Technische Universität München Lehrstuhl für Sport & Gesundheitsförderung Studiengang Gesundheits- und Pflegewissenschaften Dozent: Dr. Franz Schweiger Modul: Management im Gesundheitswesen II (Gesundheitsmanagement) Vorlesung 26.05.2010
Lerninhalte: Gesundheitsmanagement II: Literaturhinweis 1. Nagel Das Gesundheitswesen in Deutschland 2007 S. 245ff Disease Management Programme: Disease Management Programme: Indikationsbezogene Behandlungskonzepte Ziel ist die Verbesserung der Behandlungsqualität + Stabilisierung der Kosten Fünf DMPs Asthma/Chronische Lungenerkrankungen mit Atemnot (COPD) Brustkrebs Diabetes mellitus Typ 1 und 2 Koronare Herzerkrankung (KHK) Warum wurden in Deutschland Disease-Management-Programme eingeführt? a. Stärken der medizinischen Versorgung in BRD: Sehr gute Akutversorgung zu jeder Zeit Für Jedermann Leichter Zugang zu technischen Verfahren Höchstes Niveau interventioneller Versorgung b. Schwächen der medizinischen Versorgung in BRD: Defizite in der Versorgung chronisch Kranker Wenig aktive Prävention Passivität der Betroffenen Geringe Verbreitung evidenzbasierter Behandlungsabläufe Behandlungsbrüche an Sektorengrenzen und bei Wechsel der Leistungserbringer Grundlagen des DMPs: 1. Leitlinien 2. Primärarztsystem 3. Schulungen 4. Compliance Monitoring 1. DMP-Leitlinien Leitlinien = systematisch entwickelte Entscheidungshilfe über die angemessene Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen Behandlungspfade = verknüpfen einzelne Leitlinien miteinander und legen die Zuständigkeit der medizinischen Fachrichtungen untereinander fest und legen den zeitlichen Abstand verschiedener Interventionen fest 2. DMP Primärarztsystem Zugang des Versicherten zum Versorgungsangebot wird vom Primärarzt gesteuert Patient verpflichtet sich Primärarzt als Ersten Arzt aufzusuchen
Arzt soll besser in der Lage sein die Gesundheitsversorgung effizient und qualitativ hochwertig zu steuern Primärarzt kennt Lebensumstände und Krankheitsgeschichte Primärarzt tätiger Hausarzt (Internist) fungiert als Gatekeeper 3. DMP Schulungen Schulung des Patienten o Erhöhung der Compliance und Selbstmanagement, Eigenverantwortung mittels informierter Patienten o Vermittlung von indikationsspezifischen Wissens und Aufklärung Schulung der Leistungsbringer o Organisatorischer Ebene o Schwerpunkt ist sektorenübergreifende Behandlung o Herausforderung ans momentane Med. System o Strikte Trennung zwischen Stationär & Amb. (allg. & Facharzt) o Inhaltlicher Ebene o Fortbildungen zum speziellen Krankheitsbild o Voraussetzung ist Kenntnis des med. Versorgungsstandes für spez. Indikation o z. B. Probleme mit Diabetes durch Hausärzte (mangelnde Kenntnisse) 4. DMP Compliance Monitoring Überwachung der Therapietreue der Patienten Maßnahmen der Erhöhung der Compliance o z. B. Erinnerung an Arzttermine, Med. Einnahme via E-mails, Briefe oder Telefonanrufe DMP Entstehungsprozess (Meilensteine) BMG => Auswahl der DMP-Indikatoren Gemeinsamer Bundesausschuss => Auswahl der Behandlungsprogramme GKV => Entwicklung der DMPs Akkreditierung der DMP vom BVA (gem. 137g, Abs. 1 SGB V) Gesetzgeber führt (2 dann) 5 strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke ein ( 137f SGB V) DMP Entstehungsprozess (S. 245 Nagel 2007) Gemeinsamer Bundesausschuss Auswahl der Behandlungsprogramme Auswahl der Krankheiten Prävalenz des Krankheitsbildes Verbesserungspotenziale in der Qualität der Versorgung Verfügbarkeit evidenzbasierter Leitlinien sektorenübergreifender Behandlungsbedarf Beeinflussbarkeit des Krankheitsverlaufs durch Eigeninitiative des Patienten Ökonomische Relevanz der Behandlung Ausgestaltung der Programme Behandlung nach dem aktuellen Stand der med. Wissenschaft QM-Maßnahmen Voraussetzung und Verfahren für die Einschreibung des Versicherten in ein Programm einschließlich der Dauer der Teilnahme Schulungen der Leistungserbringer und Versicherten Dokumentation
