Sabine Wehner-Zott Prof. Hubertus Himmerich. Die Seele. heilen. Ein Mutmachbuch für Depressive und ihre Angehörigen

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Transkript:

Sabine Wehner-Zott Prof. Hubertus Himmerich Die Seele heilen Ein Mutmachbuch für Depressive und ihre Angehörigen

»Die Depression brachte mein Leben völlig durcheinander, aber auch das meines Umfeldes. Meine FAMILIE hatte das GEFÜHL, mich nicht mehr erreichen zu können. Zudem bekam sie die Auswirkungen der DEPRESSION auf ihren Alltag zu spüren, denn ich war auf einmal nicht mehr die zupackende, alles managende Frau. In seiner NOT brachte mich mein Mann zu einem Psychiater und der wies mich mit der Diagnose»schwere depressive Episode«sofort in eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ein. Das alles liegt jetzt fast drei Jahre zurück. Was ich während der Depression für absolut unmöglich gehalten hatte, ist eingetreten. Es geht mir wieder gut, und mein Leben geht seinen ganz NORMALEN GANG. An meinem Fall können Sie sehen, dass auch Ihre Situation nicht so düster bleiben wird, wie sie jetzt wahrscheinlich ist. Ich glaube, dass die ERFAHRUNGEN, die ich auf meinem Weg aus der Dunkelheit meiner Seele gemacht habe, HILFREICH sein können für Menschen, die unter einer Depression leiden und sich nichts sehnlicher wünschen, als wieder»normal«zu werden.«dr. Sabine Wehner-Zott

INHALT Vorwort... 6 Jeder kann depressiv werden...7 Sabine Wehner-Zott: Wie alles begann...8 In mir wuchs die Angst... 8 Als sei ich mir selbst abhanden gekommen... 9 In der Dunkelheit meiner Seele...10 Es geht mir wieder gut...10 Prof. Himmerichs Weg zur Depressionsforschung... 12 Fasziniert von Freud und Jung...12 Was ich über das Gehirn lernte...13 Doktorarbeit über Alkoholismus und Depression...14 Depressionsforschung am Max-Planck-Institut...14 Verhaltenstherapie und Antidepressiva...15 Die Claussen-Simon-Stiftungsprofessur...16 Das Leipziger Bündnis gegen Depression...16 Depression was ist das?... 17 Das wichtigste Kriterium...17 Symptome, Schweregrad und Verlauf von Depressionen...18 Spezielle Formen der depressiven Störung...20 Affektive Störungen...23 Ursachen für eine Depression...26 Partnerschaft, Familie und Arbeitsplatz...37 Was sich ändert und noch ändern sollte...39 Der Weg von der Diagnose zur Heilung... 43 Die Stunde der Wahrheit... 44 Meine»bösartige Traurigkeit«...44 In der akuten Depression...49 Depression ist keine Schande...52 2

Behandlungsmöglichkeiten... 55 Fachleute und Fachgebiete...55 Grundlagen der akuten Depressionsbehandlung...59 Therapieabschnitte und Therapieziele...60 Hausarzt oder Facharzt?...62 Ambulante Therapie oder Klinik?...63 Psychiatrische oder psychosomatische Klinik?...65 Von selbst wäre ich nie in Klinik gegangen...65 Psychotherapie und/oder Psychopharmaka...70 Psychopharmaka... 73 Antidepressiva und Gesamtbehandlungsplan...73 Zusatztherapien...74 Wirkweisen und Nebenwirkungen von Antidepressiva...76 Weitere Medikamente zur Depressionsbehandlung...84 Erste Erfahrungen mit Antidepressiva...88 Biologische Therapieverfahren... 90 Therapiealgorithmen... 92 Psychotherapie... 93 Psychotherapie bei Depressionen...93 Was Psychotherapie kann und soll...94 Psychotherapie in der Klinik Erfahrungsbericht...97 Offenheit von Anfang an... 100 Kognitive Verhaltenstherapie... 101 Tiefenpsychologisch fundierte und psychoanalytische Psychotherapie... 107 Interpersonelle Psychotherapie... 109 Kleine Selbsthilfemaßnahmen in der Akutphase... 111 Hoffnungssätze... 111 Das Stimmungstagebuch... 113 Die Stabilisierungsphase... 116 Das Ende der Akutphase... 116 Raus aus dem Morgentief... 117 Große Hilfe: ein Tagesplan... 118 Körperliche Betätigung... 121 3

