass dieses Verlassenheitsgefühl, dass sie während ihrer Kindheit entwickelte, einen Einfluss auf die Entstehung ihrer Depression gehabt haben könnte. Als sie erfuhr, dass ihr Mann bald sterben wird, kam dieses Gefühl wieder hoch und es könnte sein, dass sie dies zurück an die Depression ihrer Mutter erinnert hat und dies so, vielleicht unbewusst, Einfluss auf ihre Depression hatte. 8.3 Auslöser ihrer zweiten Depression Bei Frau M. war der Auslöser ganz klar die Krebsdiagnose ihres Mannes. Dazu kamen noch der Tod ihres Schwiegervaters und die schwierige Situation mit der Arbeit ihres Mannes. Diese vielen bedrückenden Ereignisse belasteten sie so sehr, dass sie zu einer Depression führten. 8.4 Depressionsart Frau M. litt ganz klar an einer schweren Depression, da sie sehr viele Symptome hatte und eineinhalb Jahre daran litt. Sie hatte Suizidgedanken und Wahnvorstellungen, denn sie gab sich die Schuld an ihrer Depression selber und dachte dass sie schuld an ihren Symptomen ist. Zu Beginn ihrer Depression allerdings war es eine leicht Depression, da sie trotz der Symptome noch arbeiten gehen konnte und sie sich grösstenteils selber um den Haushalt kümmerte. Doch nach einiger Zeit verlor sie immer mehr Energie und war nicht mehr in der Lage zu arbeiten 24 24 25 25

oder den Haushalt zu meistern. So ging es immer mehr bergab, bis sie schliesslich in die Klinik ging. Auch dort ging es ihr über lange Zeit sehr schlecht, allerdings besserte sich ihr Zustand nach eineinhalb Jahren wieder. 8.5 Verlauf ihrer Depression Während ihrer Depression litt Frau M. ständig unter einer bedrückten Stimmung und Energielosigkeit. Diese Symptome sprechen für eine unipolare Depression, bei welcher die Erkrankte fast immer unter diesem bedrückenden Gefühl leidet. Der Beginn der Depression von Frau M. war ein wenig schleichend, da der Arzt zuerst einen Schock diagnostiziert und erst später die Depression diagnostiziert hatte. Allerdings litt Frau M. vor dieser schweren Depression schon einmal an einer Depression, deshalb ist die korrekte Definition meiner Meinung nach eine rezidivierende unipolare Depression, da es sich um einer Wiederholung einer Depression handelte. 8.6 Behandlung Frau M. führte während ihrer Depression häufig Gespräche mit ihrem Arzt, sie nahm aber auch Antidepressiva. Ich weiss nicht wie oft sie mit ihrem Arzt gesprochen hat, aber in der Klinik sicher häufig. Sie erzählte mir auch davon, dass sie in der Klinik oft Therapien mit Bewegungen, Kunst oder Musik gemacht habe. In der Klinik lebte sie mit einer Gruppe zusammen, in welcher jeder Patient seine Aufgaben zu erledigen hatte. Die Gruppe bestand aus Menschen, die alle auch an einer psychischen Krankheit litten. Frau M. hat erzählt, dass sie auch oft untereinander in dieser Gruppe geredet haben und dies auch eine gewisse Hilfe für sie war. 9 Schlusswort Die Ausgangslage meiner Arbeit war die Frage: Was verbirgt sich hinter der Krankheit Depression?. Ich denke, dass ich während meiner Arbeit diese Frage nicht gänzlich beantworten konnte. Ich fand es aber sehr interessant, mehr über das Thema Depression zu erfahren. Mir ist klar geworden, dass Depression eine Krankheit ist, die sehr schwer zu erfassen und zu beschreiben ist. Durch die Interviews mit Frau M. und Herrn Berghändler erhielt ich einen vertieften Einblick in die Krankheit Depression. So konnte ich viele Gemeinsamkeiten zwischen der Theorie und dem Krankheitsverlauf von Frau M. erkennen und beschreiben. Theorieteil Während ich mich durch die verschiedenen Bücher über Depression durcharbeitete, fiel mir auf, dass nicht immer mit der gleichen Definition gearbeitet wurde. So war es für mich eine Herausforderung, aus den verschiedenen Theorien einen Überblick zu gewinnen und diesen schlussendlich auf Papier zu bringen. Aber ich finde, dass die Theorien gut zu verstehen waren und so konnte ich auch gut mit diesen arbeiten. Interview mit Frau M. Ich erlebte es als eine lehrreiche Erfahrung, mit Frau M. über ihre Erfahrung mit Depressionen zu sprechen. Mir wurde klar, was eine Depression bewirken kann und wie schlimm es sein kann diese Krankheit zu haben. Ich hab vor dem Interview viel über Personen gelesen, die an einer Depression litten. Doch die Erfahrung von Frau M. direkt erzählt zu bekommen, war schon eine andere Situation, da ich die Person vor mir hatte, welche dies alles erlebt hatte. Mich erstaunte es sehr, wie offen sie