Digital ProLine Das große Kamerahandbuch zur Nikon D7100 Jörg Walther DATA BECKER

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Digital ProLine Das große Kamerahandbuch zur Nikon D7100 Jörg Walther DATA BECKER

04 Immer die richtige Belichtung für alle Situationen Jeden echten Fotografen treibt der Ehrgeiz, allen fotografischen Situationen mit seiner Kamera und deren Möglichkeiten gewachsen zu sein. Die D7100 hat viele elektronische Helfer an Bord wie die Motivprogramme, die dem einen oder anderen beim Einstieg helfen können. Aber das Ziel jedes Enthusiasten ist es doch, die Kameraautomatiken abzuschalten und die gesamte Einstellung der Kamera selbst übernehmen zu können. Am deutlichsten zeigen sich die Grenzen der Automatiken bei der Auswahl der richtigen Belichtung. Nikon steckt viel Entwicklungsaufwand hinein, die Kamera in die Lage zu versetzen, Situationen zu erkennen und damit die Berechnung der Belichtung zu optimieren. Doch die Kamera erkennt nicht alle Situationen und noch weniger weiß sie, welche Bildwirkung der Fotograf beabsichtigt. Wie die Belichtungssteuerung der D7100 arbeitet, welche Limits sie hat und wie Sie intelligent mit ihr umgehen können, zeigt dieses Kapitel auf. 4.1 Lernen Sie schwierige Lichtsituationen kennen Der Studiofotograf schafft sich seine Lichtsituationen selbst und übernimmt so die volle Kontrolle. Alle anderen Fotografen müssen die Lichtsituationen nehmen, wie sie sind, oder haben nur geringen Einfluss darauf. Lösungsvorschlag Polfilter Eine gute Möglichkeit, hier Abhilfe zu schaffen, ist der Einsatz eines Polfilters. Er lässt den Himmel blauer werden, weil er das Streulicht reduziert. Ohne den Untergrund wirklich dunkler zu machen, reduziert er auch den Dynamikumfang der Szene und erleichtert das Fotografieren solcher Szenen. Oft wirken Landschaften später bei der Betrachtung am Computermonitor nicht mehr so, wie wir sie in Erinnerung haben. Zwar ist die Wirkung auf dem relativ kleinen LCD-Monitor der Kamera noch akzeptabel, aber bei der Betrachtung am großen Bildschirm zeigt der Monitor entweder sehr dunkle, zeichnungsarme oder helle, ausgefressene Bereiche. Vor allem der Himmel sorgt immer wieder für Enttäuschungen, wenn statt einer satten blauen Farbe nur noch ein ausgewaschenes helles Graublau übrig ist, das die Charakteristik der Landschaft völlig entstellt. Dies umso mehr, wenn Sie es bei der Werkseinstellung belassen und die Picture-Control-Konfi 78 Sie sehen eine kontrastreiche Landschaft mit dunklen und hellen Anteilen, einem blauen Himmel mit weißen Wolken. Doch das erste Ergebnis enttäuscht, denn die Szenerie wirkt im fertigen Bild flauer, als sie es tatsächlich war. Der Grund dafür liegt darin, dass die Kamera versucht, die verschiedenen Motivelemente zu berücksichtigen: Himmel, Berge und Wiese, die aber einen sehr starken Kontrast zueinander aufweisen. (Das zweite Bild wurde zur Verdeutlichung mit der Picture-Control-Option»Brillant«aufgenommen und in Photoshop etwas verstärkt.)

