GRAND ELECTRICS Als Ende der 1980er Jahre die Superstrat in den verschiedensten Verlaufsformen das Licht der Welt erblickte, war auch ich fasziniert von den Verlockungen dieser neuen Spezies. Vor allem im Land der mittlerweile leider begrenzten Möglichkeiten überboten sich die Gitarrenbauer geradezu in Farben-, Holz- und Ausstattungsmerkmalen. Allen Gitarren gemein war allerdings eine meist überdurchschnittlich hohe handwerkliche Qualität sowie sehr vielseitige Soundmöglichkeiten. Eine Company, die von Anfang an mitmischte, war Tom Anderson Guitarworks. Von Patrick Wilhelm Drop Top Bora to TransBlue & Cajun Magenta ohne Grenzen Wo immer ich fortan einem Gitarristen lauschen durfte, dessen Gitarrenkopfplatte vom selbstbewusst ästhetischen A des Anderson Schriftzugs geadelt wurde, horchte ich voller Ehrfurcht auf. Da die Dinger nicht ganz billig waren, konnte man auch meist davon ausgehen, dass sie von Meistern ihres Faches bedient wurden. Irgendwo hab ich dann mal Dan Huff mit einer Tom Anderson gehört, tja, da war für mich klar, dass hier zwei sehr geniale Individuen gemeinsam gerade etwas Großes geschaffen haben. 76 grand gtrs
Playa Illetas Und da liegen sie nun zum Test in meiner Stube. Zwei Ehrfurcht erheischende Schönheiten aus der Drop Top Serie. Diese Serie, die anno 1990 ins Leben gerufen wurde, ist so etwas wie Andersons historische Wurzel. Die bekannteste Korpusform der Welt, verfeinert mit edlen Hölzern, besten Tonabnehmern, erstklassiger Hardware und gebaut mit höchster Präzision das ergab damals wie heute absolute Feinschmecker-E-Gitarren. Und auch die hier besprochenen Instrumente packen mich direkt bei den Urinstinkten. Auch wenn die Farbenauswahl der beiden Drop Tops nicht der heiligen Rock n Roll Farbenlehre entspricht, nach der jede Farbe rockt, solange sie schwarz ist, kann ich mich dem strahlenden Glanz dieser beiden Kleinode nur schwer entziehen. Während die Weinrote bei Anderson Cajun Magenta genannt durch ihr changierendes Farbenspiel begeistert und zahlreiche grand gtrs 77
GRAND ELECTRICS DETAILS Hersteller: Tom Anderson Guitarworks Modell: Drop Top Herkunftsland: USA Korpus: Basswood Decke: Quilted Maple Top Lackierung: Cajun Magenta Hals: Ahorn Halsprofil: Even Taper Halsbefestigung: 2-fach verschraubt Griffbrett: Rosewood Griffbretteinlagen: Dots Bünde: 22 heavy, Edelstahl Mensur: 648 mm Halsbreite Sattel: 42 mm Regler: Master Volumen und Ton Pickup-Schalter: Switcheroo mit Blower, VA Boost Switch (siehe Text) Pickup: Tom Anderson H1+, SF2, H2+ Sattel: Floyd Rose Locking Nut Brücke: Chrome Sunken Floyd Rose Mechaniken: Tom Anderson Grover Locking Gewicht: 3,3 kg Preis: 3.890 Euro Facetten liefert, versetzt mich die Blaue (Bora Trans Blue Burst) schlagartig an die Playa Illetas auf Formentera. Nirgendwo sonst, außer dort und bei dieser Gitarre, habe ich jemals so ein absolutes Killerblau gesehen. Und ich brauche wohl kaum zu erwähnen, dass die Verarbeitung und handwerkliche Umsetzung der beiden Drop Tops ebenfalls nur als traumhaft bezeichnet werden kann. Drop Top? Anderson war die erste Company, die Gitarrendecken, hier vornehmlich Ahorn, um das obere Shaping gezogen gedropt hat. Dies bescherte