INHALT Bewegung und frische Luft... 123 Zurück ins normale Leben... 124 Therapeutische Begleitung... 124 Wieder nach Hause... 129 Listen und Pläne... 129 Hilfe einfordern... 133 Umgang mit Freunden und Bekannten... 136 Entscheidungen treffen... 139 Rückkehr in die Berufstätigkeit... 145 Umgang mit schwierigen Situationen... 153 Kann die Depression wieder kommen?... 163 Erhaltungstherapie und Rückfallprophylaxe... 165 Ratgeber für Angehörige... 169 Erste Hilfe in der Akutphase... 170 Die Depression verstehen... 170 Liebe allein genügt nicht... 171 Bringen Sie den Erkrankten zum Arzt... 171 Suizidabsichten ernst nehmen... 174 Strategien für eine harte Zeit... 176 Die»Schuldfrage«... 176 Offener Umgang mit der Erkrankung... 177 Zuwendung statt Rückzug... 178 Überfordern Sie sich nicht... 183 Gönnen Sie sich Auszeiten... 184 Stehen Sie zu Ihren Gefühlen... 187 Holen Sie sich Unterstützung... 189 Wenn Kinder mit beteiligt sind... 193 Kindgerechte Erklärungen... 193 Kinder bis zur Pubertät... 194 Kinder ab der Pubertät... 196 4

Auf dem Weg in die Normalität... 199 Erste Begegnungen nach der Depression... 199 Zurück zu den Alltagsaufgaben... 200 Verhalten während der Therapiephase... 202 Hilfreiche Gesprächskultur... 204 Lebenskunst statt Depression... 209 Lebenskunst was ist das?... 210 Mehr als Wellness und Luxus... 210 Selbsterkenntnis die Basis für ein gesundes Leben... 211 Das richtige Maß finden... 214 Stolpersteine auf dem Weg zum Glück... 218 Zu viel wollen... 218 Vergötzung und Perfektionismus... 219 Festhalten, vergraben, verbittern... 221 Dem Glück auf die Sprünge helfen... 223 Eine kleine Glücksschule... 223 Stille und Raum für Rituale... 228 Schlussbetrachtung... 231 Anhang... 232 Selbsttest: Bin ich depressiv?... 232 Stiftung Depressionshilfe... 233 Bücher und Adressen, die weiterhelfen... 234 Danksagung... 236 Register... 237 Impressum... 240 5

SABINE WEHNER-ZOTT Wie alles begann Vor über drei Jahren schlitterte die Lehrerin Dr. Sabine Wehner-Zott in eine tiefe Depression. Sie hat sich mit ihrer Krankheit und dem Weg ihrer Genesung intensiv auseinandergesetzt, und so ist schließlich dieses Buch entstanden. In mir wuchs die Angst Wochenlang arbeitete ich bis zur Erschöpfung, verzettelte mich dabei ziellos in Kleinigkeiten und stellte jeden Abend mit Schrecken fest, dass ich nicht annähernd das Pensum geschafft hatte, das ich mir vorgenommen hatte. Nachts wälzte ich mich im Bett hin und her, plante, machte mir Sorgen und schlief immer weniger. Wenn ich doch einnickte, dann schreckte ich nach kurzer Zeit schweißgebadet auf und mir war, als hätte ich in meinem Kopf ein Gedanken- und Sorgenkarussell, das sich mit jedem Tag schneller drehte. 8

