Sicherungssysteme für Versicherungen: Aktueller Stand und Orientierungen für die künftigen Arbeiten



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Transkript:

EUROPÄISCHE KOMMISSION Generaldirektion Binnenmarkt FINANZINSTITUTE Versicherungen MARKT/2517/02 DE Orig. EN Sicherungssysteme für Versicherungen: Aktueller Stand und Orientierungen für die künftigen Arbeiten (Diskussionspapier) Europäische Kommission, B-1049 Brüssel, Belgien. Tel.: +32-2-299.11.11 Büro: C107 1/40. Durchwahl +32-2-295.52.03, Fax +32-2-299.30.75 http://europa.eu.int/comm/internal_market/ E-mail: jose-luis.rosello-lopez@cec.eu.int

I Vorbemerkungen 1. In der Sitzung des Versicherungsausschusses vom 27.-28. November 2001 wurde ein Arbeitspapier über Sicherungssysteme bei Versicherungen erörtert (MARKT/2061/01). In diesem Dokument, das als Anhang einen von der irischen Delegation erstellten Vermerk enthielt, wurden die durch die mangelnde Harmonisierung verursachten Probleme beschrieben und mögliche Lösungen aufgezeigt, die auf Gemeinschaftsebene umgesetzt werden könnten. Der Versicherungsausschuss einigte sich daraufhin auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe der Kommission, die mit den entsprechenden Arbeiten betraut werden sollte. 2. In ihrer ersten Sitzung am 4. Februar 2002 führte die Arbeitsgruppe einen ersten Meinungsaustausch über das obengenannte Arbeitspapier durch und kam zu dem Schluss, dass die Kommission einen Fragebogen zu diesem Thema ausarbeiten sollte. Dieser Fragebogen (MARKT/2506/02) wurde den Mitgliedstaaten dann am 13. Februar 2002 übermittelt. II Hauptschlussfolgerungen aus den Antworten auf den Fragebogen zu bestehenden Sicherungssystemen für Versicherungen 3. Der Fragebogen und die Antworten darauf deckten ein breites Spektrum an Themen ab, die mit den Sicherungssystemen im Zusammenhang stehen. Die Antworten, die nun in Anhang 1 und 2 dieses Arbeitspapiers zusammengefaßt sind, stellen eine nützliche Grundlage für die Überlegungen der Arbeitsgruppe dar. Die Hauptschlussfolgerungen, die sich derzeit aus den Antworten ableiten lassen, lassen sich kurz wie folgt zusammenfassen: Die Zahl der von den Versicherungsunternehmen in der Europäischen Union in den letzten fünf Jahren durchlaufenen Krisen war sehr gering. Diese Zahl läßt sich nicht nur aus den Antworten auf den Fragebogen ableiten, sondern auch aus den Arbeiten, die von der Konferenz der EU- Versicherungsaufsichtsbehörden durchgeführt wurden. Gemäß einem Bericht dieser Konferenz wurden für den Zeitraum 1996-2000 lediglich 20 Versicherungsunternehmen offiziell für insolvent erklärt. 2

