Steinerne Vielfalt im Trentino

Steinerne Vielfalt im Trentino Mitte Oktober veranstaltete die Italienische Handelskammer München-Stuttgart eine Natursteininformationsreise für Architekten, Innenarchitekten und Einkäufer nach Trient. An drei Tagen erhielten die Teilnehmer Einblick in die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten mit Natursteinen aus der Region Trentino, darunter Porphyr, Rosso Trento und Verdello. rei Tage, zwei Steinbrüche, zehn Firmen, ein Prüflabor und ein Museum so lautete das Programm für rund 20 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die vom 12. bis 15. Oktober auf Einladung der Italienischen Handelskammer nach Trient gekommen waren. Bei einer Stadtführung erfuhren die Architekten, Innenarchitekten und Einkäufer zunächst Wissenswertes über die Stadtgeschichte und einstmals große Bedeutung Trients v. a. während der Konzilzeit 1545 bis 1563. Bodenbeläge, Treppenstufen, Brunnen, Gedenktafeln, Fassaden oder ganze Bauwerke zeugen in der ganzen Stadt von der langen Tradition der rund 25 in der Region Trentino heimischen Natursteine. Bereits die Römer schätzten den Trentiner Porphyr als Baumaterial und nutzten ihn für Bildhauerarbeiten. Rosso Trento und Verdello Mit dem Ziel, auch den heutigen Baumeistern und Planern die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der um Trient vorhandenen Natursteine näher zu bringen, startete die Reisegruppe am nächsten Morgen mit einer Exkursion zum Steinbruch Pila di Villamontagna, in dem Rosso Trento und Verdello gewonnen werden. Dott. Andrea Angheben, Direktor der E.S.PO. (Gesellschaft für Porphyrentwicklung), und Paolo Zoni, Eigentümer des Bruchs und Vizepräsident des C.E.T., der Genossenschaft für die Gewinnung und den Vertrieb aller anderen in der Provinz Trient vorhandenen Natursteine, informierten vor Ort über die Besonderheiten des weißen Kalksteins Verdello und des fossilienreichen rötlichen Sedimentgesteins Rosso Trento. Außerdem gaben sie Auskunft über deren Abbau mit Diamantseilsägen, die Weiterverarbeitung zu Blöcken und ihre Anwendungsmöglichkeiten in Form von Treppenstufen, Bodenbelägen, Denkmälern etc. im Innenund Außenbereich. Die Reisegruppe mit Übersetzerinnen vor dem Porphyrmuseum in Albiano; vorne rechts Melania Rebonato, Projektmanagerin bei Trentino Sprint, links daneben Dott. Andrea Angheben von der E.S.PO. und Andrea Lotti (1. Reihe, 2.v.l.), Geschäftsführer der Italienischen Handelskammer in der Schweiz E.S.PO. Gesellschaft für Porphyrentwicklung Danach stand ein Besuch des Porphyrmuseums»Casa del Porfido«in Albiano auf dem Programm. Neben einer Ausstellung über die Geschichte der Porphyrindustrie im Untergeschoss beherbergt das am 19. September eröffnete Museum auch Büroräume der E.S.PO. Die heute über 60 Mitglieder starke Gesellschaft für Porphyrentwicklung wurde in den 1970er Jahren von Porphyrverarbeitern mit dem Ziel gegründet, Kräfte zu bündeln, ihren 2 Naturstein 12 11

Dipl.-Ing. Paul Prinz, Architekt, Wien:»Ich verbaue häufig Naturstein, aber dafür eher kleinere Mengen. Als Bodenbelag ist das Material leider oft zu teuer es sei denn man greift auf Chinaware zurück. Das versuche ich zu vermeiden, weil die Qualität hier meist nicht hält, was sie verspricht. Gerade bei Altbausanierungen ist es oft schwierig, einen Stein zu finden, der zu dem bereits eingesetzten passt. Bei der Auswahl beraten mich Händler und Steinmetze.