Mario von Galli SJ - Ein begeisternder Konzilsberichterstatter



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Transkript:

Mario von Galli SJ - Ein begeisternder Konzilsberichterstatter Die Haupttätigkeit meines Lebens war das Reden und Predigen. Mit diesen Worten hält Mario von Galli, der als der Konzilsberichterstatter im deutschsprachigen Raum schlechthin in die Geschichte eingegangen ist, in seinen Lebenserinnerungen die Grundaufgabe seiner Tätigkeit fest. Wer war dieser Mario von Galli aber? Und vor allem: Wie erlebte er die Zeit des Konzils? Der Mensch denkt, und Gott lenkt Mario von Galli wurde am 10. Oktober 1904 als drittes von fünf Kindern der Eheleute Baronin Maria Anna Pasetti-Angeli von Friedenburg und Dr. Johann Rudolf von Galli in Wien, genauer gesagt auf der Reise von Budapest nach Wien geboren. Gemeinsam mit seinem Bruder Hans besuchte er die Schule der Jesuiten in Feldkirch/Vorarlberg, wo bereits der Grundstein für seinen weiteren Werdegang gelegt wurde: Die Jesuiten haben uns sehr beeindruckt, und wir wären eigentlich gerne in ihren Orden, die Gesellschaft Jesu eingetreten. Aber das wollten unsere Eltern nicht. Auf deren Willen hörend schloss von Galli an sein Abitur, das er nach dem Umzug der Eltern im Zuge des Ersten Weltkrieges in Bregenz absolvierte, ein Philosophiestudium am Germanicum in Rom an. Aber bei einer weltlichen Laufbahn, wie sie die Eltern gerne gesehen hätten, sollte es nicht bleiben. Gemäß seinem eigenen Motto Der Mensch denkt, und Gott lenkt folgte er seinem Bruder Hans in den Jesuitenorden. Er trat am 15. September 1924 in das Noviziat der Jesuiten in Tisis ein und machte hier Bekanntschaft mit Karl Rahner, mit dem ihn von da an eine herzliche Freundschaft verband. Es folgte von 1926-1927 das Studium der Philosophie in Pullach bei München, eine dreijährige Zeit als Erzieher in einem Internat in Kalksburg bei Wien (1927-1930) und von 1930-1932 das Studium der Theologie. Auseinandersetzung mit den gesellschaftspolitischen Strömungen der Zeit Nach seiner Priesterweihe im Jahre 1933 und anschließender Beendigung seines Studiums begann sein seelsorglicher Einsatz in Baden-Württemberg und in der Schweiz. Mit dem Blick auf den zeitlichen Rahmen, in dem von Galli seinen Einsatz in der Seelsorge begann, wird deutlich, dass er vor große Herausforderungen gestellt war, denen er vor allem mit seiner Redegewandtheit und seinem Talent zum Predigen begegnete. Er setzte sich mit politischen und gesellschaftlichen Strömungen wie dem Marxismus und wissenschaftlichen Humanismus auseinander; aber vor

allem war die nun immer mehr an Macht gewinnende NSDAP und ihr Gedankengut Gegenstand seiner Auseinandersetzungen. Energisch und ohne Scheu verdammte er die Rassenideologie und stellte das aus einer letztlich Gott verneinenden Geisteshaltung entspringende Gedankengut dem christlichen Glauben, der jedem Mensch einen Sinn und Platz in der Welt zuspricht, gegenüber. Mario von Galli musste schließlich seinen Einsatz, der ganz seiner christlichen Glaubenshaltung entsprang, mit dem Redeverbot und der Ausweisung in die Schweiz bezahlen, wo er bis 1945 Asyl erhielt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm er im süddeutschen Raum wieder seine Rednertätigkeit auf. Hierbei erwarb er sich durch seine ermutigenden und zum Nachdenken anregenden Reden große Verdienste. Vielen Menschen wurde er mit der Verkündigung der christlichen Botschaft eine geistige Stütze. Daneben wurde ihm in besonderer Weise die deutsch-französische Aussöhnung ein Anliegen. Das Konzil: Hochphase seiner Tätigkeit als Redner und Prediger In die Nachkriegszeit fiel auch von Gallis Engagement als Chefredakteur (1951-1984) bei der von den Schweizer Jesuiten herausgegebenen Zeitschrift Orientierung, die vor allem an die an den Reformbewegungen innerhalb der Kirche interessierten Katholiken, aber auch an einen am politischen Katholizismus interessierten Adressatenkreis gerichtet war. In den 1960-er Jahren erreichte die Zeitschrift im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) den Höhepunkt ihrer Verbreitung. Diese Zeit wurde auch für Mario von Galli zur Hochphase seiner Prediger- und Rednertätigkeit. Im Frühjahr 1962, ein halbes Jahr vor der Eröffnung des Konzils am 11. Oktober 1962, brachte er auf einer Schallplatte vier Vorträge heraus, in denen er sich mit den Fragen Was ist ein Konzil?, Was dürfen wir von dem Konzil erwarten?, Die Laien und das Konzil und Das Konzil und die Einheit der Christen auseinandersetzte. Hiermit wollte er die Gläubigen auf den Weg des Konzils mitnehmen. Spätestens als Konzilsberichterstatter vor Ort aus Rom wurde er ein bekanntes Gesicht. Während die Ankündigung des Konzils bei vielen für Überraschung sorgte galt doch Johannes XXIII., der Einberufer des Konzils, der erst drei Monate zuvor im Alter von fast 77 Jahren zum Papst gewählt wurde, als Übergangspapst, kam sie für von Galli nicht vollkommen überraschend. Durch sein sensibles Wahrnehmen der gesellschaftlichen und innerkirchlichen Strömungen sah er schon längst die Zeit für gekommen, dass die Kirche über die Vermittlung des Glaubens in einer sich rasant verändernden Welt neu nachdenken müsse. Besonders der technische Fortschritt und nicht wenige Spannungen hier sei vor allem der Ost-West-Konflikt, der in der Kubakrise seinen Höhepunkt fand, genannt bestimmten in dieser Zeit die Gesellschaft und Welt. Die Konzilszeit als Zeit der Zuversicht und Hoffnung So wurde für von Galli das Konzil zu einem großen Zeichen der Hoffnung, ja er selbst hält über die Zeit des Konzils fest, dass sie eine aufregende und herrliche Zeit, geprägt von Zuversicht und Hoffnung gewesen sei. In seinen Konzilsberichten wollte er diese Hoffnung, die ganz seinem Gottvertrauen und seinem Vertrauen