über ihre Erfahrungen sprechen konnte und mir so eine sehr gute Beschreibung von ihrer Depression gegeben hat. Ich konnte während meiner Arbeit lernen Interviewfragen zu erstellen und diese so zu gestalten, dass ich die Antworten bekam, die ich für meine Arbeit gebraucht habe. Für Frau M. stellte ich deshalb einen Fragebogen über den ganzen Lebensabschnitt, vor, während und nach ihrer Depression, aus, sodass sie mir der Reihe nach erzählen konnte, wie sie die Depression erlebt hatte. Dennoch war es für mich im Nachhinein, da ich das Gespräch aufgenommen hatte, eine Schwierigkeit, dieses zuerst einmal aufzuschreiben und danach die verschiedenen Informationen aus dem Gespräch zusammenzutragen. 26 Fragen an den Facharzt Ich hatte mich dazu entschlossen, aus organisatorischen Gründen, Herrn Berghändler per Mail einige Fragen zu schicken. Dies klappte sehr gut und ich bekam sehr ausführliche Antworten zurück. Ich stellte dem Arzt eher allgemeine Fragen über das Thema Depression um offene Themen aus dem Theorieteil besser zu verstehen. Ich fragte ihn ebenso über seine persönli- 26 27 27

chen Erfahrungen seiner Arbeit. Es war vor allem sehr interessant von einem Facharzt selber zu erfahren, wie er trotz seiner schwierigen Arbeit schafft, Arbeit und Privatleben zu trennen. Vergleich der Theorie und einer konkreten Erfahrung Bevor ich das Gespräch mit Frau M. geführt hatte, zweifelte ich sehr daran, ob ich nach dem Gespräch irgendwelche Gemeinsamkeiten zwischen der Theorie und den Erzählungen von Frau M. erkennen kann. Doch während sie mir alle Erfahrungen ihrer Depression erzählte, konnte ich gewisse Sachen mit der Theorie, die ich im Kopf hatte, vergleichen und feststellen, dass sie übereinstimmen. So fand ich es einfacher als erwartet, die Theorie und ihre Erzählungen miteinander zu vergleichen. Es erstaunte mich auch sehr, als ich feststellen konnte, dass sie alle Symptome, die ich in der Theorie bereits aufgezählt hatte, auch in unserem Gespräch erwähnte. Fazit Ich kann nicht eine konkrete Antwort auf die Frage, die ich mir zu Beginn gestellt hatte, geben. Dennoch denke ich aber, dass ich durch die verschiedenen Bücher, das Gespräch mit Frau M., die Antworten von Herrn Dr. Berghändler und schlussendlich dem Vergleich der Theorie mit den Erzählungen von Frau M, auf verschiedene Weisen mehr über das Thema Depression erfahren habe und es für mich nun nicht mehr nur eine unbeschreibbare Krankheit ist. 10 Literaturverzeichnis Bücher: Hegerl, Ulrich und Niescken, Svenja Depressionen bewältigen, Die Lebensfreude wieder finden, 2. aktualisierte Auflage, Stuttgart 2008. McKenzie, Kwame Depression, erkennen, behandeln, heilen, Dorling Kindsley Verlag GmbH, München 2002. Wolfersdorf, Manfred Depression. Die Krankheit bewältigen, 1. Auflage der Neuausgabe, Bonn 2010. Zeitungen und Zeitschriften: Hügi, Roland Gesund und gut versichert - 32 Fragen und Antworten, CSS Magazin, Nummer 4/2012, Frage 22. Internet: Ausserrhoder Bündnis gegen Depression Depression hat viele Gesichter, http://www.buendnis-depression.ch/article/article.php3?art=114, 16.12.12, 20.10 Uhr. Ungedruckte Quellen: Frau M. Gespräch über ihre Depression, 20. September 2012. Thorsten Berghändler Interview über das Thema Depression, 18. Dezember 2012. 28 28 29 29

11 Abbildungsverzeichnis 12 Anhang Titelbild Symbolbild der Ratgeberseite des Bayrischen Rundfunks zum Thema Alterssuizid http://www.br.de/themen/ratgeber/inhalt/familie/alter-selbstmord-suizid100.html, 2.1.2013, 13.30 Uhr. Abbildung 1 (S.9) Aus CSS Magazin, 4/2012, Frage 22. Abbildung 2 (S.10) Depressive Verstimmung, Ursachen, Onmeda http://www.onmeda.de/aktuelles/themenspecial/angst_unruhe/depressive_verstimmungursachen-16328-3.html, 2.1.2013, 20.22 Uhr. 30 12.1 Gespräch mit Frau M. Als Frau M. 35 Jahre alt war, ist ihre Mutter gestorben. Schon damals verfiel sie in eine schwere Depression, die sie jedoch nicht genau einordnen konnte, da Depressionen zu jener Zeit noch nicht sehr präsent waren. Dennoch brauchte sie eine Behandlung über längere Zeit. Danach ging es ihr über Jahre gut, doch dann erkrankte sie vor circa vier Jahren erneut an einer Depression. Ihr Mann bekam Krebs und die Diagnose lautete von Anfang an unheilbar. Es begann ihr wieder schlecht zu gehen, da ihr die ganze Energie entzogen wurde. Sie hatte noch dagegen angekämpft, weil sie sofort vermutet hatte, dass es sich um eine Depression handelte, aufgrund