Prof. Dr. Michael Wolter



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1 Prof. Dr. Michael Wolter Predigt über 1Kor 13 im Universitätsgottesdienst in der Bonner Schlosskirche am 17. Oktober 2010 (20. Sonntag nach Trinitatis; Semestereröffnungsgottesdienst) Gnade sei euch und Friede von Gott, unserem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus. Amen. Wir feiern heute, am 20. Sonntag nach Trinitatis, den Semestereröffnungsgottesdienst. Vor uns liegt ein langes und anstrengendes Semester. Und vor uns auch noch die dunkle Jahreszeit, der nasse Herbst und der kalte Winter. Das macht die Sache nicht einfacher. Schon gar nicht, wenn man an den letzten Winter denkt. Da kommt eine Predigtreihe zum Thema Glaube, Liebe, Hoffnung gerade recht. Das hört sich schon ganz anders an als Herbst und Winter. Fast so, als wollten wir gegen den Winter und sein Semester Widerstand leisten. Das ist so, weil: Bei»Glaube, Liebe, Hoffnung«stellt man sich ganz andere Farben vor, als sie Herbst und Winter für uns bereit halten.: nicht grau und dunkel, nicht schwarz und schmuddelig, kein kalter Wind, sondern hellgrün und ein knalliges Gelb, ein leuchtendes Rot. Nicht nur um uns herum, sondern auch in uns drin. Und natürlich unter auch uns: zwischen dir und mir, zwischen ihm und ihr unter uns allen. Also»Glaube, Liebe, Hoffnung«schreib wir auf unsere Fahne. Und da können wir das Gesangbuch noch einmal aufschlagen.

2 Gerade bei dem Lied, das wir gerade gesungen haben.»lobe den Herren«Die Melodie ist Nr. 316 Da blättern wir einmal zurück, und siehe da: Ein ganzes Kapitel mit der Überschrift»Glaube, Liebe, Hoffnung«. Unter dieser Überschrift stehen dann nicht weniger als 219 Lieder. Und eine Abkürzung gibt es auch: GLH Wohl damit man sich das besser merken kann. Wir könnten also auch eine Partei gründen. Nicht CDU oder SPD, sondern GLH. Und ein Programm hätten wir auch schon. Es steht auf der linken Seite. Es beginnt mit»loben und Danken«,»Rechtfertigung und Zuversicht«und geht dann über»nächsten und Feindesliebe«bis»Sterben und ewiges Leben. BestattungGlaube, Liebe, Hoffnung«Nicht nur für das Wintersemester, sondern auch darüber hinaus: Nicht nur»bei der Arbeit«und»auf Reisen«, sondern auch im»sterben«und darüber hinaus. Kein anderes Parteiprogramm könnte mit uns konkurrieren. Denn so viel kann keins versprechen. Das Programm stammt übrigens vom Apostel Paulus. Er hat diese drei Wörter Glaube, Liebe und Hoffnung als erster zusammengestellt. Vor ihm ist kein Mensch auf diese gute Idee gekommen. Und wenn wir uns dazu entschließen, dass diese drei Wörter in dem vor uns liegenden winterlichen Semester unsere Farben sein sollen, dann liefert der Apostel Paulus auch die Hymne dazu. Sie steht im 1. Korintherbrief, im 13. Kapitel, und sie soll der Predigttext für den heutigen Sonntag sein. Die Hymne GLH: Paulus stellt sie unter die Überschrift:»Ich zeige euch einen noch besseren Weg«, und sie geht so:»wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle.

