Ergebnisse der Blutbleibestimmungen bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon. Untersuchungsbericht

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Transkript:

Ergebnisse der Blutbleibestimmungen bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Untersuchungsbericht Berichterstatter: Professor Dr. Ulrich Ewers Hygiene-Institut des Ruhrgebiets Rotthauserstraße 19 45879 Gelsenkirchen Auftraggeber: Hochsauerlandkreis Fachbereich 3 Ordnung, Umwelt, Gesundheit Steinstraße 27 59872 Meschede Seitenzahl: 16 Tabellen: 6 Abbildungen: 5 Gelsenkirchen, im Januar 2014

Die Blutuntersuchungen sowie die statistischen Auswertungen und graphischen Darstellungen wurden von Herrn Dr. Jürgen Wittsiepe, Abteilung für Hygiene, Umwelt- und Sozialmedizin der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt.

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 1 1. Anlass und Fragestellung In Teilen des Stadtgebietes von Brilon kommen teilweise stark erhöhte Bleikonzentrationen im oberflächennahen Boden vor. Da Blei zu den giftigen Schwermetallen gehört, stellt sich die Frage, ob das Vorkommen von erhöhten Bleikonzentrationen im Boden mit einer erhöhten Bleibelastung der Bevölkerung der Stadt Brilon und daraus resultierend möglicherweise auch mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden ist. Da die Bleibelastung des Menschen am besten anhand der Bleikonzentration im Blut beurteilt werden kann, hat sich der Hochsauerlandkreis als die für den Boden- und Gesundheitsschutz zuständige Behörde in Abstimmung mit der Stadt Brilon entschlossen, allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon eine kostenlose Blutuntersuchung auf Blei anzubieten. Konkreter Anlass hierfür war die Vorlage und Vorstellung des Berichtes der Dr. Kerth + Lampe Geo-Infometric GmbH über die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen auf Schwermetalle in dem Neubaugebiet Derkerborn und in dem Wohngebiet im Bereich Hoppecker Straße am 23. Oktober 2013. Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse dieser Untersuchungen zusammen. 2. Organisation und Ablauf der Untersuchungen Nach der Bürgerversammlung am 23. Oktober 2013, auf der die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen vorgestellt wurden, wurden die übrigen Bürgerinnen und Bürger der Kernstadt Brilon über die Lokalpresse und das Internet über das kostenlose Angebot der Blutuntersuchung auf Blei informiert. Personen, die eine solche Blutuntersuchung wünschten, sollten sich wegen einer Terminvereinbarung für die Blutentnahme telefonisch mit dem Gesundheitsamt in Verbindung zu setzen. Der Fragebogen wurde den anfragenden Personen mit der schriftlichen Terminbestätigung übersandt und sollte ausgefüllt zur Blutentnahme mitgebracht werden. Für die Blutentnahmen wurden zwei Termine angeboten, der 21.11.2013 und der 27.11.2013. Von dem Angebot der Behörden machten insgesamt 223 Personen Gebrauch. Die Blutentnahmen wurden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitsamtes des HSK in der Nebenstelle des Gesundheitsamtes in Brilon durchgeführt. Die Blutuntersuchungen auf Blei wurden im Labor der Abteilung für Hygiene, Umwelt- und Sozialmedizin der Ruhr-Universität Bochum (Leiter: Prof. Dr. med. Michael Wilhelm, Arzt für Hygiene und Arzt für Pharmakologie und Toxikologie) durchgeführt. Der verantwortliche Analytiker war Herr Dipl.-Chemiker Dr. rer. nat. Jürgen Wittsiepe. Die Blutuntersuchungen auf Blei wurden in Anlehnung an eine Methode durchgeführt, die von der Arbeitsgruppe Analysen im biologischen Material der Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 2 entwickelt und validiert wurde. Im Rahmen der externen Qualitätskontrolle nimmt das Labor regelmäßig an den Ringversuchen der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin teil. 3. Auswertung Die Ergebnisse der Blutuntersuchungen auf Blei und die ausgefüllten Fragebögen wurden dem Unterzeichner in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe des Fragebogens wurden folgende Daten erhoben: - Alter, Geschlecht, Rauchgewohnheiten (Nichtraucher/Raucher) - Adresse (Straße ohne Haus-Nr., Wohnort) - Wohnhaft unter der aktuellen Adresse seit? - Garten am Wohnhaus - Wie lange und wie häufig halten Sie sich üblicherweise im Garten auf? (Stunden pro Woche) - Welche Arbeiten führen Sie im Garten aus? - Welche Arten von Gemüse bauen Sie im Garten an? - Verzehren Sie das im Garten selbst angebaute Gemüse? (Antwortmöglichkeiten: Selten / Hin und Wieder / Häufig und regelmäßig) - Sind Sie in den vergangenen 6 8 Wochen intensiv mit Boden in Kontakt gekommen? Auf Basis der Ergebnisse der Blutuntersuchungen und der mittels Fragebogen erhobenen Daten wurde zunächst eine deskriptive statische Auswertung durchgeführt. Des Weiteren wurde der Einfluss des Verzehrs von selbst erzeugtem Gemüse und des intensiven Kontaktes mit Boden auf die Blutbleikonzentrationen untersucht. Geprüft wurde die Vermutung, dass Personen, die Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt hatten und/oder in den vergangenen Wochen intensiv mit Boden in Kontakt gekommen waren, im Durchschnitt höhere Blutbleikonzentrationen haben als Personen, die kein Gemüse aus dem eigenen Garten verzehrt hatten und/oder nicht mit Boden in Kontakt gekommen waren. Der Verzehr von Baum- und Strauchobst wurde nicht erfasst, da Blei im Boden sich bekanntermaßen nicht auf die Bleigehalte der Früchte dieser Nutzpflanzen auswirkt. Unterschiede der einzelnen Subgruppen wurden mit Hilfe des U-Tests nach Mann- Whitney auf statistische Signifikanz geprüft. Die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen den Bleikonzentrationen im Boden des Grundstücks und den Blutbleikonzentrationen der Bewohner besteht, konnte im Rahmen dieser Untersuchung nicht geklärt werden, da für die große Mehrzahl der Grundstücke der untersuchten Personen keine grundstücksbezogenen Angaben über die Bleikonzentrationen im oberflächennahen Boden vorliegen.

