Radioaktivität und Altersdatierung von Gesteinen

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Transkript:

Radioaktivität und Altersdatierung von Gesteinen Eine Informationsbroschüre für Lehrer und Schüler Fachgebiete: Physik, Chemie, Naturgeographie 1. Einleitung 2. Forschungsgeschichte 3. Physikalische Grundlagen 3.1. Atome, Isotope 3.2. Radioaktiver Zerfall 3.3. Zerfallsgesetz 4. Geochemische Grundlagen 4.1. Differentiationsvorgänge im Erdkörper 4.2. Fraktionierung und geochemische Systeme 4.3. Radioaktivität im Gesteinen 4.4. Analytik 5. Ausgewählte Methoden der Altersdatierung 5.1. K-Ar-Methode 5.2. Ar-Ar-Methode 5.3. Isochronenmethoden 5.3.1. Rb-Sr-Datierung 5.3.2. Sm-Nd-Datierung 5.3.3. Das Alter der Erde 5.4. Konkordia-Diagramm:U-Pb-Methode 6. Weiterführende Literatur Text und Zusammenstellung: Ulrich Schüßler Institut für Mineralogie Universität Würzburg Am Hubland 97074 Würzburg Tel. 0931-888-5422 uli.schuessler@mail.uni-wuerzburg.de

1. Einleitung Unser heutiges Wissen über das Alter der Erde, aber auch über das Alter der einzelnen Gesteine der Erdkruste, die im Laufe der Erdgeschichte neu entstandenen sind, verdanken wir den Möglichkeiten der radiometrischen Altersdatierung. Grundlage für diese Datierungsmethoden ist der Umstand, dass Minerale und Gesteine radioaktive Isotope (Mutterisotope) verschiedener Elemente enthalten, die im Laufe der Zeit zu stabilen Isotopen (Tochterisotope) anderer Elemente zerfallen. Bestimmt man die Menge der noch vorhandenen Mutterisotope und die Menge der schon vorhandenen Tochterisotope eines radioaktiven Zerfallssystems in einem Gestein, dann lässt sich daraus unter bestimmten Voraussetzungen ein Alter errechnen, mit dem ein geologisches Ereignis in der Geschichte dieses Gesteins datiert wird. Dabei kann es sich um den Bildungszeitpunkt des Gesteins, um den Zeitpunkt einer späteren Umwandlung (Gesteinsmetamorphose) oder um den Zeitpunkt der Abkühlung nach einer Aufheizung (Gesteinsaufschmelzung, Gesteinsmetamorphose) handeln. Eine wichtige Voraussetzung für die radiometrische Altersdatierung ist die Möglichkeit, den isotopischen Inhalt auch kleiner Probenmengen mit hoher Genauigkeit und niedriger Nachweisgrenze zu analysieren. Fortschritte bei der Weiterentwicklung der modernen Massenspektrometrie erlaubten es in den letzten Jahren, neue radioaktive Zerfallssysteme von Elementen im sehr geringen Konzentrationsbereich routinemäßig für die Altersdatierung einzusetzten und somit das methodische Spektrum zu erweitern. Einen ganz wesentlichen Schritt stellt dabei die Einsatzmöglichkeit von Laserstrahl- und Ionenstrahl-Mikrosonden dar, mit deren Hilfe Datierungen an zonierten Mineralkörnern mit einer Ortsauflösung von wenigen Mikrometern durchführbar sind. Die radiometrische Datierung von zahlreichen Meteoriten mit verschiedenen Methoden ergab einen konsistenten Atersbereich von 4.55 bis 4.60 Milliarden Jahren, der heute als Zeitpunkt für die Bildung der Planeten und damit auch als Alter unserer Erde angesehen wird. Zahlreiche Altersdatierungen an Gesteinen unterschiedlichster geologischer Einheiten der Erdkruste soweit zugänglich haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Veränderungen unserer Erde im Laufe der Erdgeschichte, die zugrundeliegenden geodynamische Vorgänge, die Wanderung der kontinentalen und ozeanischen Platten in Raum und Zeit und das Entstehen und Vergehen riesiger Superkontinente heute zumindest in groben Zügen, in vielen Teilbereichen auch schon recht detailliert bekannt sind. Radioaktivität in Gesteinen spielt aber nicht nur für die radiometrische Altersdatierung eine Rolle. Eine Fraktionierung radioaktiver Elemente (Uran, Thorium) im Laufe der Erdgeschichte führte zur Anreicherung dieser Elemente in bestimmten geologischen Einheiten; eine Folge davon sind regionale Unterschiede in der Intensität der an sich immer vorhandenen radioaktiven Hintergrundstrahlung. Extreme Fraktionierungsprozesse führten zur Bildung von Uranlagerstätten, die gerade hinsichtlich einer mehr oder weniger friedlichen Nutzung der Kernenergie in den letzten sechs Jahrzehnten intensiv exploriert und abgebaut wurden mit allen volkswirtschaftlichen Konsequenzen und gesundheitlichen Risiken, die einen Großteil der Bevölkerung unmittelbar betreffen. 2. Forschungsgeschichte Ermutigt durch die Entdeckung der Röntgenstrahlung 1895 durch Wilhelm C. Röntgen nahm Henri Becquerel seine schon 1880 begonnenen Untersuchungen an Uransalzen wieder auf und konnte 1896 nachweisen, dass dieses Material eine ähnliche Strahlung aussendet: Das Phänomen