der Schwäche und der Energielosigkeit. Als er an Krebs erkrankt war und die Diagnose von Anfang an unheilbar lautete, war es eine sehr schwierige Zeit, da sie zur Kenntnis nehmen musste, dass ihr Mann nun bald sterben würde. Die Depression kam nicht von einem Tag auf den anderen, denn zuerst diagnostizierte der Arzt bei ihr einen Schock. Dies geschah im Sommer Ende Juli. Zu dieser Zeit hatten sie und ihr Mann gerade das erste Mal Ferien ohne ihren Sohn gemacht und dies war ein Schritt der Neuorientierung für Frau M. und ihren Mann, denn ihr Sohn wurde erwachsen. Eine zusätzliche Neuorientierung war, dass ihr Mann wegen Rückenproblemen nicht mehr in seinem bisherigen Job arbeiten konnte und so über zwei Jahre lang Ausschau nach einem neuen Job gehalten hatte. Er machte eine Weiterbildung und hatte bereits den Vertrag, dass er ab dem ersten August in seinem neuen Job arbeiten konnte. Die zwei Jahre, in denen ihr Mann Rückenprobleme hatte und deshalb einen Weiterbildung machen musste, kostete für diese zwei schon sehr viel Kraft und so freuten sie sich sehr, dass es nun endlich weitergehen konnte. Ihr Mann hatte begonnen richtig aufzublühen, weil es ihm wieder besser gegangen ist und sie hatten sich sehr gefreut. Zusätzlich zu allen diesen Umständen war, circa drei Monate bevor ihr Mann die Krebsdiagnose bekam, ihr Schwiegervater gestorben und Frau M. und ihr Mann hatten sich entschieden in das Elternhaus ihres Mannes einzuziehen. Sie konnten es zwar nicht umbauen oder etwas renovieren, aber es war bewohnbar. Sie haben geplant, sobald ihr Mann die Weiterbildung abgeschlossen hatte, es zu renovieren und umzubauen. So sahen ihre Pläne für die Zeit aus, nachdem ihr Mann die Weiterbildung abgeschlossen hatte und diese zwei schwierigen Jahre vorüber waren. Doch kaum war ihr Mann am Ende der Weiterbildung angelangt, bekam er die Diagnose des unheilbaren Krebs. Er hatte seine Ausbildung abgebrochen und ab diesem Zeitpunkt war für alle klar, dass es nur noch in eine Richtung gehen würde und zwar in die Richtung des Sterbens. Nicht mehr in die Richtung, dass die zwei zusammen im Haus alt werden würden, nicht mehr in die Richtung das er die Weiterbildung abschliessen und sich beruflich weiterentwickeln kann, was er mit 50 Jahren eigentlich noch hätte können sollen. So ist auf einen Schlag alles zusammengebrochen, was sie sich vorgestellt hatten. 30 31 31

Das hatte sie natürlich alle in eine schwierige Situation gebracht, denn ihr Mann musste akzeptieren, dass er todkrank war und in kurzer Zeit sterben muss und Frau M. verfiel erneut in eine Depression. Auch ihr Sohn litt darunter, denn er war zu dieser Zeit gerade 18 Jahre alt. Die Depression begann damit, dass sie mit einem immer grösseren Energieverlust zu kämpfen hatten, aber trotzdem probierte den Alltag weiterhin zu meistern. Sie ging zum Arzt, der einen Schock diagnostizierte und ihr die entsprechenden Medikamente verabreichte. Sie sagte, dass sie zu Beginn auch an einem Schock litt, der sich dann aber nach und nach in eine Depression umwandelte, sodass ihr der Arzt schlussendlich auch Antidepressiva verschrieb. Es war Realität, dass ihr Mann nun bald sterben wird, doch sie habe einfach weiter leben müssen. Ihr Mann blieb zu Hause und musste sich auf seinen Tod vorbereiten. Er musste alle Unterlagen zu seinen Hinterlassenschaften ausfüllen und zusammentragen. Er war nach seiner Diagnose in ärztlicher Behandlung und stellte sich relativ schnell auf diese schwierige Situation ein. Er war erstaunlich ruhig geblieben und hat sich gut auf seinen Tod vorbereitet. Doch die Chemotherapie, die er nach seiner Diagnose startete, nahm ihn sehr stark mit, dadurch wurde die Zeit eigentlich noch schwieriger als vor dem Beginn der Chemotherapie. Frau M. verlor immer mehr Energie und musste dazu noch den Umzug organisieren, denn sie hatten die alte Wohnung schon gekündigt und mussten nun in das Haus der Eltern ihres Mannes einziehen. Sie sagte, dass sie innerlich einen sehr grossen Widerstand verspürt hatte in das Haus zu ziehen, da sie wusste, dass sie sowieso keine Zukunft miteinander in diesem Haus erleben würden. Trotzdem mussten sie umziehen, da sie alles schon so geplant hatten. Dieser Umzug kostete sie sehr viel Energie, da sie es eigentlich gar nicht wollte. Nach dem sie Ende Juli die Krebsdiagnose erhalten hatten, zogen sie im Oktober ins Haus. Parallel zum Umzug hat sie immer noch