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Transkript:

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Lavardin IS Reference Preis: 3200 Euro von Heinz Gelking, Fotos: Rolf Winter Elektronik von Lavardin habe ich auf der High End zum ersten Mal gesehen und gehört. Da trieb ein kleiner, puristischer Vollverstärker eine große Avalon Opus an und spielte üppige Orchestermusik. Wie souverän er das machte, blieb mir hartnäckig in Erinnerung. Ich wollte mehr wissen... Dann passierte lange nichts. Unmittelbar nach der Messe ist der Themenplan besonders eng, und ich hatte das Thema Lavardin zwar gelegentlich mal eingeworfen, aber immer dann gab es einen Überhang an interessanten Testkandidaten. Zwischendurch ließ mich die aktive BM 10 von Backes&Müller sogar zweifeln, ob es überhaupt Sinn macht, sich weiterhin intensiv mit klassisch-passiven Verstärker-Lautsprecher-Ketten auseinander zu setzen, ein Zweifel, den der Emitter II HD Akku dann allerdings nachhaltig ausräumen konnte. En passant hörte ich schließlich irgendwann, dass der Gegenstand meines Interesses in der Redaktion sei. Und zwar bei Cai Brockmann. Ein Anruf: Hallo Cai, dem Verstärker laufe ich seit Monaten hinterher. Gib ihn mir! Gesagt, gepackt, geschickt. Jetzt ist er da. Ein erstaunliches Leichtge- wicht. Und mit 2 x 38 Watt der Papierform nach nun wahrlich kein Leistungsriese. Leichte Ernüchterung. Ich schleuse ihn zuerst einmal in meine Kette ein, wo der zum Hersteller zurückgekehrte Emitter eine riesige Lücke hinterlassen hat. Was mir zu denken gibt? Wie er ihn ersetzt. Gewiss nicht vollständig, aber so, dass es weniger wehtut als gedacht. Ich lasse den Lavardin IS Reference ein paar Wochen laufen nicht als Testgerät, sondern als normalen Baustein in einer Anlage, über die ich Musik für Rezensionen höre. Mit der Dynaudio Contour S 5.4 kommt er dabei spielerisch zurecht. Dann nutze ich ihn in einem anderen Raum an meiner Chario Academy AM 1 Millennium ihre kleinen Tiefmitteltöner brauchen viel Leistung, um richtig lebendig aufzuspielen. Der Lavardin musiziert mit ihr feinsinnig, offen und detailreich, Puristisches Design: ein Eingangswahlschalter und ein Lautstärkeregler that s it! aber ohne den allerletzten Druck im Bass. Keine Frage, auch diese Kombination könnte mich begeistern, wenn ich die AM 1 nicht schon so oft mit muskulösen Monoblöcken gehört hätte. Aber die Kombination mit dem großen Standlautsprecher finde ich besser. Also kommt er zum eigentlichen Testbetrieb wieder zurück zur Dynaudio, deren Wirkungsgrad höher ist. Und schon ist das Erlebnis wieder da: Wie schafft es dieser kleine Verstärker nur, mit dieser Leichtigkeit Musik aus den dänischen Fullrange- Modellen zu zaubern? Die Lavardin-Ingenieure haben dafür eine Erklärung. Auf der Firmenseite im Internet findet man einen stark gekürzten Vortrag, den sie bei der renommierten AES (Audio Engineering Society) gehalten haben. Das nur unschön mit Erinnerungsverzerrungen übersetzbare Thema lautet memory distortion. Ich bleibe lieber beim englischen Begriff. Die Entwickler wollen durch ein neues Messverfahren auf ein interessantes Phänomen in Audio- Schaltkreisen gestoßen sein: Sobald ein Signal einen mit Transistoren ausgestatteten Schaltkreis durchlaufe, hinterlasse es innerhalb der Bauteile Spuren oder Erinnerungen, welche die nachfolgenden Signale beeinträchtigten. Gute Röhrenverstärker seien da besser. Die 74 image hifi 3/2004

