Fügen von Werkstoffen für exemplarische Anwendungen 1. Einleitung In der Abteilung Fügetechnik des IFW Jena werden verschiedene Fügeverfahren wie das Diffusionsschweißen, Hart- und Hochtemperaturlöten sowie das organisch oder anorganische Kleben angewendet mit dem Ziel, stoffschlüssige und spannungsarme Verbunde mit gleichen oder unterschiedlichen Werkstoffen herzustellen. Die Werkstoffpalette umfasst optische und technische Gläser (Kieselglas, IR Materialien, Borosilikatglas, BK 7), Glaskeramiken mit niedriger thermischer Dehnung (CERAN, ZERODUR), Kristalle (Saphir, CaF 2, MgF 2 ), Keramiken für Hochtemperaturanwendungen (Al 2 O 3, SiC) sowie Metalle (Stähle unlegiert und legiert, Edelmetalle, Mg - und Ti Legierungen sowie NE Metalle). Die Wahl des Fügeverfahrens richtet sich nach dem Anwendungsfall der Werkstoffverbunde. Von Bedeutung sind hierbei die angestrebten Eigenschaftsprofile, wie Temperaturbelastbarkeit, chemische Beständigkeit gegenüber aggressiven Medien, Klimabeständigkeit, mechanische Festigkeit oder Vakuumdichtheit. 2. Kleben von Glas Eine besondere Herausforderung für die Klebtechnik ist der Werkstoff Glas. Die Komplexität der Struktur Eigenschaftsbeziehungen der Glasoberfläche und der besondere Einfluss der Vorgeschichte (Herstellungsprozess, Zusammensetzung, mechanische und chemischphysikalische Vorbehandlung) auf die Glaseigenschaften erschweren die Verallgemeinerung und die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Anwendungsfälle. In oxidischen und silikatischen Festkörpern wie Glas ist das Sauerstoffion der reaktivste Bestandteil der Oberfläche. Dadurch ergibt sich eine stetige Wechselwirkung mit den Wassermolekülen der Atmosphäre. Dabei bildet sich eine so genannte Gelschicht aus, die aus einer temporären und einer permanenten Wasserhaut besteht. Die gebildeten Wasserhautdicken sind abhängig von der Glasart und der entsprechenden Umgebung. Mit lösungsmittelhaltigen Reinigungsverfahren kann nur kurzzeitig eine Verringerung dieser Wasserhaut erreicht werden. Es werden also neue Oberflächenverfahren benötigt, die eine verbesserte Klimabeständigkeit von Glasklebeverbindungen initiieren, ohne die Festigkeit des Glaskörpers zu verändern. Die Oberflächeneigenschaft der Gläser, die vorwiegend von der chemischen Zusammensetzung bestimmt wird, hat großen Einfluss auf die Festigkeit und Langzeitbeständigkeit einer Klebeverbindung (Bild 1). Deshalb werden auf diesem Gebiet der Oberflächenmodifizierung von Glas große Anstrengungen unternommen. Das Aufbringen einer geschlossenen SiO 2 -Schicht mit der Pyrosilmethode und die Verwendung der unterschiedlichsten Plasmaverfahren sollen hier nur stellvertretend genannt werden.
Bild 1: Abhängigkeit der Klebfestigkeit typischer Glasklebstoffe von der Oberflächenbehandlung mit Atmosphärenplasma in unterschiedlichen Energiestufen. Kleben findet in der glasverarbeitenden Industrie wegen der ästhetischen und optischen Eigenschaften eine weite Verbreitung. Das Herstellen optischer Geräte wäre ohne die Klebtechnik nicht denkbar. Weitere Beispiele sind das Herstellen von Verbundglasscheiben, Mehrscheibensicherheitsglas, Kleben von Autoscheiben und das Kleben im Schienenfahrzeugbau. Anwendungen in der Schmuckindustrie in der Möbelbranche und im Badbereich nehmen weiter zu. Dafür wurden von der Klebstoffindustrie neue Klebstoffe mit verbesserten Eigenschaften in Bezug auf ihre industrielle Handhabbarkeit (kontinuierliche Produktion, UV- und Lichthärtend), Vergilbung, Temperatur- und Feuchtigkeitsbeständigkeiten und Festigkeiten entwickelt. Verklebungen von Glas mit Glas oder anderen Materialien können zum Beispiel mit UV-härtenden Acrylaten zuverlässig und mit einer hohen Festigkeit der Verbunde hergestellt werden. Die Verklebung von Bauteilen, die Feuchtigkeit ausgesetzt sind, ist dagegen nur mit vergleichsweise hohem Aufwand und zum derzeitigen Zeitpunkt nur mit Klebstoffen auf Silikonbasis möglich. Die Festigkeit dieser Klebstoffe ist jedoch gering. Neue Klebsysteme, die die hohe Festigkeit herkömmlicher struktureller Klebstoffe mit der guten Beständigkeit von Silikonklebstoffen vereinen, werden derzeit in der Industrie entwickelt. Kleb-Dichtstoffe auf Basis von MS-Polymeren und die Verstärkung dieser Polymere durch Epoxide besitzen Zugscherfestigkeiten bis zu etwa 7 N/mm² im ungealterten Zustand. Je breiter die Palette der Klebstoffe, umso schwieriger wird es die richtige Auswahl und die optimale Vorbehandlungsmethode für den jeweiligen Anwendungsfall zu ermitteln. Deshalb bedarf es zur Nutzung der Vorteile der Klebtechnik für jedes Produkt von der Produktplanung über die Qualitätssicherung bis zur Mitarbeiterqualifizierung einer sachgerechten Umsetzung. Die Realisierung spezieller Anwendungen in der Klebtechnik ist komplex. Sie umfasst die Klebstoffauswahl, die technologische Machbarkeit, die Klebstoffeigenschaften während der Betriebsdauer (Langzeitstabilität) und die Recyclingfähigkeit. Dafür sind umfangreiche, auf langjährigen Erfahrungen basierende Untersuchungen notwendig. Stellvertretend sind hier einige realisierte Anwendungsbeispiele (Bild 2) dargestellt.
