Eine Dauerausstellung im Ethnologischen Museum in Berlin

Ähnliche Dokumente
Willkommen im smac. Ein Heft in Leichter Sprache

Die Götterwelt des Voodoo

Afrikanische Kunst. Register Seite

Afrikanische Kunst Figur der Ba-Kongo, Demokratische Republik. Elfenbein, geschnitten und patiniert. Auf Holzsockel. H = 51 cm /1200.

WELTKULTUREN MUSEUM AND THE BEAT GOES ON RINDENBASTSTOFFE AUS DEN SAMMLUNGEN DES WELTKULTUREN MUSEUMS

Afrikanische Kunst Bronzekopf der Benin, Burkina Faso. Fein ausgearbeitetes, seltenes Stück mit feine3 Patina. H = 32 cm /2400.

Staatliche Museen zu Berlin Generaldirektion Stauffenbergstraße Berlin

Afrikanische Kunst Vogelmaske der Songye/Luba, Demokratische Republik Kongo. Seltenes, feines Stück. H = 46 cm /1200.

Afrikanische Kunst. H = 31,5 cm /2000.

Die Bassa as. Wer wir sind Wo wir herkommen Wo wir hinwollen

Afrikanische Kunst Maske der Tschokwe, Angola. Farbig bemalt, mit Stoff und Netz. Sehr selten. H = 48 cm /1000.


Vorzeitmenschen Reptiloide Rassen im Zweistromland

Gesichter und Geschichten. Porträts aus vier Jahrhunderten

Das Portrait. Kurze Beschreibung und Aufgabe

zur Eröffnung der Ausstellung Die Zehn Gebote.

PRAXISBERICHT ZUR GESCHÄFTSTÄTIGKE IT IN AFRIKA

Ägyptischen Museum Für Kinder ab sechs Jahren mit begleitenden Erwachsenen (F214000) Anmeldung aller Personen erforderlich bis

Voraussetzungen für eine HIV-Therapie in Afrika

Adventsausstellung. Heimatverein zeigt die Fahrradvergangenheit. Festung. Presseberichte zur Adventsausstellung von Rüsselsheimer Echo und Main-Spitze

Das Ethnologische Museum zieht zum Humboldt-Forum

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Afrika - Den Riesenkontinent unter die Lupe genommen!

Ulrike Schuerkens. Geschichte Afrikas. Eine Einführung

FRANCKESCHE STIFTUNGEN Kalendarium Mai 2005

Kunst. Susie Hodge. schlüssel ideen

Anthropologie-Rallye für Kids

Eine Geschichtsreise ins Barock

Eine Ausstellung des Museums für Völkerkunde Wien in Zusammenarbeit mit EMLAAK (Ethnomedizinischer Lateinamerika-Arbeitskreis)

Afrikanische Kunst Nagelfetisch der Ba-Kongo, Demokratische Republik Kongo. H = 74 cm /1000.

C 204 Nachlass Ernst Grosse (Ethnologe)

Aus: Inge Auerbacher, Ich bin ein Stern, 1990, Weinheim Basel: Beltz & Gelberg

UNICEF-Grußkartenstände auf Weihnachtsmärkten in Aachen und Umgebung

Ein Museum ist kein Einmachglas der Geschichte, sondern eine Begegnungszone, eine Stadt in der Stadt

Zur Eröffnung der Erlebnis-Ausstellung Komm mit nach Afrika! 15. Mai, Uhr, Maxipark Hamm

Dossier GEMEINSAME PROVENIENZFORSCHUNG

KEINE ANGST VOR FREMDEN

Afrikanische Kunst. Afrikanische Kunst Figur der Tschokwe, Angola. Rötlich glänzendes Holz. Ausdrucksstark. H = 50 cm /700.

STAATLICHE SCHLÖSSER UND GÄRTEN BADEN-WÜRTTEMBERG

Herkunftsländer (sortiert nach Erstanträgen) - kumuliert -

77. TELGTER KRIPPENAUSSTELLUNG MIT MEHR ALS 120 EXPONATEN

3. Gothaer Kartenwochen

Kunst für Kinder Charity-Aktion Art4Kids auf der ARTe unterstützt Jugendausbildungszentrum in Ghana

ab abend Abend aber Aber acht AG Aktien alle Alle allein allen aller allerdings Allerdings alles als Als also alt alte alten am Am amerikanische

AXE L VO N CR IEG ERN

MARCELO D SALETE CUMBE. Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Lea Hübner. bahoe books

Ägyptische Sammlungen Leben wie Jäger und Sammler Meisterwerke aus Afrika

Afrikanische Kunst. Register Seite

hier haben die Kabinette Goppel, Strauß und Streibl getagt.

man sich zur Wehr setzen musste. Die Franken fanden, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, an die Vielgötterei zu glauben, und wollten die Westfalen zum

FOTOGRAFIE Museum Biberach. KUNST OBERSCHWABEN 20. Jahrhundert. Museum Biberach. 6. Juli bis 21. September 2014

Karl IV. zugleich König von Böhmen und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs ist eine Leitfigur und ein Brückenbauer.