Schwierige Lichtsituationen meistern Der Fahrstuhl von der Oberstadt zum Hafen ist eines der Wahrzeichen der Stadt Salvador in Brasilien. Solche Motive im besten Licht sind für die D7100 absolut problemlos zu bewältigen: Mit dem Motivprogramm Landschaft oder der Programmautomatik (P) mit Matrixmessung oder auch der Vollautomatik stimmt das Ergebnis immer. Einzig eine kleine Belichtungskorrektur bringt noch eine Verbesserung im Kontrast (AF-S Nikkor 17-55mm 1:2.8 ISO100 f8 1 500 Sek. Zeitautomatik 1 korrigiert). guration Standard nutzen oder gar auf Neutral umschalten. Was macht diesen Unterschied zwischen der Sichtweise des Fotografen und der der Kamera aus? Vom Motivkontrast zum fertigen Bild Der Unterschied zwischen den hellsten und den dunkelsten Bereichen im Motiv ist der sogenannte Motivkontrast. Oft werden aber auch die Begriffe Kontrastumfang bzw. Dynamik des Lichts verwendet. Die Eingangsdynamik ist dabei diejenige Information, die die Kamera zum Bild verarbeitet. Auch das fertige Bild hat eine Dynamik, diese wird Ausgangsdynamik genannt. Der Weg von der Eingangsdynamik zur Ausgangsdynamik der Kamera ist die spannende und herausfordernde Zone für den Fotografen. Wenn die Ausgangsdynamik einer bildverarbeitenden Komponente kleiner ist als deren Eingangsdynamik, werden Helligkeitsbereiche abgeschnitten oder zusammengefasst. Dieser Effekt wurde beim obigen Bild des Flugzeugcockpits deutlich. Die Werte des Himmels wurden zu einem mehr oder weniger einheitlichen hellen Grau. Beim Zusammenfassen versinken dunkle Grauwerte in Schwarz und besonders helle Bereiche gleiten ins Weiße ab. Besonders betroffen sind in der Regel die Randbereiche des Bildes, die daher bei 79

04 Immer die richtige Belichtung für alle Situationen der Bildbearbeitung besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. als fahles, ausgefressenes Weiß überzubelichten, oder den umgekehrten Weg zu gehen, sodass der Himmel mehr Farbe bekommt, und dafür dunkle Bildbereiche im Schwarz verschwinden zu lassen. Da die vielen Grauanteile im Motiv hier das Bild bestimmen, hat die Kamera auch ihre Belichtung darauf ausgerichtet, da die Matrixmessung eingeschaltet war. Hier hätte allerdings auch die mittenbetonte Belichtungsmessung nahezu das gleiche Ergebnis erzeugt wie auch eine Spotmessung auf das Armaturenbrett. Als Ergebnis ist der blaue Himmel durch die Cockpitscheiben nicht mehr zu sehen, sondern völlig ausgebleicht. Der eingeschränkte Dynamikumfang der Kamera setzt hier die Restriktionen. Hohe Dynamikumfänge im Bild darstellen Keine Digitalkamera schafft es, den kompletten Umfang des Lichts von hell bis dunkel so darzustellen, wie es das menschliche Auge sieht. Unser Auge kann ein größeres Fenster aus dem gebotenen Motivkontrast verarbeiten als die Nikon D7100. Die wiederum bietet eine bessere Dynamik als Kompaktkameras oder gar Drucker. Aber es gibt noch eine Limitation: Der Dynamikumfang, den die Kamera verarbeiten kann, sinkt mit steigendem ISO-Wert. Je lichtempfindlicher Sie Der Dynamikumfang einer Kamera gibt an, welchen Bereich aus dem Spektrum zwischen hell und dunkel sie darstellen kann. Zum Vergleich: Das menschliche Auge kann einen Umfang von rund 14 15 EV erfassen. Eine Digitalkamera stellt die hellen Bereiche außerhalb des Dynamikumfangs als reines Weiß und die dunklen als Schwarz dar. In Lichtsituationen mit hohem Dynamikumfang muss der Fotograf sich entscheiden, entweder dunkle Bildbereiche ausreichend zu belichten, sodass Zeichnung erkennbar ist, und dabei helle Bereiche des Himmels Der Dynamikumfang der D7100 in EV (Blenden) gegen den ISO-Wert. Für die Praxis definieren sich hier auch die Grenzwerte der fotografischen Arbeit. Bis ISO 200 sind keine Einbußen zu erwarten und bis ISO 400 auch nicht weiter störend. Ab ISO 800 erfolgt ein deutlicher Abfall und bei ISO 1600 endet die Option für wirklich hochwertig zu nutzende Bilddaten. 80

