Armenien Kunst und Kultur am Ararat vom 01. bis 10. Juni 2013

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Transkript:

Armenien Kunst und Kultur am Ararat vom 01. bis 10. Juni 2013 Armenien liegt am Kreuzungspunkt zwischen Europa und Asien. Stoßen die Grenzen dieses Gebirgslandes geographisch betrachtet vorwiegend an Asien, so stehen die Armenier bildlich betrachtet mit einem Bein in Europa und mit dem anderen in Asien. Armenien ein unbekanntes Land jenseits der schneebedeckten kaukasischen Riesen, zerklüftet, steinig und uralt. Ein Land zwischen Christentum und Islam. Lange habe ich überlegt, ob ich an der Reise des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins nach Armenien teilnehmen soll. Mein Interesse war nicht sehr groß; Armenien war für mich ein unbekanntes Land. Doch die Überzeugungskraft von Frau Dr. Maren Welsch hat wieder einmal gesiegt, ich habe mich für die Reise angemeldet und habe es wahrlich nicht bereut! Endlich ist es soweit. Am 1. Juni 2013 fahren wir mit dem Bus von der Kunsthalle zu Kiel zum Hamburger Flughafen, fliegen mit Austrian Airlines über Wien nach Jerevan und kommen in den frühen Morgenstunden in der armenischen Hauptstadt an. Jerevan ist eine der ältesten Städte der Welt und liegt am Fuße des mächtigen Ararat. Dieser Berg, der den Armeniern heilig ist, befindet sich heute allerdings auf türkischem Territorium wenn auch unweit der Grenze. 1

Nach einer Ruhepause im Hotel und einem ersten Blick auf die Stadt unternehmen wir einen Ausflug nach Garni, einst Sommersitz der armenischen Könige und berühmt durch den Mithras-Tempel mit seinen 24 Säulen. Errichtet von Tiridates I im 1. Jh. n. Chr. und in exponierter Lage am Rande einer malerischen Basaltschlucht liegend, stellt er das einzige im Kaukasus erhaltene Relikt hellenistischer Kultur dar. Bei einem Erdbeben 1679 stark beschädigt, wurde der Sonnentempel bereits zu Sowjetzeiten von 1970 bis 1978 komplett saniert. Auf dem Wege dorthin fahren wir durch das wandernde Dorf, durch Erdrutsche verändert es ständig seine Lage: Die Häuser werden dann oft nur wenige Meter weiter an anderer Stelle wieder aufgebaut. Auf der Weiterfahrt werden wir von Herden neugieriger Rinder angehalten, die sich erst bewegen, wenn sie das kalte Blech des Busses an ihrem Hinterteil spüren. Am Ende der Schlucht schließlich liegt das Höhlenkloster Geghard (13. Jh.). Die weitläufige Anlage gehört zu den bedeutendsten Wallfahrtsorten Armeniens und wurde teilweise in den schroffen Fels hineingeschlagen. Hier sehen wir auch die ersten Kreuzsteine (Chatschkare), diese Meisterwerke der Bildhauerkunst sind eine armenische Besonderheit: Weit mehr als nur Grabdenkmäler, schmücken sie Kirchen oder Brunnenbauwerken und erzählen von bedeutenden geschichtlichen Ereignissen. Häufig wurden sie bei Lebzeiten zur Sicherung des Seelenheils gestiftet. In ihrer schier unendlichen Muster- und Bedeutungsvielfalt sollen sie uns die ganze Reise über begleiten. In diesem Kloster, das auch für seine außergewöhnliche Akustik bekannt ist, hören wir ein eindrucksvolles Chorkonzert mit Sängerinnen und Sängern der Jerevaner Oper. Beim Abendessen in Garni, auf der Terrasse eines Restaurants mit großem Garten und wunderbarem Blick auf den Mithras-Tempel und die Azat-Schlucht, gibt es u. a. Salate und Fladenbrot, das mit Käse und verschiedenen langstieligen Kräutern belegt und aufgerollt wird. Auf diese leckeren und typisch armenischen Vorspeisen haben wir uns auch in der Folgezeit immer wieder gefreut. Unser Hotel in Jerevan liegt beim Platz der Republik, dessen rotbraune Tuffsteinarchitektur allabendlich von den Wasser- und Lichtspielen