darauf, dass die Kirche vom Heiligen Geist geleitet wird, entsprang, transparent machen. Dabei war es ihm ein besonderes Anliegen deutlich zu machen, dass alle Menschen zur Heiligkeit berufen sind und dass es daher an jedem Einzelnen liegt, die Botschaft Christi in sein eigenes Leben zu übersetzen. Wichtig war ihm auch, seine Hörer und Leser zu ermutigen, sich mit der Kirche kritisch auseinanderzusetzen, um auf diese Weise mündige und mutige Christen zu werden, die überzeugend in der Welt wirken. Die Herausforderung: den Geist des Konzils fruchtbar zu machen Um dieses Ziel zu erreichen, griff er neben einer ausdrucksstarken Gestik und Mimik zu einer lebensnahen Sprache so verglich er z.b. die Kirche mit einer schwangeren Frau, deren Aufgabe es ist, Leben weiter zu geben. Dabei machte er auch vor Selbstironie keinen Halt und versuchte nicht selten durch Provokationen zum Nachdenken anzuregen. Seine plastische Sprache und seine Art stießen aber auch auf Kritik, der er mit Furchtlosigkeit begegnete: Schauen Sie, ich muß diesen Leuten doch etwas beibringen. Und damit das hängen bleibt, muß ich Geschichten erzählen. Jesus hat ja dies auch getan. Er hat seine Aussagen in Parabeln gekleidet. Und darum erfinde ich eben Parabeln. Neben seinen Rundfunk- und Fernsehberichterstattungen zum Konzil sei seine vierbändige Schriftenreihe zum Konzil, in der er gemeinsam mit Bernhard Moosbrugger in Wort und Bild die vier Sitzungsperioden des Konzils vorstellt, erwähnt. Auch nach Abschluss des Konzils, gerade wo es jetzt galt, den Geist des Konzils im Leben der Kirche wirken zu lassen, war von Galli weiter als Redner gefragt: Besonders bei Katholikentagen wollte er die Impulse des Konzils weitergeben und zu einer geistigen Erneuerung beitragen. Er selbst reflektierte seine Erlebnisse und den Auftrag des Konzils in seinem Buch Gelebte Zukunft: Franz von Assisi, das sozusagen zu seinem Vermächtnis wurde. Darin stellte er vor dem Hintergrund des Lebens und Wirkens des heiligen Franziskus heraus, dass es der gelebten Liebe gegenüber allen Geschöpfen bedarf. Aus dieser Liebe entspringe die Tugend der Armut, die zur Freiheit in Gott führt. Gerade diesen Aufruf zur Liebe, die sich auf der Botschaft Jesu Christi gründet, sah er mit dem Konzil neu formuliert und als Auftrag an die Kirche gegeben, um auch in Zukunft überzeugend wirken zu können. Bis zu seinem Lebensende Mario von Galli starb am 28. September 1987 in Zürich setzte er sich auf diese Weise, zuletzt auch noch ab 1980 in seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Zeitschrift Christ in der Gegenwart, für den gelebten christlichen Glauben ein. Mario von Galli gelang es, seine Hörer und Leser durch seine Vortragsweise zu fesseln. Diese überzeugende Kraft erwuchs letztlich seinem gelebten Glauben, durch den er sich wahrhaft befreit wusste. Sein unerschrockener Einsatz für den christlichen Glauben kann auch heute Vorbild sein und die Freiheit, aus der er lebte, aufstrahlen lassen! ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Anna Elisabeth Meiers Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kirchenrecht, Theologische Fakultät Trier