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 3 3. Umweltmedizinisch-toxikologische Bewertung der Blutbleikonzentrationen Die aktuelle Blutbleikonzentration kennzeichnet die mittlere Bleibelastung während der zurückliegenden 3 4 Monate. Da die Blutentnahmen Ende November 2013 durchgeführt wurden, reflektieren die gemessenen Blutbleikonzentrationen die mittlere Bleibelastung der untersuchten Personen im Zeitraum August - November 2013. Die umweltmedizinisch-toxikologische Bewertung der gemessenen Blutbleikonzentrationen erfolgt nach den Empfehlungen der Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes aus dem Jahre 2009. Als Beurteilungsmaßstab wird darin der Referenzwert empfohlen, welcher die statistisch definierte obere Grenze der für den einzelnen mehr oder weniger unvermeidbaren Hintergrundbelastung kennzeichnet. Als Referenzwerte werden genannt: - Kinder (3 14 Jahre): 35 µg/l - männliche Jugendliche und Erwachsene: 90 µg/l - weibliche Jugendliche und Erwachsene: 70 µg/l. Zur Anwendung der Referenzwerte führt die Kommission Human-Biomonitoring in ihrer Mitteilung von 2009 folgendes aus: Bei Belastungen oberhalb der Hintergrundbelastung (oberhalb des jeweiligen Referenzwertes) muss eine spezifische Quelle angenommen werden. Aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes ist eine derartige erhöhte Belastung unerwünscht. Als Konzentration, oberhalb der ein Handlungsbedarf besteht empfiehlt die Kommission das Niveau des jeweiligen Populations-Referenzwertes heranzuziehen. Diese Werte sind als vorsorgende Maßnahmenwerte zu verstehen, bei deren Überschreitung, im Sinne des Minimierungsprinzips unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit expositionsmindernde Maßnahmen angebracht und hinsichtlich des Gesundheitsschutzes erfolgversprechend sind. Die Referenzwerte für Kinder beruhen auf den Ergebnissen des Kinder-Umwelt-Survey 2003-2006. Die Referenzwerte für männliche und weibliche Jugendliche und Erwachsene beruhen auf den Ergebnissen des Umwelt-Survey 1998. Da die Blutbleikonzentrationen der Allgemeinbevölkerung seitdem weiter abgenommen haben, ist davon auszugehen, dass die Referenzwerte heute niedriger sind. Es liegen jedoch keine aktuellen repräsentativen Daten über die Verteilung der Blutbleikonzentrationen in der Allgemeinbevölkerung vor. Aus diesem Grund verwendet die Kommission Human- Biomonitoring nach wie vor die o. g. älteren Referenzwerte.

