Wärmebehandlung des Stahls

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Transkript:

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 1 Bibliothek des technischen Wissens Wärmebehandlung des Stahls 10., aktualisierte und erweiterte Auflage, Europa-Nr. 13039 Lösungen zur Aufgabensammlung Prof. Dr.-Ing. Volker Läpple, Schorndorf VERLAG EUROPA LEHRMITTEL Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG Düsselberger Straße 23 42781 Haan-Gruiten Europa-Nr. 13039

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 2 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen der Metallkunde Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 1... 3 2 Eisenwerkstoffe Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 2... 8 3 Stahlnormung Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 3... 9 4 Einführung in die Wärmebehandlung der Stähle Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 4... 10 5 Glühen Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 5... 11 6 Härten Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 6... 14 7 Anlassen und Vergüten Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 7... 22 8 Verfahren des Oberflächenhärtens Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 8... 25 9 Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 9... 32 10 Wärmebehandlungsangaben in Technischen Zeichnungen Lösungen zu den Aufgaben zu Kapitel 10... 33

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 3 Lösungen zu Kapitel 1 Lösung zu Aufgabe 1.1 a) Atommodell nach Demokrit (um 400 v. Chr.): Materie ist nicht beliebig teilbar. Die Teilung von Materie führt zu nicht mehr zerlegbaren Urbestandteilen (Atome). Zwischen den Atomen herrscht leerer Raum. b) Atommodell nach Dalton (1808): Materie besteht aus sehr kleinen Atomen. Die Atome können weder zerlegt noch erschaffen werden. Jedes chemische Element besteht aus einer Atomart. Die verschiedenen Atomsorten unterscheiden sich durch Größe und Masse voneinander. Bei der Verbindungsbildung vereinigen sich die Atome der Elemente in einem bestimmten Zahlenverhältnis. c) Atommodell nach Thomson (1897): Atome sind gleichmäßig mit positiver Ladung ausgefüllte Kugeln, in welche die kleinen, negativ geladenen Elektronen eingebettet sind ( kompakter Atombau). d) Atommodell nach Rutherford (1911): Atome bestehen aus einem positiv geladenen, sehr kleinen Atomkern und einer negativ geladenen Atomhülle. Die Atomhülle ist relativ zum Kern räumlich ausgedehnt und enthält die fast masselosen Elektronen ( Kern-Hülle- Modell ). Lösung zu Aufgabe 1.2 a) Elektronengasmodell: Positiv geladene Metall-Kationen sind von einem negativen Elektronengas (freie Valenzelektronen) umgeben. Der Zusammenhalt erfolgt durch die gegensätzlichen elektrostatischen Anziehungskräfte zwischen Elektronengas und Metall-Kationen. Da die anziehenden und abstoßenden Kräfte allseits gerichtet sind, kommt es zur Ausbildung eines Kristallgitters. Skizze siehe Lehrbuch, Seite 14, Bild 1.4. b) Die abstoßenden Kräfte zwischen den positiv geladenen Metall-Kationen sowie die Anziehungskräfte zwischen den negativ geladenen Elektronen des Elektronengases und den positiv geladenen Metall-Kationen sind nach allen Richtungen gleich groß. Damit folgt zwangsläufig eine regelmäßige Anordnung der Metall-Kationen und damit die Bildung eines Kristallgitters. Lösung zu Aufgabe 1.3 a) Elementarzelle: Kleinstes geometrisches Raumelement, durch dessen Verschiebung um seine eigenen Kantenlängen man sich das Kristallgitter aufgebaut denken kann. Gitterparameter: Abstände der Atommitten in einem Kristallgitter. b) Kubisch-raumzentriertes Kristallgitter: Die Metall-Ionen sind an den Ecken eines Würfels angeordnet. Zusätzlich ist auch die Würfelmitte mit einem Metall-Ion besetzt. Siehe Lehrbuch, Seite 16, Bild 1.8. Kubisch-flächenzentriertes Kristallgitter: Die Metall-Ionen sind an den Ecken eines Würfels angeordnet. Zusätzlich sind auch die Mitten der Würfelflächen mit Atomen besetzt. Die Raummitte des Würfels enthält keine Metall-Ionen. Siehe Lehrbuch, Seite 17, Bild 1.3. Hexagonales Gitter dichtester Packung: Die Metall-Ionen bilden eine regelmäßige sechseckige Säule. Zwischen der Grund- und Deckfläche befindet sich eine Atomlage auf Lücke. Siehe Lehrbuch, Seite 18, Bild 1.10. c) krz-gitter: -Eisen ( -Fe); Chrom (Cr) kfz-gitter: Aluminium (Al); Nickel (Ni) hdp-gitter: Magnesium (Mg); Zink (Zn)

