Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen Der Minister Ministerium für Inneres und Kommunales NRW, 40190 Düsseldorf Präsidentin des Landtags Nord rhein-westfalen Frau Carina Gädecke MdL Platz des Landtags 1 40221 Düsseldorf für die Mitglieder desinnenausschusses für die Mitglieder des Sportaussch usses 60-fach - LANDTAG NORDRHEIN-WESTFAlEN 16. WAHLPERIODE VORLAGE 16/2294 -Ag - - -A16 /..A 1- Oktober 2014 Seite 1 von 1 Telefon 0211 871-3246 Telefax 0211 871-3231 Sitzung des lrinenausschusses am 23. Oktober 2014 Bericht der Landesregierung über die Ergebnisse des Pilotversuches "Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen" Sitzung des Sportausschusses am 28~ Oktober 2014 Bericht der Landesregierung über die Ergebnisses des Pilotprojektes zur Optimierung des Kräfteeinsatzes der Polizei bei Profispielen der ersten, zweiten und dritten Fußballbundesliga in NRW, während der ersten vier Spieltage" Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, in der Anlage übersende ich Ihnen - wie im Bericht der Landesregierung zum Tagesordnungspunkt 19 der Sitzung des Innenausschusses am 28. August 2014 angekündigt - den Bericht der Landesregierung zu den Ergebnissen des Pilotversuchs "Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen" zur Information der Mitglieder des Innenausschusses des Landtags. Haroldstr. 5, 40213 Düsseldorf Telefon 0211 871-01 Telefax 0211 871-3355 poststelle@mik.nrw.de www.mik.nrw.de
Polizeieinsatz bei Fußballspielen Pilotversuch "Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen" Zusammenfassung der Ergebnisse der Auswertung 1. Hintergrund des Pilotversuchs Die für die Bewältigung von Einsätzen aus Anlass von Fußballbegegnungen eingesetzten polizeilichen Arbeitsstunden stiegen bisher kontinuierlich an. Für die aktuelle Saison 2014/15 war aufgrund einer veränderten Ligenzusafl1mensetzung und des damit verbundenen Anstiegs der Zahl der Spielbegegnungen der ersten drei Ligen in NRW von 210 in der Vorsaison auf 231 in der aktuellen Spielzeit ohne Anpassung der polizeilichen Einsatzkonzeptionen mit einem weiteren Anstieg der eingesetzten Personalstunden zu rechnen. Auch um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurde die Konzeption "Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen in NRW" in einem Pilotversuch erprobt. Wesentliches weiteres Element des Konzepts ist die Reduzierung der sichtbaren Präsenz von Polizeikräften bei Fußballspielen. Das Konzept setzt bundesweit neue Akzente bei der Planung der Einsätze. Dort, wo es die Lage zulässt, wurde z. B. auf eine enge Begleitung der Fans auf dem Weg zum Stadion verzichtet. Hier setzt das Konzept auf mehr Verantwortungsübernahme durch Vereine und Fans. Dies ist eine logische Konsequenz der engen, belastbaren Netzwerkstrukturen mit Vereinen, Verbänden und Fanprojekten, die in den letzten Jahren auf der Basis des Nationalen Konzepts Sport und Sicherheit aufgebaut wurden. Dazu gehören auch Maßnahmen des Fandialogs. Damit setzt die Polizei NRW ein Signal zur Stärkung der Eigenverantwortung von Fans und Vereinen, das auch zu einer nachhaltigen personellen Entlastung im Bereich der polizeilichen Einsatzbegleitung führen kann. Bericht des MIK NRW zu den Ergebnissen des Pilotversuchs IILageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen" Seite 1
2. Auswertung a) Verfahren Der Pilotversuch wurde durch das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW) begleitet und bewertet. Die Basis der Bewertung bildet eine Auswertung der Spielbegegnungen im Pilotzeitraum, ergänzt um Berichte der einsatzführenden Polizeibehörden, Einsatzbeobachtungen von Vertretern des LZPD und Ergebnisse von Dienstbesprechungen zum Erfahrungsaustausch. Im Pilotzeitraum 01.08.2014 bis 28.09.2014 fanden in den ersten drei Ligen insgesamt 56 Fußballspiele in NRW statt. Dazu gehörten auch zwei Hochrisikospiele (1. FC Köln - Borussia Mönchengladbach und FC Schalke 04 - Borussia Dortmund), die - da von vornherein nicht für eine Kräftereduzierung geeignet - nicht in die Betrachtung einbezogen wurden. Um die Auswirkungen eines reduzierten Kräfteeinsatzes und einer angepassten polizeilichen Einsatzstrategie seriös bewerten zu können, wurden die verbleibenden 54 Spielbegegnungen in "nicht vergleichbare" und "vergleichbare" unterteilt. Dabei wurden 29 Spielpaarungen als "nicht vergleichbar" eingestuft. 