der singenden Fontänen in einen märchenhaften Ort verzaubert wird ein Anblick, der, zumal bei den herrschenden sommerlichen Temperaturen, uns stets zum Verweilen einlädt. Am nächsten Tag besuchen wir das Sergey Parajanov-Museum, das die Werke dieses äußerst vielseitigen Künstlers, Filmemachers und großen Fellini-Bewunderers bewahrt. Aus politischen Gründen mehrfach inhaftiert und mit dem Verbot zu filmen belegt, wandte er sich mit überbordender Phantasie der Collage und der Assemblage zu. Anschließend erhalten wir eine eindrucksvolle private Führung im Matenadaran (= Bibliothek), wo die kostbare Sammlung alter armenischer Handschriften aufbewahrt wird. Bis heute wird sie von Exilarmeniern um wichtige Werke ergänzt. Interessant finde ich, dass im Mittelalter nur die armenischen Handschriften mit genauen Angaben zu Schreiber, Entstehungsort und Zeitpunkt versehen waren. Auch darin zeigt sich die große Bedeutung, die Bücher für dieses Volk haben. Zur Entspannung besuchen wir am Nachmittag die Ararat Cognac-Fabrik, die in einem mächtigen, festungsartigen Gebäude aus Basalt über der Stadt thront, sehen die bedeutenden Staatsmännern gewidmeten Fässer 2

und lernen bei einer Probe den typisch armenischen Cognac verschiedener Altersstufen kennen. Am 4. Tag der Reise verlassen wir Jerevan mit dem morgendlichen Blick auf den Ararat, der sich uns immer von seiner besten Seite zeigt. An der geschlossenen Grenze zur Türkei liegt das Kloster Chor Virap der heilige Gregor der Erleuchter saß hier eingekerkert, bevor er den König taufte und den Armeniern das Christentum brachte. Wir fahren durch die fruchtbare Araratebene, sehen ein Storchendorf mit vielen voll besetzten Storchennestern und lernen bei einer Weinprobe in Areni die Geschichte der armenischen Weine kennen. Weiter geht es zum malerischen Kloster Noravank, das vom 12. bis zum 14. Jh. Sitz der Bischöfe von Sjunik war. Grandios und völlig einsam in den Bergen gelegen, überblickt es das Tal. Am Selimpass kurzer Stopp an der Karawanserei, dem besterhaltenen mittelalterlichen Profanbau Armeniens: Hier verlief die legendäre Seidenstraße. Die große Halle des weitläufigen Bauwerks liegt größtenteils gut versteckt unter der Erde. Bald darauf öffnen sich die Berge zum malerisch gelegenen Sevansee, dem heutigen Etappenziel. Der See liegt auf gut 2.000 m Höhe und ist somit einer der höchst gelegenen Seen der Erde. In Noratus ist es gar nicht so einfach, die berühmten Kreuzsteine zu betrachten, sollen wir doch unbedingt selbstgemachte Topflappen und Wollsocken kaufen, bevor wir die Stille am Ufer des Sees genießen können. Am 5. Tag besuchen wir das auf einer Halbinsel gelegene Sevankloster (9 Jh.), das lange Verbannungsort des armenischen Adels war. Nach einem kurzen Spaziergang zur Hügelkuppe genießen wir einen herrlichen Panoramablick auf den See, der auch blaue Perle Armeniens genannt und von rund 30 Flüssen gespeist wird. Mit Karen Balayan, dem Kapitän der Kilikia, seines eigenhändig gefertigten Nachbaus eines mittelalterlichen Schiffs, mit dem er bereits durch das Mittelmeer und an Kiel vorbei bis nach Russland gesegelt ist, geht es anschließend auf eine Bootsfahrt, auf der wir großzügig mit Flusskrebsen versorgt werden. Versierte Mitreisende knacken sie für alle an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank dafür! Unterwegs passieren wir die unter Naturschutz stehende Möweninsel. Es gibt nur sehr wenige Süßwassermöwen auf der Welt, und hier lebt und brütet eine Süßwassermöwenart, die nur am Sevansee vorkommt. In Dilijan besichtigen wir das historische Häuserensemble mit seinen Handwerkerateliers, die Restaurierung hat