Anwesende Bevölkerung nach Wohnsitz und Geschlecht im 4. Bezirk: Lend, Stand

Fritz Koenig: Mutter und Kind oder Maternitas, 1964 / Fritz Koenig; Fotonachweis: BBR / Martin Seidel (2013)

Dieses Buddy Bär Heft gehört:

01/19. Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Goch. Willkommen 1019

Bernhard Heiliger: Mensch und Fortschritt (Figurenbaum) (1964)

Kurt Raos auf dem Jakobsweg (Caminho Portugues)

1 Allgemeines. 2 Besichtigung

Bis zum 6. November in der Villa: Skulpturen und Zeichnungen von Friederich Werthmann

DOWNLOAD. Kolonialismus in Afrika. Erdkundemappe Afrika. Christine Schlote. Downloadauszug aus dem Originaltitel: Klasse

Dieter Daniels, Duchamp und die anderen - Der Modellfall einer künstlerischen Wirkungsgeschichte in der Moderne, DuMont, Köln 1992 (second edition

Walter Schicho. Geschichte Afrikas. Bundeszentrale für politische Bildung

Veranstaltungsprogramm der Liebieghaus Skulpturensammlung Februar 2017

Afrikanische Kunst Maske der Kwele, Gabun. Mit kalkweisser Bemalung. H = 50 cm, B = 48 cm /700.

Grafik 1. Grafik 2. Grafik 3

Alexej von Jawlensky Georges Rouault Sehen mit geschlossenen Augen

Kwa heri Afrika! 15. Eine-Welt- und Umwelttag Sonntag, 11. September 2011, Uhr im Maximilianpark Hamm Rahmenprogramm Podiumsgesprächrunde

Der Kopf von Otto Freundlich bei der Bergung, August 2010 Landesdenkmalamt Berlin, Foto: Manuel Escobedo

Planet Wüste. Satellitenbild Erde

ADVENTAUSSTELLUNG. 25. November 2016 bis 6. Jänner 2017 Stift Wilten KUNST & RELIGION. Bildhauer Professor Rudolf Millonig.

Hanns-Peter Cohn, CEO von Vitra, über den kulturellen Wert. des Möbeldesigns und die Verpflichtung der Hersteller

Anwesende Bevölkerung nach Wohnsitz und Geschlecht im 11. Bezirk: Mariatrost, Stand

Pablo begann schon sehr früh zu zeichnen. Da sein Vater Zeichenlehrer war, erkannte er sofort das Talent seines Sohnes und gab ihm Malunterricht.

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

ich freue mich sehr, dass der Lateinamerika-Herbst oder auch Otoño Latino Americano als neue Veranstaltungsreihe unsere Stadt bereichert.

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Kunstgeschichtliche Erkundung Hinter dem Vorhang Verhüllung in Kunst, Architektur und Kirchen

Achern. Programm 2017

Lernfeld Kunst. Bildungsverlag EINS. Lernsituationen zur ästhetischen Bildung in sozialpädagogischen Berufen

HAUSD E R KUNST. Arbeitsblatt für Schüler und Lehrer der Klassen 7 bis 9 Thema: Geschichte des Haus der Kunst Vom Nationalsozialismus bis heute

Frisch vom Land Bitburger Erlebniswelt Eifelgemeinde Nettersheim Künstlerportrait: Wolfgang Metzler Eine Standortmarke für die Eifel

AUSSTELLUNGSZENTRUM LOKSCHUPPEN ROSENHEIM bis Eine Ausstellung der VERANSTALTUNGS+KONGRESS GmbH Rosenheim

Wortformen des Deutschen nach fallender Häufigkeit:

1. DIE ANDEREN EBENE 0

Kunst und Kultur. Materialien zur Politischen Bildung von Kindern und Jugendlichen.

Aktionsblatt A. 1 Überlege, welcher Gegenstand Dir wichtig ist. Zeichne oder beschreibe ihn! Welcher Gegenstand ist Dir besonders wichtig?

Skulpturen. Schau! Figurative Kunst im Zentrum.

