lese t es re a n esundheit? VON META ZWEIFEL Den Begriff Alterszahnmedizin" wollen wir hier grosszügig umfahren. Es ist jedoch eine Tatsache, dass insbesondere bei älteren und alten Menschen die Zahngesundheit und der allgerneine Gesundheitszustand in engem Zusammenhang stehen. Über diese Wechselwirkung und über Zahnpflege sprechen wir mit Dr. med. dent. Dr. med. Catherine Weber, Laufen BL Derfranzösische Maler Renoir soll einmal resigniert festgestellt haben: Wenn man keine Zähne mehr hat, bekommt man die besten Beefsteaks." Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben sich die Zahnmedizin und ebenso die Zahnprothetik in grossen Schritten weiterentwickelt. Der alte Renoir könnte heute sein erstklassiges Beefsteak munter kauend geniessen - und zwar mit einem Zahnersatz, der im Mund keine peinlichen Klappergeräusche von sich geben würde. Der geniale Maler müsste sich allerdings auch intensiv um Mundhygiene kümmern: Geriatric Oral Health, so der aktuelle Fachausdruck, ist im Umfeld Gesundheitspflege ein wichtiger Faktor geworde Frau Dr. Weber, wie entstehen die schmerzhaften Zahnfleischentzündungen? Zunächst entsteht eine Entzündung an der Oberfläche, hervorgerufen durch eine Plaque: Dabei handelt es sich um einen zähen, klebrigen Film, der im Wesentlichen aus Stoffwechselbakterien besteht, die aus Anteilen von Nahrungsresten entstehen. Dieser Ablagerungsprozess zwingt den Körper zu entzündlichen Reaktionen. Bei einer Zahnfleischentzündung bilden sich in der Folge Rötungen und Schwellungen. Die Oberfläche verändert sich und je nachdem kommt es zu Zahnfleischblutungen. Diese Entzündungsprozesse können unter l'insiiinden eine leihe von Folgeerkrankungen verursachen? Ausschnitt Seite: 1/5
Weitet sich die zunächst oberflächliche Zahnfleischentzündung zu einer Entzündung am Zahnhalteapparat aus, spricht man von einer Parodontitis. Diese Entzündung der Gewebepartie, die den Zahn im Kiefer verankert, kann unter Umständen das Risiko eines Herzinfarktes oder eines Diabetes mellitus erhöhen, auch das Schlaganfall- Risiko gehört in diesen Bereich. Parodontitis kann sich übrigens auch bei einer Schwangerschaft negativ auswirken, insofern, als das Geburtsgewicht des Kindes zu niedrig oder das Risiko einer Frühgeburt erhöht ist. Was kann der ältere Mensch gegen Parodontitis vorkehren? Parodontitis lässt sich meist erst feststellen, wenn sie schon weit fortgeschritten ist. Im Sinne einer Prävention sind sicher regelmässige zahnärztliche Untersuchungen im Halbjahresrhythmus empfehlenswert. Eindeutig unerlässlich sind gute Mundhygiene und sorgfältige Zahnreinigung. Älteren Menschen bieten elektrische Zahnbürsten hilfreiche Unterstützung: Die Schallzahnbürste übernimmt beispielsweise zuverlässig die langwierigen kleinen Reinigungsbewegungen, angenehm ist auch der handliche Griff. Muss in schweren Fällen mit einem zahnchirurgischen Ein- Griff rech net werden? Dieser therapeutische Ansatz stammt sozusagen aus der Steinzeit der Parodontologie, vor Jahrzehnten war der chirurgische Eingriff die erste therapeutische Wahl. Heute geht man anders und schrittweise vor, man versucht u.a., die Zahnbeläge unter dem Zahnfleischrand zu entfernen. Erst wenn festgestellt wird, dass verschiedene Behandlungsschritte erfolglos waren und tiefe Zahntaschen verbleiben, wird man operieren: Das Zahnfleisch wird aufgeklappt, damit die Zahnwurzel erreicht und unter direkter Sicht behandelt werden kann. Dieser zahnmedizinische Eingriff lässt sich aber keinesfalls mit Operationen im medizinisch-chirurgischen Sinn vergleichen. Wer empfindliche Zahnhälse hat, neigt dazu, bei der Zahnreinigung die entsprechenden Areale zu schonen.".1a, das ist tatsächlich ein Problem. Ein Abbauprozess setzt kleine Kanäle frei, die direkt zum Nerv laufen, die betroffene Zone kann extrem schmerzanfällig werden. Man muss jeweils individuelle Lösungen suchen: Es gibt beispielsweise verschiedene Präparate, die Wahl einer Zahnpasta mit gewissen Fluoridverbindungen ist zu beachten, eine weiche Zahnbürste ist empfehlenswert. Je nachdem kommen Fluorid- oder Chlorhexidinlacke in Frage. In besonders hartnäckigen Fällen werden die Zahnhälse versiegelt oder mit Füllungen versehen. Lässt sich ein altersbedingter Zahnfleischschwund aufhalten? Nun, selbst gesundes Zahnfleisch, das nie von einer Entzündung befallen worden ist, Ausschnitt Seite: 2/5