der Radioaktivität war entdeckt, eine erste Veröffentlichung erfolgte vor der Akademie der Wissenschaften in Paris. Marie Curie, seit 1891 Studentin an der Sorbonne und seit 1895 Ehefrau des Physikers Pierre Curie, begann sofort damit, auch andere Elemente hinsichtlich einer Emission radioaktiver Strahlung zu untersuchen und fand diese Eigenschaft auch bei Thorium und bei zwei neuen Elementen, die sie Radium und Polonium nannte. Im Weiteren beschäftigte Marie Curie sich überwiegend mit dem Element Radium, während Pierre Curie die physikalischen Eigenschaften der radioaktiven Strahlung untersuchte. 1903 teilten sich die Curies den Nobelpreis für Physik mit Becquerel für die Entdeckung der Radioaktivität. Marie Curie erhielt außerdem 1911 den Nobelpreis für Chemie für die Darstellung elementaren Radiums. 1934 starb sie an strahlungsinduzierter Leukämie. 1898 entdeckte Ernest Rutherford (McGill University Montreal), dass die Strahlung, die von radioaktiven Substanzen ausgeht, aus drei verschiedenen Anteilen besteht, die er Alpha-, Betaund Gamma-Strahlung nannte. Er erkannte außerdem, dass die a-strahlung aus Heliumkernen, die b-strahlung aus Elektronen und nur die g-strahlung aus einer elektromagnetischen Strahlung vergleichbar der Röntgenstrahlung besteht. In Zusammenarbeit mit Frederick Soddy wurden Grundprinzipien des radioaktiven Zerfalls entdeckt: Der Übergang von einem Atom eines radioaktiven Elements zu einem anderen Atom eines anderen Elements unter Abstrahlung eines a- oder b-teilchens und die Formulierung der Zerfallskonstanten. Schon 1905 erkannte Rutherford die Möglichkeit der radiometrischen Altersdatierung und startete erste Versuche mit der Messung von U- und He-Kernen an Uranmineralen. Rutherford erhielt 1908 den Nobelpreis für Physik, ging später an die Universität Cambridge, wurde geadelt und entwickelte sein Modell vom Bau der Atome. Eine erste Datierung gelang B.B. Boltwood 1907 über die Analyse von U und Pb in Uraninit, einem Uranmineral. Ohne Isotopenanalyse (Isotope waren noch nicht bekannt) erzielte er für seine Proben Altersdaten zwischen 535 und 410 Millionen Jahren, die mit moderneren Ergebnissen aus demselben Material ganz gut übereinstimmen. T.W. Richards zeigte 1914, dass das Blei, das aus dem Zerfall von Uran entstanden ist, eine andere Atommasse besitzt als gewöhnliches Blei. Eine Erklärung lieferte Soddy mit seiner Annahme, dass der Platz eines bestimmten Elements im Periodensystem von mehr als einer Atomart besetzt wird. Er nannte diese Atome Isotope (bedeutet im Griechischen derselbe Platz ). J.J. Thomson entwickelte 1914 erstmals ein Gerät, mit dem Isotope getrennt werden konnten, den sogenannten positive-ray apparatus. Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Gerät von F.W. Aston zu einem Massenspektrographen weiterentwickelt. Aston verbrachte den Rest seines Lebens damit, immer präzisere Geräte zu bauen und entdeckte damit 212 der 287 natürlich auftretenden Isotope. Er bestimmte die Massen der Isotope und berechnete die Atommassen der Elemente auf der Basis der Isotopenverhältnisse. Für seine Arbeiten erhielt er 1922 den Nobelpreis für Chemie. 1938 begannen A. O. Nier und G.P. Baxter mit detaillierten Studien zur Isotopie des Bleis und erarbeiteten eine radiometrische Datierungsmethode auf der Basis des Zerfalls von Uran und Thorium zu Blei. 1940 entwickelte Nier eine neue Art des Massenspektrometers. Dieses Gerät wurde nach dem 2. Weltkrieg in größeren Stückzahlen hergestellt und ermöglichte eine Isotopenforschung und damit auch Fortschritte in der Isotopengeochemie auf breiter Ebene. Radiometrische Altersdatierungen gewannen seit Ende der 60er Jahre an Bedeutung. Geologische Zeitskalen, in denen versucht wird, die relative biostratigraphische Zeitskala mit absoluten Altersdaten zu korrelieren, erschienen Anfang der 80er Jahre und werden zunehmend verfeinert. Heute sind Altersdatierungen bei regionalen geologisch-petrologischen Arbeiten eine Selbstverständlichkeit.

3. Physikalische Grundlagen 3.1. Atome, Isotope Ein Atom besteht aus einem Atomkern und aus einer Elektronenhülle. Für die radiometrische Altersdatierung spielt dabei der Kern die wichtige Rolle. Dieser Kern setzt sich aus positiv geladenen Protonen und aus ladungsneutralen Neutronen zusammen. Er ist im Verhältnis zum Gesamtatom sehr klein, konzentriert aber den allergrößten Teil der Atommasse auf sich. Die Masse des Atomkerns ist gleich der Summe der Masse aller Protonen und Neutronen (wenn man etwas vereinfachend vom Massendefekt aufgrund der im Atomkern herrschenden Bindungsenergien absieht). Die Masse eines Protons ist annähernd gleich der eines Neutrons, im Vergleich dazu ist die Masse eines Elektrons der Atomhülle vernachlässigbar klein. Die ichtigen Beg iffe u Besch eibung eines Atoms sind - die Zahl der Pro onen (Z) = O dnungszahl, t pisch fü das jeweilige Element - die Zahl der Neutronen (N) - die Massenzahl, also die Summe aus Protonen- und Neutronenzahl (M= Z + N) Die Ordnungszahl wird in der üblichen Notation als Tiefzahl vor das Elementsymbol gestellt, die Massenzahl wird als Hochzahl ebenfalls vor das Elementsymbol gesetzt. In der Isotopengeochemie verzichtet man allerdings sehr häufig auf eine Notation der Ordnungszahlen und gibt nur die Massenzahl an, z.b. 208 Pb, 207 Pb, 206 Pb, 204 Pb (jeweils mit Z = 82). Abb. 1: Aufbau eines 12 C-Atoms mit 6 Protonen und 6 Neutronen im Kern und 6 Elektronen in der Elektronenhülle (aus: Skinner & Potter 2000) Isotope sind Atome mit gleicher Protonenzahl und damit auch gleicher Ornungszahl, aber mit unterschiedlicher Neutronenzahl und dadurch auch mit unterschiedlicher Massenzahl. Die meisten Elemente des Periodensystems besitzen mehrere natürlich auftretende stabile Isotope; im Falle des Pb sind es vier, im Falle des Ca sechs: 40 Ca, 42 Ca, 43 Ca, 44 Ca, 46 Ca, 48 Ca (jeweils Z = 20), den Rekord hält Sn mit 10 stabilen Isotopen. 22 Elemente besitzen nur ein stabiles Isotop. Zusätzlich zu den stabilen Isotopen besitzt jedes Element auch noch radioaktive (=radiogene) Isotope, die im Laufe der Zeit zerfallen. Dabei handelt es sich in aller Regel um künstlich erzeugte, nicht natürlich auftretende kurzlebige Isotope, die

für unsere Betrachtungen keine Rolle spielen. Einige Elemente besitzen aber auch natürliche, langlebige radiogene Isotope, deren radioaktiver Zerfall so langsam abläuft, dass ihre ursprüngliche Menge im Laufe der Erdgeschichte noch nicht vollständig zerfallen ist. Beispiele sind das 40 K, das 87 Rb, das 147 Sm, das 232 Th und die beiden U-Isotope 235 U und 238 U. Diese Isotope werden heutzutage routinemäßig für die radiometrische Altersdatierung benutzt. Eine Sonderstellung nehmen alle Elemente oberhalb der Ordnungszahl 83 ein. Sie besitzen keine stabilen Isotope und, mit Ausnahme des U und des Th, nur kurzlebige radiogene Isotope, die aber dennoch in der Natur auftreten, sofern sie zu den Zerfallsreihen von 238 U, 235 U und 232 Th gehören und durch den Zerfall dieser Isotope ständig neu gebildet werden. Auch diese Zwischenprodukte der Zerfallsreihen werden mitunter für die Altersdatierung herangezogen. Einige Elemente niedriger Ordnungszahlen besitzen ebenfalls natürlich auftretende kurzlebige radiogene Isotope, die unter dem Einfluss hochenergetischer kosmischer Strahlung in der Atmosphäre ständig neu gebildet werden. Diese Isotope werden zur Datierung junger geologischer Ereignisse oder zur Datierung archäologischer Befunde herangezogen. Am bekanntesten ist das 14 C-Isotop. Die Gesamtzahl der bekannten Isotope aller Elemente ist in der sogenannten Karte der Nuklide verzeichnet, einer x-y Darstellung mit der Neutronenzahl auf der x- und der Protonenzahl auf der y-achse. Auf diese Weise ist jedes Element mit seinen Isotopen in einer Zeile vertreten. Die Darstellung in Abb. 2 zeigt nur eine sehr grobe Übersicht. Eine sehr detaillierte Nuklidkarte ist die Karlsruher Nuklidkarte von Pfennig, Klewe Nebenius & Seelmann-Eggebert. Sie kann als Broschüre oder als Wandposter für den Unterricht bezogen werden durch: Marktdienste Haberbeck GmbH, Industriestraße 17, D-32791 Lage/Lippe, Tel. 05232-61228 (der Wandposter kostet etwa DM 15.- + Mwst. + Versandkosten, die Broschüre kostet etwa DM 30.-; Preise von 1999/2000). Detaillierte Nuklidkarten findet man auch im Internet z.b. unter http://www.dne.bnl.gov/con/ oder http://wwwndc.tokai.jaeri.go.jp/cn99/. Die Eingangsseite zeigt jeweils eine Übersicht der Nuklidkarte, aus der durch Mausklick einzelne Teilbereiche ausgewählt werden können, in denen man wiederum einzelne Isotope anklicken kann. Neben dem Begriff der Isotope spielt der Begriff der Isobare in der Isotopengeochemie eine gewisse Rolle: Isobare sind Atome mit gleicher Massenzahl, aber unterschiedlicher Protonenund Neutronenzahl, z.b. 40 Ca, 40 K, 40 Ar. Sie sind in der Karte der Nuklide als diagonale Isobarenreihen jeweils von links oben nach rechts unten angeordnet. Die vollständige Isobarenreihe der Masse 12 beispielsweise lautet danach: 12 N- 12 C- 12 B- 12 Be (Abb. 2). 3.2. Radioaktiver Zerfall Der Motor für den radioaktiven Zerfall ist das Bestreben energetisch höherer Atome, einen energetisch niedrigeren Grundzustand zu erreichen. Es findet eine Umwandlung von metastabilen zu stabilen Atomen statt. Die metastabilen Atome werden als radioaktive Isotope, radiogene Isotope oder Radionuklide bezeichnet. Sie zerfallen als sogenannte radiogene Mutterisotope spontan unter Abgabe radioaktiver Strahlung zu einem stabilen Tochterisotop. Man unterscheidet beim radioaktiven Zerfall zwischen Einfachzerfall: Das Mutterisotop zerfällt direkt zum Tochterisotop Zerfallsreihe: Das Mutterisotop zerfällt unter Bildung mehrerer wiederum radioaktiver Zwischenisotope zum Tochterisotop