den Andersons schon damals einen Alleinstellungsstatus. Nettes stylisches Detail auf der Rückseite: Der Hals ist lediglich mit nur zwei diagonal versetzten Schrauben befestigt, in der HochpräzisionsHalstasche der Andersons reicht das. Die Hardware (Tremolosysteme von Floyd Rose), das fein gezeichnete Binding, der zweite untere Gurtpin, die ausgefuchste Schaltung all das kündet von Überlegung und Erfahrung in Andersons Gitarrenschmiede. Solo burn! Apropos Schaltung: Das Mäusekino der Drop Top Cajun Magenta erinnerte mich zwar im 78 grand gtrs ersten Moment an die ausgehenden 1980er Jahre, der Praxisnutzen dieser cleveren Schaltung überzeugt dann aber doch dank seiner Vielseitigkeit. In der Mittelstellung der drei nebeneinander befindlichen Tonabnehmer Mini-Toggleswitches tut sich gar nichts, Gitarre aus! Schaltet man nun hoch bzw. runter, kann man zwischen Humbucker-Vollbetrieb (Reihenschaltung der Spulen) und Coil-Splitbzw. Parallelschaltung der Humbucker-Spulen wählen. Ob nun gesplittet oder parallel geschaltet wird, das kann man bei dieser Drop Top quasi programmieren, indem man die im Elektronikfach dafür vorgesehenen MiniSwitches entsprechend setzt. Der Blower Switch, schräg unterhalb des Volume Potis, hat schließlich die gleiche Funktion wie das Kick Down Pedal eines 12 Zylinder Jaguars. Wird er betätigt, wird unabhängig jeder Schalterei der Steg-Pickup zum beherrschenden Element, während alle anderen PUs gemutet werden. Solo on! Zieht man nun noch den Push Pull Poti des Master-Tonreglers, wird zusätzlich zu diesem Killersound noch ein passiver, Booster-ähnlicher Effekt aktiviert, der, einem Nachbrenner gleich, den eh schon sehr tragfähigen Lead Sound mit fetten und sämigen Mitten (bis zu 4 db) anreichert. Solo burn!
angepasst. Auf der Haben-Seite belohnt uns diese amerikanische Opulenz mit Ton, Ton, und nochmals Ton. Zusammen mit der superknappen Hals-Korpusverbindung ergibt dies feinsten Naturklang, Attack, Twang und Sustain im XXL Format. Dafür sind mit Sicherheit auch die verwendeten Hölzer zuständig. Besonders muss ich hier nochmals die wunderschönen Decken und die sehr fein und gleichmäßig gemaserten Ahornhälse erwähnen. Wild und zügellos Am Amp rocken die beiden Ladys wie zu erwarten wild und zügellos, kräftig und mit durchschlagender Substanz. Die Single Coils, Anzeige Amerikanische Opulenz Der blaue Traum ist mit einem konventionellen 5-Wege-Schalter ausgestattet; dank Mini 3-fach Toggleswitch (Split/VA Boost) und stets zuschaltbarem Steg-Pickup via Push Pull Poti (Tonregler) sind aber auch hier ungleich viele verschiedene Kombinationsmöglichkeiten drin. Die Anderson-Pickups, die bei beiden Schätzchen samt und sonders Humbucker sind, klingen ausgewogen, kraftvoll modern und sind mit einer sehr geradlinigen Tonübertragung gesegnet. Hier klingt keine Frequenz überbetont die knackig gesunde Konstruktion der Gitarren kann und darf sich so am Amp frei entfalten. Mit diesen high fidelen Soundeigenschaften ausgestattet, verwundert es nicht, dass die beiden Drop Tops am Amp mit der gesamten Palette der Rock- & Pop-Sounds der letzten fünfzig Jahre aufwarten können. Und es sind schon Charakterdarsteller, diese beiden Andersons. Anders als man es vielleicht vermuten könnte, erwarten uns keine bulimischen Spargelhälschen, wie man sie meist bei japanischen Sportgitarren findet. Hier wurde ein quasi dreifach redundantes Halsprofil absolut den Anforderungen eines jeden Spielers Andy Summers von The Police spielt ZT Amps - weil sie einfach verboten gut klingen. Jetzt bei Deinem Händler antesten oder im Netz unter ztamplifiers.com grand gtrs 79