Evaluation der Programme Quintessenz von DMP Med. Versorgung der großen Volkskrankheiten Finanziert über RSA Morbi Aufsichtsbehörde ist Bundesversicherungsamt Bundesweit einheitliche Vorgaben EbM Wissenschaftlich gesicherten Leitlinien Bundesweit einheitliche Dokumentation Patientenschulung Qualitätssicherung Evaluation DMP Bezeichnungen in der GKV Krankenkasse AOK TK Knappschaft BKK IKK GEK Name von DMP AOK-Curaplan TK-Plus gut DABEI BKK MedPLus IKK-Promed Besser-leben-Progr Wie funktioniert DMP? Wie funktioniert DMP? Einschreibung und Eingangsdiagnose gemäß Verordnung Erstdokumentation Individuelle Zielvereinbarung Beachtung der med. Versorgungsinhalte des Programms Zusammen mit Ihrem Arzt schreibt sich Patient in das DMP ein! Erinnerungssystem Folgedokumentation Zusätzlich spezielle Informationen Arzt als Disease Manager Regelmäßige Feedbackberichte Ggf. Fachärzte/ Kliniken Schulungen und Kurse 26.05.2010 Lehrstuhl für Gesundheitsförderung Dr. Franz Schweiger
Worauf zielen DMPs ab? Worauf zielen Disease-Management- Programme? Für alle chronischen Erkrankungen erfolgreiche Behandlungsstrategien Medikamentös Lebensgewohnheiten Schulungen Z.B. Blutdrucksenkung Zuckereinstellung Cholesterinsenkung Z.B. Ernährung Bewegung Nicht-Rauchen Z.B. Blutdruckschulungen Blutzuckerschulungen etc. DMP will, dass die hochwirksamen Maßnahmen auch bei allen Betroffenen ankommen 26.05.2010 Lehrstuhl für Gesundheitsförderung Dr. Franz Schweiger Welche Vorteile hat der Versicherte? Evaluation: Was hat sich verbessert? 1,25 Mill AOK Versicherte in Cura Plan 2003 2006 Patienten mit Hypertonie
o Systolische Wert 148,9 auf 139,1 o Diastolische Wert 83,1 auf 79,7 o Herzinfarkt- und Schlaganfall Quote sank o Diabetesbedingte Folgeschäden an Füßen 50% Reduktion in 3 Jahren o Hohe Akzeptanz der DMP bei Ärzten und Patienten Diabetes Mellitus o Steigerung der Quote an Fuß- und Augenuntersuchungen, Stoffwechsel oder Bluthochdruck o Stabilisierung der Blutzucker- und Blutdruckwerte o Intensivierung der ambulanten Versorgung und Arzneimitteltherapie o Niedrigere Ausgaben für stationäre Leistungen o Signifikante Verbesserung des HbA1c Wertes und Blutdruckdifferenzierung o Verbesserung der Med. Versorgung Analyse der Barmer-Ersatzkasse o Geringere Krankenhausbehandlung hinsichtlich Schlaganfällen und Amputationen o Häufiger die richtigen Medikamente o Erhielten häufiger die jährlichen Untersuchungen Analyse aus Qualitätssicherung AOK o Untersuchungsquote bei DMP-ler 72-92%; vs. 32% (Vor DMP) DMPs - Evidenz Based Medicine EU-Projekt DISMEVAL Developing and validating disease management evaluation methods for European health care systems 7 Länder (BRD, A, GB, E, F, Dän, N) wollen verwendete Methoden vergleichen Ziel => Entwicklung eines Handbuchs für Evaluation von DMP AQUA-Institut ist Projektpartner Mehr Infos => www.cordis.europa.eu Evaluation o Die Kriterien für die gesetzliche Evaluation der Programme sind vom Bundesversicherungsamt (BVA) verbindlich festgelegt worden, sodass auch die DMP-Teilnehmer der anderen Krankenkassen nach dem gleichen Muster befragt werden. o Die Ergebnisse dienen zur weiteren Verbesserung der Programme und stehen auch den Ärzten als wichtige Informations-quelle zur Verfügung. o Dem BVA dienen sie als Grundlage für die Wiederzulassung der Disease- Management-Programme Evaluation o Ab Mitte April 2007 wurden künftig halbjährlich jeweils bis zu 500 DMP- TeilnehmerInnen je DMP-Diagnose zu ihrer Lebensqualität befragt. o im Rahmen der gesetzlichen Evaluation (= wissenschaftliche Untersuchung / Kosten-Nutzen-Bewertung) der Disease-Management-Programme werden ab Mitte April 2007 mehrere hundert Programmteilnehmerinnen und Programmteilnehmer der AOK Bayern zu ihrer Lebensqualität befragt. o AOK versenden an die Patienten einen vierseitigen Bogen (SF 36) mit Fragen zu ihrem körperlichen und psychischen Befinden sowie ein erläuterndes Anschreiben
o Der Fragebogen beruht auf dem Messinstrument SF-36, einem krankheitsübergreifenden Fragenkatalog zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Patienten. Der SF 36 erfasst acht Bereiche des körperlichen und psychischen Befindens: körperliche Funktionsfähigkeit, körperliche Rollenfunktion, körperliche Schmerzen, allgemeine Gesundheitswahrnehmung, Vitalität, soziale Funktionsfähigkeit, emotionale Rollenfunktion und psychisches Wohlbefinden.