gearbeitet, aber sie sagte, dass alles sehr anstrengend gewesen war. So kam es, dass Frau M. innerhalb von drei bis vier Monaten zehn Kilo abgenommen hatte, sie ist, wie sie sagte, fast geschmolzen. Sie hatte keine Kraft mehr, keine Energie, die Gedanken waren immer durcheinander und sie hatte Panik und Ängste, um dass, was in der Zukunft passieren würde. Diese Umstände führten sie zu einer Depression. Am Anfang hat sie trotz einer leichten Depression noch weiter gearbeitet, da man nicht genau wusste, wie sich die Depression entwickeln würde, denn es bestand auch die Möglichkeit, dass es wieder besser geworden wäre. Bei der Arbeit hatte sie alles sehr ordentlich gemacht und niemand hatte ihre Depression wahrgenommen. Bis Ende des Jahres hatte sie dann aber bemerkt, dass es so nicht mehr weiter gehen kann, obwohl sie in ärztlicher Behandlung war. Es ging ihr so schlecht, dass sie in die Klinik gehen musste. Sie hat ihren Chef über die Umstände informiert, was für sie sehr schwierig war. Sie hatte die Situation zu Hause fast nicht mehr ausgehalten, da sie täglich ihren Mann sah, von dem sie wusste, dass er bald sterben würde und sie konnte keine Energie mehr aufbringen um den Haushalt zu bewältigen, ihr Mann hatte diese Aufgabe übernommen. Ihr Mann hatte die Diagnose Ende Juli 07 erhalten und ist im Juni 08 gestorben. Ihr Klinikaufenthalt fand sie grundsätzlich sehr gut, weil er eine Entlastung für die ganze Situation war. Zu Hause wurde es immer angespannter, da ihr Mann nichts mehr machen konnte und ihr Sohn arbeiten musste. Trotz diesen schwierigen Umständen wurden ihr Mann und ihr Sohn nicht depressiv, für sie war es einfach eine schwierige Situation. Frau M. aber wurde schwer depressiv und die beste Lösung war für sie ein Klinikaufenthalt. Dort hat man sie sehr gut getragen, es gab sehr gute Therapien und niemand setzte sie unter Druck. Sie sagt, dass dies auch nichts gebracht hätte, denn in einer schweren Depression bewirkt Druck überhaupt nichts. Das Schwierige an der Depression war, dass man ihr nichts anmerkte. Sie hatte einfach sehr viel Gewicht verloren, litt unter Antriebslosigkeit, hatte auf nichts mehr Lust und fühlte sich einfach generell schlecht. Es war eine innerliche Blockade, die einem davon abhält das zu machen was man will, dennoch ist man bei vollem Bewusstsein. Sie ist eigentlich eine sehr selbständige Person, sie kann etwas bewirken und sich selber entscheiden. Aber genau so handeln konnte sie nicht mehr und das tat ihr sehr weh. Sie selbst hat nicht genau wahrgenommen, dass es Krankheit ist. Sie hat angefangen sich selber die Schuld zu geben und sich für die Symptome schuldig zu fühlen. Dies konnte auch dazu führen, dass sie sich in Wahnvorstellungen hineingesteigert hat. Dieses Gefühl der Schuld konnte sie einfach nicht mehr stoppen. Frau M. hatte auch sehr grosse Probleme mit dem Schlafen, vor allem mit dem Einschlafen. Wenn dies ihr gelungen ist, dann nur mit Schlaftabletten. Aber auch der Wachzustand war für sie immer unruhig, sehr quälend und hoffnungslos, da sie das Gefühl hatte, sie komme aus dieser Situation nicht mehr raus. Andere Leute mussten ihr immer sagen, dass es wieder besser wird, denn sie selbst hatte diese Hoffnung nicht. Ihr Selbstbewusstsein ging sehr stark zurück, weil sie sich nicht mehr so spürte, wie sie vor der Depression war. Sie beschrieb ihr Dasein als lustlos, immer war ein Schweregefühl in ihr und sie war unglücklich. Auch ihr Humor, der ihr vor der Depression sehr wichtig war, ging verloren, sie konnte nicht mehr mitlachen. Sie erzählte mir, dass die Sonne ihr weh tat und sie sich am liebsten einfach nur noch eingekapselt hätte. Sie fühlte die ganze Zeit über einen inneren Seelenschmerz, welcher nicht ein wirklicher Schmerz war. Über die eineinhalb Jahren, in denen sie an einer Depression litt, ging es ihr fast nie besser oder schlechter, sie war immer im selben Zustand. Eine Ausnahme war das Jassen, welches sie auch heute noch sehr gerne macht. Dabei gelang es ihr manchmal ihre Depression wie ein wenig zu vergessen. Frau M. sagte, dass sie eineinhalb Jahre lang nicht gewusst hat, ob sie je wieder zu dieser Situation raus kommt. Doch zu ihrem Glück, erkannte Ihr Mann schnell, das eine Depression eine 32 32 33 33