Drei Mitgliedstaaten (F, IRL und UK) verfügen bereits über funktionierende Sicherungssysteme. Allerdings ist ihr Anwendungsbereich (Kategorien von Versicherungsnehmern, Versicherungszweige, geografischer Anwendungsbereich usw.) sehr unterschiedlich. In Frankreich sind vor allem die Lebensversicherungen und die Verbraucher abgedeckt (zurzeit wird auch ein Gesetzesentwurf erörtert, mit dem die Schadenversicherungen erfaßt werden sollen). Im Vereinigten Königreich decken die Sicherungssysteme die Lebens- und die Schadenversicherungen ab (auch wenn einige Versicherungszweige ausgenommen sind) sowie Privatpersonen und kleine Unternehmen. In Irland ist der Anwendungsbereich auf Schadenversicherungen und Privatpersonen begrenzt (verlorene Prämien werden aber nicht erfaßt). Ein Mitgliedstaat (E) verfügt über ein System, das kein reines Sicherungssystem ist, diesem in Bezug auf seine Auswirkungen in der Praxis aber sehr nahe kommt. In der Tat handelt es sich um einen speziellen Mechanismus, der dazu bestimmt ist, die Liquidation eines Versicherungsunternehmens rasch abzuwickeln, um so eine schnelle Entschädigung der Anleger sicherzustellen. Ein weiterer Mitgliedstaat (NL) bereitet derzeit neue Rechtsvorschriften vor, mit denen ein Sicherungssystem für Schadenversicherungen eingeführt werden soll. Der territoriale Anwendungsbereich der bestehenden Sicherungssysteme ist unterschiedlich. Während F, IRL und E im Wesentlichen einen "Herkunftslandansatz" verfolgen (d.h. alle unter die Beaufsichtigung des Herkunftsmitgliedstaats fallenden Versicherungsgeschäfte sind abgedeckt), ist das britische System eher "Aufnahmeland"-orientiert (auch wenn bestimmte im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs vom nationalen Hoheitsgebiet aus erbrachte Geschäfte ebenfalls abgedeckt sind). Wenn ein Versicherungsunternehmen in eine Krise gerät, kommt es in der Regel zu einer Intervention des Staates, um die Liquidation zu verhindern. Eine derartige normalerweise aus Umstrukturierungsmaßnahmen bestehende Intervention führt nicht immer zum Rückgriff auf ein Sicherungssystem, sofern dieses vorhanden ist. In einigen Mitgliedstaaten können die Sicherungssysteme jedoch u.u. schnell reagieren, um die Versicherungsnehmer zu entschädigen, bevor das eigentliche Liquidationsverfahren eröffnet wird. Allen Sicherungssystemen gemein ist, dass der gebotene Schutz nicht die Gesamtsumme des Versicherungsanspruches abdeckt, den der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherungsunternehmen hat. Die Höhe der Deckung ist auf einen bestimmten Prozentsatz, einen bestimmten Höchstbetrag oder Beides beschränkt. In allen Fällen haben die Sicherungssysteme nach Zahlung der Entschädigung das Recht, an die Stelle des Versicherungsnehmers zu treten, wenn es um die Erhebung des Anspruches gegenüber dem Versicherungsunternehmen geht. 3

In allen Fällen finanzieren sich die Sicherungssysteme aus den Beiträgen der Versicherungsunternehmen. In keinem Fall wird dieser Beitrag ausschließlich "auf Anfrage" gezahlt; vielmehr gibt es immer eine Art der teilweisen Vorfinanzierung. In IRL und E wird eine "Abgabe" auf die Versicherungsprämien erhoben, die direkt vom Versicherungsnehmer zu tragen ist. III Probleme für den Versicherungsbinnenmarkt, die sich aus der derzeitigen mangelnden Harmonisierung ergeben 4. Die derzeitige Lage bei den Sicherungssystemen für Versicherungen in der Europäischen Union wirft die folgenden gravierenden Probleme auf, wenn es um den Schutz der Versicherungsnehmer und die reibungslose Funktionsweise des Versicherungsbinnenmarktes geht: Kein Schutz für eine große Zahl von Versicherungsnehmern: Die große Mehrheit der Versicherungsnehmer in der Europäischen Union ist im Falle der Liquidation von Versicherungsunternehmen nicht durch Sicherungssysteme geschützt. Verwirrung, Lücken und Überschneidungen: Selbst wenn ein Versicherungsnehmer einen Vertrag mit dem Versicherungsunternehmen abgeschlossen hat, das in einem Mitgliedstaat zugelassen ist, in dem ein Sicherungssystem existiert, ist die Deckung im Falle der Liquidation nicht offensichtlich. So kann der Versicherungsnehmer beispielsweise nicht von dem Schutz profitieren, wenn die Versicherung mit in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherungsunternehmen abgeschlossen wurde und die Zweigniederlassung nicht vom Sicherungssystem des Herkunftslandes abgedeckt wurde. Überdies kann die Deckung durch das System auf bestimmte Versicherungszweige beschränkt oder an die Tatsache gebunden sein, dass es sich bei dem Versicherungsnehmer um eine Privatperson handeln muss. Auch können die Transparenzanforderungen für die Sicherungssysteme von einem Land zum anderen stark variieren: während sie beispielsweise in einem Mitgliedstaat verbindlich vorgeschrieben sind, sind sie in einem anderen verboten. Kurzum, aufgrund des unterschiedlichen Deckungsbereichs der nationalen Sicherungssysteme (Deckung der Versicherungsnehmer, der Versicherungszweige, des Territoriums bzw. der unterschiedlichen Schutzniveaus) ist es für die Versicherungsnehmer nicht einfach herauszufinden, ob und in welchem Umfang sie von einem System geschützt werden. Dies gilt inbesondere bei grenzübergreifenden Versicherungsgeschäften (Zweigniederlassungen und freier Dienstleistungsverkehr). Die mangelnde Harmonisierung in diesem Bereich führt tatsächlich zu einer Reihe von Lücken und Überschneidungen, wenn es um den Schutz der Versicherungsnehmer geht. 4