Abb.2: Karte der Nuklide, Gesamtübersicht und Ausschnitt der ersten 12 Elemente des Periodensystems (aus: Faure, 1986). Auf der x-achse ist die Neutronenzahl, auf der y- Achse die Protonenzahl=Ordnungszahl aufgetragen. Jedes Element erscheint mit seinen Isotopen als eigene Zeile. Isobarenreihen verlaufen diagonal. Dunkle Kästchen = stabile Atomkerne; diagonal schwarzweiße Kästchen = radioaktive, langlebige, natürlich vorkommende Atomkerne; Kreuzkästchen = radioaktive, kurzlebige, natürlich vorkommende Atomkerne; helle Kästchen = radioaktive, kurzlebige Atomkerne, die nicht in der Natur vorkommen.

Der Zerfall führt immer zu einer Änderung von Neutronenzahl und Protonenzahl. Deshalb gehören das Mutterisotop und das Tochterisotop in einem Zerfallssystem immer zu unterschiedlichen Elementen. Der radioaktive Zerfall kann auf unterschiedliche Weise ablaufen: Beim Negatron-Zerfall (=Beta-Zerfall) wird ein Neutron des Atomkerns spontan in ein Proton umgewandelt. Dabei wird ein Elektron abgestrahlt, das in diesem Falle als Negatron oder als b - - Teilchen bezeichnet wird. Im Atomkern nimmt die Neutronenzahl um 1 ab, die Protonenzahl um 1 zu, das stabile Tochterisotop liegt also um eine Ordnungszahl höher im Periodensystem als das zerfallene Mutterisotop. Die Massenzahl bleibt gleich, Mutter und Tochter gehören also zu einer Isobarenreihe. Diese Art des radioaktiven Zerfalls wird deshalb auch als isobarer Zerfall bezeichnet. Beispiel: 87 Rb zerfällt zu 87 Sr. Abb. 3: Ausschnitt aus der Karte der Nuklide mit dem Zerfallssystem 87 Rb 87 Sr, das Mutterisotop ist orange, das Tochterisotop blau hinterlegt Beim Positron-Zerfall wird ein Proton des Atomkerns spontan in ein Neutron umgewandelt, wobei jetzt ein sogenanntes Positron abgestrahlt wird, ein Teilchen, das zwar die Masse eines Elektrons besitzt, aber positiv geladen ist und auch als b + -Teilchen bezeichnet wird. Im Atomkern nimmt die Neutronenzahl um 1 zu, die Protonenzahl um 1 ab, das stabile Tochterisotop liegt somit im Periodensystem um eine Ordnungszahl niedriger als das zerfallene Mutterisotop. Da auch diesmal die Massenzahl gleich bleibt, handelt es sich wieder um einen isobaren Zerfall. Beispiel: 18 F zerfällt zu 18 O. Abb. 4: Ausschnitt aus der Karte der Nuklide mit dem Zerfallssystem 18 F 18 O Wovon hängt es nun ab, ob ein radiogenes Isotop über einen Negatron- oder einen Positron- Zerfall zerfällt? Ein Blick auf die Karte der Nuklide (Abb. 2) zeigt, dass sich die stabilen Isotope in Form eines Bandes von links unten nach recht oben erstrecken. Dieses stabile Band wird

beidseitig von Bereichen aus radiogenen, meist kurzlebigen Isotopen flankiert. Die radiogenen Isotope rechts unterhalb des stabilen Bandes besitzen diesem gegenüber eine Neutronenüberschuß, die links oberhalb des stabilen Bandes einen Neutronenunterschuß. Im ersten Falle muss also ein Negatron-Zerfall stattfinden, um das stabile Band zu erreichen, im zweiten Fall ein Positron-Zerfall. Beim Zerfall durch Elektronen-Einfang wird die Konfiguration im Atomkern dadurch geändert, dass der Kern ein Elektron aus seiner eigenen Elektronenhülle einfängt. Davon sind überwiegend Elektronen der K-Schale betroffen, die dem Kern am nächsten liegen (dieser Zerfall wird deshalb auch K-Einfang genannt). Das eingefangene Elektron verbindet sich im Kern mit einem Proton. Dadurch wird die positive Ladung des Protons neutralisiert und es wird in ein Neutron umgewandelt. Der Zerfall verläuft also genau entgegengesetzt zum Negatron-Zerfall und erzielt dieselbe Wirkung wie der Positron-Zerfall: Die Neutronenzahl nimmt um 1 zu, die Protonenzahl um 1 ab, das Tochterisotop liegt im Periodensystem um eine Ordnungszahl niedriger als das Mutterisotop, die Massenzahl bleibt gleich, der Zerfall ist isobar. Beispiel: 40 K zerfällt zu 40 Ar fast ausschließlich über den Elektronen-Einfang (Abb. 5). Verzweigter Zerfall: Nach dem Gesetz von Mattauch (1934) ist der Unterschied in der Ordnungszahl zweier stabiler Isobare immer größer als 1. Das heißt, in einer Isobarenreihe können keine stabilen Isobare nebeneinander auftreten, sie sind immer durch ein radiogenes Isobar voneinander getrennt. Dieses trennende Isobar kann einem verzweigten Zerfall unterliegen und sowohl über einen Negatron-Zerfall als auch einen Positron-Zerfall oder einen Elektronen-Einfang zerfallen. Beispiel: 40 K zerfällt über einen Negatron-Zerfall zu 40 Ca und über Elektronen-Einfang, zu einem ganz geringen Anteil auch über eine Positron-Zerfall zu 40 Ar. Abb. 5: Ausschnitt aus der Karte der Nuklide mit dem Zerfallssystem 40 Ca 40 K 40 Ar Energieverhältnisse: Es wurde oben bereits angedeutet, dass der radioaktive Zerfall energetisch gesehen einen Übergang von einem höherenergetischen zu einem niedriger energetischen Zustand darstellt. Dies soll am Beispiel der Isobarenreihe mit der Masse 132 etwas erläutert werden. In dieser Isobarenreihe liegen die beiden äußersten Isobare Sn und Ce im höchsten Energiezustand vor, die beiden stabilen Isobare Xe und Ba im niedrigsten. Sn zerfällt durch Negatron- Zerfall über die Zwischenstufen Sb, Te und I mit mittleren Energien zum nächstgelegenen stabilen Isobar, dem Xe. Ce zerfällt durch Positron-Zerfall und Elektronen-Einfang (e.c. = electron capture) über die Zwischenstufe La zu Ba. Die beiden stabilen Isobare Xe und Ba werden nach dem Gesetz von Mattauch durch ein radiogenes Isotop, dem wiederum etwas energiereicheren Cs voneinander getrennt. Das Cs zerfällt über einen verzweigten Zerfall.

