Faserverstärkte Polymere 1
Prinzip von Verbundwerkstoffen Verstärkungsstoff und Matrix ergeben zusammen neue Werkstoffe Composite erreichen höheres Eigenschaftsniveau als die Konstituenten Prinzip: 1 + 1 = 3 oder 5 oder 9
Füllstoffe und Verstärkungsstoffe Zweck von Füllstoffen: - Reduzierung der Kosten - Reduzierung der Schrumpfung - Erhöhen oder Verringern der Dichte - Beeinflussung der thermischen und elektrische Eigenschaften Zweck von Verstärkungsstoffen: - Verbesserung der mechanischen Eigenschaften Voraussetzung für erfolgreiche Verbundkonzepte: - Die zu optimierende Eigenschaft sollte sich zwischen Matrix und Verstärkungsstoff um einen Faktor > 3 unterscheiden - Anteil von jeweils mindestens 10 % einer Phase (Matrix und Verstärkungsstoff)
Einteilung nach Geometrie der Verstärkungskomponente Schematische Darstellung von Verbundwerkstoffen mit Verstärkung durch: Endlosfasern (unidirektionale / orthotrope Laminate), Langfasern (2 50 mm), Kurzfasern / Whisker (< 2 mm), Teilchen (Aspektverhältnis ~ 1) 4
Häufigste Werkstoffkombinationen Faser Glasfasern Kohlenstofffasern Naturfasern Aramidfasern Metallfasern Keramikfasern Mineralfasern Matrixwerkstoffe Reaktionsharze / Duroplaste Thermoplaste Biopolymere Elastomere Keramiken Metalle Beton Beispiele: Glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK / GRP) Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK / CRP) Metal Matrix Composite (MMC) Ceramic Matrix Composite (CMC) Stahlbeton 5
Warum Fasern? Viele Werkstoffe werden fester und/oder steifer wenn ihr Querschnitt sehr klein wird Ursachen: - Ausnutzung von Anisotropie (z.b. bei Kohlefasern) - Ausnutzung von Größeneffekten auf die Zugfestigkeit (z.b. Glas/Keramikfasern) - Reduzierung der festigkeitsbestimmenden Substrukturgröße (z.b. Metalle) Beispiele: Graphit (bulk) E ~ 10 Gpa R e ~ 50 MPa ρ ~ 1,8 g/cm³ Graphit (fiber) E ~ 300 Gpa R e ~ 4000 MPa ρ ~ 1,8 g/cm³ UHMW-PE (bulk) E = 0,8 GPa R e = 22 MPa ρ = 0,94 g/cm³ UHMW-PE (fiber) E ~ 95 GPa R e ~ 3000 MPa ρ = 0,97 g/cm³ Anstieg von Steifigkeit und Festigkeit z.t. um Faktor 100!
Funktionen von Matrix und Fasern Aufgaben der Matrix: - Fixierung der Faser im Werkstoff - Abstützung der Faser gegen Knicken bei Druckbelastung - Lasteinleitung und Übertragung der Lasten zwischen Fasern - Schutz der Faser Aufgaben der Faser: - Tragen der Zug-Druck-Lasten Matrixwerkstoff hat Haupteinfluss auf: - Oberfläche - Formgebung - Temperaturbeständigkeit - Witterungs- und Chemikalienbeständigkeit - Flammenhemmendes Verhalten - Schlagzähigkeit / Energieabsorption Faserwerkstoff hat Haupteinfluss auf: - Steifigkeit - Festigkeit - Wärmeausdehnung - Schlagzähigkeit / Energieabsorption 7
Vernetzung von Polymeren Polymerisation Gleiche oder gleichartige Reaktionspartner mit reaktionsfähigen Doppelbindungen Kettenreaktion ein Reaktionsschritt initiiert den anderen Keine Abspaltung niedermolekularer Nebenprodukte Verknüpfung vorwiegend über C C Bindungen Polyaddition Verschiedenartige bi- und mehrfunktionelle Monomere mit reaktionsfähigen Endgruppen Stufenreaktion - jeder Reaktionsschritt ist unabhängig vom anderen Keine Abspaltung niedermolekularer Nebenprodukte Verknüpfung vorwiegend über Heteroatome (O oder N) in der Hauptkette Polykondensation Verschiedenartige bi- und mehrfunktionelle Monomere mit reaktionsfähigen Endgruppen Stufenreaktion - jeder Reaktionsschritt ist unabhängig vom anderen Abspaltung niedermolekularer Nebenprodukte (meist H 2 O) Verknüpfung vorwiegend über Heteroatome (meist O) in der Hauptkette 8