Wie alles begann Und je schneller es sich drehte, desto verzerrter nahm ich die Realität wahr und desto schwieriger wurde es für mich, an andere Dinge zu denken als an meine übergroßen Sorgen. Diese nahmen in meiner Vorstellung solche Dimensionen an, dass sie alles, was es Positives in meinem Leben gab, verdrängten. Von meinen Problemen konnte mich nichts ablenken. Ich weinte oft und in mir wuchs die Angst, dass mit mir etwas Schwerwiegendes nicht in Ordnung sein könnte. Als sei ich mir selbst abhanden gekommen Eines Tages war es dann so weit. Ich hatte mich wieder die ganze Nacht schlaflos hin und her gewälzt, Lösungsmöglichkeiten für das in meiner Vorstellung immer größer werdende Problem gesucht und als unrealistisch verworfen. Tagsüber hatten sich wie schon in den vorhergegangenen Tagen düstere Grübeleien mit zielloser, unproduktiver Aktivität abgewechselt. Der Tag, an dem ich endgültig wusste, dass etwas in meinem Kopf nicht mehr stimmte, war ein schöner, warmer Sommertag. In mir aber war es dunkel und kalt. Ich war mit dem Fahrrad auf dem Weg nach Hause. Und plötzlich geschah es: Als hätte ich eine CD mit Kratzer in meinem Kopf, konnte ich nur noch den einen Satz denken:»wir schaffen es nicht und ich bin schuld!«der Satz wuchs wie ein riesiger schwarzer Schatten und verdrängte alles andere. Und schließlich musste er raus, wollte ausgesprochen, herausgeschrien werden. Ich sprang vom Fahrrad, warf es auf den Gehweg, taumelte nach Hause,»Wir schaffen es nicht...!«in einer Endlosschleife vor mich hinbrabbelnd. Und neben diesem Gedanken hatte nur noch eine schreckliche Gewissheit Platz: Etwas in meinem Denken funktionierte nicht mehr richtig und ich konnte nichts, aber auch rein gar 9

Jeder kann depressiv werden nichts dagegen tun! Ich wankte ins Haus, lief wie ein eingesperrter Tiger im Wohnzimmer im Kreis.»Wir schaffen es nicht und ich bin schuld«, gab ich ununterbrochen erst flüsternd, dann schreiend von mir, und um mich zu»bestrafen«, fing ich an, mich in den Oberarm zu zwicken. Ich hatte vollkommen die Kontrolle über mein Denken und Handeln verloren. Mir schien es, als sei ich mir selbst abhanden gekommen. Mein ganzes Leben war aus den Fugen geraten, und ich war unfähig, das zu ändern. In der Dunkelheit meiner Seele Die Depression brachte mein Leben völlig durcheinander, aber auch das meines Umfeldes. Meine Familie hatte das Gefühl, mich in der Dunkelheit meiner Seele nicht mehr erreichen zu können. Und die Finsternis in mir überschattete auch ihr Leben. Zudem bekamen meine Angehörigen die Auswirkungen der Depression auf ihren Alltag zu spüren, denn ich war auf einmal nicht mehr die zupackende, alles managende Frau. Und das, was ich früher alles mit links erledigt hatte, blieb liegen. Wir alle fühlten uns völlig hilflos und unsicher und es war für uns alle ganz furchtbar. In seiner Not brachte mich mein Mann zu einem Psychiater und der wies mich mit der Diagnose»schwere depressive Episode«sofort in eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ein. Es geht mir wieder gut Das alles liegt jetzt über drei Jahre zurück. Das, was ich während der Depression für absolut unmöglich gehalten hatte, ist eingetreten. Es geht mir wieder gut und mein Leben geht seinen ganz normalen Gang. An meinem Fall können Sie sehen, dass auch Ihre 10

Wie alles begann Situation nicht so düster bleiben wird, wie sie jetzt wahrscheinlich ist, da Sie dieses Buch in Händen halten. Ich glaube, dass meine Erfahrungen auf dem Weg aus der Dunkelheit meiner Seele hilfreich sein können für Menschen, die unter einer Depression leiden und sich nichts sehnlicher wünschen, als wieder»normal«zu werden. Ein Mutmachbuch Auf dem Weg aus der Depression stellte ich fest, dass mein Verhalten, dass alles, was ich tat oder auch nicht tat, mein Befinden beeinflusste. Aber auch wie meine Mitmenschen sich mir gegenüber verhielten, hatte positive oder negative Auswirkungen auf meinen Gefühlszustand. Als es mir wieder gut ging, analysierte ich, was in dieser schwierigen Zeit mein Wohlbefinden gestärkt oder geschwächt hatte, und ich schrieb es auf. Prof. Himmerich war erfreulicherweise bereit, meine Aufzeichnungen aus medizinischer und psychotherapeutischer Sicht zu ergänzen. Dieses Buch will kein Lehrbuch zum Thema Depression sein; es versteht sich als ein für Laien gut verständlicher Ratgeber. Es versucht, die Depression nicht nur in düsteren Farben zu malen, sondern bei allem Leid auch einmal ein Lächeln zuzulassen. Es ist ein Mutmachbuch. Ich habe nämlich am eigenen Leib beziehungsweise der eigenen Seele erfahren: Depressionen gehen wieder vorbei, sie sind gut behandelbar und hinterlassen keine negativen Charakterveränderungen. 11