Keine gleichwertige Behandlung: Infolge der derzeitigen Situation ist es durchaus möglich, dass bei der Liquidation eines Versicherungsunternehmens ein Versicherungsnehmer von dem Sicherungssystem entschädigt wird, wohingegen ein anderer mit einem identischen Versicherungsvertrag nicht unter die Deckung fällt oder in geringerer Höhe entschädigt wird. Keine gleichen Wettbewerbsbedingungen: Die mangelnde Harmonisierung in diesem Bereich kann auch die Wettbewerbsbedingungen beeinträchtigen, die nicht nur zwischen den Versicherungsunternehmen, sondern ebenfalls zwischen den Versicherern und anderen Finanzinstituten bestehen. Angesichts der wachsenden Konvergenz der Finanzprodukte läßt es sich aus der Sicht des Binnenmarktes nur schwer rechtfertigen, warum ein Verbraucher, der beispielsweise ein Lebensversicherungsprodukt von einem Versicherungsunternehmen kauft, nicht durch das Sicherungssystem geschützt sein sollte, wohingegen er entschädigt würde, wenn er ein fast identisches Sparprodukt bei einer Bank erwerben würde. IV Liquidationsrichtlinie und Sicherungssysteme 5. Die Sonderbehandlung, die den Versicherungsnehmern aufgrund von Artikel 10 der Liquidationsrichtlinie gewährt wird, führt ein fakultatives System an Vorrechten ein, um die Position der Versicherungsnehmer bei der Streuung der Vermögenswerte des Versicherungsunternehmens auszubauen. Diese Sonderbehandlung stellt zwar eine erste Schutzebene dar, gewährleistet aber keine wirksame und prompte Entschädigung, sollten die Vermögenswerte des Versicherungsunternehmens nicht ausreichen, um die Versicherungsnehmer zu entschädigen (dieser Fall kann beispielsweise bei einer Fehlberechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen, einer Fehlbewertung der die versicherungstechnischen Rückstellungen unterlegenden Vermögenswerte usw. eintreten). 6. Auf der anderen Seite finden die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung von Gläubigern, die in der Richtlinie festgeschrieben sind, in vollem Umfang auf die Liquidationsverfahren selbst Anwendung. Allerdings gelten sie nicht für das unabhängige Verfahren des Sicherungssystems. Folglich kann mit der Richtlinie nicht verhindert werden, dass die derzeit nicht gegebene Harmonisierung der Sicherungssysteme bei Versicherungen aufgrund der Lücken und Überschneidungen in den nationalen Systemen zur Ungleichbehandlung der Versicherungsnehmer führt. 5