2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und verfügte über alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. 3 Und wenn ich all meine Habe den Armen gäbe und wenn ich meinen Leib hingäbe, um Ruhm zu gewinnen, und hätte die Liebe nicht, es hülfe mir nichts. 4 Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe spielt sich nicht auf, sie bläht sich nicht auf, 5 sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, 6 sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern sie freut sich an der Wahrheit. 7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. 8 Die Liebe hört niemals auf Prophetische Reden sie werden abgetan. Zungenreden sie werden aufhören. Erkenntnis sie wird abgetan. 9 Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. 10 Wenn aber kommen wird das Vollkommene, dann wird das Stückwerk aufhören. 11 Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, da tat ich ab, was kindisch war. 12 Jetzt sehen wir nämlich mit Hilfe eines Spiegels, rätselhaft, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich bruchstückhaft, dann aber werde ich ganz erkennen, wie ich auch ganz erkannt worden bin. 13 Nun aber bleibt: Glaube, Hoffnung, Liebe diese drei. Am größten von ihnen aber ist die Liebe.«Also nicht»glaube, Liebe, Hoffnung«wie im Gesangbuch, sondern»glaube, Hoffnung, Liebe«(GHL). Paulus stellt die Reihenfolge um, weil es die Liebe ist, auf die es ihm hier ankommt. Die Reihe soll mit dem Höhepunkt enden. Das Wichtigste kommt zum Schluss: die Liebe sie ist das Größte auf der Welt. Und natürlich fallen uns sofort noch mehr Superlative ein: Die Liebe: Sie ist das Schönste auf der Welt, und das Schwerste. Sie ist das Stärkste auf der Welt, und das Leichteste. Sie ist das Unheimlichste auf der Welt, und sie ist doch das, was die Welt am nötigsten hat. Das haben die Menschen in der Bibel schon immer gewusst. 3

4 Denn immer wieder ist es die Liebe, zu der sie aufgerufen werden:»liebe deinen Nächsten wie dich selbst«(lev 19,18). Oder:»du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft (Dtn 6,5)«. Oder:»Liebt eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen«(lk 6,27). Und schließlich noch einmal der Apostel Paulus:»Ihr seid niemand etwas schuldig, außer dass ihr einander liebt«(röm 13,8). So einfach ist das. Das Problem ist nur: Verstehen wir, was Liebe ist, wenn wir von ihr reden? Natürlich hat die Liebe Worte. Liebes-Worte auch in einer Semestereröffnungspredigt! Aber kann man erklären, was Liebe ist? Das wäre so, wie bei manchen: Sie finden heraus, welche biochemische Prozesse ablaufen, wenn Menschen sich lieben, welche Enzyme und Neurotransmitter ausgeschüttet werden, welche Synapsen aktiviert werden, und dann sagen sie:»jetzt wissen wir, was liebe ist!«und es ist doch nur töricht! Und genauso töricht wäre es, wenn ich hier über die Liebe predigen wollte. Denn die Liebe ist nicht nur»langmütig und freundlich«, wie Paulus schreibt, sie ist auch so flüchtig und frei, dass jeder Versuch, sie mit Worten fangen und in Worte zwingen zu wollen,»eitel«wäre und»haschen nach Wind«. Was Liebe ist, weiß nur die Liebe selbst. Darum reden wir hier nicht über die Liebe, sondern über Paulus. Denn er hat seine Worte aufgeschrieben. Darum können sie nicht weglaufen, wenn wir über sie reden wollen. Warum lobt er hier, im 1. Korintherbrief, die Liebe auf einmal in den höchsten Tönen? Es ist der Unterschied, auf den es hier ankommt: Der Unterschied zu den Begabungen, die auf die Menschen unterschiedlich verteilt sind: Mit solchen Begabungen ist die christliche Gemeinde in Korinth reich gesegnet: Da gibt es Christen, die verstehen sich auf die prophetische Rede.