Unterscheidung der Matrixsysteme Thermoplaste Makromoleküle ohne chemische Bindung untereinander gefrorene Schmelze Glasübergangstemperatur schmelzbar, Formgebung reversibel teilkristallin / amorph Duroplaste (Reaktionsharze) Reaktionshärtung Makromoleküle mit chemischer Bindung untereinander makroskopisches Netzwerk unschmelzbar, Formgebung irreversibel Thermoplaste Elastomere Duroplaste amorph teilkristallin Vernetzungsbrücken 9
Verformungsverhalten von Polymeren Verformungsverhalten von Polymeren ist viskoelastisch und viskos Beschreibung des Verformungsverhaltens über Kombination aus Federn und Dämpfern 10
Verformungsverhalten von Polymeren 11
Mechanische Eigenschaften von Polymeren 12
Mechanische Eigenschaften von Polymeren Im Gegensatz zu Metallen weisen Polymere meist keinen linear elastischen Bereich mit konstanter Steigung auf. Der E-Modul wird daher über die Steigung der Ursprungstangente definiert. 13
Eigenschaften von Matrixwerkstoffen Temperatur und Belastungsgeschwindigkeit (Dehnrate) haben großen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften von Polymeren (insbesondere Thermoplasten) Einfluss der Temperatur Einfluss der Dehnrate Beide Effekte sind bei Duroplasten deutlich schwächer ausgeprägt Besser als Matrixmaterial für hochbeanspruchte Verbundwerkstoffe 14
Mechanische Eigenschaften von Polymeren 15
Eigenschaften von duroplastischen Polymeren 16
Eigenschaften von duroplastischen Polymeren UP = Ungesättigte Polyester, VE = Vinylester 17
Verstärkungsfasern Glas Glasfasern werden aus geschmolzenem Glas gezogen (Schmelzspinnen) Mechanische Kennwerte in Quer- und Längsrichtung identisch (Isotropie) Sehr hohe Festigkeit aber E-Modul geringer als bei vielen anderen Fasern (70 90 GPa) Gute Temperaturbeständigkeit (Eigenschaften bis ca. 250 C stabil) Anwendungen überall dort wo hohe Festigkeiten aber keine sehr hohen Steifigkeiten gefordert sind Relativ kostengünstige Herstellung 18
Verstärkungsfasern Aramid Aramdifasern bestehen aus PPTA-Polymeren (PPTA = Polyphenylenterephthalamid) Fasern sind stark anisotrop durch Streckung der Moleküle und Filamentstruktur E-Modul radial zu axial ca. 10 : 1 Sehr geringe Druckfestigkeit In Relation zu anderen Verstärkungsfasern sehr geringe Dichte (ca. 1,4 g/cm³) Sehr gute Temperaturbeständigkeit (Eigenschaften bis ca. 300 C stabil) Sehr gute Chemikalienbeständigkeit über weiten ph-bereich Sehr hohe Zähigkeit (Energieabsorption) Einsatz in schusssicheren Westen Aramidfasern neigen zu Feuchtigkeitsaufnahme was Haftfestigkeit beeinträchtigt 19
Verstärkungsfasern Kohlenstoff Herstellung durch Carbonisieren hochmolekularer organischer Precursor wie Polyacrylnitril (PAN) C-Fasern sind sehr spröde und bei Verarbeitung sehr knickempfindlich (daher Beschichtung) Progressives Spannungs-Dehnungs-Verhalten E-Modul steigt mit zunehmender Spannung Zugfestigkeit und E-Modul stark von Behandlungstemperatur abhängig Fasern sind hochgradig anisotrop E-Modul radial zu axial ca. 20 : 1 Anwendung überall dort wo höchste Festigkeit oder Steifigkeit erforderlich 20
Verstärkungsfasern Kohlenstoff 4 Klassen von C-Fasern: HT-Fasern: hochfeste Kohlenstofffasern (engl. high tenacity), Standardfasern ST-Fasern: höhere Festigkeit als HT-Fasern (engl. super tenacity) IM-Fasern: höherer Modul als HT-Fasern (engl. Intermediate modulus) HM-Fasern: hochsteife Fasern (engl. high modulus) 21