GRAND ELECTRICS DETAILS Hersteller: Tom Anderson Guitarworks Modell: Drop Top Herkunftsland: USA Korpus: Erle Decke: Quilted Maple Top Lackierung: Bora to TransBlue Hals: Ahorn Halsprofil: Even Taper Halsbefestigung: 2-fach verschraubt Griffbrett: Rosewood Griffbretteinlagen: Dots Bünde: 22 heavy, Edelstahl Mensur: 648 mm Halsbreite Sattel: 42 mm Regler: Master Volumen und Ton Pickup-Schalter: Split/VA Boost, Add Bridge Switch: 5-Weg Pickup: Tom Anderson SC1, SC1, H2+ Sattel: Floyd Rose Locking Nut Brücke: Gold Sunken Floyd Rose Mechaniken: Tom Anderson Grover Locking Gewicht: 3,2 kg Preis: 4.190 Euro Zubehör: Koffer, Einstellschlüssel www.andersonguitars.com www.soundland.de die ja eigentlich keine sind weil Humbucker, überraschen mit knackig glasigem Grundton, der bei Bedarf auch völlig brummfrei genossen werden kann. In den unterschiedlichen Kombinationen erfreuen uns bei Bedarf so Single-Coil-Zwischenpositionssounds verschiedenster Couleur. Dabei weisen alle Kombinationen einen authentischen Charakter auf, haben Stil und Klasse und sind als absolut modern und praxistauglich zu bezeichnen. Ob es dabei eher nach Country Tele oder Funky Strat klingen soll, liegt alleine in Händen des Gitarristen bzw. der geschickten Kombination der verschiedenen Schaltmöglichkeiten. Der Experimentierfreude sind hier keine Grenzen gesetzt. Doch auch die Humbucker wissen zu gefallen. Man spürt die Erfahrung der Andersonschen Drahtwickelabteilung vom ersten Moment an. Zart und sensibel im unteren Drehzahlbereich, wissen diese Doppelspuler mit fetter und tragfähiger Tonstruktur bei erhöhter Schlagzahl zu gefallen. Hier wurde der Spagat zwischen Vintage-mäßiger Zurückhaltung und kräftiger Solo-Power perfekt getroffen. Vom Dire Straits Wassersüppchen bis hin zum AC/DC Fleischeintopf sind alle Nuancen der Rock und Pop E- Gitarren-Schule adäquat und nah am Original umsetzbar. Die gute Bespielbarkeit legt diesen vielfältigen Soundmöglichkeiten ebenfalls keine Steine in den Weg. Die Drop Tops laufen wie von selbst, Handling und Ton ergänzen sich gegenseitig, laden förmlich zum Spiel ohne Grenzen ein und lassen erahnen, was einst zum großen Erfolg der Idee der Superstrat und in dessen Folge auch von Tom Andersons Guitarwork beigetragen hat. Top Performance Wer eine schnelle, qualitativ erhabene und modern vielseitig klingende Arbeits-E-Gitarre sucht, sollte unbedingt diese beiden Top Drop Models von Nahem betrachten. Nicht nur auf dem Laufsteg, auch in der täglichen Praxis stehen sie ihren Mann. Selten gehen Praxistauglichkeit und Eleganz so eingängig Hand in Hand. Hier sind keine schnell gecasteten Hobbyschnepfen am Start, sondern hoch professionelle Top-Performerinnen, mit denen man Pferde stehlen kann! 80 grand gtrs