Schwierige Lichtsituationen meistern die Kamera damit schalten, desto kleiner wird das Fenster, durch das Sie die gebotene Szenerie aufnehmen. Ein Rundgang durch einige Belichtungssituationen zeigt die Problematik praktisch auf und erläutert die Gegenstrategien. Grund, warum beispielsweise Bilder im Schnee oft unterbelichtet sind die Kamera versucht, die Gesamthelligkeit des Bildes auf das neutrale Grau zu eichen und damit insgesamt abzusenken. In hellen Lichtsituationen die richtige Belichtung finden Wenig Licht stellt den Fotografen häufig vor einige Probleme, und oft muss zu Hilfsmitteln wie Stativ, hohem ISO-Wert oder Blitz gegriffen werden. Doch auch der umgekehrte Fall zu viel Licht kann ebenso unerwünschte Ergebnisse hervorbringen. Und anders als im ersten Fall gibt es weniger einsetzbare Hilfsmittel. Mal angenommen, Sie sind in Ägypten im Sommer auf der Jagd nach dem schönsten Bild. Der gleißende Sonnenschein des späten Vormittags ist nicht die optimale Zeit zum Fotografieren, weil die Sonne zu grell wird und die Schatten durch die immer höher stehende Sonne nur flach sind. Und gerade Schatten helfen dabei, einen dreidimensionalen Eindruck zu erzeugen und die Motivsituation plastisch wirken zu lassen. Wenn Sie in dieser Situation die Belichtung der Kamera überlassen und die Matrixmessung nutzen, sind die Resultate vielleicht nicht optimal. Die Ursache ist die Art, wie Kameras das Licht beurteilen. Sie orientieren sich an einem festgelegten 18 %-Grau als Mittelwert. Die Belichtungsmessung versucht immer, die Lichtmenge, die in die Kamera gelangt, so zu bemessen, als wäre sie die Reflexion einer Fläche mit 18-prozentigem Grau. Wenn allerdings das Motiv deutlich heller oder dunkler ist, berücksichtigt die Kamera dies nicht, sondern gleicht die Belichtung an. Das ist der Das grelle Mittagslicht in der Wüste erzeugt ohne Eingreifen des Fotografen recht kontrastarme Bilder. Zu helle Bildbereiche vermeiden Bei besonders hellen und dunklen Bildbereichen stellt sich für Sie als Fotograf die Frage, welchen Bereich man vernachlässigt und welchen man korrekt darstellt, denn die Kamera kann das nicht für Sie entscheiden. Möchten Sie Details in dunkleren Bildbereichen erhalten, werden die hellen Anteile an Zeichnung und blauer Himmel an Farbintensität verlieren. Oft ist es in diesem Fall besser, im Histogramm darauf zu achten, dass die hellen Bildbereiche nicht ausfressen, und lieber mehr dunkle Bildanteile ohne Zeichnung zu lassen. Während überbelichtete Bereiche durch eine spätere Bildbearbeitung oft nicht wieder zurückzuholen sind, gibt es hingegen gute Möglichkeiten, dunkle Bereiche noch zu optimieren. 81

Der Blick aus einem Haremsfenster in Marokko zeigt einen extremen Kontrastumfang. Das grelle Mittagslicht beleuchtet den Hof und definiert einen äußerst hohen Motivkontrast. Um diese Bildwirkung zu erzielen, wurde die Belichtung per mittenbetonter Belichtungsmessung auf das Fenster festgelegt. Damit verschob sich die dargestellte Dynamik in Richtung Hell, und das lässt die Wände, die eigentlich für das menschliche Auge gut zu sehen waren, zeichnungslos in Schwarz versinken (Sigma 15-30mm F3.5-4.5 EX DG ISO 200 f10 1 500 Sek.). Dunkle Bereiche aufhellen Um dunkle Bildbereiche nachträglich aufzuhellen, können Sie mit der Funktion Schattenzeichnung in der Nikon-Software ViewNX 2 arbeiten. Ziehen Sie den Regler Schattenzeichnung nach rechts, bis Sie in den dunklen Bereichen wieder Strukturen erkennen. In Lightroom finden Sie analog dazu den Regler Tiefen, mit dem Sie die dunklen Bereiche aufhellen können. Damit erhöhen Sie nicht die Helligkeit im gesamten Bildbereich, sondern passen nur gezielt unterbelichtete Bereiche an. Überbelichtete Bereiche können mit dem Regler Lichter ein wenig von ihrer Farbe zurückerhalten, allerdings nur in Grenzen. Schwache Kontraste managen Nicht jede Motivsituation bietet die Möglichkeit, ein gut kontrastiertes Bild zu erzeugen. Zum einen verfügt vielleicht das Motiv selbst nicht über ausreichenden Kontrast, zum anderen können noch zusätzliche Störfaktoren wie Dunst, Nebel, Sand oder Staub hinzukommen, desto mehr, je weiter 82