der in Amerika lebende Armenier James Tufenkian finanziert. Nach einer üppigen Kaffeetafel in einem geräumigen Dilijaner Privathaus geht es schließlich über Vanadzor für zwei Nächte in das wunderschöne, im landestypischen Stil gehaltene Hotel im Bergdorf Dzoraget, das ebenfalls von Tufenkian errichtet wurde, um die abseits gelegene Bergregion zu fördern. Am Abend liest Frau Dr. Welsch über die Erstbesteigung des Ararat 1 vor, und es entspinnt sich eine nachdenkliche Diskussion, ob dieser Schritt eine Entweihung des Berges bedeutete. Armenische Schweiz nennen Einheimische die Gegend um den Bergbauort Alaverdi. Die gewaltige Debedschlucht überquert eine Brücke aus dem 12. Jh., die mit überraschend natürlich wirkenden Tierfiguren geschmückt ist. Sie ist das älteste weltliche Baudenkmal Armeniens. 1 In: Frank Westermann, Ararat. Pilgerreise eines Ungläubigen, 2008. 3

Hoch über der Stadt ragen die vielleicht schönsten Klosteranlagen des Landes empor. Wie die Brücke gehören auch Kloster Sanahin mit seiner berühmten Bibliothek und das Wehrkloster Haghbat zum UNESCO- Weltkulturerbe. Beide Klöster wurden nach 960 von der Königin Chosrowanusch gegründet. Obwohl geradezu gegensätzliche Bauwerke und wirtschaftlich stets selbständig, sind sie historisch und ästhetisch betrachtet Geschwisterklöster, die sich ergänzen. Die Busfahrt durch das Debedtal führt auch durch den Heimatort des Dichters Hovhannes Thumanjan, von dem uns unser Reiseleiter Aram u. a. das Märchen vom unsterblichen Hahn vorträgt. Ich finde, es illustriert aufs Beste die Unbeugsamkeit und den Witz der Armenier. Am 7. Tag unserer Reise geht es zurück in die Hauptstadt. Und wieder hat sich die Landschaft verändert. Über sanfte, karg bewachsene Bergkuppen führt der Weg zunächst nach Spitak. 1988 durch ein Erdbeben nahezu dem Erdboden gleich gemacht, ist die Stadt mit Hilfe verschiedener Staaten nun wieder aufgebaut, manche Ortsteile wurden nach den geldgebenden Nationen benannt: In der Kunstschule, einem karitativen Projekt im italienischen Dorf, werden handgearbeitete Souvenirs verkauft. In einer Bäckerei der kleinen Ortschaft Aparan können wir die Herstellung von Fladenbrot beobachten, wie sie ausschließlich von Männern betrieben wird, und wunderbares Gebäck für ein Picknick kaufen. Weiter geht es zur uneinnehmbaren Festung Amberd (7.Jh.). Sie liegt auf über 2.000 m Höhe am Fuße des Aragaz (4.096 m), dem höchsten Berg Armeniens. Auf der Weiterfahrt stoßen wir mitten in der freien Natur auf ein großes Denkmal Mesrop Maschtots, des Begründers des armenischen Alphabets. Es besteht aus riesigen Steinbuchstaben und Skulpturen der bedeutendsten armenischen Denker und Wissenschaftler, die stilistisch an die Sowjetzeit denken lassen. Zeit nun für eine Kaffeepause: In einem Privathaus können wir bei der traditionellen Lavasch-Bäckerei zuschauen, die von den Frauen ausgeübt wird. Hier wird das Brot von der 84-jährigen Großmutter und ihrer Tochter für uns gebacken. In Jerevan beziehen wir dieses Mal Zimmer im Marriott-Hotel am Platz der Republik. Nach dem Abendessen steht noch etwas Besonderes auf dem Programm: ein Besuch des Aram Khachaturian-Museums, in dem das international bekannten Khachaturian-Trio nach einer Führung durch die Privaträume des Komponisten ein Konzert für uns gibt! Am nächsten Tag erkunden wir die Stadt und erleben auf einer Stadtrundfahrt die vielen Gesichter Jerevans: von den dunklen Häusern aus Ton, die noch aus dem 19. Jh. stammen, über die großen städtebaulichen Veränderungen durch den Architekten Alexander Tamanjan (1878-1936), der auch den rosa Tuffstein als Baumaterial einführte, und das Erbe der