Abb. 6: Ausschnitt aus der Karte der Nuklide: Isobarenreihe der Masse 132. Dazu eine Darstellung der Energieniveaus der einzelnen Isobare, bezogen auf eine Basis 0 des niedrigstenergetischen Xe Beim Alpha-Zerfall strahlt der Atomkern des Mutterisotops ein sogenanntes a-teilchen ab, das aus zwei Protonen und zwei Neutronen besteht und somit die Konfiguration eines Helium-Kerns besitzt. Durch den Verlust dieses Teilchens wird die Massenzahl des zerfallenden Atomkerns um 4 vermindert, die Protonenzahl um 2. Das entstehende Tochterisotop liegt mit seiner Ordnungszahl um zwei Elemente niedriger als das Mutterisotop. Der a-zerfall unterscheidet sich also von den bisher genannten Zerfallsarten dadurch, dass Mutter- und Tochterisotop nicht derselben Isobarenreihe angehören. Beispiel: 147 Sm zerfällt zu 143 Nd. Abb. 7: Ausschnitt aus der Karte der Nuklide mit dem Zerfallssystem 147 Sm 143 Nd

Zerfallsreihen: Ein Blick auf die Karte der Nuklide zeigt, dass das Band der stabilen Isotope bei der Ordnungszahl 83 (Bi) endet. Im Bereich oberhalb dieser Ornungszahl gibt es keine energetischen Zustände für Atomkerne, die die Existenz stabiler Isotope erlauben. Es gibt in diesem Bereich nur noch radiogene Isotope, die mit Ausnahme von 232 Th, 235 U und 238 U sehr kurzlebig und im Laufe der Erdgeschichte bereits zerfallen sind. Die drei genannten Isotope zerfallen langsam und treten deshalb auch heute noch in der Natur auf. Beachtet man die Position der drei Isotope von Th und U und zieht man die verschiedenen, oben genannten Möglichkeiten des radioaktiven Zerfalls in Betracht, dann wird klar, dass diese drei Isotope den Bereich stabiler Atome unmöglich durch einen einstufigen Zerfall erreichen können. Der Weg vom radioaktiven Mutterisotop zum stabilen Tochterisotop verläuft deshalb über eine ganze Serie von einzelnen Zerfällen, wobei sich bei jedem Einzelzerfall ein wiederum radioaktives Isotop als Zwischenprodukt bildet. Diese Serie von Zerfällen wird als Zerfallsreihe bezeichnet. Dabei gibt es für jedes der drei genannten Mutterisotope eine eigene Zerfallsreihe. Alle drei Zerfallsreihen enden bei einem jeweils anderen stabilen Isotop des Bleis: 232 Th è 208 Pb (6 a-zerfälle + 4 b - -Zerfälle) 235 U è 207 Pb (7 a-zerfälle + 4 b - -Zerfälle) 238 U è 206 Pb (8 a-zerfälle + 6 b - -Zerfälle) Auch innerhalb der Zerfallsreihen kommt es zu verzweigten Zerfällen. Jede Verzweigung ist aber so angelegt, dass sie nach einer oder mehreren Zwischenstufen wieder zusammenläuft. In der Zerfallsreihe des 235 U beispielsweise zerfällt das 227 Ac sowohl über einen b - -Zerfall zu 227 Th als auch über einen a-zerfall zu 223 Fr. Beide Zwischenprodukte zerfallen dann aber so, dass sich die Wege bei 223 Ra wieder treffen. Verzeigte Zerfälle in den Zerfallsreihen münden also immer in ein identisches Endprodukt.

Abb. 8: Die drei Zerfallsreihen von 238 U, 235 U und 232 Th, dargestellt in einem Ausschnitt der Karte der Nuklide. Rot die langlebig radioaktiven Mutterisotope, orange die kurzlebig radioaktiven Zwischenprodukte und blau die stabilen Tochterisotope. Ac, Actinium; At, Astatium; Bi, Wismut; Fr, Francium; Hg, Quecksilber; Pa, Protactinium; Po, Polonium; Ra, Radium; Rn, Radon; Tl, Thallium.

Energiebilanz und radioaktive Strahlung: Der radioaktive Zerfall ist ein Vorgang, bei dem ein Mutterisotop in einem höheren Energiezustand umgewandelt wird in ein Tochterisotop mit einem niedrigeren Energiezustand. Die Energiedifferenz zwischen den beiden Zuständen wird während des Zerfalls als radioaktive Strahlung freigesetzt (hochenergetische, ionisierende Strahlung). Dabei kann zwischen drei Strahlungsarten unterschieden werden, der a-, der b- und der g-strahlung: a-strahlung tritt nur beim a-zerfall auf und entsteht durch die Abstrahlung der sehr energiereichen a-teilchen (= He-Kerne). Wegen ihrer beträchtlichen Größe werden diese Teilchen beim Durchdringen von Material sehr schnell abgebremst, hinterlassen in dem durchdrungenen Bereich aber eine Spur nachhaltiger Zerstörung (besonders im menschlichen Gewebe können trotz der geringen Eindringtiefe lokal massive Zellschädigungen verursacht werden, u.a. mit der Folge eines erhöhten Krebsrisikos). b-strahlung tritt nur beim Negatron- oder Positron-Zerfall auf und entsteht durch die Abstrahlung hochenergetischer b - - oder b + -Teilchen. Diese Teilchen entsprechen in ihrer Masse den Elektronen und sind damit sehr viel kleiner als die a-teilchen. Sie werden entsprechend langsamer abgebremst und können Material deshalb über eine größere Strecke durchdringen (größere Eindringtiefe), allerdings verteilt sich auch die Energieabgabe über diese größere Strecke, so dass die ganz lokale Schädigung nicht so gravierend ist wie beim a-teilchen, die Summe der Schädigungen ist dennoch beträchtlich (die Schädigung erfolgt in erster Linie über punktuelle Ionisationsereignisse, die im menschlichen Gewebe wiederum Erbgutschäden und Zellschäden hervorrufen können und zu einer Risikoerhöhung für Krebs oder eine Weitergabe der Erbgutschäden an Nachkommen führen). g-strahlung ist eine sehr hochenergetische elektromagnetische Strahlung (g-quanten), die in Zusammenhang mit dem radioaktiven Zerfall mehrere Ursachen haben kann: - Wenn ein radioaktives Mutterisotop zu einem Tochterisotop zerfällt, dann kann sich dieses Tochterisotop sofort im energetischen Grundzustand befinden. Sehr häufig liegt das Tochterisotop aber zunächst in einem energetisch angeregten Zustand vor. Dieser angeregte Zustand ist nicht stabil, das Tochterisotop erlebt einen meist sehr schnellen Übergang vom angeregten zum Grundzustand. Die Differenzenergie zwischen dem angeregten und dem Grundzustand wird als g-strahlung freigesetzt. - Speziell beim Positron-Zerfall wird während des Zerfallsvorganges ein Positron abgestrahlt, das auf seinem Weg aufgrund von Kollisionen mit anderen Teilchen zunächst kinetische Energie abgibt und irgendwann von einem freien Elektron neutralisiert wird. Dabei wird eine sog. Vernichtungsenergie von 1.02 MeV in Form von g-strahlung freigesetzt. - Speziell beim Zerfall durch Elektronen-Einfang wird ein Elektron einer inneren Schale der Elektronenhülle vom Atomkern aufgenommen. Dadurch entsteht eine Leerstelle auf einer der inneren Elektronenhüllen, die durch ein weiter außen liegendes Elektron unter Abgabe charakteristischer Röntgenstrahlung aufgefüllt wird (Röntgenstrahlung und g-strahlung sind in Strahlungsart und Energie identisch). Energiebilanz beim radioaktiven Zerfall, aufgezeigt am Beispiel des Zerfalls von 38 Cl zu 38 Ar: 38 Cl zerfällt zwar prinzipiell über einen Negatron-Zerfall, aber auf dreierlei Weisen. - 53% der Menge der Mutterisotope zerfallen direkt zum Tochterisotop im energetischen Grundzustand. Dabei wird die gesamte Energiedifferenz zwischen dem energetischen Zustand des Mutterisotops und dem Grundzustand des Tochterisotops von 4,91 MeV in Form von b-