5 Andere können tatsächlich in Zungen reden, das heißt in der Sprache der Engel. Und wieder andere wissen alles: Sie kennen alle Geheimnisse und verfügen über alle Erkenntnis. Andere sind besonders fromm, und andere reiben sich auf im Einsatz für die Armen. Da geht es zu in der Gemeinde von Korinth wie im wirklichen Leben auch an den Universitäten: Jeder kann irgendetwas besonders gut, und jeder denkt, dass er der Wichtigste ist:»natürlich«, hört man da,»es ist gut, dass es die anderen auch noch gibt, aber am Wichtigsten ist doch, was ich kann. Und darum bin ich der Beste, der Klügste und der Schönste.«Und keiner denkt an die Liebe. Denn Liebe ist nichts wert, weil: Liebe kann jeder. Erkenntnis und prophetisch Reden und Zungenreden und besonders fromm sein und die Arbeit für die Armen das sind immer nur individuelle Begabungen in Korinth. Durch die kann man sich gegenüber den anderen auszeichnen. Sich profilieren. Denn das sind die so wichtigen Alleinstellungsmerkmale. Das, was nicht jeder kann und hat. Darum hält man sie in Korinth und anderswo auch immer für so wichtig. Aber Paulus dreht die Sache um. Nicht das, wodurch die Menschen sich unterscheiden, ist wichtig, sondern das, was jeder kann. Darum sagt er zu den individuellen Begabungen auch, dass sie»stückwerk«sind. Obwohl sie natürlich gut und nützlich sind und man sie alle gut brauchen kann. Und gerade, weil diese Begabungen so sind, wie sie sind, erzählen sie uns, was es mit der Liebe auf sich hat. Auch die Liebe hat ihr Alleinstellungsmerkmal. Denn Liebe kann jeder. Und genau das ist es, worauf es Paulus hier ankommt: Die Liebe achtet nicht auf die unterschiedlichen Begabungen, sie achtet nicht auf die Unterschiede zwischen den Menschen, nicht auf deren individuelle Eigenheiten. Die Liebe sieht vielmehr über all das hinweg. Und das ist es dann auch, was die Liebe in Korinth sein soll: nicht auf die Unterschiede zu achten, sondern auf das, was euch miteinander verbindet.

6 Die Liebe sorgt dafür, dass wir mit unserem Ich nicht bei uns selbst bleiben. Und bei unserem Ich fängt Paulus ja auch an:»wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete...wenn ich prophetisch reden könnte, und wenn ich alle Geheimnisse wüsste, und wenn ich über alle Erkenntnis verfügte und allen Glauben hätte, so dass ich Berge versetzen könnte,...wenn ich all meine Habe den Armen gäbe und wenn ich meinen Leib hingäbe, um Ruhm zu gewinnen,...«gegen all das gibt es nicht das Geringste zu sagen. Denn all das ist gut und richtig, vom Reden mit Engelszungen bis zur Hingabe des Lebens, ja selbst wenn einer sich für andere in Stücke reißt. All das geht auch ohne Liebe, doch ist es dann nichts wert. Weil es nämlich nicht darauf ankommt, was ich kann und was ich tue, nicht darauf, was mich gegenüber den anderen auszeichnet. Sondern darauf kommt es an, was wir alle können, wo es keinen Unterschied gibt:»die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, 5 sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, 6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; 7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.«das, was jeder einzelne auf Grund seiner individuellen Begabung kann und tut, soll sagt Paulus immer nur eine Funktion von dem sein, was die Liebe kann und tut. Was jeder kann, wir müssen es nur tun. Und sage keiner, das sei doch trivial! Denn eben dieses Über-die-Untrschiede-Hinwegsehen und genau jenes Nicht-bei-seinem-eigenen-Ich-Bleiben,-was-es-ist-und-was-es-kann-im- Unterschied-zu-den-anderen, diese Eigenschaft der Liebe also, sie ist es, die auch Gottes Umgang mit den Menschen bestimmt. Das fängt mit der Erwählung Israels an:»dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. 7 Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker - denn du bist das kleinste unter allen Völkern -, 8 sondern weil er euch geliebt hat...«(dtn 7,6 8)

7 Und es geht weiter mit Paulus:»Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns Sünder gestorben ist«(röm 5,8). Weil Gott die Menschen liebt, bleibt er nicht bei seinem eigenen Ich, sondern er sieht darüber hinweg, dass sie Sünder sind. Und darum gibt es bei Paulus nicht nur einen Hymnus auf die Liebe der Menschen, sondern auch einen Hymnus auf die Liebe Gottes:» ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, 39 weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist«(röm 8,28 39) Von hier aus erschließt sich eigentlich erst so recht, was Paulus gemeint hat, als er an die Korinther schrieb Sie erinnern sich noch daran:»die Liebe höret niemals auf.«das kann man eigentlich nur von Gottes Liebe sagen. Denn keines Menschen Liebe könnte so etwas von sich behaupten. Diese Liebe eine Liebe, die niemals aufhört kann kein Mensch. Die kann nur Gott. Nur seine Liebe hört niemals auf. Und ihr gegenüber kann unsere Liebe, die Liebe, die jeder von uns kann, die über die Unterschiede zwischen uns hinwegsieht, nur eine einzige Gestalt haben: dass wir Gott immer wieder und alle zusammen aus vollem Herzen danken. Amen. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.