Bild 2: Applikationen fürs Kleben Glastür mit Aluminiumbeschlag Glaswinkel für Konstruktiven Glasbau Kameragehäuse Tauchkugel für Tiefseeforschung 3. Diffusionsschweißen Diffusionsschweißen ist ein Prozess, mit dem eine stoffschlüssige Verbindung zwischen gleich- und ungleichartigen Werkstoffen im festen Zustand bei erhöhter Temperatur durch Diffusionsvorgänge der Verbindungspartner über die Bindungsebene geschaffen wird. Als ihr Ergebnis entsteht in der früheren Bindeebene eine Diffusionszone, von deren Eigenschaft die Belastbarkeit der Verbindung bestimmt wird. Um Diffusionsvorgänge einzuleiten, müssen die Atome der Verbindungspartner in den Bereich ihrer Atomabstände angenähert werden und die für ihre Anregung zu einem Platzwechsel benötigte Wärmeenergie zugeführt werden. Dies setzt eine saubere Vorbereitung der Bindeflächen und ihren Schutz vor einer Oxidation im Verlauf des Schweißprozesses, Verformungen in ihren Oberflächengeometrien durch Druck sowie die Zufuhr benötigter Wärmeenergie voraus. Theoretisch betrachtet lassen sich alle Werkstoffe Diffusionsschweißen. Abhängig von den thermischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften der Werkstoffe gibt es verschiedene Verbindungsmechanismen. Daran schließt sich eine Optimierung der Fügeparameter und die Einflussfaktoren auf den Schweißprozesse an. Im optimalen Fall heben sich die Grenzflächen auf und es entsteht ein monolithischer Körper, der hohe Festigkeit aufweist. Die Diffusionsschweißbarkeit entsprechend den angestrebten Werkstoffkombinationen ist von folgenden Faktoren abhängig: Das Diffusionsschweißen von Kristallen, Metallen und Keramiken findet unterhalb der Schmelztemperatur statt. Durch eine optimale Angleichung der zu fügenden Oberflächen durch mechanische Oberflächenbearbeitungsprozesse, z. B. Polieren, wird eine Kontaktfläche im atomaren Bereich erzielt. Durch Temperatur, Druck und Zeit sowie Fehlstellen und Versetzungen im atomaren Gitter finden abhängig vom Diffusionskoeffizienten der Werkstoffe Transport und/oder Austauschvorgänge der Atome statt. Bei glasigen Werkstoffen, z. B. Kieselglas finden analoge Verbindungsmechanismen statt. Zusätzlich wird dieser Prozess durch die Transformationstemperatur (Tg) bestimmt. Dies bedeutet, dass der Diffusionsschweißprozess bei Tg (50 60 %) der Schmelztemperatur stattfindet. Hierbei spielt die Formstabilität des Glases durch die beginnende Erweichung eine wichtige Rolle, wobei eine plastische Verformungen im Mikrobereich sich zusätzlich günstig auf die Verbindungsbildung auswirken kann.
Folgende Werkstoffkombinationen (Bild 3) wurden realisiert: Diffusionsschweißen (Werkstoffe) Metalle / NE Metalle / Edelmetalle Keramik / Glaskeramik Glas Kristalle Messtechnik (Luft- und Raumfahrt) Hochtemperatur- Anwendungen und Messtechnik Optische Baugruppen (Luft- und Raumfahrt) Optische Baugruppen (Lasertechnik und Sensorik) Edelstahl Silber Kupfer, Titan Al 2 O 3, ZrO 2, SiC, CERAN, ZERODUR BK 7, IG- Gläser, Kieselglas, Borosilikatglas CaF 2, MgF 2, Saphir, Nd:YAG Bild 3: Diffusionsgeschweißte Werkstoffe 4. Löten Das Löten ist ein thermisches Verfahren zum stoffschlüssigen Fügen und Beschichten von Werkstoffen, wobei eine flüssige Phase durch Schmelzen eines Lotes (Schmelzlöten) oder durch Diffusion an den Grenzflächen (Diffusionslöten) entsteht. Die Solidustemperatur der Grundwerkstoffe wird nicht erreicht. Beim Löten an Luft ist ein Flussmittel erforderlich. Dagegen ist beim Schutzgas- oder Vakuumlöten kein Flussmittel notwendig. Neben Einteilungskriterien wie die Art der Lötstelle, Lotzufuhr oder die Art der Fertigung kann auch nach der Liquidustemperatur der Lote erfolgen: Weichlöten (Liquidustemperatur < 450 C) Hartlöten (Liquidustemperatur > 450 C) Hochtemperaturlöten (Liquidustemperatur > 900 C, flussmittelfrei, unter Luftabschluss)
Der Lötprozess ist im Bild 4 dargestellt: Art, Verarbeitung und Positionierung des Lotes Konventioneller Ofenprozess komplette Baugruppe durchläuft selbes T-t-Regime Vorteil: kein Temperaturgradient kaum Spannungen Nachteil: hohe Löttemperaturen zerstören empfindliche Funktionsschichten und Komponenten Bild 4: Lötprozess Applikationsbeispiele Hochvakuum - Lampen Siliziumcarbid - Keramik Keramik - Strömungssensor Titanhülse Bild 5: Gelötete Komponenten mit Glasloten und Hartloten