18 Begegnungen ließen keinen Vergleich zu, w~il im festgelegten Zeitraum der letzten drei Spielzeiten keine Partien zwischen diesen Vereinen stattfanden (verschiedene Ligen-Zugehörigkeiten) und somit keine Vergleichskennzahlen vorlagen. 11 Spiefpaarungen konnten nicht aufgenommen werden, weil signifikante Unterschiede hinsichtlich der für die Lagebeurteilung relevanten Rahmenbedingungen im Vergleich zur letztmalig ausgetragenen Begegnung festzustellen waren. Beispiele hierfür sind unterschiedliche Spielansetzungen (Wochenendspiel, Wochentagsspiel), veränderte Spieltagskonstellationen (z. B. letzter Spieltag einer Saison, Spieltag Mitte der Saison) oder besondere Szenarien (z. B. Meisterfeier, Abstieg). Bericht des MIK NRW zu den Ergebmssen des Pilotversuchs "Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielenl/ Seite 2
Als "vergleichbar" wurden damit 25 Spielbegegnungen eingestuft. Die einzelnen Spiele ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle: ":;';'.;\.'.. ~..,....:"':'{. "... ~,<. /.; +L\. ;:.~}<i ; i~:i~; };... < }:i~3;; \~.;<.;.;... ;... ~;.;... J:;..i..";".';'.'/'; >.<j;;..... ;>:{~;;..; :t/',,\c Dortmund Leverkusen Dortmu'nd... Freiburg Dortmund 1.FCKöln Leverkusen Leverkusen M'gladbach M'gladbach M'gladbach Paderborn Schalke Bochum Düsseldorf Düsseldorf Bielefeld Bielefeld Stuttgart Hamburg Hertha BSC Augsburg Stuttgart Schalke Hamburg 1.FC Köln Frankfurt Düsseldorf Braunschweig Karlsruhe Halle Stuttgarter K Bielefeld 'Dortmund 11 Bielefeid Stuttgart 11 Dortmund 11 Chemnitzer F. Dortmundll Stuttgarter K. Duisburg Duisburg Duisburg Münster Münster Halle Osnabrück Stuttgarter K Erfurt Wehen Bei 5 dieser Spiele (Arminia Bielefeld -Halleseher Fe, Bayer Leverkusen - Hertha BSC, Arminia Bielefeld - Stuttgarter Kickers, Borussia Mönchengladbach - Hamburger SV, Arminia Bielefeld - VfB Stuttgart 11) wurden annähernd gleich viele Kräfte eingesetzt wie bei der Begegnung zuvor (+1-10 Einsatzkräfte). Bei 2 Spielen (Arminia Bielefeld - Borussia Dortmund 11, Fortuna Düsseldorf - Karlsruher SC) musste der Kräfteansatz erhöht werden. Bei 18 Spielen wurden weniger Bericht des MIK NRW zu den Ergebnissen des Pilotversuchs "Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielenl/ Seite 3
Kräfte eingesetzt. Die Entscheidung über den erforderlichen Kräfteeinsatz lag. beim verantwortlichen Polizeiführer. b) Ergebnisse Insgesamt wurden bei den 25 Vergleichsspielen 1151 Kräfte (21,7 0/0) weniger eingesetzt als bei den zum Vergleich herangezogenenspielbegegnungen der jeweiligen Vereine. In den 25 vergleichbaren Begegnungen im Pilotzeitraum waren insgesamt 4149 Kräfte im Einsatz, in den jeweiligen Vergleichsspielen der letzten drei Spielzeiten wurden 5300 Kräfte eingesetzt. Die einsatzführenden Polizeibehörden berichten positiv über die Zusammenarbeit mit den Netzwerkpartnern. In einigen Fällen erfolgte im Nachgang zu erläuternden Gesprächen bereits eine deutliche Anpassung der Aufgabenwahrnehmung. So berichten die Polizeipräsidien Düsseldorf, Köln (für Leverkusen) und Münster, dass die Anzahl der eingesetzten Ordner erhöht wurde. In der Spitze wurde der Ansatz zum Teil deutlich gesteigert (Düsseldorf + 305, Leverkusen + 170, Münster + 85). Das Polizeipräsidium Bielefeld teilt mit, dass bauliche Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit für den Gästeeingang des Stadions in einem Stufenkonzept umgesetzt werden und die ersten Maßnahmen abgeschlossen sind (Wellenbrecher und Vereinzelungsanlagen). Optimierungsbedarf ergibt sich bei der Begleitung der Auswärtsfans durch Ordner des Gastvereins und zum Teil bei Auswahl, Anzahl und