Der Morgennebel über dem Naturpark Bergisches Land vermittelt eine ganz eigene Stimmung. Und genau diese wird auch durch die Farben und die Kontrastarmut von Szenerie und Bild ausgelöst (Sigma 15-30mm F3.5-4.5 EX DG ISO 200 f10 1 500 Sek.). das Motiv entfernt ist. Sie können zwar mit einem superscharfen Objektiv versuchen, eine schöne Landschaft bei Sonnenaufgang zu fotografieren, stellen aber fest, dass der Morgennebel Dunstschleier und Unschärfen in das Bild bringt. Das kann durchaus in die Bildkomposition passen und zu einem schönen Ergebnis führen. Den Kontrastumfang eines Motivs müssen Sie zwar so hinnehmen, wie Sie ihn vorfinden, aber eine spätere Bildbearbeitung bietet Ihnen viele Möglichkeiten, je nach Ihrem persönlichen Geschmack, mehr aus dem Motiv herauszuholen, angefangen von einer Kontrasterhöhung über die selektive Bearbeitung einzelner Bildteile bis hin zu Farbverstärkungen. Denken Sie daran, dass die Kameraautomatik immer versuchen wird, eine mittlere Belichtung zu erreichen, sodass das Histogramm ausgewogen ist. Aber gerade bei Motiven mit vielen dunklen Bildanteilen, die auch noch mit dem Autofokus scharf gestellt werden, kann das bewirken, dass zwar die dunklen Bildanteile ausgewogen erscheinen, sehr helle Bereiche aber überbelichtet oder zu hell sind. Es mag widersinnig klingen, aber gerade bei solchen Schwachlichtsituationen mit sehr hellen Bildanteilen kann eine gezielte Unterbelichtung die Situation verbessern. 83

04 Immer die richtige Belichtung für alle Situationen Lieber unter- als überbelichtet Während Bereiche ohne Zeichnung in der Bildbearbeitung nur in seltenen Fällen wiederhergestellt werden können, ist es dank des hohen Dynamikumfangs der D7100 durchaus möglich, nachträglich die Tiefen anzuheben. Dabei wird zwar das Rauschen in diesen Bereichen deutlicher, aber das ist besser zu handhaben als völlig weiße Stellen. Belichten Sie im Zweifel also eher ein wenig unter als über. Wenn die Lichtsituationen schwächer werden, dann wird die ISO-Automatik oder werden Sie als Fotograf versuchen, sich mit einem höheren ISO- Wert wieder Spielräume für Blende und Zeit zu schaffen. Doch hohe ISO-Werte haben auch ihre Tücken. Die Grenzen des ISO-Wertes Gerade bei schwachen Lichtverhältnissen oder sich bewegenden Motiven ist das Hochsetzen des ISO-Wertes ein gutes Hilfsmittel, gibt es Ihnen doch die Möglichkeit, mit ausreichend kurzen Belichtungszeiten zu arbeiten. Die Kameraelektronik bietet mittlerweile so gute Ergebnisse, dass Sie ohne Probleme mit dem ISO-Wert als gleichberechtigtem Parameter neben Blende und Belichtungszeit arbeiten können, ohne Nebeneffekte fürchten zu müssen. Allerdings sind immer noch Grenzen gesetzt, die man kennen sollte, auch wenn die brauchbaren ISO-Werte mit der Zeit bei neuen Kameramodellen immer weiter nach oben gehen. Später im Kapitel erfahren Sie alles über die ISO-Limits Ihrer D7100. Die beste Zeit-Blende-Kombination Die Belichtungssteuerung jeder aktuellen Kamera versucht stets, einen mittleren Wert für die Belichtungslösung aus Blende und Zeit zu wählen. Dies zeigt sich dann auch optisch anhand der Steuerkurve. Die Programmautomatik (P) gibt die Endwerte für die Blende gar nicht erst frei. Denn wichtig ist der Elektronik nur, dass die Lichtmenge, die sich aus Blende und Zeit ergibt, zum ISO- Wert passt. Welchen Bildteil die Elektronik dabei als Maßstab verwertet, hängt von der Art der Belichtungsmessung ab: Die Matrixmessung versucht, die gesamte Bildfläche in Segmenten statistisch zu beurteilen. Die mittenbetonte Messung gewichtet die Mitte höher und die Spotmessung adressiert nur die Fläche unter dem aktiven AF-Feld. Die Motivprogramme oder die Vollautomatik (mit oder ohne Blitz) lassen Sie nicht wirklich an die Belichtungssteuerung heran. Nur wenn Sie zu den Programmen P, A, S oder M greifen, können Sie die Art beeinflussen, wie die Kamera die Belichtungslösung errechnet: Die Programmautomatik (P) bietet Ihnen eine zum ISO-Wert passende Kombination aus Blende und Zeit an. Wenn Ihnen einer dieser Werte nicht gefällt, können Sie eine andere Kombination entlang der Steuerkurve mit dem hinteren Einstellrad wählen. Dies nennt man shiften, aus dem Englischen für verschieben. Im Handbuch auf Seite 327 finden Sie diese Steuerkurve. In der Zeitautomatik (A) geben Sie die Blende mit dem vorderen Einstellrad vor, bei der Blendenautomatik (S) die Belichtungszeit mit dem hinteren Einstellrad. Die manuelle Belichtungssteuerung (M) lässt Sie beide Werte mit den Einstellrädern definieren. Die Kamera zeigt Ihnen lediglich eine Lichtwaage zur Kontrolle. So können Sie mit allen drei Belichtungssteuerungen eine ausgewogene Belichtung erzielen. Dabei ist es Ihre Entscheidung, ob Sie ihre Prä 84