«Besichtigung des Steinbruchs Pila di Villamontagna, in dem Rosso Trento abgebaut wird Naturstein auf den internationalen Märkten bekannt zu machen und die erworbenen Material- und Verarbeitungskenntnisse weiterzugeben. Da sich die Gesellschaft auch als Vermittler zwischen Verantwortlichen aus der Baubranche bzw. der öffentlichen Verwaltung und dem industriellen Sektor versteht, organisiert sie u.a. Verlege-Workshops, bietet technische Beratung für Städtebauer und -planer und erforscht neue Verlegemethoden.»Wir haben früher den Fehler gemacht, den Porphyr ohne weitere Einweisung an unsere Kunden zu verschicken. Häufig wurde er nicht fachgerecht verlegt und es kam zu Schäden, die letztlich dem Image unseres Steins schadeten«, so Anfrea Angheben.»Deshalb bieten wir inzwischen Schulungen und gewährleisten einen Kundendienst auf der Baustelle, der die Verleger richtig anleitet.«außerdem habe man in Zusammenarbeit mit der autonomen Provinz Trient das Qualitätssiegel»Porfido Trentino Controllato«eingeführt. Das Zeichen entspricht den neuesten Standards der EU (EN 1341, EN 1342, EN 1343) und zeichnet Porphyrprodukte aus, deren Qualität von der E.S.PO. geprüft wurde. Darüber hinaus hat die Gesellschaft eine Lohnausgleichskasse und Umweltschutzmaßnahmen bei der Porphyrgewinnung/-verarbeitung eingeführt. Auch das Porphyr-Handbuch wurde durch die Gesellschaft initiiert und herausgegeben (weitere Infos unter www.porfido.it). Margarita Salmerón Espinosa, Architektin, Zürich:»Ich bin Assistentin an der ETH Zürich und muss demnächst eine Vorlesung über Glasfassaden vorbereiten. Deshalb ist es toll, dass ich auf dieser Reise von der Studie des DNV über Naturstein- versus Glasfassaden und von der Steindatenbank auf www.natursteinonline.de erfahren habe.«porphyrverarbeitung, Pflastertestbahn und Prüflabor Anschließend fuhr die Reisegruppe zum Steinbruch der Firma Albianporfidi, wo die Teilnehmer u. a. dabei zuschauen konnten, wie Porphyr zu Pflastersteinen Dott. Andrea Angheben (l.) erklärt die Porphyrverarbeitung im Steinbruch der Firma Albianoporfidi. Anhand einer Bahn mit Porphyrpflaster-Musterflächen führt die E.S.PO. Tests zu Verlegemethoden und -produkten durch. Naturstein 12 11 3

Dipl. Ing. Michael Kammerer, Raumplan GmbH, Eschbach:»Es ist noch gar nicht lange her, dass ich Naturstein zum ersten Mal eingesetzt habe. Mich fasziniert der emotionale Aspekt viele Sorten wirken mit ihrer Zeichnung eher wie ein Gemälde als ein Baumaterial. Wichtig ist, dem Kunden zu vermitteln, dass er mit Naturstein immer ein Unikat erhält.«perfekte Kombinationen aus Stein und Holz der Firma Zaninelli: Waschbecken aus Porphyr und Unterschrank aus Lärchenholz Verkaufsleiter Christian Bruni gibt Auskunft über die Materialien im Rohplattenlager der Firma Marmi Alberti in Affi. Im Porphyrbruch der Firma Girasole können auch großformatige Porphyrplatten gewonnen werden. verarbeitet wird. Die Oberfläche, die nach dem Abbau beim Spaltvorgang des Materials entsteht, ist quasi schon perfekt und muss nicht weiterbearbeitet werden. Vom Berg ging es dann wieder ins Tal nach Rovereto, wo die Reisegruppe eine von der E.S.PO. angelegte Testbahn für Straßenbelag in Augenschein nehmen konnte.»anhand von neun Feldern, in Sigrun Musa, INDEX- Architekten, Frankfurt:»Ursprünglich habe ich das Schreinerhandwerk gelernt und verwende deshalb viel Holz. Was die Individualität betrifft, ist Stein Holz gar nicht unähnlich, bietet aber andere Vorteile.