Qualität der Ordner, die bei Durchsuchungsmaßnahmen im Eingangsbereich eingesetzt sind. Die Fans haben ihre Eigenverantwortung ganz überwiegend wahrgenommen und sich bei den meisten Spielen friedlich verhalten. Von Teilen der Ultraszene, von Fanprojekten und Fanverbänden wird die lageangepasste Reduzierung der sichtbaren Präsenz von Polizeikräften ausdrücklich begrüßt, die Gruppenmitglieder wurden aufgefordert, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Die Ultragruppierungen verhielten sich überwiegend unauffäuig. Einzelne Beispiele zeigen jedoch, dass nicht alle Fans diese Chance zur verantwortungsbewussten Selbstregulierung genutzt haben. Bericht des MIK NRW zu den Ergebnissen des Pilotversuchs "Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen" Seite 4
Bei 11 der insgesamt 54 ausgewerteten Spiele ereigneten sich Störungen durch Fangruppen: Nicht vergleichbare Spielpaarungen o Bayer Leverkusen o FC Schalke 04 o Borussia Dortmund Dortmund 11 o Borussia Dortmund 11 o Fortuna Köln Werder Bremen FC Bayern München SSV Jahn Regensburg Holstein Kiel FC Hansa Rostock Vergleichbare Spielpaarungen o Borussia Dortmund o Borussia Mönchengladbach o Borussia Mönchengladbach o SC Paderborn 07 o FC Schalke 04 o VfL Bochum Bayer Leverkusen VfB Stuttgart FC Schalke 04 1.FC Köln Eintracht Frankfurt Fortuna Düsseldorf Bei 5 der vergleichbaren Spiele mit Störungen durch Fangruppen war der Kräfteansatz reduziert (Borussia Dortmund - Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach - VfB Stuttgart, SC Paderborn 07-1. FC Köln, Schalke 04 - Eintracht Frankfurt, VfL Bochum - Fortuna Düsseldorf). Die Störungen konnten trotz der Kräftereduzierung schnell durch Polizeikräfte unterbunden werden. So kam es anlässlich der Spielbegegnung Borussia Dortmund - Bayer Leverkusen in der Anreisephase der Gästefans zu Versuchen der Gruppierungen, die jeweils andere anzugreifen. Dies konnte durch Absperrmaßnahmen und nachfolgend lageangepasste Begleitung verhindert werden. Anlässlich des Spiels Borussia Mönchengladbach - FC Schalke 04 schlossen Einsatzkräfte Gewalttäter aus der Anhängerschaft des FC Schalke 04 nach einer körperlichen Auseinandersetzung mit heimischem Gegenüber ein, erteilten Platzverweise und führten die Personen zurück zum Bahnhof Mönchengladbach, wo Kräfte der Bundespolizei die Rückreise der Personen nach Gelsenkjrchen überwachten. Die Störungen anlässlich der Bericht des MIK NRW zu den Ergebnissen des Pilotversuchs IILageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen tl Seite 5
Spielbegegnung SC Paderborn Verantwortungsbereich des Veranstalters. 1. FC Köln ereigneten sich im 4 der insgesamt 54 ausgewerteten Spielpaarungen erforderten den Einsatz zusätzlicher, im Laufe des Einsatzes angeforderter Verstärkungskräfte (Borussia Mönchengladbach - VfB Stuttgart, Bayer Leverkusen - Werder Bremen, Borussia Dortmund 11 - SSV Jahn Regensburg, Fortuna Köln - Chemnitzer FC). Die Begegnung Borussia Mönchengladbach - VfB Stuttgart war Teil der vergleichbaren Spiele, hier waren Kräfte reduziert worden. Die angeforderten zusätzlichen Kräfte erreichten den Einsatzort schnell, Auseinandersetzungen konnten verhindert werden. 3. Bewertung und Ausblick Der Pilotversuch war erfolgreich. Die Pilotphase ist beendet, die Konzeption wird in der laufenden Saison durch die Polizeibehörden weiter umgesetzt. Das Konzept bietet die Chance, die verantwortungsbewusste Selbstregulierung innerhalb der Fanszenen zu fördern und im Gegenzug die Einsatzbelastung der Polizei mittelfristig zu verringern. Die positiven Resonanzen der Netzwerkpartner verdeutlichen nachdrücklich die mit dem Konzept verbundenen Möglichkeiten. Weiteres Optimierungspotential wird mit ihnen erörtert. Die Polizei NRW nimmt selbstverständlich weiterhin uneingeschränkt ihren gesetzlichen Auftrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wahr. Bericht des MIK NRW zu den Ergebnissen des Pilotversuchs I/Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen" Seite 6