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 4 Die US-amerikanischen Umwelt- und Gesundheitsbehörden empfehlen für männliche und weibliche Jugendliche und Erwachsene in den USA derzeit einen Referenzwert von 100 µg/l. Im Hinblick auf mögliche vorgeburtliche Schädigungen der Hirnentwicklung bei Kindern empfehlen einige US-amerikanische Institutionen für schwangere Frauen einen Referenzwert von 50 µg/l. 4. Ergebnisse Blutuntersuchungen auf Blei wurden bei insgesamt 223 Personen, darunter 31 Kinder im Alter von 4 14 Jahren, durchgeführt (vgl. Tabelle 1). Tabelle 2 zeigt die Mittelwerte, Medianwerte und die Spannweiten der Blutbleikonzentrationen, die bei den Kindern und bei den männlichen und weiblichen Jugendlichen und Erwachsenen gemessen wurden. Die Kinder weisen deutlich geringere Blutbleikonzentrationen auf als die Jugendlichen und Erwachsenen. Männliche Jugendliche und Erwachsene haben im Durchschnitt etwas höhere Blutbleikonzentrationen als weibliche Jugendliche und Erwachsene. Tabelle 3 zeigt die Anzahlen der Personen, bei denen Überschreitungen des jeweils anzuwendenden Referenzwertes für Blei im Blut festgestellt wurden. Bei den Kindern wurden keine Referenzwertüberschreitungen festgestellt. Bei den männlichen und weiblichen Jugendlichen und Erwachsenen wurde lediglich bei jeweils einer Person eine Referenzwertüberschreitung festgestellt. Beide Personen gaben an, häufig und regelmäßig selbst angebautes Gemüse aus dem eigenen Garten verzehrt zu haben. Überschreitungen des von einigen US-amerikanischen Institutionen empfohlenen Referenzwertes für schwangere Frauen bzw. Frauen im gebärfähigen Alter wurden nicht festgestellt. Abbildung 1 zeigt die Blutbleikonzentrationen der untersuchten Personen in Abhängigkeit vom Lebensalter und in Relation zu den Referenzwerten. Tabelle 4 zeigt, dass Kinder, die Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt haben, im Mittel höhere Blutbleikonzentrationen aufweisen als Kinder, die kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt haben. Die Spannweiten der Blutbleikonzentrationen überlappen stark, so dass im Einzelfall der Einfluss des Verzehrs von Gemüse aus Hausgärten in Brilon nicht nachweisbar ist. Der Kontakt mit Boden hat keinen erkennbaren Einfluss auf die Mittelwerte der Blutbleikonzentrationen der Kinder (vgl. hierzu auch Abbildung 2). Tabelle 5 und die Abbildungen 3 und 4 zeigen die Mittelwerte und Medianwerte der Blutbleikonzentrationen von männlichen Jugendlichen und Erwachsenen in Abhängigkeit vom Bodenkontakt und vom Verzehr von Gemüse aus dem eigenem Garten. Personen, die angaben, intensiven Kontakt mit Boden gehabt zu haben, weisen im Mittel deutlich höhere Blutbleikonzentrationen auf als Personen, die angaben, keinen intensiven Bodenkontakt gehabt zu haben. Personen, die Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt haben, haben ebenfalls im Mittel deutlich höhere Blutbleikonzentrationen als Personen, die kein Gemü-