«Johannes Sebastian Meuser, HM Bauconsulting, Mettmann:»Mein Interesse an Naturstein ist eher privater Natur. Ich bin fast ausschließlich für Auftraggeber der Öffentlichen Hand tätig, denen immer weniger Geld zur Verfügung steht. Da kommt Naturstein aufgrund des Preises oft nicht in Frage. Im Frühjahr habe ich bereits an einer ähnlichen Reise nach Carrara teilgenommen und war fasziniert von der natürlichen Schönheit der Natursteine. Leider erlebe ich oft, dass Handwerker das Material eher lieblos oder mit wenig ästhetischem Feingefühl einsetzen.«denen Porphyrpflaster aus dem gleichen Steinbruch auf Beton- oder Kiesuntergrund mit verschiedenen Verfugmaterialien verlegt wurde, wollen wir prüfen, welche Kombination aus Untergrundund Fugmittel am widerstandsfähigsten gegen starke Beanspruchung durch Baustellenfahrzeuge ist«, so Angheben. Zum Abschluss des Tages besuchten die Reiseteilnehmer ein vom C.E.T. geführtes Prüflabor, in dem z.b. getestet wird, ob ein Produkt die Bedingungen für das CE- Zeichen erfüllt. Institutsmitarbeiter demonstrierten u. a., wie man die Druck-, Abriebs- und Rutschfestigkeit eines Materials feststellt. Interior- und Exteriordesign Im Fokus des letzten Tags der Natursteinreise standen Interior- und Exteriordesign. Je nach Interesse besichtigten die Teilnehmer Firmen mit der einen oder anderen Ausrichtung. Die Gruppe für Interiordesign stattete als erstes der über 40 Jahre alten Firma Zaninelli/Colombini in Civezzano-Fornace einen Besuch ab. Das 4 Naturstein 12 11

fünfköpfige Familienunternehmen mit eigener Schreinerei ist auf Maßanfertigungen von Küchen und Bädern aus heimischen Materialien spezialisiert. Dieses Jahr war das Unternehmen zum ersten Mal mit elf anderen natursteinverarbeitenden Betrieben aus dem Trentino auf einem Gemeinschaftsstand auf der Marmomacc präsent. Geschäftsfüherer Luca Zaninelli und seine deutschsprachige Frau Antje führten persönlich durch den Betrieb und gaben bereitwillig Auskunft über ihre hochwertigen Natursteinobjekte, die sie stilvoll mit Holz kombinieren. Großen Wert legt der Geschäftsfüher auf kurze Wege bei der Materialbeschaffung, Umweltfreundlichkeit (Stromgewinnung durch Sonnenenergie, Abwasseraufbereitung, etc.) und auf Qualität (www.zaninelli.it). Die noch junge Firma Girasole Porfidi gewinnt und verarbeitet hochwertigen Porphyr aus dem eigenen Steinbruch. Aufgrund der Beschaffenheit des Materials Die Firma Rinomar vertreibt neben Rohplatten auch hauchdünnes Natursteinfunier aus Schiefer und dekorative Wandverkleidungen. wird der Stein hier in senkrechten Schichten mithilfe eines Bohrhammers abgebaut.»noch vor Ort spalten Fachkräfte die Bruchstücke per Hand und sortieren sie nach Größe.»Plattenformate bis zu 30 x 60 cm oder 40 x 40 cm sind kein Problem«, sagt Alessandro Esswein, deutschsprachiger Vertreter von Girasole. Da der Porphyr im Farbton von Grau über Violett bis hin zu Grün variiere, hätten Kunden die Möglichkeit die Produkte gegen einen Aufpreis nach Farben sortiert zu bestellen.»unser Porphyrsortiment für den Innen- und Außenbereich ist in ver- 1/2 Anzeige quer Naturstein 12 11 5

Bernt Wolfgang Knychalla, Knychalla + Team Architektur und Freiraum, Neumarkt:»Ich arbeite in einem Architekturbüro, das auch im Landschaftsbau tätig ist. Da viele Bauherren z. B. bei Böden einen unsichtbaren Übergang zwischen Innen und Außen wünschen, bin ich immer auf der Suche nach Steinen, die in beiden Bereichen eingesetzt werden können.