WIENER September 2010
DER STANDARD 17.09.2010 RONDO
fashionoffice.org, 17.09.2010
Stadtbekannt Wien, 17.09.2010 http://stadtbekannt.at/documents/articles/de/schaufenster/mode/09-_-2010/mq-vienna-... Page 1 of 2 17.09.2010 MQ Vienna Fashion Week Part II: Tiberius MQ Vienna Fashion Week Part II: Tiberius Tiberius-Designer Marcos Valenzuela sprach mit uns über Leder, Latex und die österreichische Designerszene
MQ Vienna Fashion Week Part II: Tiberius http://stadtbekannt.at/documents/articles/de/schaufenster/mode/09-_-2010/mq-vienna-... Page 2 of 2 17.09.2010 Von 22. bis 26. September findet die MQ Vienna Fashionweek statt, vorab haben wir uns mit Ina Kent getroffen, der nächste Fashion Week Designer in unserer Interview-Reihe ist Marcos Valenzuela, der die Kollektionen für das Label Tiberius entwirft. Schon von außen das Tiberius Konzept sichtbar, wenn man sich in die Lindengasse begibt. Klare Linien, schwarz und weiß, Leder und Stoffe. Beim Eintritten ein Blick nach rechts, ein Blick nach links, weiße Gänge, schwarze Verkleidung. Man wird hier nicht berieselt mit Textilien, man muss sie finden. Man geht die weißen Regale entlang, findet hier einen klassischen Lederrock, dort ein Kleid, weiter hinten eine Ledergerte. Das ist der Tiberius Store, in dem ich mich mit dem Tiberius-Designer Marcos Valenzuela treffe. Tiberius gibt es seit 18 Jahren, seit 5 Jahren bin ich dabei. In Österreich gab es eine Marktlücke, Lederhosen oder andere Ledertextilien hat es kaum gegeben. Karl Ammerer hat Tiberius gegründet und aus Kanada Lederwaren importiert. Seitdem hat sich aber vieles verändert, wir gehen weg vom Fetisch und ich versuche, eine neue Modesprache zu entwickeln. Mittlerweile wird Tiberius als Label anerkannt, wir entwickeln uns weiter. Die Materialien werden mittlerweile aus Österreich bezogen, produziert wird ebenfalls im Lande. Fetisch meets Fashion Leder und Latex hat etwas Anrüchiges. Mit Leder und Latex Designermode zu machen, ist nicht so einfach. Aber mit klaren Designs und hoher Qualität der Materialen hat es Tiberius in den letzten zwei Jahren geschafft, sich zu einem in Österreich bekannten und auch anerkannten Label zu mausern. Sexualität bleibt aber eine Inspirationsquelle: Sexualität und Koketterie, das sind gute Quellen für Inspiration, denn sie verraten sehr viel über Menschen. Es hat etwas sehr Ehrliches. Im Tiberius Shop treffen zwei Welten aufeinander Fashion meets Fetisch, könnte man sagen. Kaum merklich verschwimmen die Linien zwischen Schlafzimmer und Laufsteg. Tiberius ist für Lederkleidung wahrscheinlich die beste Anlaufstelle in Österreich. Wunderschöne Kleider, Jacken, Hosen und Röcke werden hier verkauft. Einen Schritt weiter geht man mit den Latexkleidern, die hier verkauft werden. Im Design sehr schlicht gehalten, wer sie tragen will, der braucht eine gute Figur. Verkaufsschlager sind übrigens die in Handarbeit hergestellten Lederhandschuhe. Verspielter geht es bei den Taschen, den Schuhen und dem Schmuck zu. Die sind aber, wie einige Stücke im Tiberius Store, nicht alle aus den eigenen Kollektionen. "Ego existiert nicht" Wir Jungdesigner in Österreich sind eine Generation, bei der es wenig Rivalität gibt, Ego existiert nicht. Wir sind bereit, uns gegenseitig zu helfen, Ellbogentechnik wird nicht mehr angewandt. Ich freue mich, Kollegen und Kolleginnen, wie Gina Drewes, meine Entwürfe zeigen zu können. Und wenn jemand keinen Showroom in Österreich hat, warum sollte ich seine Sachen nicht ausstellen? So findet sich im Tiberius Store unter anderem auch Ware von Claudia Brandmair, eine österreichische Designerin, die zwar hierzulande weniger bekannt ist, dafür in New York und Paris Karriere machte. In unserem Shop gibt es nicht nur das Label Tiberius, sondern auch andere österreichische Designer, die mit der Ideologie Tiberius gut kombinierbar sind. Daneben finden sich u.a. auch Schuhe vom begnadeten Schuhdesigner Michael Lewis, der schon für Castelbajac, Gucci mit Tom Ford, an der Seite von Marc Jacobs für Louis Vuitton Schuhe designed hat. Mittlerweile hat er sich selbstständig gemacht, seine Schuhe gibt es