Interview mit Jean-Christophe Crozel image hifi: Das wichtigste Thema für Lavardin scheint Memory Distortion zu sein... JCC: Nun, unser wichtigstes Thema ist es, HiFi-Geräte mit der bestmöglichen Qualität zu bauen... Als wir vor 15 Jahren erstmals 300B-Designs hörten, konnten wir nicht glauben, dass Geräte mit so schlechten Messwerten so gut, ja besser als von den Messwerten her überlegene Transistorverstärker klingen können. Weil wir Elektroingenieure sind, suchten wir nach den Ursachen. Dabei entdeckten wir ein interessantes Phänomen in Schaltkreisen Memory Distortion. So kamen wir dem Klang von Röhrenverstärkern auf die Spur und fanden heraus, dass man sich das Wissen um die Gründe nutzbar machen kann. Und zwar mit noch größeren Verbesserungen, wenn man statt Röhren Transistoren verwendet allerdings in anderer Art und Weise. Memory Distortion beschreibt ein Phänomen in Audio-Schaltkreisen, das sich den üblichen statischen Messverfahren entzieht. Statisch Messen ist so, als wenn Autobauer ihre Autos nur bei einer bestimmten Geschwindigkeit auf geraden Straßen testen würden. Dabei muss man ihr Verhalten auf kurvigen Straßen mitten im Verkehr testen. Und so machen wir es mit Audio-Schaltkreisen. Wir entwickelten dazu unser eigenes Messverfahren. image hifi: Welche Lösungen haben Sie gefunden, um Memory Distortion zu vermeiden? JCC: Einige Lösungen sind einfach, andere extrem komplex das Phänomen selbst ist sehr verwirrend. So kann man die Memory- Distortion-Werte von zwei Verstärkerstufen nicht einfach addieren man muss sie multiplizieren. Und Memory Distortion kann unterschiedlicher Natur sein: Wir haben insgesamt neun Varianten entdeckt, von denen wir bis jetzt für sieben praktische Lösungen fanden. image hifi: Sie setzen ein klassisches Potentiometer für die Lautstärkeregelung ein. Warum keine Relais mit einem Widerstandsnetzwerk? JCC: Wir haben zuerst geglaubt, ein Relais-System wäre am besten, und bei klassischer Elektronik scheint das auch oft der Fall zu sein. Aber je besser unsere Elektronik wurde und je transparenter sie spielte, desto stärker merkten wir, dass diese Lösung das Signal verschlechterte. Überflüssig zu sagen, dass bei einem Widerstandsnetzwerk jedem Bauteil der Widerstand, zwei Enden, zwei Pins, zwei Lötstellen und ein Stück Leiterbahn zum nächsten Widerstand zuzurechnen ist. Und je genauer ein Widerstandsnetzwerk arbeitet, je mehr Stufen es also hat, desto schlimmer wird es! So zu denken ist im Audio-Bereich nicht üblich, aber es ist erstens logisch und zweitens hörbar, wenn die Elektronik transparent genug ist. image hifi: Ich habe noch nie so ein goldfarbiges Leiterplattenmaterial gesehen... JCC: Ja, unsere Platinen sind über die ganze Fläche vergoldet, wobei die Leiterbahnen in Nickel und Kupfer ausgeführt sind. image hifi: Vielen Dank für die Informationen. JCC: Gerne. Lavardin-Leute hätten nun eine Methode gefunden, auch Transistor-Schaltungen so zu konzipieren, dass Signale die Bauteile ohne Spuren durchfließen darum seien ihre Verstärker weitgehend frei von Memory Distortion. Aha. Ehrlich gesagt macht es mich immer etwas skeptisch, wenn Entwickler behaupten, das Rad neu erfunden zu haben. Und bisher kannte ich das Thema Erinnerungsvermögen von Bauteilen nur von Handy-Akkus, die nach immer kürzerer Zeit aufgeladen werden wollen. Aber zeigt das nicht gerade, dass sie Recht haben könnten? Nicht zwingend, denn andererseits ist ein Akku prinzipiell etwas völlig anderes als ein Transistor. Doch dieser kleine Amp, der sich innen und außen kaum von einem halb so teuren Creek, Rega oder Roksan zu unterscheiden scheint, klingt verboten gut. Ob der verbleibenden Ratlosigkeit starte ich ein Interview per Mail. Aber Jean-Christophe Crozel von Lavardin antwortet zwar überaus freundlich, doch wenn es um Memory Distortion und die im IS Reference verbauten Lösungen geht, bleibt er zurückhaltend. Wir telefonieren, und dabei erklärt er mir, dass er gar nicht mehr gern über Memory Distortion rede. Das sei nach wie vor Grundlage jeder Lavardin-Entwicklung. Aber das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen hätte aufreibende technikorientierte Diskussionen nach sich gezogen. Heute sagten sie nur noch: Wir bauen Verstärker. Wir bauen sie anders als üblich. Hört sie euch einfach an. Entscheidet dann selbst. Einverstanden. Doch vorher schnell ein paar Randbemerkungen: Der IS 3/2004 image hifi 75