Strahlung freigesetzt. - 16% der Mutterisotope zerfallen zu einem ersten angeregten Zustand des Tochterisotops. Die dabei abgestrahlte b-strahlung hat eine Energie von 2,77 MeV. Beim Übergang des Tochterisotops vom angeregten zum Grundzustand wird g-strahlung mit einer Energie von 2,17 MeV freigesetzt. - 31% der Mutterisotope zerfallen zu einem zweiten angeregten Zustand des Tochterisotops, unter Abstrahlung von b-strahlung mit einer Energie von 1,11 MeV. Das Tochterisotop im zweiten Anregungszustand kann nun entweder direkt in den Grundzustand übergehen und gibt dann eine g-strahlung mit 3,76 MeV ab, oder es geht zunächst zum ersten Anregungszustand und dann erst zum Grundzustand. In diesem Falle wird zunächst eine g-strahlung von 1,60 MeV und dann nochmals von 2,17 MeV abgestrahlt. Abb. 9: Energiebilanz und Strahlungsarten beim Zerfall von 38 Cl zu 38 Ar (aus: Faure 1986) Energiebilanz beim radioaktiven Zerfall, aufgezeigt am Beispiel des Zerfalls von 228 Th zu 224 Ra (eine Zwischenstufe in der Zerfallsreihe von 232 Th, vgl. Abb. 8): Bei diesem Zerfall handelt es sich um a-zerfall direkt zum Grundzustand oder zu einem von drei möglichen Anregungszuständen des Tochterisotops. Die %-Zahlen für die vier verschiedenen Möglichkeiten und die Energieangaben für die abgestrahlte a- oder g-strahlung können der Abbildung entnommen werden.

Abb. 10: Energiebilanz und Strahlungsarten beim Zerfall von 232 Th zu 224 Ra (aus: Faure 1986) 3. Zerfallsgesetz Um den Effekt des radioaktiven Zerfalls für die Altersdatierung von Gesteinen nützen zu können, benötigt man Informationen über den Zeitverlauf des Zerfalls. In welchem Zeitraum wird eine bestimmte Menge des Mutterisotops in das Tochterisotop umgewandelt? Diese Information erhält man über das Zerfallsgesetz: N o = N = l = e = N = N o * e -lt die Zahl der Mutterisotope zur Zeit 0, also zu dem Zeitpunkt, an dem der radioaktive Zerfall beginnt (= nach einem bestimmten geologischen Ereignis, z.b. der Kristallisation eines Magmas oder der metamorphen Umwandlung eines Gesteins). die Zahl der noch verbliebenen Mutterisotope nach einer Zeit t (t ist sehr häufig die Gegenwart). Zerfallskonstante, sie ist kennzeichnend für die Geschwindigkeit des Zerfalls in einem bestimmten isotopischen Zerfallssystem (z.b. U => Pb, K => Ar). Basis der natürlichen Logarithmen

Eine wesentliche Zeitmarke beim radioaktiven Zerfall ist die sogenannte Halbwertszeit. Das ist die Zeitspanne, nach der die Hälfte der ursprünglich vorhandenen Mutterisotope zerfallen sind. Zur Halbwertszeit ist also N = ½ N o Im Diagramm Abb. 11 sind die Abnahme des Mutterisotops N und die genau gegenläufige Zunahme des Tochterisotops D* über mehrere Halbwertszeiten hinweg graphisch dargestellt. Abb. 11: Abnahme der Menge der Mutterisotope (rot) und Zunahme der Menge der Tochterisotope (blau) über mehrere Halbwertszeiten hinweg. Man kann das Zerfallsgesetz nicht in der oben gezeigten Form für die Altersdatierung einsetzten, denn es handelt sich um eine Gleichung mit zwei Unbekannten. Diese Unbekannten sind t, der Wert, der bei der Datierung ja gesucht ist, und N o, die Zahl der ursprünglich vorhandenen Mutterisotope im Gestein/Mineral, die man nicht kennt und auch nicht messen kann. Deshalb ist folgende Umformung des Zerfallsgesetzes notwendig: Ausgehend von der schon genannten Form N = N o * e -lt (1) werden zunächst N o und N auf die jeweils andere Seite der Gleichung gebracht: N o = N * e lt (2) Da beim radioaktiven Zerfall die Gesamtzahl der beteiligten Atome gleich bleibt, ist zu einem beliebigen Zeitpunkt t die Zahl der schon zerfallenen Mutterisotope gleich der Zahl der neu entstandenen Tochterisotope D*. N o kann dann auch so formuliert werden:

N o = N + D* (3) Dementsprechend ist D*= N o - N (4) Setzt man in (4) den Ausdruck für N o aus (2) ein, dann ergibt sich oder Aufgelöst nach t ergibt sich D*= N * elt N D*= N (elt 1) (5a) (5b) t = 1/l * ln (D*/N + 1) (6) Wenn heute ein Gestein oder Mineral datiert wird, das vor einer Zeit t entstanden ist, dann genügt es nach dieser Formel also, die heute vorhandene Menge des durch radioaktiven Zerfall entstandenen Tochterisotops D* und die heute noch vorhandene Restmenge des Mutterisotops N mit einem Massenspektrometer zu messen und die Zerfallskonstante l zu kennen. Dazu gibt es allerdings noch einige wesentliche Voraussetzungen: - Zum Zeitpunkt t=0, also zum Beginn des radioaktiven Zerfalls im untersuchten System darf kein Material vom Typ des Tochterisotops D vorhanden sein, d.h. die Menge für D muss 0 sein. - Das isotopische System, das für die Datierung verwendet wird, muss für den Zeitraum t ein geschlossenes System darstellen, d.h. es darf weder von N noch von D Material abgeführt oder von außen zugeführt worden sein. - Die Zerfallskonstante muss genau bekannt sein; das ist für die bei der Altersdatierung gängigen Zerfallssysteme heute der Fall. - D und N müssen exakt bestimmt werden, auch das ist mit der modernen Massenspektrometrie weitgehend gewährleistet. Vor allem die erste dieser Voraussetzungen ist in der Praxis sehr häufig nicht erfüllt. Bei der Entstehung eines Gesteins oder eines Minerals ist oft schon eine bestimmte Menge des Tochterisotops vorhanden. Wenn beispielsweise ein glutflüssiges Granitmagma in die obere Erdkruste aufdringt und dort zu einem Granit kristallisiert, dann enthalten dieses Magma bzw. der erstarrende Granit schon von vorne herein das Element Sr und damit auch eine bestimmte Menge des Isotops 87 Sr, die als initiales 87 Sr oder allgemein als D o bezeichnet wird. Der Granit enthält aber auch eine bestimmte Menge 87 Rb. Ein Teil dieses 87 Rb zerfällt nun in der Zeit t (zwischen der Erstarrung des Granits und heute) zu 87 Sr. Die Menge dieses durch radioaktiven Zerfall in der Zeit t entstandenen 87 Sr wird als radiogenes 87 Sr oder allgemein als D* bezeichnet. Wenn der Granit nun datiert werden soll, dann kann das Massenspektrometer natürlich nicht zwischen D o und D* unterscheiden und in den Granitproben nur die Gesamtmenge D des 87 Sr messen.