Der Weg von der Diagnose zur Heilung Wirkweisen und Nebenwirkungen der Antidepressiva Prof. himmerich Wichtig bei der Psychopharmakotherapie mit Antidepressiva sind darüber hinaus eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung und die Aufklärung der Betroffenen über die Wirkung des empfohlenen Antidepressivums. Hier das Wichtigste in Kürze, das Sie über ein Antidepressivum wissen sollten. Das Medikament gleicht Störungen in der Kommunikation zwischen Nervenzellen aus und wirkt so positiv auf das Befinden ein, entfaltet erst in ein paar Tagen bis Wochen seine positive Wirkung, kann Nebenwirkungen haben, macht nicht abhängig, darf nicht abrupt und ohne Absprache mit dem Arzt abgesetzt werden. Sollen verschiedene Psychopharmaka kombiniert werden, aber auch wenn Sie Medikamente für andere Erkrankungen einnehmen, muss der Arzt mögliche Wechselwirkungen der verschiedenen Arzneimittel beachten. Ein Präparat kann beispielsweise den Abbau des anderen behindern, sodass giftige Medikamentenkonzentrationen im Blut erreicht werden. Es könnte auch passieren, dass durch ein Medikament das andere sehr schnell abgebaut wird und dieses dann keine Wirkung entfalten kann. Um solche unerwünschten Wechselwirkungen zu erkennen und zu verhindern, kann die Konzentration eines Medikamentes im Blut bestimmt werden. Dies wird als»therapeutisches Drug Monitoring«bezeichnet. 76

Psychopharmaka Die Wirkung von Rückaufnahme-Hemmern Depressionen gehen mit einer Stoffwechselstörung im Gehirn einher. Die Antidepressiva normalisieren vor allem den Stoffwechsel bestimmter Neurotransmitter, also der Botenstoffe des Gehirns (siehe dazu S. 34 37). Die meisten Antidepressiva zielen darauf ab, die Konzentration der Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin oder Dopamin im Spalt einer Synapse zu erhöhen. Dies tun sie, indem sie die Rückaufnahme des Neurotransmitters in die Nervenzelle, die ihn ausgeschüttet hat, hemmen. Deshalb heißen einige Klassen von Antidepressiva Rückaufnahme-Inhibitoren oder Rückaufnahme- Hemmer. Antidepressiva, die zum Beispiel die Serotonin-Rückaufnahme hemmen, bezeichnet man dann als Serotonin-Rückaufnahme-Hemmer. Die Rückaufnahme von Neurotransmittern wird je nach Medikament und Dosis in unterschiedlichem Ausmaß gehemmt. Selektive Serotonin-Rückaufnahme-Hemmer Unter selektiven Rückaufnahme-Hemmern versteht man Medikamente, die im Unterschied zu den trizyklischen Antidepressiva (siehe S. 83) auf den Stoffwechsel von einem oder zwei Botenstoffen des Gehirns einwirken. Die aktuell am häufigsten eingesetzte Gruppe von Antidepressiva sind die selektiven Serotonin- Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRIs) beziehungsweise -Hemmer. Sie werden vor allem deswegen meist als Erstes angewendet, weil sie bei den meisten Menschen keine oder nur geringe Nebenwirkungen hervorrufen. Zu den SSRIs zählen Fluvoxamin, Fluoxetin, Citalopram, Escitalopram, Sertralin und Paroxetin. Diese hier aufgeführten Namen sind die Wirkstoffe der Antidepressiva. Jedes Medikament hat einen Handelsnamen, der dick auf jede Verpackung gedruckt ist, und einen Wirkstoff, der in dem Medikament enthalten ist. Wenn in 77

Der Weg von der Diagnose zur Heilung Die Spirale sich bessernder Stimmung: Der Zusammenhang von Stimmung und ersten Aktivitäten. 5. Ihre Stimmung wird besser und Sie planen weitere Unternehmungen, die Ihnen Freude machen. 4. Sie tun außer Ihren Pflichten noch bewusst etwas, das Ihnen Spaß macht. 3. Sie freuen sich über Ihren Erfolg und Ihre Laune wird besser. 2. Sie raffen sich trotzdem auf und machen etwas, das Sie schon lange tun wollten. 1. Ihre Stimmung ist auf dem Nullpunkt und Ihnen ist alles zu viel. Die Spirale sich bessernder Stimmung: der Zusammenhang von Stimmung und ersten Aktivitäten 106

