Korrosionsschäden bei Schiffspumpen Holger Döbert anwendungsbezogene Werkstoffberatung Korrosion und Korrosionsschutz Schadensaufklärung Zusammenfassung Die Hauptkomponenten von Schiffspumpen zur Förderung von Seewasser werden üblicherweise aus Kupfergußlegierungen gefertigt. Neben Zinnbronzen und Rotguß wird insbesondere die Kupfer-Aluminium-Legierung (Aluminiumbronze) 2.0975 (G-CuAl10Ni) verwendet. Dieser Werkstoff bietet neben einer guten Beständigkeit in Seewasser auch einen erhöhten Widerstand gegen hohe Strömungsgeschwindigkeiten sowie die Einwirkung von Kavitation. Vorzeitige Korrosionsschäden mit diesem Material in Seewasser lassen sich fast immer auf die Anwesenheit weiterer korrosiv wirkender Komponenten zurückführen. Dazu gehören überhöhte Konzentrationen oxidierender Desinfektionsmittel, in Hafen- und Brackwasser vorhandene Anteile Ammoniak und Schwefelwasserstoff sowie Stoffwechselprodukte von Mikroben unter Bewuchs. Einleitung An Bord großer Schiffe ist eine Vielzahl von Kreiselpumpen zur Förderung von Seewasser installiert. Das Seewasser dient zur Kühlung der Schiffsmotoren, zum Trimmen, zum Befüllen der Ballasttanks sowie zum Betreibung der Trinkwasseranlage. Daneben sind einige Pumpen als Feuerlöschpumpen vorhanden. Die drucktragenden Bauteile sowie die Laufräder dieser Schiffspumpen bestehen im Normalfall aus Kupfergußlegierungen. Neben Zinnbronzen und verschiedenen Rotgußsorten kommt hier besonders die die Kupfer-Aluminium-Legierung (Aluminiumbronze) 2.0975 (G-CuAl10Ni) zum Einsatz. Dieser Werkstoff zeichnet sich neben einer guten Seewasserbeständigkeit auch durch seinen Widerstand gegen hohe Strömungsgeschwindigkeit sowie sein günstiges Kavitationsverhalten aus. Trotz allem kommt es bei der Verwendung von 2.0975 (G-CuAl10Ni) als Pumpenwerkstoff vereinzelt zu vorzeitigen Korrosionsschäden. Nach Erfahrungen des Autors lassen sich diese Schäden fast immer auf in reinem Seewasser nicht vorhandene, korrosiv wirkende Verunreinigungen zurückführen. Fall 1 Bei einem sehr großen Schiff traten innerhalb von 12 bis 18 Monaten nach Einbau der Schiffspumpen verheerende Korrosionsschäden an den meisten dieser Aggregate auf, welche in den beiden Hauptseewasserkreisläufen installiert waren. Diese Schäden entwickelten sich bereits während der Ausrüstphase des Schiffes, ihr verheerendes Ausmaß wurde erst kurz vor der geplanten Indienststellung bemerkt. Neben der Bildung voluminöser Beläge von Korrosionsprodukten in meisten Pumpen (Bild 1) wurden Anzeichen einer weit fortgeschrittenen Erosionskorrosion an Bereichen mit hoher Strömungsgeschwindigkeit ermittelt (Bild 2). Weitere Pumpen wären mit grünen, sich schleimig anfühlenden Kristallen gefüllt (Bild 3). 1
Darüber hinaus war das gesamte Rohrleitungssystem aus einem seewasserbeständigen Duplexstahl von einer fortgeschrittenen Lochkorrosion betroffen (Bild 4). Bild 1: starke, rostfarbene Beläge in einem Pumpengehäuse Bild 2: fortgeschrittene Erosionsnarben im Spaltbereich des Laufrades Bild 3: grüne, schleimige Kristalle in einem Pumpengehäuse Bild 4: Lochkorrosion an den Schweißnähten eines Rohrsegmentes Bei einer später durchgeführten EDX-Analyse einer entnommenen Probe stellte sich heraus, daß es sich bei den vorgefundenen grünen Kristallen um fast reines Kupferchlorid (CuCl2) handelte. An Bord des Schiffes waren entlang der beiden Hauptkreisläufe in regelmäßigen Abständen automatische Desinfektionssysteme mit Anoden aus Titan und Kupfer installiert, die dauerhaft in Betrieb waren. An den Titananoden entwickelt sich Chlor, die Kupferanoden gaben Kupfer- Ionen ab. Da die vorhandenen Pumpen nur alle paar Wochen kurzzeitig zwecks Probeläufen in Betrieb genommen wurden, konzentrierten sich die Seewasserkreisläufe im Stillstand mit Chlor und Kupferchlorid auf. Dies führte schließlich zu den verheerenden Schäden. Die meisten der an Bord befindlichen Seewasserpumpen mußten ausgetauscht werden, dazu kam eine sehr aufwendige Erneuerung des Rohrleitungssystems beider Hauptkreisläufe. Dazu mußte auch die Bordwand an den entsprechenden Bereichen geöffnet werden und das Schiff konnte erst mit beträchtlicher Verspätung in Betrieb genommen werden. Die resultierende Schadenssumme lag weit über 10 Millionen Dollar. Fall 2 Bei einer Kreiselpumpe 2.0975 (G-CuAl10Ni), welche auf einem Kreuzfahrtschiff zur Bedienung einer mit Seewasser betriebenen Klimaanlage eingesetzt war, wurde im Rahmen einer Revision nach 1 Jahr Einsatz am Laufrad ein ungewöhnliches Erscheinungsbild bemerkt. Neben spürbaren Materialverlusten im Eintrittsbereich der Schaufeln (Bild 5 und 7) kam es zur Bildung farbiger Beläge auf der Laufradoberfläche (Bild 5 bis 9). Stellenweise lagen kupferrote 2
Bereiche vor, die auf eine Entaluminierung, eine seltene, der Entzinkung von Messing ähnelnde selektive Korrosionsart von Kupfer-Aluminium-Legierungen hinwiesen (Bild 5, 6, 8 und 9). Bild 5 und 6: Seitenansicht und Eintrittsbereich des Laufrades Bild 7: scharf abgegrenzte Zone einer Schaufelkante mit poröser Struktur und kleinen tropfenförmigen Narben Bild 8: Bereich in einem Laufradkanal mit dünner kupferroter Schicht Bild 9: minimale Menge Kupfer unter farbigen Korrosionsprodukten Den farbigen Belägen und Schichten wurden verschiedene Proben entnommen und einer EDXAnalyse unterworfen. Die kupferroten Schichten bestanden hauptsächlich aus Kupfer und Kupferoxid, was die Entaluminierung belegt. Die farbigen Beläge setzten sich hauptsächlich aus Kupferchlorid, Aluminiumoxid und Kupferoxid, typischen Korrosionsprodukten von KupferAluminium-Legierungen zusammen, welche durch Einwirkung starker Oxidationsmittel entstehen. Es unklar blieb die Herkunft eines deutlichen Anteils von Quarz. Die erhöhten Materialverluste an den Eintrittskanten der Schaufeln sind auf die Überlagerung einer schwachen Kavitation mit einer oxidierend wirkenden Komponente im Seewasser (Erosionskorrosion) zurückzuführen. 3
Als Schadensursache wurde eine Überdosierung des zum Desinfizieren verwendeten Oxidationsmittels (Chlor, Hypochlorit) bzw. Fehlfunktion eines vorhandenen Desinfektionssystems diagnostiziert. Fall 3 Am Laufrad einer Schiffspumpe aus 2.0975 (G-CuAl10Ni) wurde im Rahmen eines Austauschs der Wellenabdichtung nach 10 Monaten Einsatz in Seewasser neben der Bildung dünner Beläge deutliche Materialverluste bemerkt (Bild 10 und 11). Bild 10 und 11: Entaluminierung sowie typische Merkmale der Erosionskorrosion Unter den Belägen kamen kupferrote Schichten zum Vorschein (Bild 10), an anderen Bereichen kleine, tropfenförmig verlaufende, durch scharfkantige Grate voneinander