D = D o + D* oder D* = D D o (7) (7) eingesetzt in (6) ergibt eine Variante der oben erstellten Altersformel, die diesem Umstand gerecht wird: t = 1/l l * ln [(D - D o )/N + 1] (8) D und N können gemessen werden, D o muss anderweitig ermittelt werden. Für die Bestimmung von D o gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine sehr gängige Methode ist die weiter unten erläuterte Isochronenmethode. D o lässt sich aber auch bestimmen durch die Analyse von cogenetischen, also zeitgleich aus demselben geochemischen System gebildeten Mineralen, die bei ihrer Entstehung kein radioaktives Mutterisotop, aber das Element des Tochterisotops einbauen. Wenn in dem schon genannten Granit während der Kristallisation z.b. das Mineral Apatit gebildet wurde, dann baute dieses Mineral in sein Kristallgitter kein Rb, aber Sr ein. Das Sr liegt auch heute noch in dem Isotopenverhältnis 84 Sr : 86 Sr : 87 Sr : 88 Sr vor, das zur Zeit der Graniterstarrung im Granit vorhanden war, da während der Zeit t wegen des fehlenden Rb kein 87 Rb zerfallen und das 87 Sr auch nicht anwachsen konnte. Bei Zerfallsreihen zerfällt das Mutterisotop über mehrere Zwischenprodukte zum stabilen Tochterisotop. Da jedes Zwischenprodukt eine bestimmte Lebensdauer besitzt, erfolgt der Zerfall von Mutter zu Tochter mit einer Zeitverzögerung, die bei der Quantifizierung einer beliebigen Zerfallsreihe rechnerisch berücksichtigt werden muss, was die Sache erheblich kompliziert. Bei den in der Natur vorhandenen und für die Altersdatierung benutzten drei Zerfallsreihen der Isotope von U und Th ist die Lebensdauer der einzelnen Zwischenprodukte im Vergleich zu der des jeweiligen Mutterisotops jedoch so kurz, dass man die Zeitverzögerung vernachlässigen und diese Zerfallsreihen bezüglich der Quantifizierung wie Einfachzerfälle behandeln kann. 4. Geochemische Grundlagen 4.1. Differentiationsvorgänge im Erdkörper Man geht heute davon aus, dass die Erde bei ihrer Entstehung stofflich weitestgehend homogen aufgebaut war. Dieser Zustand war allerdings nicht stabil, es kam sehr bald zu einer Untergliederung in kleinere, stofflich verschiedene Systeme, ein Vorgang, der als Differentiation bezeichnet wird. Großmaßstäblich kam es zu einer Differentiation in einen Erdkern, einen Erdmantel und eine Erdkruste. Diese Großeinheiten untergliedern sich weiter z.b. in einen inneren und einen äußeren Erdkern, einen unteren und einen oberen Mantel, dazwischen eine Übergangszone, und in verschiedene Bereiche der Erdkruste, z.b. eine untere, eine mittlere und eine obere kontinentale Erdkruste. Die Erdkruste und der obere Erdmantel sind dabei unserer indirekten oder sogar unmittelbare Beobachtungen am ehesten zugänglich und dementsprechend am besten untersucht. Letzendlich bewirkte die Differentiation die heutige Gliederung der ursprünglich homogenen Erde in kleine und kleinste stoffliche Einheiten, repräsentiert durch die große Vielfalt unterschiedlichster Gesteine.

Treibende Faktoren für die Differentiation sind Vorgänge des Wärmeflusses, der Aufschmelzung, der Konvektion, aber auch Einflüsse der Gravitation und der Isostasie. Es gibt Bereiche verstärkten Wärmeflusses, in denen es schon in der unteren oder mittleren Erdkruste zur Gesteinsaufschmelzung kommt, aber auch Bereiche verminderten Wärmeflusses, in denen z.b. Gesteine der ozeanischen Kruste bis weit in den Erdmantel abtauchen können, ehe sie aufgeschmolzen werden. Konvektionsvorgänge sorgen für einen Wärme- und Massentransport hauptsächlich im Erdmantel. Aufgrund der Isostasie können z.b. Gesteinsschmelzen (Magmen) mit einem leichteren spezifischen Gewicht aus dem Erdmantel nach oben in die mittlere und sogar obere Erdkruste aufdringen, während chemisch andere und deshalb schwerere Magmen oft in größerer Tiefe stekken bleiben, etwa an der Grenze zwischen Erdkruste und Erdmantel. Wenn in einer Magmenkammer während der Abkühlungsphase zunehmend Minerale auskristallisieren, dann sorgen Gravitationsvorgänge dafür, dass schwerere Minerale absinken und leichtere aufschwimmen, wiederum eine stoffliche Trennung. Außerdem gibt es Elemente, die sich leicht in das Kristallgitter der kristallisierenden Minerale einbauen lassen und deshalb bei der sogenannten Hauptkristallisation verbraucht werden, und es gibt Elemente, die sich wegen ihres unpassenden Atomradius oder aus anderen Gründen schlecht in die Kristallgitter der gängigen Minerale einbauen lassen und deshalb lieber in einer Restschmelze bleiben und dort angereichert werden. Wenn eine solche Restschmelze dann letztendlich doch kristallisiert, dann entstehen oft sehr exotische Minerale mit seltenen Zusammensetzungen (typische Quelle für Edelsteine wie Aquamarin, Smaragd, Turmalin). Abb. 12: Konvektionszelle im Erdmantel als Motor für eine stoffliche Umverteilung und Differentiation in Erdmantel und Erdkruste (aus: Skinner & Porter 2000) Eine ständige Differentiation findet auch an der Erdoberfläche durch eine physikalische oder chemische Verwitterung von Gesteinen, einen Transport der gelösten oder ungelösten Verwitterungsprodukte und ihre Wiederablagerung an anderer Stelle statt. Wenn beispielsweise ein homogener Granit verwittert, der aus den Mineralen Quarz, Feldspat und Glimmer besteht, dann wird der harte und widerstandsfähige Quarz mechanisch transportiert und in einem Ablagerungsraum (See, Küstenbereich eines Meeres) als Sandschüttung sedimentiert. Die weicheren Bestandteile Feldspat und Glimmer werden sehr schnell mechanisch zerkleinert und z.t. auch chemisch gelöst. Im Ablagerungsraum bilden sich Tonlagen, aus Lösungen können außerdem chemische Sedimen-