Sowjetzeit bis zu den Bauten der Moderne. Im Opernhaus, einem der architektonisch interessantesten Gebäude der Stadt, erhalten wir ebenso eine private Führung wie auch in der großartigen Nationalgalerie: Da das Martiros Sarjan-Museum derzeit wegen Umbau geschlossen ist, nimmt sich dessen Direktorin, eine Enkelin dieses für viele Armenier bis heute bedeutendsten armenischen Malers der Moderne, die Zeit, mit uns die hier ausgestellten Werke ihres Großvaters zu betrachten. Ein Stockwerk tiefer zeigt sich eine Verbindung zur Kunsthalle zu Kiel: Doch während die Kieler Sammlung lediglich ein Bild von Iwan Aiwasowski (1817-1900) aufweist, füllen seine z. T. riesigen Seestücke hier einen ganzen Saal. Bei ihrem Anblick versteht man, warum dieser 4

russisch-armenische Künstler international so gefragt war, mit William Turner auf eine Stufe gestellt wurde und als der beste Maler von Meeresbildern gilt. Im Historischen Museum können wir den Stein mit der Gründungsinschrift Jerevans sowie die Jahrtausende alte Sandale aus einem Höhlenfund und den durch die Absenkung des Sevansees aufgefundenen und restaurierten Kultwagen bewundern. Welch hohen Stellenwert das Kunsthandwerk auch heute noch in Armenien hat, erfahren wir im Museum der armenischen Volkskunst. Die eindrucksvollen Holz-, Stein-, Metall- und Textilarbeiten der auch international gefragten, in aller Welt verstreut lebenden armenischen Kunsthandwerker, die nebenher auch so überraschenden Berufen wie z.b. Informatiker nachgehen, greifen nicht nur die alten Techniken wieder auf, sondern modernisieren behutsam die tradierten Formen und Muster. Am Abend lernen wir Sergey Khalpakhchyan kennen, der seit vielen Jahren Kreuzsteine meißelt und mit seinen Arbeiten in vielen Museen vertreten ist. Am letzten Tag der Reise steht nach der Besichtigung der Kirchen Surb Hripsime (7. Jh.) und Surb Gajane (6. Jh.), die zu den herausragenden Meisterwerken der klassischen armenischen Baukunst gehören, der Besuch von Edschmiadzin (alle drei UNESCO Weltkulturerbe) an, dem religiösen Zentrum des Landes sowie der armenischen autokephalen (selbständigen) Kirche und Sitz des Katholikos. Nach der Legende ist Christus hier herabgestiegen und hat Gregor dem Erleuchter mit einem goldenen Hammer gezeigt, wo die erste Kirche gebaut werden sollte. So bedeutet Edschmiadzin Ort, wo der Eingeborene herabgestiegen ist. Wir haben Glück und können verfolgen, wie der Katholikos von den Mönchen zum Gottesdienst in die Kathedrale ihre Grundmauern stammen aus dem Jahr 303 geleitet wird. Der Vormittag endet mit dem Besuch der Ruinen der Palastkirche von Zvarthnots, wo wir noch eine folkloristische Tanzeinlage, die Vorbereitung zu Dreharbeiten, miterleben. Zurück in Jerevan besuchen wir die Kaskade, die monumentale Treppenanlage auf einen etwa 100 Meter hohen Aussichtshügel, von dem aus sich ein schöner Panoramablick auf die armenische Hauptstadt bietet. Hierin eingebettet ist das Cafesjian Center for the Arts, das 2009 eröffnete Museum für zeitgenössische Kunst mit seinen spannenden Rauminstallationen und großzügigen Räumen, die sich immer wieder zur Kaskade öffnen. Letzte Mitbringsel, gefüllte Früchte und Nüsse finden wir in den Markthallen und schließen damit das Besichtigungsprogramm ab. Das Abschiedsessen in einem Restaurant mit armenischen Köstlichkeiten wird von Musikern mit alten armenischen Instrumenten begleitet, deren schwungvolle Musik uns immer mehr in ihren Bann zieht. Nach einer Stärkung am frühen Morgen mit Kaffee, Tee und Keksen treten wir die Fahrt zum Flughafen und Flug über Wien nach Hamburg an, wo der Bus schon auf uns wartet. Christel Schmidt-Lange 5