ernst zu nehmende Krankheit ist. Für ihren Mann war es sehr hilfreich, dass Frau M. in eine Klinik gegangen war, da auch er selber in einer sehr schwierigen Situation war. Ihr Sohn musste auch weiter machen. Frau M. erinnerte sich an eine Situation zurück, als sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn am Tisch sass. Ihr Mann, der schon bald sterben würde, machte einen besseren Eindruck als sie selber, obwohl sie eigentlich weiter leben könnte und ihr Sohn der das ganze Leid der Familie mittragen musste, hatte mit 18 Jahren bereits die Kraft weiter zu leben. Für ihre Familie war es sehr wichtig, dass sie in eine Klinik gegangen ist, denn so konnten sie weiter funktionieren und mussten nicht nur Angst wegen ihrem Zustand haben. Während ihrem Aufenthalt in der Klinik kamen ihr Mann und ihr Sohn sie oft besuchen und sie kam jeweils an den Wochenenden nach Hause. Frau M. sagte, dass sie es gut fand aus der Familie rauszukommen, sodass die Familie ein wenig entlastet wurde, trotzdem blieben sie in Kontakt. Es hat ihr sehr leid, ihnen das antun zu müssen, denn auch sie selbst wäre lieber bei ihnen gewesen um die restliche Zeit, die ihrem Mann noch blieb, mit ihm und ihrem Sohn zu verbringen. Doch nach der tödlichen Diagnose war es nicht mehr möglich die restliche Zeit noch zu geniessen. Sie sagte, dass ihr Umfeld bereits ein wenig über die Krankheit Depression Bescheid wusste, dennoch haben sich die Leute nach ihrer Erkrankung noch besser informiert. Ihr Vater hatte mit 90 Jahren schon gelernt, die Sachen so zu nehmen wie sie kommen, auch ihre Geschwister haben ihr keinen Druck gemacht. Frau M. sagte, sie habe mit grösster Anstrengung noch das Minimum erledigen können, wie duschen oder sich anzuziehen. Sie erzählte mir, dass es in der Klinik verschiedene Therapien gab, sie hatte einen Tagesablauf und lebte mit 10-14 Personen zusammen, die auch an einer Krankheit litten, wie Depression, Borderline oder Bumilie. Allerdings wurden hatten alle diese Personen eher die Tendenz die Krankheit bald zu überwinden und so wurden sie wie zu einer grossen Familie. Viele Leute haben Frau M. gefragt, ob es nicht eher eine Belastung für sie gewesen war mit so vielen kranken Leuten zusammen zu leben, doch Frau M. fühlte sich dadurch gestützt. In dieser Gruppe hatte jeder sein Ämtli zu erledigen, sie haben zusammen gekocht und sich untereinander ausgetauscht. Allerdings hatte Frau M. auch Gespräche mit dem Arzt geführt, verschiedene Therapien, wie zum Beispiel mit Bewegungen, mit Malen oder mit Töpfern gemacht. Frau M. sagte, dass es eigentlich eine wunderschöne Zeit in dieser Klinik gewesen wäre, dennoch konnte sie es damals nicht geniessen. Sie hatte einfach alle Therapien mitgemacht und so ist die Zeit vergangen, ohne dass sie aufblühen konnte. Es ist ihr einfach die ganze Zeit über schlecht gegangen. Wenn sie nicht krank gewesen wäre, wäre diese Zeit in der Klinik für sie ein Traum gewesen, denn man konnte alles machen, worauf man gerade Lust hatte. Doch damals musste sie einfach einen Schritt nach dem anderen vorwärts gehen. Behandelt wurde sie in der Klinik, aber auch nach ihrem Klinikaufenthalt durch Gespräche, aber auch durch Bewegungstherapien. Sie hatte immer zwei Bezugspersonen, doch zu der einen hatte sie ein wenig mehr Kontakt, da diese jeden Tag noch dem Wohlbefinden der Patientin schaute. In der Klinik konnten sie nie sagen, wie lange der Aufenthalt dauern wird. Ihr Aufenthalt ist schlussendlich sehr lange gegangen, da sie an einer schweren Depression litt. Doch sie hat ihre Depression überwunden und ist wieder aus dieser Klinik rausgekommen. Viele Personen haben ihr gesagt, dass sie diese Belastung durch den Tod ihres Schwiegervaters, die Berufsneuorientierung ihres Mannes und schlussendlich die Krebsdiagnose ihres Mannes auch umgehauen hätte und so konnte sie ihre Krankheit mit der Zeit besser akzeptieren, denn am Anfang hatte sie sich selber die Schuld für die Symptome der Depression gegeben. Während ihrer Erkrankung war Frau M. von der Arbeit krankgeschrieben und zum Glück so versichert, dass alles weiter gelaufen ist. Während ihrem Klinikaufenthalt hat man immer wieder verschiedene Therapien ausprobiert und es war dadurch immer ein hin und her, währenddessen es ihrem Mann immer schlechter ging, bis er schlussendlich gestorben ist. Durch den Tod ihres Mannes mussten sehr viele Sachen erledigt werden, bei diesen ihr unter anderem ihre Schwägerin half. Viele Leute hatten ihr geholfen alles zu organisieren, sodass sie das Meiste nur noch unterschreiben musste. Auch die Beerdigung musste