te wie Kalk oder Gips ausgefällt werden. Die Bestandteile des ursprünglich homogene Granits finden sich also in einem späteren Ablagerungsraum getrennt voneinander in ganz unterschiedlichen Sedimenten wieder. 4.2. Fraktionierung und geochemische Systeme All die beschriebenen Differentiationsvorgänge führen zur Bildung verschiedener geochemischer Systeme und zu einer Fraktionierung der Elemente, d.h. zu einer ungleichen Verteilung der Elemente auf die unterschiedlichen geochemische Systeme. Wenn z.b. ein Gestein im oberen Erdmantel oder in der unteren Erdkruste zu schmelzen beginnt, dann gibt es Elemente, die schnell in die Schmelze gehen und mit dieser abtransportiert werden, und es gibt Elemente, die es vorziehen, im nicht geschmolzenen Restgestein verbleiben (die Verteilung von Elementen auf Schmelze oder Restgestein wird durch elementspezifische Verteilungskoeffizienten beschrieben). Es findet also eine Elementfraktionierung statt, die dazu führt, dass ein ursprünglich einheitliches Gestein in mindestens zwei verschiedene Teilsysteme gespalten wird, die beide anders zusammengesetzt sind als das Ausgangsgestein und häufig auch räumlich voneinander getrennt werden. In Schmelzen werden Elemente wie K, Rb, Sr, U, Th angereichert, während Elemente wie Mg, Cr, Ni und die Seltenen Erden (La bis Lu) überwiegend im Restgestein verbleiben. Eine Fraktionierung findet aber auch statt, wenn durch den Transport nach der Verwitterung eines Granits der Quarz vom Feldspat und Glimmer getrennt und anderenorts als separate Sandschüttung abgelagert wird. Die Sandschüttung ist sehr viel reicher an Si und sehr viel ärmer an Al, Ca, K und Na als der Ausgangsgranit (s.o.). Abb. 13: Unterschiedliche geochemische Systeme in einem Querschnitt durch den Grand Canyon: Jede einzelne Lage der paläozoischen und präkambrischen Sedimente stellt ein eigenes System dar, außerdem die Granite und metamorphen Schiefer (schist), die die Sedimentabfolgen unterlagern (aus: Skinner & Potter 2000) Jede der im vorhergegangenen Abschnitt genannten, stofflich verschiedenen Einheiten der Erde stellt ein geochemisches System im weiteren oder im engeren Sinne dar. Im weitesten Sinne sind schon Kern, Mantel und Kruste der Erde verschiedene Systeme, im engeren Sinn sind einzelne

Gesteinskomplexe wie Gneisserien, Granitintrusionen, Vulkanitlagen als eigene Systeme zu bezeichnen, im engsten Sinn sind nur ganz homogene Gesteinspartien, einzelne feine Lagen in Gneisen oder Sedimentgesteinen, oder sogar nur einzelne Minerale geochemische Systeme mit den ihnen eigenen chemischen Zusammensetzungen. Jedes der Systeme hat seine eigene geologische Geschichte, manchmal haben auch mehrere Systeme eine gemeinsame Geschichte, jedenfalls kann man über die Entschlüsselung dieser Geschichte und die Synthese von Informationen aus verschiedenen Gesteinen/Mineralen einer Region einiges über die geologische und geodynamische Entwicklung dieses Gebietes erfahren. Diese Entschlüsselung erfolgt über die Geochemie und die Isotopenchemie. In der Geochemie wird die chemische Zusammensetzung von Gesteinen/Mineralen analysiert. Aus den Analysenergebnissen lässt sich ablesen, welche Elementfraktionierungen stattgefunden haben. Da typische Fraktionierungen auf typische geologische Ereignisse und Prozesse zurückzuführen sind, lässt sich so die Entwicklung eines Gesteins rekonstruieren. In der Isotopengeochemie wird die Fraktionierung von Isotopen einzelner Elemente untersucht, um zu ähnlichen Aussagen zu gelangen. Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Anwendung geochemischer und isotopengeochemischer Methoden ist dabei die Geschlossenheit eines geochemischen Systems. Dies soll wieder am Beispiel eines Granits erläutert werden. Ein Granit entsteht dadurch, dass unter hoher Temperatur in der unteren oder mittleren Erdkruste, manchmal auch im obersten Mantel eine Gesteinsschmelze aus einem Ausgangsgestein ausgeschmolzen wird (das Ausgangsgestein schmilzt dabei normalerweise nicht völlig auf). Diese Schmelze steigt nach oben, dringt als glutflüssige Magmaintrusion in höhere Krustenstockwerke der mittleren und oberen Erdkruste ein, erkaltet dort langsam und kristallisiert zu einem Granit aus. Im Idealfall besitzt dieser Granit noch die unveränderte Zusammensetzung der Schmelze. Das geochemische System ist dann seit dem Zeitpunkt der Schmelzbildung geschlossen. Es kann aber auch sein, dass die Schmelze auf ihrem Weg nach oben größere Anteile des umgebenden Gesteines aufnimmt, aufschmilzt, assimiliert. Da dieses aufgenommene Gestein normalerweise eine andere chemische Zusammensetzung hat, beeinflusst und kontaminiert diese den Ausgangschemismus der Schmelze, das geochemische System der Schmelze war also nicht geschlossen. Gelangt der erkaltete Granit durch Hebungsvorgänge und Erosion irgendwann in die Nähe der Erdoberfläche, dann ist er dem Einfluss von Oberflächenwässern und Verwitterung ausgesetzt. Auch dadurch kann die chemische Zusammensetzung geändert werden, das System ist wieder geöffnet, zumindest in den verwitterten Granitpartien. Will man nun über geochemische Analytik die Aufschmelzungsvorgänge bei der Entstehung der Granitschmelze untersuchen, dann kann dies durch die wiederholte Öffnung des Granitsystems nach der Schmelzbildung stark erschwert werden. Für die Isotopengeochemie gilt das in ähnlicher Weise. Eine Fraktionierung von Isotopen eines Elements im Gestein kann verschiedene Ursachen haben. Eine besonders bedeutende ist die Fraktionierung durch den radioaktiven Zerfall radiogener Isotope. Dies soll anhand der Isotope von Rb und Sr erläutert werden: Rb tritt in der Natur mit zwei Isotopen auf, 85 Rb und 87 Rb. 87 Rb ist radioaktiv und zerfällt mit einer Halbwertszeit von 48,8 Milliarden Jahren zu 87 Sr. Sr tritt in der Natur mit 4 Isotopen auf, die alle stabil sind: 84 Sr, 86 Sr, 87 Sr und 88 Sr. Fast alle geochemischen Systeme der Erdkruste enthalten Rb und Sr. Betrachten wir einen Granit, dann hat dessen Ausgangsschmelze normalerweise einen deutlichen Anteil an beiden Elementen. Zum Zeitpunkt der Schmelzbildung liegen die Isotope beider Elemente in einem bestimmten Isotopenverhältnis vor, dem sogenannten initialen Isotopenverhältnis. Bleibt das Granitsystem vom Zeitpunkt der Schmelzbildung an geschlossen, dann kommt es zu einer kontinuierlichen Abnahme des 87 Rb und zu einer ebenso kontinuierlichen Zunahme der 87 Sr. Dadurch kommt es im Laufe der Zeit zu einer positiven Fraktionierung des 87 Sr gegenüber dem 87 Rb, aber natür-