Camill Leberer. Stuttgart, Kleiner Schlossplatz. Galerie Schlichtenmaier

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

I D E A L E MODERNE KUNST SEIT WINCKELMANNS ANTIKE Mit freundlicher Unterstützung

Grosse Statue des Zascha sitzend. 2 Mus. von Cairo.

Das weiße Gold aus drei Jahrhunderten

AmAZÔ. Davi Kopenawa Yanomami

Schon um fuhren wir in Richtung Köln, wo wir gegen Uhr an unserem Hotel eintrafen.

Aktionstag Geschichte der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg in Spaichingen

Zeitgenössische Kunstausstellung

Die Wiege des Museums. Wiedereröffnung

Geschichte Afrikas. Heinrich Loth. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Teil II. Akademie-Verlag Berlin

Die Katze war bereits im Alten Ägypten ein Haustier. Als Katzengöttin Bastet galt sie als das sanftmütige Pendant zur löwenköpfigen Göttin Sachmet.

Transkript:

BILDER EINER AUSSTELLUNG Eine Dauerausstellung im Ethnologischen Museum in Berlin Ddie Afrikasammlung des Berliner Ethnologischen Museums ist mit seinen über 70000 Objekten eine der bedeutsamsten ihrer Art weltweit auch deshalb, weil viele Zeugnisse der afrikanischen Kultur einst auf mehr oder weniger dubiose Weise nach Europa gelangten. Die Afrikasammlung hat ihren Ursprung in einer Zeit, als Forscher den Schwarzen Kontinent vor allem bereisten, um die materielle Kultur in die heimischen Museen zu schaffen. Den künstlerischen Wert erkannten die meisten nicht. Der Geograf und Ethnologe Friedrich Ratzel etwa erklärte im Jahr 1885:»In der Darstellung des Hässlichen übertrifft kein Volk diese Westafrikaner, welche zum Überflusse die Skulptur so sehr lieben, dass sie sich gar nicht genug thun können mit den Fratzen, die sie in jedem zugänglichen Materiale ausprägen.«als die Ausstellung»Kunst aus Afrika«vor ein paar Jahren in Brasilien zu Gast war, zog es über eine Million Besucher in die Museen des Landes. Der unerwartet große Erfolg wurde nicht allein mit den auf die Sklavenzeit zurückgehenden Beziehungen zwischen Brasilien und Afrika erklärt, sondern ist auch Verdienst des brasilianischen Ausstellungsdesigners Marcello Dantas und des Berliner Kurators Peter Junge. Beide zeichnen auch für die Dauerausstellung im Ethnologischen Museum Berlin verantwortlich. Ziel ihres Konzepts war dabei die positive Besetzung von»afrika«im Zusammenhang mit»kunst«. Die rund 180 ausgestellten Kunstwerke stammen aus über siebzig verschiedenen Gesellschaften in mehr als zwanzig Staaten des heutigen Afrikas. Der Bogen spannt sich von den bäuerlichen Völkern Westafrikas über die städtische und höfische Kunst aus Ife und Benin sowie das Kameruner Grasland und Gabun bis hin zum zentralen Afrika. Von hier kommen vor allem Zauber- und Ahnenfiguren sowie Gebrauchsgegenstände der Kongo, Luba und anderer Gruppen. Den Abschluss bildet schließlich Ostafrika, auf dessen Skulpturen und Masken die Forscher zunehmend erst in den letzten Jahren aufmerksam geworden sind. Die Objekte stammen aus fünf Jahrhunderten. Einige Dutzend davon waren nach dem Zweiten Weltkrieg verloren geglaubt. Doch russische Truppen hatten sie nach 1945 nach Leningrad verschleppt, von wo sie über Umwege schließlich nach Berlin zurückkehrten. l TROTZ INDIVIDUELL WIRKENDER ZÜGE wie in diesem Fall der schräg stehenden Augen werden die Terrakottaköpfe aus der Stadt Ife in Nigeria nicht als persönliche Porträts gedeutet. Forscher sehen in ihnen vielmehr idealisierte Darstellungen von Königen oder hochrangigen Personen aus deren Umfeld. Dieser Kopf entstand in der Zeit zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert. Ife, damals das wichtigste kulturelle und religiöse Zentrum der Yoruba, lag im Südwesten des Landes. 86 ABENTEUER ARCHÄOLOGIE 3/2006

ALLE FOTOS DIESES ARTIKELS: ETHNOLOGISCHES MUSEUM / STAATL. MUSEEN ZU BERLIN / STIFTUNG PREUSSISCHER KULTURBESITZ FOTOGRAF: MARTIN FRANKEN 87