V Risiko unehrlichen Verhaltens 7. Eines der wichtigsten Argumente gegen die Einführung von Sicherungssystemen ist das Problem des "unehrlichen Verhaltens", das die Versicherungsnehmer, die Versicherer und die Aufsichtsbehörden betreffen könnte. So wird der Standpunkt vertreten, dass die Existenz von Garantiesystemen die Verbraucher dazu verleiten könnte, bei der Wahl ihrer Versicherer weniger sorgfältig und nur auf der Suche nach den billigsten Produkten zu sein. Dies könnte sich wiederum auf das kommerzielle Verhalten der Versicherungsunternehmen und selbst auf den Sorgfaltsgrad auswirken, mit dem die Aufsichtsbehörden ihre Aufgaben wahrnehmen. 8. Auf das Risiko unehrlichen Verhaltens wurde auch in der ersten Sitzung der Arbeitsgruppe eingegangen. Die Antworten auf den Fragebogen haben diesbezüglich leider nur wenig Klarheit gebracht. In den beiden anderen Finanzsektoren, in denen die Sicherungssysteme bereits seit Jahren funktionieren, scheint dieses Thema jedoch keine größeren Probleme aufgeworfen zu haben. Dies gilt auch für diejenigen Mitgliedstaaten oder Drittländer, die bereits über Sicherungssysteme für Versicherungen verfügen. Auf jeden Fall wäre es von größtem Interesse, sich die Erfahrungen der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet zu eigen zu machen. Insbesondere wäre eine Analyse der bestehenden Mittel nützlich, die verwendet wurden, um das Risiko unehrlichen Verhaltens in den vorhandenen Sicherungssystemen so gering wie möglich zu halten (dies gilt sowohl für den Versicherungs- als auch für den Nichtversicherungsbereich). (Man denke hier beispielsweise an die teilweise Entschädigung von Ansprüchen z.b. mittels eines Höchstprozentsatzes für den Anspruch oder eines Höchstbetrages oder Beides). VI Kosten des Sicherungssystems 9. Die Einführung eines Sicherungssystems wirft auch die Frage nach seiner Finanzierung auf, da das System durch die Beiträge der von ihm abgedeckten Versicherungsunternehmen getragen werden muss. Einige nationale Delegationen argumentieren dahingehend, dass ein Sicherungssystem auch bewirken könnte, dass das Missmanagement eines Unternehmens zu Lasten der anderen Versicherer subventioniert wird, die ihre Geschäfte auf vorsichtiger Basis betreiben. 10. Alle Versicherer sind jedoch daran interessiert, das Vertrauen der Versicherungsnehmer in den Markt aufrecht zu erhalten. Dieses Vertrauen wird durch die Existenz von Sicherungssystemen noch verstärkt. Gleichzeitig würde eine entsprechende Mindestharmonisierung in diesem Bereich alle Versicherungsunternehmen den gleichen Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt unterwerfen, ohne Vorteil aus einer "regulatorischen Arbitrage" zu ziehen, die auf die Versicherungskosten durchschlagen könnte. 6

11. In Anbetracht der wenigen Krisenfälle im Versicherungssektor und der Tatsache, dass auf die Sicherungssysteme in der Regel als letztes Mittel zurückgegriffen wird, scheint sich die Existenz dieser Schutzsysteme in einigen Mitgliedstaaten nicht wesentlich auf die Versicherungskosten niedergeschlagen zu haben. Allerdings lassen sich aus den Antworten auf den Fragebogen kaum entsprechende Informationen ableiten. Deshalb wäre es interessant, wenn sich die Delegationen dazu bereit finden könnten, ihre Erfahrungen in Bezug auf die Kosten der bestehenden Sicherungssysteme im Bank- und im Wertpapiersektor sowie im Versicherungsbereich mitzuteilen. Auch gibt es verschiedene Mechanismen zur Begrenzung und zeitlichen Staffelung der Beiträge der Versicherer, sollten diese Beiträge zum Garantiefonds ihre Stabilität gefährden. Diesbezüglich wäre es ebenfalls interessant, in Erfahrung zu bringen, ob auf diese Mechanismen jemals zurückgegriffen wurde. 12. An dieser Stelle sei auch darauf verwiesen, dass einige Drittländer, in denen Sicherungssysteme bestehen, Mechanismen analysiert haben, mit denen vermieden werden soll, dass solide geführte Versicherungsunternehmen ungerecht belastet werden und den dem System angehörenden Mitgliedern ein Anreiz geboten wird, ihre Finanzlage zu optimieren. So wird in den USA beispielsweise der Beitrag an das jeweilige Risiko angepaßt. Auch Korea berücksichtigt bestimmte Risikofaktoren (so wird der Beitrag für Versicherungsunternehmen mit weniger als 10 Jahre Geschäftserfahrung um 5% angehoben, wohingegen der Beitrag für Versicherer mit mehr als 10 Jahre Geschäftserfahrung proportional zur finanziellen Solidität gesenkt wird). VII Mögliche Gemeinschaftsmaßnahmen in diesem Bereich 13. Im Anhang zu Dok. MARKT/2061/01 beschrieb die irische Delegation die Probleme, die durch die mangelnde Harmonisierung der Gemeinschaftsvorschriften für Sicherungssysteme von Versicherungen im Falle der Liquidation eines Versicherungsunternehmens aufgeworfen werden. Auch wurden mögliche Vorgehensweisen aufgezeigt, die auf Gemeinschaftsebene umgesetzt werden könnten, und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile analysiert. Zur Erinnerung seien die Optionen hier noch einmal aufgeführt: Option 1: Beibehaltung des Status Quo: Es werden keinerlei Gemeinschaftsmaßnahmen in diesem Bereich ergriffen. Option 2: Festlegung allgemeiner Grundsätze: Mittels eines unverbindlichen Instruments auf EU-Ebene bzw. einer Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten würden einige wenige allgemeine Grundsätze angewandt werden. Option 3: Vorschrift eines Mindestschutzniveaus für die Versicherungsnehmer: Mittels eines verbindlichen EU-Rechtsinstruments würden die gegenseitige Anerkennung und ein Mindestschutzniveau für die Versicherungsnehmer vorgeschrieben werden. 7