in fünf Shops weltweit zu kaufen, unter anderem bei Tiberius. Weihrauch und Sperma Wie oben schon erwähnt, spielt Sexualität und Kokketerie neben eleganter und tragbarer Leder- & Latexbekleidung immer noch eine Rolle. Sie finden sich auch im Store wieder: Verkauft werden hier auch Parfums, Masken und Unterwäsche. Besonders: Zu kaufen gibt es unter anderem einen Duft, der neben weißem und schwarzem Leder auch Sperma enthält, ein anderes Parfum überrasch mit Weihrauch als Duftnote. Nicht obszön sollen diese Produkte anmuten, sondern ausgefallen, einzigartig, verspielt. Tiberius auf der MQ Vienna Fashion Week Bei der MQ Vienna Fashion Week 2009 wurde das Tiberius Design erstmals einem Fashion-affinen Publikum als Label vorgestellt. Zusammen mit Gina Drewes erblickte damals die Tiberius-Kollektion die Welt des Laufstegs, dieses Jahr betritt man alleine den Runway. Die MQ Vienna Fashion Week bietet jungen Designern viele Möglichkeiten. Den Menschen wird österreichische Mode immer mehr bewusst. Bei der diesjährigen Fashion Week zeigen wir unsere Men Basic Kollektion sowie unsere neue Linie Romanti-k Latex, Leder, Seide und Pelz steht hier im Vordergrund. Die Show von Tiberius im Rahmen der Fashion Week findet am 24.9. um 20.00 statt Bilder: Martin Siebenbrunner
KURIER.AT 22.10.2010 Ihr präsentiert heuer zum ersten Mal alleine auf der MQ Vienna Fashion Week, worauf dürfen wir uns freuen? Ehrlichkeit, ich versuche mit dieser Kollektion sehr ehrlich zu sein und gehe noch einen Schritt weiter: Ich verlasse Leder und Latex nicht, aber es kommen andere Materialien wie Seide, und es kommt sehr viel Transparenz im Zusammenhang mit Leder. Ich habe mich dafür von Shakesperes Sonette Nr. 40 inspirieren lassen. Und es wird Farbe geben, helle Farbe, was für Tiberius neu ist, aber es sind nicht viele Teile, weil unsere Kunden Schwarz bevorzugen.
Welches ist ihr Lieblingsstück aus der neuen Kollektion und wem würden sie es gerne anziehen? Ich habe kein Lieblingsstück, das ist, wie wenn man fragt, welches von deinen Kindern liebst du mehr. Anziehen würde ich es Leuten die diese Ehrlichkeit verstehen und die den Romantismus von Tiberius sehen. Die Kollektion 2011 heißt Romanti k und darum will ich auch darstellen, wie romantisch Tiberius Mode ist. m Bild: Irene Mayer und Stefan Maierhofer in Tiberius.
Wie sieht euer typischer Kunde aus? Träger oder Trägerin sollte wie immer bei unseren Kollektionen selbstbewusst und kokett sein. Koketterie finde ich schön, auch bei Männern finde ich diesen Flirtfaktor sehr interessant. Bei der MQ Vienna Fashion Week haben sie gemeinsam mit der Designerin Gina Drewes eine Show gemacht, warum? Das war ein Pilotprojekt. Ich bin der Überzeugung, dass man die Sachen organisch angehen und wachsen lassen sollte. Es ist gut in Synergie zu arbeiten. Ich bin der Meinung ein Mensch sollte nicht nur aus einem Label bestehen. Es gibt Leute die tragen nur ein Label nur Gucci, nur Prada, egal was. Aber es ist interessanter wenn die Schuhe von einem Designer sind und die Jacke von einem anderen ist. Und diese Arbeit mit Gina war auch ein bisschen dieser Schutz vor der Angst, wie werde ich verstanden. Inzwischen sind zwölf Monate vergangen, wo wir uns weiterentwickelt haben, wo ich sicherer geworden bin was die Tiberius Linie ist und wo ich hin will.
Im Bild: Irene und Mariella Mayer und Stefan Maierhofer in Kreationen von Tiberius. Ihr arbeitet hauptsächlich mit Leder und Latex. Warum habt ihr euch ausgerechnet dafür entschieden, anstatt für Spitze und Samt? Es ist der organische Weg den wir gehen. Vor fünf Jahren haben wir keine Kollektion gemacht, wir haben einfach alles von berühmten Fetischlabels eingekauft. Wir kommen vom Fetisch dieser sexy Faktor von Tiberius, den man in der Mode sieht, kommt einfach von der Vorgeschichte. Im gesamten Fetischbereich wird mit Leder und Latex gearbeitet. Dann kam ich und ich habe gesagt, okay, es gibt viel mehr Potenzial als Einkaufen und es ist mein Job ein Label aufzubauen, das auch eine Zukunft hat. Aber ich konnte nicht alles rausschmeißen und sagen, so, jetzt machen wir alles nur aus Stoff.