abgegrenzte Narben (Bild 11). Eine Untersuchung der Beläge mittels EDX-Analyse ergab als Hauptbestandteile Kohlenstoff und Schwefel und als Nebenbestandteile Eisen und Sauerstoff. Durch Anwesenheit von Schwefelwasserstoff und Sulfiden entwickelte sich eine Erosionskorrosion, verstärkt durch die Einwirkung einer leichten Kavitation. Der Eintrag und die Einlagerung von Rost bewirkte eine beginnende Entaluminierung, möglicherweise mit Beteiligung der Meeresbiologie. Fall 4 Gehäuse und Deckel einer Seewasserpumpe aus 2.0975 (G-CuAl10Ni) nach knapp einem Jahr Einsatz als Kühlwasserpumpe. Die Pumpe mußte aufgrund mehrerer Leckagen aus dem Betrieb genommen werden, wobei die Entstehung einer extrem starken, weit fortgeschrittenen Erosionskorrosion bemerkt wurde (Bild 12 und 13). Bild 12 und 13: Gehäuse und Deckel der Pumpe 4
Durch einen dauerhaften Betrieb in stark verunreinigtem Brackwasser führten erhöhte Anteile von Ammoniak, Ammonium-Ionen, Schwefelwasserstoff und Sulfide zu dem vorliegenden Schadensbild. Fall 5 An einer Motorkühlpumpe aus 2.0975 (G-CuAl10Ni) wurde nach einer Standzeit von 9 bis 12 Monaten Einsatz in Seewasser deutliche Materialverluste an den äußeren und oberen Kanten der Laufradschaufeln (Bild 14 und 15) ermittelt. Weiterhin waren starke Materialverluste am Austrittsbereich des Spiralgehäuses zu verzeichnen (Bild 16). Die Verluste an den oberen Schaufelbereichen (Bild 15 oben) und im Austrittsbereich des Gehäuses (Bild 16) sind typische Anzeichen der Einwirkung einer Kavitation. Die furchenartigen Narben an den Längskanten (Bild 15 links) weisen auf eine Erosionskorrosion hin. Bild 14: Ansicht des Laufrades Bild 15: Kavitation und Erosionskorrosion an einer Laufradschaufel Bild 16: Kavitation am Austritt (Zunge) des Spiralgehäuses Die Ansaugverhältnisse an der Pumpe waren alles andere als optimal. Dadurch entstand ein Abriß der Anströmung am Kantenbereich, wodurch sich der Kavitationsschaden und die Erosionskorrosion entwickeln konnten. Eine baugleiche Parallelpumpe zeigte ein ähnliches Schadensbild (Bild 17 und 18). 5
Bild 17 und 18: Laufrad der baugleichen Parallelpumpe Die ungünstigen Anströmverhältnisse der Pumpe(n) ließen sich konstruktiv bedingt nicht ändern. Daher Einsatz eines Materials mit höherem Widerstand gegen Kavitation und Erosionskorrosion. Duplexstahlguß 1.4517 (GX2CrNiMoCuN 25-6-3-3) Fazit Die Standardwerkstoffe für Schiffspumpen sind Aluminiumbronzen wie 2.0975 (G-CuAl10Ni). In 99 von 100 Fällen funktionieren diese ohne nennenswerte Probleme. In wenigen Fällen treten vorzeitige Schäden durch übermäßige Materialverluste auf. Der Einsatz von Pumpen aus einfachen Zinnbronzen oder Rotguß führt häufig zu einer schnell verlaufenden Erosionskorrosion. Durch übermäßige Desinfektion mit starken Oxidationsmitteln entstehen voluminöse Beläge, Erosionskorrosion sowie Entaluminierung. Ein dauerhafter Betrieb in Brackwasser (Schwefelwasserstoff, Ammoniak) bewirkt eine Erosionskorrosion und die Entstehung schwefelhaltiger Korrosionsprodukte. Ungünstige Anströmverhältnisse oder falsche Pumpenauslegung führen fast zwangsläufig zur Kavitation, manchmal begleitet und überlagert von einer Erosionskorrosion. Als Problemlösung kommt zumindest ein Laufrad aus hochlegiertem Duplexstahlguß (1.4517 o.ä.) in Frage. 6