BILDER EINER AUSSTELLUNG FOTOGRAF: MARTIN FRANKEN FOTOGRAF: JÜRGEN LIEPE FOTOGRAFIN: CLAUDIA OBROCKI KÖNIGINMÜTTER HATTEN IM KÖNIGREICH BENIN im 16. Jahrhundert, wie in vielen anderen afrikanischen Reichen auch, eine herausragende Stellung. Ohne ihren Rat traf der König keine Entscheidung. Dieser Gedenkkopf mit seiner einer phrygischen Mütze ähnelnden Krone aus Korallenperlen könnte Idia, die erste Königinmutter des Landes, darstellen. Die Fische am Sockel der Skulptur erinnern nach Ansicht von Forschern an einen Krieg, in dem Idia die Armee der feindlichen Igala besiegte und über den Niger zurücktrieb. SCHON VOR HUNDERTEN VON JAHREN belieferten die Kunsthandwerker des alten Königreichs Sapi europäische Sammler und trafen in Form und Funktion den Geschmack der oberen Zehntausend. Dieses Salzgefäß etwa stammt aus dem heutigen Sierra Leone und wurde im 15. oder 16. Jahrhundert gefertigt. Aber auch afrikanische Elemente sind erkennbar, in diesem Fall Menschen und Tiere an der Basis sowie die sich um das Gefäß windenden Schlangen. Solche Salzdosen importierten die Portugiesen ab dem 15. Jahrhundert aus Westafrika nach Europa. 88 ABENTEUER ARCHÄOLOGIE 3/2006

DER HEILIGE ANTONIUS TONI MALAU AUS ZEN- TRALAFRIKA (18. bis 19. Jahrhundert) hat eindeutig europäische Züge. Der Christusknabe ähnelt hingegen einem afrikanischen Kind. Der Fliegenwedel kennzeichnet ihn als Herrscher, seine linke Hand weist auf die Stelle an der rechten Schulter, wo afrikanische Heiler ihre Medizinbündel tragen. Nachdem Missionare christliche Heiligenfiguren in das einstige Königreich Kongo gebracht hatten, wurden die verehrten Objekte bald auch von lokalen Künstlern hergestellt. 89

BILDER EINER AUSSTELLUNG DIE FEIN GEARBEITETE MASKE eines Mädchens mwana pwo symbolisierte im Angola des 19. Jahrhunderts die körperliche, soziale und moralische Vollkommenheit. Von professionellen männlichen Tänzern getragen, durfte die Maske bei keiner öffentlichen Veranstaltung fehlen. Bei Dorffesten, Hofzeremonien und der Initiation von Knaben hielt ihr anmutiger, als segensreich geltender Tanz der Gemeinschaft die wichtige Rolle der Frauen vor Augen. EINE KRÄFTIGE NASE und scharf konturierte Augen mit feinem Narbenschmuck darüber zeugen von der großen Mühe des Schöpfers dieses minkisi aus der heutigen Republik Kongo (19. Jahrhundert). Der Kraftfigur wurde eine besondere Energie der nkisi zugeschrieben, die für Recht und Ordnung sorgt und Übel abwendet. Mit der Medizinwurzel im Mund sollten Hexen überführt werden. Der Spiegel am Kästchen für die Medizin die Augen des nkisi wurde bei einer spiritistischen Sitzung enthüllt und diente dem Zauberer beim Wahrsagen. FOTOGRAFIN: CLAUDIA OBROCKI 90

DIE SKULPTUR DES CHIBINDA ILUNGA aus Angola (19. Jahrhundert) stellt den Gründer des um 1600 entstandenen Lunda-Reichs dar. Dem Mythos entsprechend wird der Chibinda Ilunga als kraftvoller Jäger mit Gewehr, Patronentasche und Messer abgebildet. Drei Schutzgeister verleihen ihm übernatürliche Unterstützung; Stab, Schildkrötenpanzer und Antilopenhorn dienen dem Jagdglück. Die Kopfbedeckung und der lange Bart weisen Chibinda Ilunga als König aus. Seine leicht gebeugten Knie, die nach vorne gerichteten Arme und die überproportionierten Hände und Füße vermitteln Handlungsbereitschaft und Stärke. FOTOGRAFIN: CLAUDIA OBROCKI dauerausstellung ethnologisches museum Lansstraße 8 D-14195 Berlin-Dahlem Tel.: 030 8301-438 öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 10.00 bis 18.00 Uhr, Samstag und Sonntag von 11.00 bis 18.00 Uhr, Montag geschlossen ausstellungskatalog: FOTOGRAF: MARTIN FRANKEN Kunst aus Afrika. Plastik / Performance / Design. Von Paola Ivanov und Peter Junge (Hg.). Dumont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2005 ABENTEUER ARCHÄOLOGIE 3/2006 91