organisiert werden und diese war ihr sehr unangenehm. Denn Frau M. hatte immer vor den Augen gehabt, wie sie und ihr Mann zusammen alt werden, denn sie waren schon seit 30 Jahren verheiratet und der Gedanke dass es nicht so sein wird, konnte sie fast nicht ertragen. Doch bevor die Beerdigung statt fand, wurde auch bei der Schwester ihres Mannes Krebs diagnostiziert. Es war für sie sehr brutal, was alles auf sie zukam. Zum Glück konnte man den Krebs ihrer Schwägerin erfolgreich operieren und es geht ihr heute wieder gut. Während der Beerdigung war Frau M. sehr präsent und bekam auch später Rückmeldungen von den Leuten, wie gut sie es gemacht hatte. Frau M. sagt, dass es sie heute noch friert, wenn sie daran zurückdenkt, wie stark ihr Sohn damals war, obwohl er erst 18 Jahre alt war. Es kamen sehr viele Leute an die Beerdigung, da sagte ihr Sohn zu ihr: Komm Mami wir schütteln nun allen Leuten die Hand. Diese Situation zeigte ihr, wie erwachsen ihr Sohn zu dieser Zeit schon war. Ihr Sohn kam schnell über den Tod hinweg und konnte sagen, dass er 18 schöne Jahre mit seinem Vater verbracht hatte und diese nun in Erinnerung behalten wird. Bei ihrem Sohn hat man zu gewissen Zeiten auch nicht so genau gewusst, ob er nun depressiv war oder nur eine Krise hatte. Er hatte auch Ausfälle in seiner Lehre, ging aber oft zum Arzt, was für Frau M. sehr beruhigend war. Sie haben auch oft zusammen geredet und sie hat ihm gesagt, dass es auch in der Schule Leute gibt, die im helfen können. Während ihrem Klinikaufenthalt hat sie immer wieder probiert nach Hause zu gehen, doch es dauerte einige Zeit, bis sie ganz zu Hause bleiben konnte. 34 34 35 35

Als ihr Mann gestorben war, ist ihr Sohn zu einem Verwandten gezogen, jedoch war es ihrem Sohn dort nicht so wohl. Doch dann fing es an Frau M. wieder ein wenig besser zu gehen, so dass sie über sie Wochenende nach Hause gehen konnte und ihr Sohn so auch wieder zu Hause wohnen konnte. Ihr Sohn musste zu dieser Zeit sehr selbstständig leben, doch seine Kollegen haben ihn unterstützt. Die Kollegen waren auch alle zu Frau M. sehr freundlich, was sie sehr gut fand. Nach etwa eineinhalb Jahren hat sich innerhalb von zwei Wochen die ganze Situation gekehrt. Anfangs spürte Frau M. wieder ein wenig die Wärme der Sonne und innerhalb von zwei Wochen bekam sie wieder Lust, ihre Sachen selber zu organisieren. Sie wohnte mit ihrem Sohn noch im Elternhaus ihres Mannes, doch sie fühlten sich dort nicht mehr wohl, so zogen sie um, in eine Wohnung im Haus ihres Bruders. Frau M. konnte neu anfangen, war aber doch nicht ganz alleine, da ihr Bruder und ihre Schwägerin im gleichen Haus wohnten. So ging es ihr immer besser und sie begann ihre Sachen wieder selber zu organisieren. Am Anfang war dies ein sehr grosser Aufwand für sie, doch dann hatte sie bemerkt, dass dies eigentlich überhaupt nicht so schwierig ist. Sie bekam wieder Freude am Essen, begann ihre Wohnung ein wenig schöner einzurichten, ihr Humor kehrte zurück und sie bekam wieder Freude an kleinen Dingen. Sie erzählte, dass sie während ihrer Depression immer wieder Suizidgedanken gehabt habe, aber nicht fähig gewesen war, sich selber etwas anzutun. Sie hat in der Klinik miterlebt, wie sich jemand an einem Wochenende das Leben genommen hatte und es war für alle in der Klinik ein grosser Schock, das jemand in der Lage war sich das wirklich anzutun. Frau M. erzählte mir, dass schon ihre Mutter an einer Depression gelitten hatte und sich so nicht immer gut um sie gekümmert hatte. Allerdings realisierte Frau M. erst im Nachhinein, dass ihre Mutter jeweils depressive Phasen gehabt hat. Während dem Anfang ihrer Depression hatte sie ein starkes Gefühl der Verlassenheit und hatte sich in ihrem Körper selbst nicht wohlgefühlt. Dieses Verlassenheitsgefühl führte sie auf ihre Kindheit zurück, da sich ihre Mutter während den depressiven Phasen nicht sonderlich gut um sie kümmern konnte. Allerdings hatte sie dieses Gefühl der Verlassenheit schon lange nicht mehr gefühlt, doch als sie erfuhr, dass ihr Mann sie bald verlassen würde, kam dieses Gefühl wieder hoch. Sie sagt, dass sie wisse, dass sie so ein Typ Mensch ist, der in eine Depression verfallen kann, wenn viele bedrückende Geschehnisse zusammen fallen. Dieses Verlassenheitsgefühl war eine sehr schmerzhafte Erfahrung, doch als es ihr wieder besser ging, musste sie feststellen, dass sie es auch sehr gut mit sich selber haben