Option 4: Harmonisierte Sicherungssysteme für die Versicherungsnehmer: In diesem Falle würde mittels der EU-Rechtsvorschriften ein voll harmonisiertes Sicherungssystem-Modell eingeführt werden, das von allen Mitgliedstaaten zu übernehmen wäre. VIII Schwerpunkte der Diskussion 14. Nach einer ersten Analyse der derzeitigen Lage vertreten die Kommissionsdienststellen die Auffassung, dass auf Option 1 nicht weiter eingegangen werden sollte, es sei denn, bei der Prüfung in der Arbeitsgruppe stellt sich heraus, dass keine der sonstigen Optionen tragbar ist. Mit der Beibehaltung des status quo würden die vom Binnenmarkt infolge der mangelnden Harmonisierung aufgeworfenen Probleme keineswegs gelöst werden (s.o. Abschnitt III ). 15. Option 2 hätte den großen Nachteil, dass es sich um eine rechtlich nicht verbindliche Lösung handelte. Dieser unverbindliche Ansatz würde in der Tat die ausschlaggebenden Faktoren des Systems (Verpflichtung zur Einführung eines Systems, Tragweite der Deckung, Entschädigungshöhe) dem Ermessen eines jeden Mitgliedstaats überlassen. Dieser freiwillige Ansatz wurde 1986 im Banksektor mit einer Empfehlung der Kommission ausprobiert 1. Die Ergebnisse waren aber enttäuschend und 1994 musste dann doch eine Richtlinie erlassen werden. 16. Die Kommissionsdienststellen vertreten vielmehr die Auffassung, dass sich die Arbeitsgruppe im Wesentlichen mit den verbleibenden Optionen 3 und 4 befassen sollte. Beide Optionen involvieren die Annahme eines rechtsverbindlichen EU- Instruments, auch wenn der Grad der Harmonisierung unterschiedlich ausfällt. Während mit Option 3 vor allem der Ansatz der gegenseitigen Anerkennung der nationalen Sicherungssysteme bewirkt wird und bestimmte wichtige Normen harmonisiert werden, würde Option 4 die vollständige Harmonisierung sämtlicher Komponenten des Systems bewirken. 17. Die Optionen 3 und 4 haben beide ihre Vor- und Nachteile. Option 4 hat den Vorteil, dass die unterschiedliche Behandlung in diesem Bereich beseitigt und ein homogenes Schutzniveau für die Versicherungsnehmer gewährleistet wird. Der Hauptnachteil ist aber in der Schwierigkeit zu sehen, dass ein vollständig harmonisiertes System einzuführen ist, das mit den verschiedenen Besonderheiten und Rechtstraditionen in jedem Mitgliedstaat vereinbar ist. Folglich scheint es nicht zweckmäßig zu sein, dass die Arbeitsgruppe ihre Überlegungen auf Option 4 konzentriert, die potenziell die meisten Probleme aufwirft. Stattdessen sollte auf Option 4 nur dann zurückgegriffen werden, wenn die begrenzte Harmonisierung von Option 3 nach Meinung der meisten Delegationen nicht ausreichen sollte. 1 Empfehlung der Kommission 87/63/EWG, ABl. L 33 vom 4.2.1987, S. 16. 8