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 5 se aus Hausgärten in Brilon verzehrt haben. Noch ausgeprägter ist der Unterschied der Mittelwerte und Medianwerte der Blutbleikonzentrationen, wenn man die männlichen Personen mit Bodenkontakt und Verzehr von Gemüse aus Hausgärten in Brilon denjenigen gegenüberstellt, die angaben, keinen Bodenkontakt gehabt und kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt zu haben. Personen, die angaben, häufig und regelmäßig Gemüse aus Hausgärten in Brilon zu verzehren, hatten im Mittel die höchsten Blutbleikonzentrationen. Die Spannweiten der Blutbleikonzentrationen der einzelnen Gruppen überlappen stark, so dass der Einfluss des Bodenkontaktes und des Verzehrs von Gemüse aus Hausgärten in Brilon nur statistisch darstellbar, im Einzelfall aber nicht nachweisbar ist. Tabelle 6 und Abbildung 5 zeigen die Mittelwerte und Medianwerte der Blutbleikonzentrationen von weiblichen Jugendlichen und Erwachsenen in Abhängigkeit vom Bodenkontakt und vom Verzehr von Gemüse aus dem eigenem Garten. Es lassen sich die gleichen Effekte erkennen wie bei den männlichen Personen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen sind jedoch weniger stark ausgeprägt. Von den Jugendlichen und Erwachsenen gaben nur 9 Personen an, Tabak zu rauchen. Diese Personen wiesen im Mittel geringfügig höhere Blutbleikonzentrationen auf als Nichtraucher. 5. Bewertung Die untersuchten Personen wiesen Blutbleikonzentrationen auf, die ganz überwiegend unterhalb der in Tabelle 3 genannten Referenzwerte und im Bereich der derzeitigen Hintergrundbelastung der deutschen Bevölkerung liegen. Lediglich bei zwei Personen wurde eine als geringfügig einzustufende Überschreitung des Referenzwertes festgestellt. Die Referenzwerte sind nach den Vorgaben der Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes als vorsorgende Maßnahmenwerte zu verstehen, bei deren Überschreitung im Sinne des Minimierungsprinzips unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit expositionsmindernde Maßnahmen angebracht und hinsichtlich des Gesundheitsschutzes erfolgversprechend sind. Auf derartige Maßnahmen kann nach derzeitigem Stand verzichtet werden. Im Sinne einer weitreichenden Gesundheitsvorsorge sollten die vom Unterzeichner in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom Oktober 2013 empfohlenen expositionsmindernden Maßnahmen und Verhaltensweisen dennoch Beachtung finden. Den Personen, bei denen eine Referenzwertüberschreitung festgestellt wurde, sollte entsprechend den Vorgaben der Kommission Human-Biomonitoring eine Wiederholungsuntersuchung angeboten werden. Bestätigt sich die Referenzwertüberschreitung, dann sollte nach der Ursache der erhöhten Belastung gefahndet und diese soweit mit angemessenem und vertretbarem Aufwand möglich - abgestellt werden. Ein relevantes Gesundheitsrisiko besteht für diese Personen nicht.