kann, wenn sie alleine ist. Allerdings musste sie dies zuerst lernen, da sie zuvor noch nicht häufig in dieser Situation war. Sie ist in einer grossen Familie aufgewachsen und hatte zuvor noch nie alleine gewohnt. Doch auch alleine zu wohnen, empfand sie als wunderschön als ihr Sohn ausgezogen war. Sie hatte alle Sachen in der Wohnung für sich alleine und auch ihren Sohn freute es, dass es ihr wieder besser ging. Er sagte zu ihr, dass sie nun machen könne was sie wolle. So kamen Schritt für Schritt die Sachen des alltäglichen Lebens wieder hinzu. Sie ist wieder in ihren Beruf eingestiegen, wo nach der anfänglichen Skepsis alles wieder optimal funktioniert. Als sie in der Klinik war kam es vor, dass einige Bekannte sie nicht besuchen kamen, da die Klinik für sie wie ein rotes Tuch war. Diese haben ihr aber geschrieben oder ihr mitgeteilt, dass es für sie sehr schwierig ist, sie in der Klinik zu besuchen. Frau M. sagte, dass es für Menschen, die sich nicht mit der Krankheit Depression auseinander gesetzt haben, sehr schwierig ist mit den erkrankten Personen umzugehen. Sie erzählte mir, dass ihr Chef sie heute noch jedes Mal, wenn er sie sieht, fragt, wie es ihr geht und dass sie dies sehr schätzt. Als sie vor einiger Zeit einen Brunch mit der Familie gemacht hat, stellte sie fest, wie froh dass alle waren, dass es ihr wieder gut geht und wie alle mit ihr über die eineinhalb Jahre gelitten haben. Es war für sie wie ein Auftauchen aus einer dunklen Zeit, in der sie auf der einen Seite alles wahrgenommen hatte, auf der anderen Seite aber nichts hatte machen können. Heute geht es ihr wieder sehr gut und sie geniesst das Leben in vollen Zügen. Sie sagte, dass sie aus der schwierigen Situation von damals sehr gut profitieren kann. Sie ist nun innerlich sehr ruhig. Sie nimmt die Geschehnisse aus der Umgebung alle auf, aber sie kann sehr schnell einordnen, wo dieses nun hingehört. So steigert sie sich auch selten in Sachen hinein oder lässt sich durch etwas aufregen oder verunsichern. Aus dieser Ruhe heraus, sagt sie, entstehen viele wunderschönen Sachen, wie zum Beispiel Reisen und sie kann eine guten Kontakt zu Menschen aufbauen, da sie auch sehr offen ist. Sie schätzt es sehr über ihre Depression reden zu können und es belastet sie überhaupt nicht. Sie erzählte mir, dass sie sehr bewusst und intensiv lebt und dass sie sich vorstellt, dass jede Woche wie zwei Wochen ist. Dennoch macht sie nichts anderes als zu der Zeit vor der Depression, sie geht arbeiten und bestreitet ihren Alltag. Allerdings sieht sie heute die Probleme die sich ihr in den Weg stellen viel gelassener und reibt sich nicht mehr so schnell an diesen auf und kommt so auch viel besser vorwärts. Mit ihrem Sohn geht sie hin und wieder wandern, wobei sehr schönen Gespräche entstehen. Sie sprechen über die Zeit ihrer Depression und wie er diese wahrgenommen hat. Für sie ist es sehr schön über diese Zeit zu reden, denn sie hat diese schwere Zeit noch immer in ihren Erinnerungen und so lohnt es sich ab und zu darüber zu sprechen. Sie sagte, dass alles noch sehr präsent ist und sie nichts vergessen hat. Sie hat auch immer noch das Gefühl durch ihre Gedanken mit ihrem Mann verbunden zu sein, dies findet sie sehr schön und beruhigend. Seit dieser Zeit hat sie aber auch einiges neu entschieden. Sie lebt heute mit einem neuen Partner zusammen, allerdings ist es nun eine andere Situation, da sie kein gemeinsames Kind haben. Beide leben sehr selbständig und wollen keine Abhängigkeit, was auch sehr gut funktioniert. 36 36 37 37

Während dem Jahr macht sie viel mit ihren Bekannten und Freunden, den sie geniesst es wenn etwas los ist, allerdings kann sie heute auch sehr gut mit sich alleine sein. Im Moment hat Frau M. keine Angst rückfällig zu werden, weil es ihr wirklich gut geht. Sie sagte, dass diese eineinhalb Jahr eine Trauerzeit waren, an welche eine Depression gekoppelt war. Sie hat verschiedene Therapien und Medikamente ausprobiert, doch schlussendlich war es die innere Verarbeitung des Erlebten, ohne dass sie sich diesem bewusst war, welche sie wieder zurück in ihr Leben gebracht hat. Heute weiss sie ganz genau, dass es immer nur das hier und jetzt gibt und man nie genau weiss, wie lange es einem gut geht. Es ist für sie sehr wichtig einen Schritt nach dem anderen zu machen und sie nicht von banalen Dingen aufregen zulassen, doch es gibt keine Garantie, dass sie nicht mehr