Psychotherapie Training sozialer und kommunikativer Fertigkeiten Darüber hinaus gehört zur KVT das soziale Kompetenztraining, in dem es darum geht, mit schwierigen sozialen Situationen zurechtzukommen und eigene Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle so zu äußern, dass die Äußerung weder unterwürfig noch aggressiv wirkt. Von großer Bedeutung ist auch das Expositionstraining, bei dem der Patient lernt, genau die Situationen zu meistern, die für ihn in der Depression oder vor der Entwicklung einer Depression problembehaftet waren. Nehmen wir an, Sie haben Angst vor Ihrem Chef. Stellen Sie sich zunächst eine schwierige Situation mit Ihrem Chef vor möglichst bildlich, in entspanntem Zustand und mit geschlossenen Augen. Sobald Angst oder Anspannung auftreten, machen Sie eine Entspannungsübung, die Sie im Entspannungstraining gelernt haben, bis Sie die Situation in Ihrer Vorstellung entspannt durchleben können. Dann könnten Sie zusammen mit Ihrem Therapeuten oder einem anderen Patienten in einer Gruppentherapie die Situation nachspielen. Und wenn Sie das ganz entspannt geschafft haben, könnten Sie sich der Situation tatsächlich aussetzen. Zuvor sprechen Sie mögliche Probleme und wie Sie darauf reagieren mit Ihrem Therapeuten durch und üben auch das im Rollenspiel. Sie können die Situation jetzt gut meistern, wie ein Musiker zu Hause am Klavier alle Schwierigkeiten seines Stückes geübt hat und es nun im Konzertsaal präsentiert. Prof. himmerich Tiefenpsychologisch fundierte und psychoanalytische Psychotherapie Bei der klassischen psychoanalytischen Behandlung liegt der Patient auf einer Couch und die»sitzungen«mit dem Analytiker 107

Über die Autoren Dr. Sabine Wehner-Zott ist promovierte Anglistin, arbeitet als Gymnasiallehrerin für Englisch und Religion und hat eine Zusatzausbildung in Logotherapie bei Frau Dr. Elisabeth Lukas absolviert. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und drei Söhnen in München. 2006 erlitt sie eine schwere Depression. In diesem Buch möchte sie allen Zuversicht vermitteln, die unter der Erkrankung leiden und weitergeben, was ihr selbst dabei geholfen hat, die Depression zu überwinden. Prof. Dr. Hubertus Himmerich arbeitete am Max-Planck-Institut (MPI) für Psychiatrie, dem besten Forschungsinstitut für Depressionen, bevor er an die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig berufen wurde, wo er eng zusammenarbeitet mit dem bekannten Depressionsforscher Prof. Ulrich Hegerl. Im Rahmen des Leipziger Bündnisses gegen Depressionen engagiert er sich zusammen mit Hausärzten und nieder gelassenen Psychiatern sowie Angehörigen depressiver Patienten. Ihm ist es ein Anliegen, mit diesem Buch an Depressionen erkrankten Menschen Mut zu machen, sich helfen zu lassen und bei dieser Hilfe aktiv und sinnvoll mitzuwirken.

Aus der Depression zurück ins Leben Wie kann es geschehen, dass jemand, der mit beiden Beinen im Leben stand, depressiv wird und seinen Alltag nicht mehr bewältigen kann? Und wie kann der Weg von der Depression zurück zu neuem Lebensmut aussehen? Dieser Ratgeber be antwortet einfühlsam und fundiert alle wichtigen Fragen zum Thema Depression. Aus der Sicht der Betroffenen: Der Weg von den ersten Anzeichen der Depression über die akute Phase bis zur Rückkehr in den Alltag. Aus der Sicht des Depressionsforschers: Die vielfältigen Ursachen für Depressionen, wie man sie richtig diagnostiziert und fachkundig behandelt. Lebenskunst statt Depression: Welche inneren Haltungen und praktischen Tipps dabei helfen können, die wieder gewonnene Lebensfreude zu nähren und einen Rückfall zu verhindern. WG 481 Lebensführung ISBN 978-3-8338-2133-2 www.gu.de 16,99 [D] 17,50 [A]