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 6 Personen, die angaben, Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt zu haben, wiesen im Mittel höhere Blutbleikonzentrationen auf als Personen, die angaben, kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt zu haben. Personen, die angaben, intensiven Bodenkontakt gehabt zu haben, wiesen im Mittel ebenfalls höhere Blutbleikonzentrationen auf als Personen, die angaben, keinen Bodenkontakt gehabt zu haben. Diese Befunde zeigen, dass die im Stadtgebiet von Brilon vorkommenden stellenweise sehr hohen Bleigehalte im oberflächennahen Boden offensichtlich mit einer höheren Bleibelastung der Personen, die Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt und/oder intensiven Bodenkontakt gehabt hatten, einhergehen. Die Erhöhung der Blutbleikonzentrationen dieser Personen liegt jedoch im Streubereich der Hintergrundbelastung. Die Spannweite der Blutbleikonzentrationen dieser Personen überlappt sehr stark mit der Spannweite der Blutbleikonzentrationen der Personen, die kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt und/oder keinen Bodenkontakt gehabt hatten. Im Einzelfall ist der Einfluss des Verzehrs von Gemüse aus Hausgärten in Brilon und des Bodenkontaktes auf die Blutbleikonzentration daher nicht nachweisbar. Die Befunde unterstreichen jedoch, dass es sinnvoll und zielführend ist, wenn die vom Unterzeichner empfohlenen expositionsmindernden Maßnahmen und Verhaltensweisen Beachtung finden

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 7 Literatur Dr. Kerth + Lampe Geo-Infometric GmbH: Untersuchung auf Schwermetallbelastungen des Bodens im Bereich und Umfeld des Bebauungsplans Nr. 71 Derkerborn Kalvarienberg sowie im Bereich Hoppecker Straße, Hohlweg, Am Renzelberg und Ludwig-Wolker- Straße der Stadt Brilon. Auftraggeber: Hochsauerlandkreis, Fachdienst 34, Abfallwirtschaft und Bodenschutz, 59872 Meschede. Detmold, im September 2013. Deutsche Forschungsgemeinschaft, Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe: Analytische Methoden zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. Analysen in biologischem Material. Loseblattsammlung. Wiley - VCH, Weinheim. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes: 2. Addendum zur Stoffmonographie Blei Referenz- und Human-Biomonitoring -Werte der Kommission Human-Biomonitoring. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2009 52:983 986. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes: Neue und aktualisierte Referenzwerte für Antimon, Arsen und Metalle (Blei, Cadmium, Nickel, Quecksilber, Thallium und Uran) im Urin und im Blut von Kindern in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2009 52:977-982. Professor Dr. Ulrich Ewers: Umweltmedizinisch-toxikologische und umwelthygienische Bewertung der Schwermetall-gehalte im Boden der Wohngebiete Derkerborn/Kalvarienberg und Hoppecker Straße/Hohlweg/Am Renzelsberg/Ludwig-Wolker-Straße in Brilon. Gutachterliche Stellungnahme. Auftraggeber: Hochsauerlandkreis, Fachbereich 3 Ordnung, Umwelt, Gesundheit, 59872 Meschede. Gelsenkirchen, im Oktober 2013.

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 8 Tabelle 1. Bürgerinnen und Bürger aus Brilon, bei denen Blutuntersuchungen auf Blei durchgeführt wurden Anzahl Alter [Jahre] Mittelwert Min Max Personen insgesamt 223 46,3 3 92 Kinder bis 14 Jahre 31 9,6 3 14 Jugendliche und Erwachsene 192 52,2 15 92 Tabelle 2. Mittelwerte, Medianwerte und Spannweiten der Blutbleikonzentrationen der untersuchten Personen Anzahl Blei im Blut [µg/l] Mittelwert Median Min Max Kinder bis 14 Jahre 31 18,1 19 7,2 34 Jugendliche und erwachsene männliche Personen Jugendliche und erwachsene weibliche Personen 84 28,8 25 6,2 100 108 25,0 23 5,1 78