Mit der passenden Messung zur richtigen Belichtung ferenz auf den Blendenwert legen, um zwischen der selektiven Schärfe einer offenen Blende bis hin zur unendlichen Schärfentiefe eines maximalen Blendenwertes einen passenden zu finden. Oder ob Sie mit einer passenden Verschlusszeit Bewegungen einfrieren oder dynamisch bewegt darstellen wollen. Damit die Kamera Ihnen eine Belichtungslösung anhand des ISO-Wertes errechnen kann, muss das Licht gemessen werden, dazu bietet Ihnen die D7100 unterschiedliche Möglichkeiten an, die Sie im Folgenden kennenlernen werden. Um das Äffchen gut gegen den Hintergrund herauszustellen, ist eine selektive Schärfe durch eine offene Blende ein gutes Mittel. Daraus resultiert eine geringe Schärfentiefe, die das Hauptmotiv freistellt (AF-S Nikkor 17-550mm 1:2.8G ED VR ISO 3200 f5.6 1 200 Sek.). 4.2 Mit der passenden Messung zur richtigen Belichtung In kritischen Belichtungssituationen mit hohem Dynamikumfang sind die Methode der Belichtungsmessung und der Messpunkt entscheidend für das spätere Ergebnis Ihres Fotos. Daher sollte man sich mit den möglichen Messverfahren beschäftigen und ihre Vor- und Nachteile sowie die prinzipiellen Anwendungsbereiche kennen. Der interne TTL-Belichtungsmesser Ihrer Kamera teilt sein Messfeld in zehn Einzelfelder ein und verfügt über einen RGB-Sensor mit 2.016 Pixeln, die das durch das Objektiv einfallende Licht messen. Der Belichtungsmesser deckt dabei, im Gegensatz zum Autofokus, das gesamte Bildfeld ab. Er kennt drei Verfahren, aus dem Messergebnis dieser Pixel eine Belichtungslösung aus Blendenwert und Belichtungszeit zu errechnen: die Mehrfeldmessung, bei Nikon Matrixmessung genannt, die mittenbetonte Belichtungsmessung sowie die Spotmessung. Da die D7100 ihr Bedienkonzept von der D7000 übernommen hat, fehlt ihr der Messsystemwähler, den die höheren Modelle haben. Dieser lässt sich auch blind mit der Kamera am Auge mit einer Hand treffsicher bedienen. Bei der D7100 müssen Sie den Knopf für die Messauswahl drücken und dann mit dem hinteren Wahlrad die gewünschte Belichtungsmessung aussuchen. 85