Sauberes Arrangement ohne Brimborium: links ein geschirmter Trafo, rechts die Verstärkerplatine, ganz rechts das Phonoboard Reference ist solide gebaut, aber nicht so, dass mir die Spucke wegbleibt. Er hat nur vier Eingänge, einer davon kann als MM-Eingang ausgestattet werden. Eine Masseklemme gibt es bewusst nicht. Im Bedarfsfall liefert der deutsche Vertrieb eine Krokodilklemmen-Lösung. Die englischsprachige Bedienungsanleitung rät davon ab, den IS Reference mit Hilfsmitteln wie Spikes, Cones, Gummifüßen oder Unterstellplatten tunen zu wollen. Von Haus aus soll er so konzipiert sein, dass die unvermeidlichen Vibrationen definiert abgeleitet werden. Bei mir stand der IS Reference auf einer schlichten Buchenplatte, die wiederum auf dem Spanplattenboden meiner Wandhalterung lag. Das klappte gut. Die Lautsprecheranschlüsse liegen für meinen Geschmack etwas eng beieinander und sehen total normal, jedenfalls nicht sonderlich beeindruckend aus. Gegen herzhaften Aufpreis liefert Lavardin auch passende NF-Kabel und Netzkabel, deren Verbesserungen im Klang mich so überrascht haben, dass ich gleich das Lautsprecherkabel nachgeordert habe. Okay, der IS Reference spielt auch mit preiswerten Kabeln (zum Beispiel von Rega und Lua) toll. Aber die Synergie-Effekte sind frappierend: Mit keinem Kabel spielte der IS Reference so gut wie mit den hauseigenen. Der Phono-MM-Eingang (235 Euro Aufpreis) überzeugt sehr. Ich habe ihm mit einem Rega Elys auf den Zahn gefühlt und war überrascht über den konturierten, kraftvollen Klang. Da offenbarte sich Potenzial, das ich sonst nur mit MCs, aber keinem Übertrager ausgestattet mit dem preiswerten Rega-System jedenfalls noch lange nicht ausgeschöpft habe. Vor der Investition in eine separate Phono-Vorstufe lohnt es sich vermutlich, entweder mit einer Übertragerlösung oder mit einem richtig hochwertigen MM-System zu experimentieren. Jetzt bin ich schon ein paar Mal mit der Tür ins Haus gefallen und habe angedeutet, wie gut mir der Klang des IS Reference gefallen hat, ohne das näher zu begründen. Rechnen Sie es einfach meiner Begeisterung zu. Die Überraschung von damals, auf der High End, die ist jedenfalls nicht kleiner, der Respekt sogar noch größer geworden. Dieser Vollverstärker vermag Räume von einer Weite und Tiefe aufzuspannen, wie ich es nur von ein paar großen Verstärkerkombinationen (konkret: Audionet und Mark Levinson) sowie dem Emitter kenne. Ja, und von allerfeinsten Röhren. Das zeigt sich zum Beispiel an Karajans Aufnahme von Debussys dreiteiligem Orchesterwerk La mer aus dem Jahr 1965 (DG-LP). Das Werk klingt, vor allem in den beiden ersten Sätzen, seltsam diffus, wie in hochsommerlichem Mittelmeerlicht gesehen, mit ausgebleichten Farben. Und Karajan der ihm oft abwertend nachgesagte Ästhetizismus trifft hier kongenial ins Schwarze lässt die Berliner Philharmoniker unglaublich mild und irisierend schön spielen. Die Instrumente erscheinen nicht prägnant, nicht plastisch, nicht präsent. Weil sie es nicht sollen. Debussys Meeresbilder sind 76 image hifi 3/2004

Die Phonoplatine lässt keine Wahl: Sie kann nur MM, das aber richtig gut nicht konkret, sondern visionär. Sie changieren, flimmern, verändern sich wie eine Fata Morgana. Das Problem der vortrefflichen Aufnahme liegt nun darin, dass sich ihr Zauber erst erschließt, wenn die Elektronik selbst absolut klar und transparent spielt. Fügt sie auch nur die kleinste Verunreinigung hinzu, so kippt der Eindruck um und es klingt einfach nur mulmig, matschig, grau. Dann, und nur dann, wird man Soltis in ihrer Direktheit das impressionistische Flair des Werkes leugnende Aufnahme (Decca-LP von 1977 mit dem Chicago Symphony Orchestra) für überlegen halten. Und auf einmal tauchen in der Karajan-Aufnahme schimmernd-schöne