18. Die Kommissionsdienststellen vertreten deshalb vorläufig die Auffassung, dass sich die Gruppe derzeit auf die Analyse von Option 3 konzentrieren sollte. Diese Option hat die folgenden Vorteile: Sie ist mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung kohärent, auf den sich die EU-Rechtsvorschriften für Finanzdienstleistungen gründen. Sie ist mit dem Ansatz vereinbar, der in den bestehenden EU- Rechtsvorschriften für Bank- und Wertpapiersicherungssysteme verfolgt wird. Sie würde ein hohes Maß an Flexibilität gestatten, da die verschiedenen nationalen Rechtsansätze berücksichtigt und die einzelstaatlichen bereits bestehenden Mechanismen angepaßt werden könnten. Man könnte sich auf die wesentlichen für die ordnungsgemäße Funktionsweise des Binnenmarktes unabdingbaren Komponenten konzentrieren und die anderen Aspekte der nationalen Sicherungssysteme den nationalen Rechtsvorschriften überlassen. Die Option würde es indes erforderlich machen, dass die meisten Mitgliedstaaten, die bislang noch über keinerlei Sicherungssystem verfügen, ein solches einrichten. Dazu würde es einer eingehenden Diskussion bedürfen, um die derzeitigen Einwände auszuräumen, die sich auf Argumente wie das Risiko des unehrlichen Verhaltens und potenzielle Kosten gründen. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass für Mitgliedstaaten, die die Politik des "Null-Ausfalls" verfolgen, keine Kosten, sondern lediglich Gewinne entstehen. So wären inländische Versicherungsnehmer, die Produkte ausländischer Versicherer erwerben, durch das Sicherungssystem des Versicherers abgedeckt, das wiederum von den Versicherungsunternehmen im Herkunftsland getragen wird; im Augenblick jedoch sind die Versicherungsnehmer keineswegs geschützt. Sofern es keine Ausfälle gibt, kämen auf die inländische Versicherungsbranche keine Kosten zu. 19. Sollte der Vorschlag der Kommission gutgeheißen werden, dem zufolge sich die Arbeitsgruppe auf Option 3 konzentrieren sollte, bestünde die Arbeit der Gruppe aus: der Festlegung der Komponenten der Sicherungssysteme, die harmonisiert werden sollten (z. B. Verpflichtung zur Einrichtung eines Systems, territorialer Anwendungsbereich des Systems, Kategorie der abgedeckten Risiken, Kategorien der geschützten Versicherungsnehmer, Typen der abzudeckenden Schadensfälle, Mindestschutzniveau, Informationsanforderungen usw.) und jener Elemente, die weiterhin den nationalen Rechtsvorschriften überlassen bleiben sollten (z.b. Status des Systems, Finanzierung des Systems usw.); 9

der Definition der im Hinblick auf die Harmonisierung jede der zuvor genannten Komponenten einzuhaltenden spezifischen Anforderungen und Bedingungen; der Weiterleitung der Ergebnisse dieser Arbeiten an den Versicherungsausschuss. IX Fragen an die Mitglieder der Arbeitsgruppe 20. Die Delegationen werden freundlichst gebeten, sich mit den folgenden Fragen auseinanderzusetzen: 1. Wie sehen Sie die Probleme, die sich aus der mangelnden Harmonisierung der Sicherungssysteme für Versicherungen ergeben? Unterstützen Sie die Analyse von Abschnitt III dieses Arbeitspapiers? 2. Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem Mitgliedstaat mit eventuell bestehenden Sicherungssystemen in den verschiedenen Finanzsektoren gemacht, wenn es um das Problem des "unehrlichen Verhaltens" geht? Wie hoch liegen die Kosten dieser Systeme und wie werden sie finanziert? 3. Sind Sie auch der Meinung, dass Option 3 (gegenseitige Anerkennung plus Mindestharmonisierung wesentlicher Normen) die zweckmäßigste Option für die Analyse in der Arbeitsgruppe ist? Unterstützen Sie den Plan für die Arbeiten, so wie er kurz in Absatz 19 dieses Vermerks dargestellt ist? 4. Könnten Sie eine Liste möglicher Faktoren (Anwendungsbereich, Begrenzungen usw.) der Sicherungssysteme für Versicherungen nennen, die im Hinblick auf die ordnungsgemäße Funktionsweise des Binnenmarktes harmonisiert werden sollten? Wie wäre es mit einer Liste der auf nationaler Ebene zu regulierenden Komponenten? 10