lich auch gegenüber den anderen drei Sr-Isotopen. Je höher der Rb-Gehalt im Ausgangsmaterial ist, desto stärker ist die Fraktionierung, der Zuwachs an 87 Sr. Dies kann analog auf alle anderen natürlichen Zerfallssysteme übertragen werden. Im geschlossenen System ist diese Fraktionierung die Grundlage für die radiometrische Altersdatierung. Wird das System geöffnet, z.b. durch die Aufnahme von Fremdgestein oder durch späte Verwitterungslösungen, dann können Rb und/ oder Sr zu- oder abgeführt werden, die Isotopenfraktionierung ist gestört und für eine Altersdatierung in vielen Fällen unbrauchbar. Andererseits lässt die Veränderung der Isotopenverhältnisse, die z.b. durch eine Mischung bei Kontamination verursacht wurde, wiederum Rückschlüsse auf die Art und das Ausmaß der Kontamination zu. Wenn z.b. eine Granitschmelze Fremdgestein aufnimmt und sich mit diesem vermischt, dann kann eine Isotopenuntersuchung ermitteln, welche Art von Fremdgestein aufgenommen wurde und ob es sich um eine starke oder schwache Kontamination handelt. 4.3. Radioaktivität im Gesteinen Radioaktivität in Gesteinen wird in aller erster Linie durch die radiogenen Isotope 40 K, 232 Th, 235 U uns 238 U verursacht, untergeordnet durch 87 Rb, 147 Sm, 176 Lu und 187 Re. Dies sind auch die Isotope, die heute mehr oder weniger routinemäßig für radiometrische Altersdatierungen verwendet werden. Es gibt noch einige weitere natürliche Radioisotope, die aber in sehr geringen Konzentrationen auftreten und/oder sehr langsam zerfallen. Ihr Anteil an der Radioaktivität der Gesteine ist nur sehr gering, sie werden auch (noch) nicht für die Altersdatierung eingesetzt. K ist in der Erdkruste angereichert und gehört dort mit einem Anteil von durchschnittlich 2,6 Gew.% zu den 10 häufigsten Elementen. K reichert sich bei Aufschmelzvorgängen bevorzugt in der Schmelze an. Innerhalb der sehr unterschiedlichen Krustengesteinen findet man K deshalb überwiegend in sogenannten sauren Gesteinen, vor allem in Graniten und Gneisen. Hier ist dieses Element ein Hauptbestandteil von Feldspäten und Glimmern: Kalifeldspat: K[AlSi 3 O 8 ] K-Anteil ca. 15-16 Gew.% Muscovit: KAl 2 [(OH) 2 AlSi 3 O 10 ] K-Anteil ca. 10 Gew.% Biotit: K(Mg,Fe) 3 [(OH) 2 AlSi 3 O 10 ] K-Anteil ca. 8-9 Gew.% Als Nebenelement tritt K in einigen anderen Mineralen auf, z.b. den Hornblenden. Trotz des geringen Anteils des 40 K von nur 0.0117% am Gesamtkalium (gegenwärtiges Isotopenverhältnis) ist 40 K wegen des insgesamt hohen K-Gehaltes wesentlich an der Radioaktivität in der Erdkruste beteiligt. Rb ist ein Spurenelement, das wegen seines ähnlich großen Atomradius bei gleicher Wertigkeit ähnlich fraktioniert wie K und sehr gut anstelle des K in Kristallgitter eingebaut werden kann, es tarnt sich also hinter dem K. Alle K-reichen Gesteine und Minerale enthalten auch einen Anteil an Rb, der wegen des insgesamt sehr viel geringeren Rb-Gehaltes der Erdkruste natürlich viel kleiner ist als der K-Gehalt (< 0,1 Gew.% in Glimmer). Der Anteil des 87 Rb am Gesamtrubidium beträgt gegenwärtig 27,835%. U und Th sind normalerweise Spurenelemente, die in sehr geringen Konzentrationen von einigen ppm (g/t oder mg/kg) oder weniger in Gesteinen der Erdkruste auftreten. Die Durchschnittsgehalte in der oberen Erdkruste liegen bei 8,5 ppm für Th und 2,7 ppm für U. Vor allem in den hellen, den sog. sauren Gesteinen wie Granit und Gneis gibt es aber eine Reihe von akzessorischen Mineralen, also Mineralen mit geringem Mengenanteil am Gestein, die gerade diese beiden Elemente bevorzugt in ihr Kristallgitter einbauen und die deshalb hoher Konzentrationen an U und Th bis zu mehreren Gew.% enthalten können. Das sind vor allem der Zirkon und der Monazit, aber auch Titanit, Allanit, Apatit, Xenotim. Daneben gibt es eigene U- und Th-Minerale, die

man vor allem dort findet, wo diese Elemente stark angereichert sind und Lagerstätten bilden. Typische Minerale sind hier z.b. Uraninit und Thorit. U und Th können natürlich auch in Sedimenten angereichert sein, die aus der Verwitterung U- und Th-reicher Gesteine hervorgegangen sind. Mitunter sind in den Sedimenten die genannten U-haltigen Schwerminerale sogar fraktioniert, so dass die Sedimente noch höhere U-Th-Gehalte aufweisen. Ein typisches Beispiel sind die Monazitsande an der südwestindischen Küste. Da beide Elemente nur radiogene Isotope besitzen und da diese über Zerfallsreihen unter Bildung von wiederum radiogenen Zwischenprodukten zerfallen, ist ein großer Anteil der Radioaktivität in Gesteinen der Erdkruste auf das Vorhandensein von U und Th zurückzuführen. Sm und Lu sind als Bestandteile der Gruppe der Seltenen Erden (Lanthaniden) vor allem in dunklen, den sog. basischen Gesteinen der Erdkruste und im Erdmantel angereichert. Im Gegensatz zu K, Rb, U und Th, die als inkompatible Elemente bei Aufschmelzungspozessen bevorzugt in die Schmelze gehen, verbleiben die Seltenen Erden überwiegend im Restgestein. Sm und Lu finden sich in einigen gesteinsbildenden und damit häufigen Mineralen wie Granat, teils auch im Pyroxen, sie sind aber wieder vor allem in akzessorischen Mineralen wie Monazit, Xenotim und Apatit stark angereichert. Aufgrund der geringen Konzentrationen von Sm und Lu, die noch dazu überwiegend als stabile Isotope auftreten, ist ihr Anteil an der Gesteinsradioaktivität eher gering. Typische Aktivitätskonzentrationen in verschiedenen Gesteinsarten (aus: Kiefer & Koelzer, 1992) und durchschnittlich in der oberen Erdkruste (aus: v.pilipsborn, 1998): Gestein Aktivität in Bq/kg* 40 K 232 Th 238 U Granit 1000 80 60 Diorit 700 30 20 Basalt 250 10 10 Dunit 150 25 0,4 Kalkstein 90 7 30 Sandstein 350 10 20 Tonschiefer 700 50 40 Durchschnitt obere Erdkruste 33 33 *Die Aktivität wird angegeben in Becquerel/kg. 1 Bq/kg ist ein Zerfall des jeweiligen Isotops pro Sekunde pro kg Gestein. In einem kg Granit finden also in einer Sekunde 1000 Zerfälle von 40 K, 80 Zerfälle von 232 Th und 60 Zerfälle von 238 U statt. 4.4. Analytik Bei den meisten Methoden der radiometrischen Altersdatierung ist es wegen des Auftretens isobarer Mutter- und Tochterisotope notwendig, die entsprechenden Elemente, zu denen Mutter und Tochter gehören, chemisch vollständig voneinander zu trennen. Dazu wird eine Gesteinsprobe zunächst im Säureaufschluss, meist mit Flußsäure, gelöst. Eine Trennung der Elemente erfolgt in chromatographischen Säulen. Nach der Trennung wird die Lösung, die das zu analysierende Element enthält, eingedampft, und die ausgefällte Probe wird auf einem sogenannten Filament, einem dünnen Metalldraht aufgebracht.