Verstärkungsfasern Eigenschaften im Vergleich * ** Glasfasern vs. Kohlenstoff / Aramidfasern: - Spezifische Festigkeit um ca. Faktor 2 geringer - Spezifische Steifigkeit um Faktor 3 bis 8 geringer - Glasfaser jedoch weitaus kostengünstiger Starke Anisotropie: *) E radial : 12-20 GPa **) E radial : 10 GPa 22
Laminateigenschaften 23
Laminateigenschaften Herstellung von Faserverbundkunststoffen erfolgt oft über textile Halbzeuge TFP = Fiberplacement Technologien, MAG = Multiaxial-Gelegeverfahren 24
Laminateigenschaften Herstellung von Faserverbundkunststoffen erfolgt oft über textile Halbzeuge TFP = Fiber Placement Technology, MAG = Multiaxial-Gelegeverfahren 25
Mechanik von Faserverbundwerkstoffen Axiale Belastung (in Faserrichtung): Beide Komponenten müssen gleiche Dehnung aufweisen ( Voigt Modell ): (1) 3, c 3, m 3, m 3, f 3, c E m E3, f Die gesamte aufgenommene Spannung ist additiv: (2) 3, c ( 1 V f ) 3, m Vf 3, f Der E-Modul des Verbundwerkstoffs lässt sich ausdrücken als: 3, c (1 V f ) 3, m Vf 3, f (1 Vf ) 3, m (3) E3, c E3, f Vf 3, c ( 3, m / E3, f ) 3, f Unter Verwendung von Gleichung (1) folgt als Mischungsregel: (4) E 3, c ( 1 Vf ) Em Vf E3, f Addition der E-Modulen Indizes: c: Composite f: Faser m: Matrix 26
Mechanik von Faserverbundwerkstoffen Transversale Belastung (quer zur Faserrichtung): Beide Komponenten müssen gleiche Spannung aufweisen ( Reuss Modell ): (5) 2, c 2, f 2, f E 2, f 2, m 2, m E m Die gesamte Dehnung in Richtung 2 ist additiv: (6) 2, c ( 1 V f ) 2, m Vf 2, f Berechnung der Mischungsregel: 2, c ( 1 V f ) 2, m V f 2, f (7) 2, c E 2, c Em E3, f Aus gleicher Spannung aller Komponenten (Gleichung (5)) folgt: 1 (1 V f ) V f (8) E 2, c Em E2, f Addition der inversen E-Modulen Indizes: c: Composite f: Faser m: Matrix 27
Mechanik von Faserverbundwerkstoffen Rechenbeispiel: E-Modul von unidirektional Glasfaserverstärktem Kunststoff (Faseranteil 60 vol.%) E-Modul Faser: 86 GPa (S-Glas) E-Modul Matrix: 4 GPa (Epoxid) Axiale Belastung: E 3,c (1 V f )Em Vf E 3,f (0, 4 4)GPa (0,6 86)GPa 53, 2GPa Transversale Belastung: E 1 1 (1 V f) V f 0,4 0,6 2,c Em E 2,f 4GPa 86GPa 9,3GPa Axialer E-Modul um mehr als Faktor 5 größer als transversaler E-Modul Effekt bei elastisch anisotroper Faser (z.b. Kohle- oder Aramidfaser) noch stärker! 28
Haftung zwischen Faser und Matrix Die Haftung zwischen Faser und Matrix ist entscheidend für die mechanischen Eigenschaften und insbesondere die Schadenstoleranz des Verbundwerkstoff. Sehr schwache Haftung: Unzureichende Kraftübertragung zwischen Matrix und Faser Unzureichende Lastverteilung zwischen den Fasern Fasern tragen nicht mehr zur Steifigkeit / Festigkeit bei Sehr starke Haftung: Bei Beschädigung der Matrix (Riss) steigt Spannung in Faser sprunghaft hat Faser versagt (ebener Dehnungszustand) Optimum: Für effektive Faserverstärkung muss sich Faser bei hohen lokalen Spannungen von der Matrix ablösen können. Faser wird über größere Länge belastet und kann mehr Energie über eine größere Rissöffnung aufnehmen. Fasern werden häufig beschichtet zur Einstellung einer optimalen Haftung. 29
Bruchverhalten von Verbundwerkstoffen 30
Verarbeitung von Faserverbundkunststoffen
Prepreg-Technologie Als Prepreg (preimpregnated) werden flächige Fasergewebe, -gelege oder Matten bezeichnet die bereits in einem vorgeschaltetem Tränkungsprozess mit einer Matrix imprägniert wurden. Ermöglicht sehr geringe Porengehalte und hohe Faseranteile (z.b. 60% C-Fasern) Beste mechanische Eigenschaften Bei Duromerprepregs trotz Kühllagerung sehr begrentze Verarbeitungszeit (6-12 Monate)