Euer Label steht für Fetisch was versteht ihr darunter? Fetisch ist etwas, das nicht jeder hat. Es bedeutet, ich sehe mich und ich nehme mich war und respektiere mich in meiner Sexiness, meiner Darstellung. Dort steht der Fetisch von Tiberius. Unsere Gesellschaft hat uns gesagt Fetisch ist böse, wir arbeiten mit Materialien, vor denen die Leute noch ein bisschen Angst haben. Aber sexuell ist gut, sexuell ist eine Quelle von Inspiration!
Muss Tiberius gegen Vorurteile kämpfen? Natürlich kämpfen wir mit unseren Schatten, unserer Vorgeschichte, aber ich werde nicht verleugnen, dass ich vom Fetisch komme nie. Weil das wäre so als würde ich sagen ich habe keinen Akzent. Ich komme aus Kolumbien, ich werde immer einen Akzent haben. Es gehört zu mir, genauso wie Fetisch zu Tiberius gehört. Ich sehe Fetisch nicht böse, ich sehe Fetisch inspirierend. Es ist etwas was andere Labels nicht sind. Wir sind sexy, während andere Labels mit allen Mitteln versuchen geil zu sein und lässig zu wirken. Wir haben die Vorgeschichte, ich denke das macht uns besonders. Tiberius wie seit ihr auf diesen Labelnamen gekommen? Der Name Tiberius ist einfach der römische Kaiser. Karl Ammerer hat einfach in einem Buch geblättert und überlegt, welcher Name bin ich, wo sehe ich mich. Es ist ein sehr Eros behafteter Name, aber es ist ein klingender Name und es bleibt hängen.
Was für Leder verwendet ihr? Ein besonderes. Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich das Leder gefunden habe, das ich wollte: weiches, buttriges Kalbsleder. Es ist das erste Mal, dass ich mit Stretchleder arbeite. Und ich werde mit Pelz arbeiten Waschbär und Kaninchen. Und für die Männerkollektion such ich immer ein gutes weiches Nappa, ein älteres Rind. Haben Sie Vorbilder aus der Mode?
Oh ja (lacht). Ich glaube Menschen brauchen Vorbilder um weiter zu kommen. Ich liebe die Arbeit von Carolina Herrera, weil ich glaube sie versteht Frauen unglaublich. Tom Ford ist ein Visionär. Klischee ist natürlich Karl Lagerfeld (lacht). Ich finde die Mode von Lagerfeld ironisch, er nimmt es nicht so ernst, es ist geschmackvoll, es ist Perfektion. Ja, es gibt so viele. Woher holen Sie sich die Inspiration? Ich hab auch ein Diplom auch als Opernsänger. Darum kenne ich viele Texte und viel Musik. Vor der Show möchte ich das Publikum einladen zu sehen, was mich inspiriert hat. Es wird eine kleine Überraschung geben. Mich inspiriert alles, alles, alles! Der Geschmack von einem guten Schokokuchen, ein gutes Gespräch, wenn Leute lachen, das Leben inspiriert mich, die Liebe inspiriert mich.
Seit heuer hat Tiberius auch eine eigene Schmuckkollektion, warum erst jetzt? Einen Schritt nach dem anderen. Nicole Infür designt den ganzen Schmuck, weil ich mich mit den ganzen Stoffen gut auskenne, aber nicht mit Steinen oder mit Metall, das ist wirklich ein anderes Kapitel. Es war die Neugierde. Ich habe immer diese Fischschuppen interessant gefunden. Das findest du in Kolumbien. Das kommt von einem Fisch, den es nur in Kolumbien gibt, aus der Familie des Thunfischs. Ich finde wir sind noch sehr in Entwicklung und jede Sache, die ich ausprobieren kann werde ich machen.
Wie sieht die Zukunft von Tiberius aus? Meine Wahrsagerin hat es mir noch nicht gesagt (lacht). Die Zukunft von Tiberius ist im Ausland. Ich will Tiberius als Botschafter. Ich will sagen, das kann auch Österreich sein, das ist Österreich. Und das ist unsere Vision. Zur Person Marcos Valenzuela Abril: Der Kolumbianer ist seit 2004 leitender Designer bei dem 1992 von Karl Amerer gegründetem Label Tiberius. Marcos Valenzuela Abril schuf aus Fetisch Mode "crossover fashion", einer Kombination zwischen alltäglicher Kleidung und Mode aus Leder und Latex.