rückfällig wird. Frau M. denkt, dass es auch früher depressive Menschen gegeben hat, man hat es einfach nicht wahrgenommen, da man nicht darüber geredet hatte, weil man dies vielleicht nicht durfte. Man hat es auch oft versteckt, doch sie selbst konnte aber sofort darüber reden. Mit dem Bündnis gegen Depression wird man heute viel mehr über Depressionen informiert. Sie weiss nicht ob es heute mehr depressive Menschen gibt als früher, aber was sicher ist, ist das man einfach mehr darüber redet. Ein weiterer Grund für die vielen Erkrankungen an einer Depression in der heutigen Zeit könnte sein, dass wir heute eine ziemlich hohe Lebenserwartung haben und dadurch auch vermehrt Krankheiten entstehen. Ein anderer Aspekt ist auch, dass heute die Frauen sehr viel selbständiger sind als früher. Früher war es klar, dass die Frau zu Hause war und heute gibt es die Möglichkeit, dass auch eine Mutter berufstätig sein kann. So muss man sich heute viel mehr Gedanken um die Zukunft machen. Auch durch die Arbeit heutzutage können Depressionen entstehen, wenn man zu viel arbeitet oder unter einem zu grossen Druck steht. Zum Schluss erzählte sie mir noch, dass es für sie sehr wichtig war, eine Person zu haben mit welcher sie, während ihrer Depression immer hatte reden können. Ihre Freundin hatte ihr gesagt, dass sie sie um jeder Zeit anrufen könne, wenn es ihr nicht mehr gut geht. Dass hat sie sehr geschätzt und es hat ihr auch eine gewisse Sicherheit gegeben. Frau M. sagte, dass sie sich sehr freue, wenn andere Leute ihre Erfahrungen lesen können und so ein wenig mehr über die Krankheit Depression erfahren. 12.2 Interview mit dem Facharzt In welcher Jahreszeit treten am meisten Menschen, welche an einer Depression erkrankt sind, in eine psychiatrische Klinik ein? Ich kann zu dieser Frage keine exakte Antwort geben. Hier müßten Sie eine Eintritts- und Diagnosenstatistik einer psychiatrischen Klinik zu Rate ziehen. Eine weitergehende Frage wäre, ob es Jahreszeiten-abhängig mehr oder weniger depressiv Erkrankte gibt; nicht jeder depressiv Erkrankte tritt ja in eine Klink ein. Wir haben im Winter zum Beispiel mehr depressive Erkrankungen auf Grund der saisonal abhängigen Depression oder Winterdepression (SAD). Diese wird jedoch häufig nicht in Kliniken behandelt, sondern zu Hause, z.b. mit Lichttherapie. Eine Taiwanesische Metaanalyse aus dem Jahr 2010 beschreibt, daß es in tropischen Gegenden keine jahreszeitlichen Einflüsse auf die Inzidenz auf Depressionen gibt. Der depressogene Effekt scheint abhängig zu sein von der durchschnittlichen Tagestemperatur. Der zugrunde liegende biologische Mechanismus scheint komplex zu sein und ist nicht vollständig verstanden. Aus meiner Zeit in der Klinik erinnere ich mich, daß die Zuweisungsrate nicht nur von der Erkrankungshäufigkeit und schwere abhängt, sondern auch von anderen Umständen: so werden in den Sommerferien eigentlich pflegebedürftige ältere Menschen gerne vorübergehend in Kliniken untergebracht. Gefühlt gibt es eine Häufung von Depressionen vor Weihnachten, wo insbesondere alleinstehende Menschen zu einer Symptomverstärkung neigen. Kommen Personen, die an einer Depression erkrankt sind, freiwillig in die Klinik, oder werden sie auf Wunsch/Befehl der Familie/Bekannten/Arzt zur Behandlung in die Klink geschickt? Nach geltendem Recht darf die Einweisung in eine Klinik nur durch eine Fachperson vorgenommen werden, und nur, wenn eine unmittelbare Gefahr für das Leben der Betroffenen (Suizidalität) oder für Dritte besteht. Es ist sicherlich für depressiv Erkrankte häufig schwierig, Einsicht in die Notwendigkeit einer Klinik Behandlung zu zeigen; andererseits gibt es Patienten, die freiwillig in eine Klinik kommen, weil sie dies als Entlastung für sich selber oder für ihre Angehörigen ansehen. 38 Waren alle Patienten, die in die Klinik eingewiesen werden, vorher in ärztlicher Behandlung? In der Regel finden Klinikeinweisungen nur auf Veranlassung eines Arztes statt. Nur in seltenen Fällen kommt es zu Selbsteinweisungen von Patienten oder durch Nichtfachleute. Inwieweit ein Arzt, der eine Klinikeinweisung vornimmt, vorher auch eine ambulante Behandlung durchgeführt hat, kann ich statistisch genau nicht sagen. Zu vermuten ist aber, dass dies in den meisten Fällen so ist. Sehr viele depressiv Erkrankte werden von ihren Hausärzten behandelt, ein weiterer wesentlicher Teil von Fachärzten für Psychiatrie. 38 39 39