Verarbeitungsverfahren (nach Bauteilanzahl) 33
Offene Verarbeitungsverfahren Kennzeichen offener Verfahren: Handlaminieren oder Faserspritzen Verwendung offener Formen Stark handwerklich geprägt Qualität der Formteile abhängig vom Werker Einseitig glatte Oberflächen (Formseite) Vorteile: Geringe Investitionskosten Relativ flexible Reaktionen möglich Komplexe Formen und Bauteilgeometrien möglich Einsatz nicht limitiert auf bestimmte Fasern/Harze Einbringung von Sandwiches & Schäumen möglich
Faserspritzen
Faserspritzen Faserspritzen: Teilmechanisierte Variante des Handlaminierverfahrens
Resin Transfer Moulding (RTM) Verfahren Kennzeichen von Harz-Injektionsverfahren: Verwendung geschlossener Gießformen Injektion (hoher Druck) oder Infusion (Vakuum) in geschlossene Formen Verwendung von Endlosfasermatten, Gewebe oder speziell entwickelten Komplexen Vorteile: Einhaltung relativ enger Toleranzen Gleichbleibende Bauteilqualität Beidseitig glatte Oberflächen Herstellung von höchstbelasteten Großbauteilen möglich (z.b. Seitenleitwerkanbindung) Verwendung unterschiedlichster Fasern & Harze möglich Einbringung von Inserts/ Sandwicheinlagen Geringere Emissionen gegenüber offenen Verfahren Front- und Heck-Stoßfängerträger (BMW)
Folieninfusion Stückzahl zu klein und zu aufwendig für Pressverfahren Zeitersparnis gegenüber offenen Verfahren Hohe Fasergehalte möglich
Harzinjektionsverfahren
Harzinjektionsverfahren Stabile ober und Unterform weniger Abfall als bei Folieninfusion Wiederverwendung der Form Verwendung beidseitiger Gelcoats Relativ kurze Zykluszeiten möglich Spoiler für Smart
Pultrusions-Verfahren Realisierung von beliebigen Querschnittsgeometrien Hoher Fasergehalt (meist Glas) und damit hohe mechanische Steifigkeit Gleichbleibende Bauteilqualität Relativ günstige Bauteilfertigung durch kontinuierliche Fertigung Hohe Investitionskosten 41
Pressverfahren Sehr unterschiedliche Verarbeitungsweisen: SMC (Sheet Molding Compound) BMC (Bulk Molding Compound) GMT (Glasfasermatten Thermoplast) LFT (Langfasermatten Thermoplast) Nasspressen Verwendung geschlossener Presswerkzeuge Relativ schnelle Zykluszeiten Verwendung überwiegend in (Klein-) Serienfertigung Kofferraumdeckel (SMC) Konstante Bauteil- und Oberflächenqualität / Einhaltung enger Toleranzen Relativ hohe Investitionen für Pressen, Werkzeuge und Peripherie Mehrere Arten des Pressverfahrens möglich (Halbzeuge, Zuschnitte, Preforms)
Pressverfahren Nasspressverfahren schematisch: Heißpressen (BMC/SMC) schematisch:
Herstellung von Honeycomb-Sandwichbauteilen 1 1. Kleben: Aramidpapier wird mit speziellem Klebstoff bedruckt und versetzt gestapelt. 2. Pressen: Aramidpapier wird gepresst wodurch sich die einzelnen Seiten verbinden. 3. Expandieren: Papiere werden auseinander gezogen wodurch ein Wabenblock entsteht. 4. Tauchen und Härten: Block wird in Harz (meist PF) getaucht und im Ofen ausgehärtet. Prozess kann mehrfach wiederholt werden. 2 3 4 44
Polymere Matrixwerkstoffe 45
Herstellung von Honeycomb-Sandwichbauteilen Wabenstruktur weist hohe Druckfestigkeit aber geringe Steifigkeit auf. Bekleben und Verpressen mit Prepregs Mech. Eigenschaften einstellbar über: Höhe der Wabenstruktur Harzanteil der Wabenstruktur Art des Prepregs (CFK / GFK) Dicke des Prepregs (Anzahl Lagen) 46
Anwendungen von Honeycomb-Sandwichbauteilen Geräuschdämmung Rumpf- und Mastelemente Innen- und Fensterverkleidung Türenelemente und Rotorblätter 47