Theodor Fontane Effi Briest. Reclam Lektüreschlüssel

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Theodor Fontane Effi Briest Reclam Lektüreschlüssel

LEKTÜRESCHLÜSSEL FÜR SCHÜLER Theodor Fontane Effi Briest Von Theodor Pelster Philipp Reclam jun. Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten 2003, 2004 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart Made in Germany 2004 RECLAM und UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN 978-3-15-950123-9 ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015327-7 www.reclam.de

Inhalt 1. Erstinformation zum Werk 5 2. Inhalt 8 3. Personen 15 4. Die Struktur des Werks 33 5. Wort- und Sacherläuterungen 38 6. Interpretation 47 7. Autor und Zeit 67 8. Rezeption 77 9. Checkliste 80 10. Lektüretipps/Filmempfehlungen 83 Anmerkungen 86

1. Erstinformation zum Werk Effi Briest erschien als Fortsetzungsroman von Oktober 1894 bis März 1895 in der Monatszeitschrift Deutsche Rundschau, als Buchausgabe im Verlag von Friedrich Fontane, dem Sohn des Autors, im Oktober 1895 und erwies sich bald als das erfolgreichste und bedeutendste Werk des Dichters. In seinem Tagebuch verzeichnet Fontane, dass es sein Roman»in weniger als Jahresfrist zu 5 Auflagen«1 brachte; später schreibt Thomas Mann, der sich in die Tradition von Theodor Fontane stellt:»eine Romanbibliothek der rigorosesten Auswahl, und beschränkte man sich auf ein Dutzend Bände, auf zehn, auf sechs, sie dürfte Effi Briest nicht vermissen lassen.«2 Einige Jahre bevor Fontane seinen ersten Roman Vor dem Sturm veröffentlichte, hatte er sich in einer Rezension mit der Frage beschäftigt:»was soll ein Roman?«Seine Antwort, von der er auch später nicht abrückte, lautete:»[ ] er Ein erfolgreicher Roman»Was soll ein Roman?«soll uns eine Welt der Fiktion auf Augenblicke als eine Welt der Wirklichkeit erscheinen, soll uns weinen und lachen, hoffen und fürchten, am Schluß aber empfinden lassen, teils unter lieben und angenehmen, teils unter charaktervollen und interessanten Menschen gelebt zu haben.«3 Besonders wichtig ist ihm der Bezug zur Welt der Wirklichkeit. Der Leser soll nicht aus seiner Alltagswelt in andere Sphären entführt werden;» ein Bild sondern ihm soll die Welt, in der er lebt, bewusst gemacht werden. Am sichersten errei- seiner Zeit«sein chen jene Romane dieses Ziel, die ein»bild der Zeit«bieten;

6 1. ERSTINFORMATION ZUM WERK Ein Geschichtsbild deshalb Fontanes Forderung:»Der moderne Roman soll ein Zeitbild sein, ein Bild seiner Zeit.«4 Die Geschichte der Effi Briest, die erzählt wird, spielt in der Zeit zwischen 1870 und 1889, in der Zeit des zweiten deutschen Kaiserreichs, in der Wilhelm I. deutscher Kaiser und Otto von Bismarck deutscher Reichskanzler war. Das erste Lesepublikum hatte diese Epoche miterlebt und kannte die Lebensbedingungen dieser Zeit. Vor allem Berlin einer der Haupthandlungsorte war vielen Lesern vertraut. Für sie war Effi Briest ein Zeitroman im besten Sinne. Mehr als hundert Jahre später kann der Leser zwar noch einige der genannten Stadtteile und Straßen in Berlin aufspüren, die dargestellte Situation ist jedoch nicht mehr gegenwärtig, sondern historisch. So kann man den Roman heute mit geschichtlichem Interesse und unter der Fragestellung lesen: Wie waren die Lebensbedingungen der Menschen in diesem Abschnitt der Geschichte? Für Leser der Gegenwart wird der Roman zum Geschichtsbild. Dem Werk Fontanes wäre damit jedoch nicht Genüge getan. Nicht der Fall, der geschildert wird und der in ein ganz bestimmtes Umfeld gesetzt wird, macht die Bedeutung des Romans aus, sondern die Fragestellung, die über den Fall hinausgeht und die Grundlagen Die grundsätzlichen Fragen Roman wirft Fragen auf, die Menschen stel- der gesellschaftlichen Ordnung betrifft. Der len, seit sie in Gruppen, Staaten und Gemeinschaften leben, und die ihre Aktualität jeden Tag beweisen: Wie gestaltet sich das Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft?

1. ERSTINFORMATION ZUM WERK 7 Nach welchen Regeln lebt die Gesellschaft? Wer bestimmt diese Regeln? Wer wacht über sie? Inwieweit ist der Einzelne dieser Gesellschaft verpflichtet? Inwieweit darf er selbst über sich bestimmen? Was macht das Glück des Einzelnen aus? Inwiefern kann das Glück des Einzelnen durch Ansprüche der Gesellschaft bedroht sein? Wodurch ist der Bestand der Gesellschaft gesichert? Was bietet die Gesellschaft denen, die sich ihren Regeln und Gesetzen unterordnen? Indem der Roman diese Fragen aufwirft und indem er zur Diskussion herausfordert, Ein Gesellschaftsroman ohne selbst verbindliche Antworten geben zu wollen, wird er zum großen Gesellschaftsroman, einem der größten der deutschen Literatur.

2. Inhalt 1. Der achtunddreißigjährige Baron Geert von Innstetten, seit etwa drei Jahren Landrat im pommerschen Kessin, macht Ende der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts einen Besuch auf dem Herrensitz der Familie von Besuch in Briest im brandenburgischen Hohen-Cremmen. Dort trifft er auf die jetzt achtund- Hohen-Cremmen dreißigjährige Frau von Briest, um die er einst geworben hat, auf ihren Gatten, den Ritterschaftsrat»ein wohlkonservierter Fünfziger«(17) und auf Effi, deren siebzehnjährige Tochter, die gerade noch übermütig mit ihren Freundinnen gespielt hat. 2. Als Effi hereingerufen wird, ahnt sie noch nicht, dass Innstetten, den sie zwei Tage zuvor bei ihren Innstetten hat Verwandten zum ersten Mal gesehen hat, gerade um ihre»hand angehalten hat«(17). Es um Effis»Hand angehalten«überkommt sie zwar ein»nervöses Zittern«(17); der zustimmenden Empfehlung ihrer Mutter hat sie jedoch nichts entgegenzusetzen. 3. Das geplante Mittagessen wird zum»verlobungsmahl«(18). Gleich darauf berichtet Effi ihren Verlobung Freundinnen von dem Ereignis. Nachdem Innstetten abgereist ist, beginnen im Hause Briest die Hochzeitsvorbereitungen, die ihren Höhepunkt in einem einwöchigen Aufenthalt in Berlin haben, wo die Aussteuer zusammengekauft wird. 4. Bis zum Hochzeitstag am 3. Oktober erhält Effi regelmäßig Briefe von ihrem Bräutigam, die sie Vor der Hochzeit weniger regelmäßig beantwortet. Wichtiger als der Briefwechsel scheinen ihr die Ge-