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 9 Tabelle 3. Zahl der Personen mit Blutbleikonzentrationen oberhalb des Referenzwertes Referenzwert [µg/l] Zahl der Personen Kinder bis 14 Jahre 35 keine Jugendliche und erwachsene männliche Personen Jugendliche und erwachsene weibliche Personen 90 eine 70 eine Frauen im gebärfähigen Alter 50 keine Tabelle 4. Blutbleikonzentrationen von Kindern in Abhängigkeit vom Bodenkontakt und vom Verzehr von Gemüse aus dem eigenem Garten Anzahl Blei im Blut [µg/l] Mittelwert Median Min Max Kinder mit Bodenkontakt 8 17,9 17,5 14 24 Kinder ohne Bodenkontakt 23 18,1 19,0 7,2 34 Kinder, die häufig und regelmäßig oder hin und wieder Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Kinder, die selten oder kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren 7 19 18 15 23 24 17,8 19 7,2 34

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 10 Tabelle 5. Blutbleikonzentrationen von männlichen Jugendlichen und Erwachsenen in Abhängigkeit vom Bodenkontakt und vom Verzehr von Gemüse aus dem eigenem Garten Anzahl Blei im Blut [µg/l] Mittelwert Median Min Max Personen mit Bodenkontakt 40 32,8 28,5 *) 7,9 86 Personen ohne Bodenkontakt 44 25,3 22 6,2 100 Personen, die häufig und regelmäßig oder hin und wieder Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Personen, die häufig und regelmäßig Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Personen, die selten oder kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Personen mit Bodenkontakt, die die häufig und regelmäßig oder hin und wieder Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Personen ohne Bodenkontakt, die selten oder kein Gemüse aus Haus-gärten in Brilon verzehren 31 35,1 27 10 100 20 40,9 38,5 **) 10 100 53 25,2 23 6,2 64 18 38,9 34,5 19 86 31 23,4 20 6,2 64 *) Statistisch signifikant höher als bei Personen ohne Bodenkontakt (p < 0,01). **) Statistisch signifikant höher als bei Personen, die kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt haben (p < 0,01).

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 11 Tabelle 6. Blutbleikonzentrationen von weiblichen Jugendlichen und Erwachsenen in Abhängigkeit vom Bodenkontakt und vom Verzehr von Gemüse aus dem eigenem Garten Anzahl Blei im Blut [µg/l] Mittelwert Median Min Max Personen mit Bodenkontakt 56 26,6 26 5,3 70 Personen ohne Bodenkontakt 52 23,3 20 5,1 78 Personen, die häufig und regelmäßig oder hin und wieder Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Personen, die häufig und regelmäßig Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Personen, die selten oder kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Personen mit Bodenkontakt, die die häufig und regelmäßig oder hin und wieder Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehren Personen ohne Bodenkontakt, die selten oder kein Gemüse aus Haus-gärten in Brilon verzehren 33 30,4 27 7,6 78 22 33,3 28,5 *) 7,6 78 75 22,6 21 5,1 48 20 31,7 28,5 7,6 70 39 21,6 19 5,1 43 *) Statistisch signifikant höher als bei Personen, die kein Gemüse aus Hausgärten in Brilon verzehrt haben (p < 0,01).

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 12 Abbildung 1. Blutbleikonzentrationen der untersuchten Personen in Abhängigkeit vom Lebensalter und in Relation zu den Referenzwerten.

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 13 Abbildung 2. Blutbleikonzentrationen der untersuchten Kinder in Abhängigkeit vom Bodenkontakt

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 14 Abbildung 3. Blutbleikonzentrationen von männlichen Jugendlichen und Erwachsenen in Abhängigkeit vom Bodenkontakt

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 15 Abbildung 4. Blutbleikonzentrationen von männlichen Jugendlichen und Erwachsenen in Abhängigkeit vom Verzehr von Gemüse aus eigenem Garten

Blutuntersuchungen auf Blei bei Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Brilon Seite 16 Abbildung 5. Blutbleikonzentrationen von weiblichen Jugendlichen und Erwachsenen in Abhängigkeit vom Verzehr von Gemüse aus eigenem Garten