unterliegt wie jedes andere Körpergewebe einem altersgemässen Umbauprozess. Von Zahnfleischschwund würde ich nicht reden: Beim älteren Menschen ist das Zahnfleisch einfach nicht mehr ganz so prall, die Zahnzwischenräume werden offener. Mit guter Mundhygiene, regelmässigen zahnärztlichen Kontrollen und dentalhygienischen Behandlungen lässt sich Zahnfleischschwund absolut verhindern. Das Bild des zahnlosen Greises gehört definitiv der Vergangenheit an. Können bestimmte Medikamente die Zahngesundheit beeinträchtigen? Viele Menschen müssen im hohen Alter wegen verschiedener gesundheitlicher Probleme entsprechend viele Medikamente einnehmen. Die Nebenwirkung vieler Medi- unteren Mundbereich eine Schiene einpasst, kamente ist Speichelarmut. Der Mangel an Speichel und die Mundtrockenheit wirken sich ungünstig auf die Schleimhäute aus und beinträchtigen die Lebensqualität - das Kauen der Nahrung wird mühsam. Überdies fehlt den Zähnen der Schutzmechanismus, denn der Speichel hat unter anderem auch remineralisierende und immunologische Komponenten. Was ist zu beachten, wenn nicht genügend Speichel produziert werden kann? Im Falle von Speichelarmut muss noch intensiver als sonst schon darauf geachtet werden, dass sich keine Plaque ansetzt, auch nicht in den versteckten Nischen des Zahns. Diese Vorsichtsmassnahme ist entscheidend, denn nur so kann Karies mit allen ihren Folgen verhindert werden. Bei Mundtrockenheit ist selbstverständlich auch die Mundhygiene in Form von geeigneten Zahnpasten und Mundspülungen extrem wichtig. Bei sehr fortgeschrittener Mundtrockenheit werden die Auswirkungen der Speichelarmut auf die Zahngesundheit eliminiert, indem man dem Patienten im oberen und die ihn jeden Tag während einiger Minuten mit einem hoch konzentrierten und die Zähne schützenden Fluorid-Gel versorgt. Ist das Gebiss als Zahnersatz ein Auslaufmodell? Es ist schon so, dass die klassischen prothetischen Lösungen von den Implantaten verdrängt werden. Aber jeder Patient muss selbst entscheiden, ob er den finanziellen und zeitlichen Aufwand für ein Implantat auf sich nehmen oder doch lieber die klassische Prothetik mit Teilprothese und Vollprothese wählen will. Von Vorteil ist sicher eine seriöse Beratung, die den Gesundheitszustand und das Lebensumfeld des einzelnen Patienten berücksichtigt. Im Zusammenhang mit Information und Beratung habe ich noch ein spezielles Anliegen......das Sie bitte an dieser Stelle äussern Ausschnitt Seite: 3/5
wollen! Bei vielen älteren Menschen tritt Osteoporose auf, die Knochensubstanz baut sich ab. Dieser Abbauprozess wird seit einigen Jahren in zunehmendem Masse mit Medikamenten aus der Gruppe der Bisphosphonate behandelt; meist wird das Medikament einmal pro Jahr mit Hilfe einer Injektion eingesetzt. Von dieser Therapie muss der Zahnarzt unbedingt in Kenntnis gesetzt werden, damit er seine Behandlung so konzipieren kann, dass Nebenwirkungen - die durchaus unangenehm verlaufen können - vermieden werden. In der zahnärztlichen Praxis lässt sich ab und zu feststellen, dass Patienten über diese Zusammenhänge nicht genügend informiert worden sind. Übrigens bemühe ich mich bei den regelmässigen Kontrollen immer um ein Patientengespräch, bei dem ich erfahren möchte, welche Medikamente eingenommen werden und was sich allenfalls im Gesundheitszustand verändert hat. Sinnvoll ist in jedem Fall eine beidseitig gute Kommunikation. Ausschnitt Seite: 4/5
Catherine Weber, geb.1965, ist Fachzahnärztin für Parodontologie mit Weiterbildungsausweis in präventiver und restaurativer Zahnmedizin 550. Sie ist externe Oberärztin der Klinik für Parodontologie, Endodontologie und Kariologie der Universitätskliniken für Zahnmedizin Basel und gehört der Weiterbildungskommission der Schweizerischen Gesellschaft für Parodontologie an. Sie führt eine Privatpraxis in Laufen (BL). Ausschnitt Seite: 5/5