«natursteinmuster aus der Next Vision-Kollektion»Slab Collection«der Firam Euro Porfidi schiedenen Oberflächenbearbeitungen erhältlich (z.b. Naturale oder Morbido) und seit Neuestem auch kalibriert mit 20 oder 13 mm Stärke«, betont Girasole-Geschäftsführer Massimiliano Pisetta (www.porfite.it). In den Niederlassungen der Firma Industria Marmi Alberti (s. Naturstein 9/2011, S. 30) in Ala und Affi beeindruckten v.a. die riesigen Lager mit kalibrierten Unmaßplatten aus Granit, Marmor, Travertin und Onyx, die mithilfe eines Barcodesystems verwaltet werden. Das Unternehmen, das seit 1960 in der Natursteinverarbeitung tätig ist und über eigene Sägereien verfügt, hat sich u.a. auf die Herstellung von Küchenarbeitsplatten, Verkleidungen und Fliesen spezialisiert. Als Hingucker waren auch Rohplatten mit neuen Oberflächenbearbeitungen wie Renate Ellmann, Krug Grossmann Architekten, Rosenheim:»Ich habe bisher nur gute Erfahrungen mit Naturstein gemacht und finde ihn als Baumaterial sehr reizvoll. Gerade setze ich z.b. Solnhofener in einem Kindergarten ein. Er passt zu dem gelblichen Stein, der dort bereits verbaut ist. Beraten hat mich der Verarbeiter.«z.B. Corteccia oder Juta zu sehen.»wir legen großen Wert auf Qualität und moderne Produktionstechniken«, erklärt Christian Bruni, Verkaufsleiter bei Marmi Alberti. Alle Rohplatten werden nach dem Spachteln und Polieren am Auslauf der Polierlinien kontrolliert und fotografiert. Eventuelle Farb- oder Oberflächenfehler speichern Mitarbeiter zusammen mit den Abmessungen in einer Datenbank ab. In einem Online-Lager auf der Unternehmenswebseite können Kunden den gesamten Materialbestand täglich aktuell einsehen (www.albertimarmi.it). Die Firma Euro Porfidi, die einen eigenen Porphyrbruch in der Nähe von Trient besietzt, empfing ihre Gäste im Showroom in Cavaion Veronese. Seit 2004 kooperiert das Unternehmen mit Küchen- und Badherstellern und bietet für diese Bereiche spezielle Oberflächenbearbeitungen an. Verkaufsleiterin Germana Allegri stellte neben dem Produktsortiment aus Porphyr, Quarzit, Schiefer, Granit, Marmor, Sandstein und Gneis für Innen- und Außenanwendungen auch die neuen Next Vision-Kollektionen vor: Die»Art Stone Collection«und die»slate Collection«der Designer Perusko-Sartori beinhalten u.a. neue Oberflächenmuster z.t. mit farbigen Lackierungen (www.euro-porfidi.it). Den letzten Programmpunkt im Bereich Interiordesign bildete eine Firmenbesichtigung bei Rinomar in Albarè di Costermano. Das Unternehmen kauft Blöcke, Unmaßplatten und Fertigware aus der ganzen Welt ein und fertigt daraus beispielsweise Küchenarbeitsplatten, Treppenstufen und Bodenplatten. Größter Abnehmer ist die Schweiz. Rinomar ist exklusiver Vertreter von OKITE für Italien. Der Quarzwerkstoff werde v.a. für Küchenabdeckungen nachgefragt, sagte Geschäftsführer Severino Lotti. Er präsentierte eine Auswahl seines Produktsortiments von 3 mm dünnem Schieferfunier über Wandverkleidungen aus Naturstein bis hin zu Mosaiken aus Kokosnussschale (www.rinomar.it). Die Gruppe mit dem Schwerpunkt»Exteriordesign«besuchte die Firmen Silpa (www.silpaporfido.com), Porfido Trentino (www.porfidotrentino.com) und das Consorzio Cavatori (www.porfido.net) in Albiano sowie die Unternehmen Albianporfidi in Lona-Lases (www.albianporfidi.it) und Porfidi Stenico Bruno im»casa del Porfido«(www.porfidistenico.com). L I T E R A T U R Susanne Storath Wer an weiteren Informationen über die in der Region Trentino heimischen Natursteine interessiert ist, dem sei der»atlas of Trentino Stone«empfohlen, der von der Kammer für Handel, Industrie, Handwerk und Landwirtschaft Trient herausgegeben wird (ISBN 978-8446-175-8). 6 Naturstein 12 11