Einzelheiten auf: ein hohes Geigen-Flageolett ganz links, eine weit hinten über dem Horizont spielende Flöte, ein weiches Kontrabass-Pizzikato mit Meeresgrundberührung tief im Osten. Wenn ein Verstärker das so präsentieren kann, dann macht er nicht nur Raum ohne Ende, sondern er löst innerhalb desselben auch fantastisch auf. Sonst wäre das Einzelne im Diffusen nicht so punktgenau zu orten. Dass er auch den ganz großen Rumms überzeugend beherrscht, haben mir die Paukenschläge im dritten Satz von La mer zwar angedeutet, trotzdem lege ich deftigere Kost nach. Die gemein tiefen, aber einzeln aufeinander folgenden Bass-Impulse bei der Explosion im Festspielhaus der Ein- Die Platine ist vergoldet, die Leiterbahnen bestehen aus Kupfer und Nickel Minimalistischer Stereo-Klassizismus: vier Terminals niemand braucht mehr! 3/2004 image hifi 77

stürzenden Neubauten (Ende neu, Mute Records, LP) bringen den Lavardin jedenfalls nicht in Verlegenheit. Ich glaube Jean-Christophe Crozel aufs Wort, dass die Leistungsangaben des Gerätes ähnlich wie bei Röhrenverstärkern anders zu werten sind. Hier ist eine Menge souveräne Kraft im Spiel. Dann das nächste Stück, Installation No. 1, mit unglaublich schnellen, über- und nebeneinander liegenden Impulsen. Und dabei offenbart der IS Reference erstmals Grenzen. Das komplexe, energiereiche Material zogen dicke Mono-Endstufen bei mir schon mit kälterem Lächeln durch, die Chassis quasi millimetergenau in die Zange genommen. Der Lavardin gerät nicht ernsthaft aus dem rhythmischen Tritt, aber wenn s ganz hart kommt, muss er kurz nach Luft schnappen. Na gut. Wenn es aber darum geht, bei hoher, wenngleich nicht gemeingefährlicher Lautstärke feine rhythmische Strukturen aufzulösen, bei richtigen Schlagzeugen mit Fellen und Becken, agiert er umso souveräner. So frei schwebend wie hier explodiert ein Beckenschlag selten im Raum und so deutlich offenbart ein Klavieranschlag seinen gehämmerten Kern und die Energie der schwingenden Saiten nicht oft. Bei guten Aufnahmen scheinen gleichsam die Instrumente selbst zu Wort zu kommen anstatt über HiFi vermittelt zu werden. Dabei geht den Klangbildern alles Hektische ab, ohne dass der Eindruck langweiliger Abdämpfung oder Entschärfung entsteht. Aus der grundsätzlichen Ruhe heraus kommt die Musik eher umso flüssiger und lebendiger zum Vorschein. Vielleicht spielt der Lavardin seine Qualitäten sogar am überzeugendsten aus, wenn er Sängerinnen und Sängern eine Bühne gibt: genau fokussiert, feinnervig nachgezeichnet in der dynamischen Modulation, mit ausgezeichnet integrierten Zischlauten, treffend charakterisierten Stimmfarben und wenn es den Singenden gegeben ist unmittelbar berührend. image x-trakt Aus dem Wettbewerb um die beste Kilo-Euro-Relation halten die Franzosen sich heraus. Aber wem es nicht um ein Statussymbol, sondern um Offenheit, Transparenz und musikalischen Fluss geht, der liegt hier umso richtiger. Wie viel Musik kommt doch aus diesem puristischen Gehäuse! image infos Liftet den Klang: das ursprünglich für den CD-Player entwickelte Netzkabel Komponenten der Testanlage Plattenspieler: Transrotor Orfeo Doppio auf Harmonix SF 200 EBS Tonarm: SME 3500 Tonabnehmer: Ortofon Kontrapunkt B, Lyra Argo, Rega Elys Phonostufe: SAC Entrata Disco CD-Player: Audionet Art V2 Vorverstärker: Audionet Pre I G2 mit EPS Vollverstärker: ASR Emitter II HD Akku Lautsprecher: Chario Academy Millennium 1, Dynaudio Contour 5.4 Kabel: TMR, Sun Audio, Rega, Lua Sonstiges: Tuning-Elemente von Harmonix, Rack im Eigenbau (Wandmontage) Vollverstärker Lavardin IS Reference Eingänge: 4 x Cinch Ausgänge: 2 x Lautsprecher, 1 x Tape Leistung (8 Ohm): 2 x 38 W Maße (B/H/T): 43/9/35 cm Gewicht: 6 kg Garantiezeit: 24 Monate Preis: 3200 Euro image kontakt Isenberg Audio Rentzelstraße 10b 20146 Hamburg Telefon 040/447037 www.isenbergaudio.de 78 image hifi 3/2004