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 4 Lösung zu Aufgabe 1.4 a) Packungsdichte: Von Materie ausgefülltes Volumen einer Elementarzelle. Koordinationszahl: Anzahl der Nachbarn eines Atoms in einem Kristallgitter mit gleichem, kleinstem Abstand. b) krz hdp 1) 4 Volumen eines Atoms V 3 A R 3 4 R 3 3 Anzahl n der Atome je Elementarzelle 1 + 8 1/8 = 2 8 1/8 + 6 1/2 = 4 Zusammenhang zwischen Gitterkonstante a der Elementarzelle und Atomradius R 3 2 2 2 a 4 R 2 a 4 R 4 R a 3 3) 2) 4) 2 4 R a 2 2) Packungsdichte n V P A 3 a 4 3 2 R P 3 3 4 R 3 0,68 68 % 4 3 4 R P 3 3 4 R 2 0,74 74 % 2) 1) Das kfz-gitter und das hdp-gitter unterscheiden sich nur hinsichtlich der Stapelfolge der Gitterebenen. Die Packungsdichten sind daher identisch (siehe auch Lösung zu Aufgabenteil c). Da sich die Packungsdichte des kfz-gitters jedoch wesentlich einfacher ermitteln lässt, wird die Berechnung des Zahlenswertes für die Packungsdichte daher am Beispiel des kfz-gitters durchgeführt. 2) Gültig für das kfz-gitter. 3) Die Gitteratome bzw. Metall-Ionen berühren sich über die Raumdiagonale des Kristallgitters. 4) Die Gitteratome bzw. Metall-Ionen berühren sich über die Flächendiagonale des Kristallgitters. c) Das kfz-gitter und das hdp-gitter unterscheiden sich nur hinsichtlich der Stapelfolge der Gitterebenen. Die Packungsdichte bleibt daher unverändert. Lösung zu Aufgabe 1.5 a) In der Schmelze befinden sich die Metallatome und die freien Elektronen in ungeordneter Bewegung. Wird mit sinkender Temperatur der Erstarrungspunkt erreicht, dann werden die chemischen Bindungskräfte wirksam. Ausgehend von Kristallisationskeimen (z. B. Fremd- bzw. Legierungsatome) bzw. Grenzflächen (z. B. Gefäßwand) beginnt das Kristallgitterwachstum. Die Gitterbereiche wachsen hierbei unabhängig voneinander, bis die gesamte Schmelze aufgebraucht (erstarrt) ist. Da die Keimbildung und das Kristallwachstum an mehreren Stellen gleichzeitig stattfindet, liegen nach der Erstarrung eine Vielzahl voneinander abgegrenzter Kristallbereiche vor. Auf diese Weise bilden sich die einzelnen Kristallite (Körner) als Hauptbestandteile eines (polykristallinen) Gefüges (siehe Lehrbuch, Seite 20, Bild 1.13). b) Korn (Kristallit): Einzelner, räumlich ausgedehnter Bereich eines in der Regel metallischen Werkstoffs mit einheitlich ausgerichtetem Kristallgitter. Korngrenze: Grenzfläche zwischen benachbarten Körnern (Kristalliten) mit in der Regel großem Orientierungsunterschied. Diese das Korn flächenhaft umschließende Grenzfläche ist eine ungeordnete (strukturlose bzw. amorphe) Übergangszone mit der Breite einiger (2... 3) Atomdurchmesser. c) Die Korngröße hängt von der Anzahl der Kristallisationskeime (z. B. Anzahl der Fremdelemente in der Schmelze) ab. Mit zunehmender Keimzahl steigt auch die Anzahl der gleichzeitig entstehenden Kristallgitterbereiche und das Gefüge wird feinkörnig. d) Impfen: Zugabe von Fremdkeimen (z. B. Legieren mit geringen Mengen an Aluminium oder Seltene Erdmetalle bei den Eisenwerkstoffen). Zweck: Erzeugung eines feinkörnigen Gefüges durch Erhöhung der Anzahl an Kristallisationskeimen. e) Höhere Festigkeit. Verbesserte plastische Verformbarkeit und verbesserte Zähigkeit. Bessere Oberflächenqualität nach einer plastischen Verformung (z. B. nach dem Tiefziehen).

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 5 Lösung zu Aufgabe 1.6 Leerstellen: Haben bei Raumtemperatur oder wenig erhöhten Temperaturen keinen nennenswerten Einfluss auf die Werkstoffeigenschaften. Einlagerungs- oder Substitutionsatome: Erhöhen durch Mischkristallbildung die Festigkeit eines metallischen Werkstoff und vermindern die plastische Verformbarkeit sowie die Zähigkeit. Versetzungen: Ermöglichen die plastische Verformbarkeit eines metallischen Werkstoffs (siehe Aufgabe 1.7). Korngrenzen: Nehmen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften (z. B. Festigkeit, plastische Verformbarkeit, Zähigkeit) von Metallen (siehe Aufgabe 1.5e). Lösung zu Aufgabe 1.7 a) Plastische Verformbarkeit. b) Plastische Verformbarkeit ist unter normalen Bedingungen die Folge von Abgleitvorgängen benachbarter Gitterbereiche, hervorgerufen durch Versetzungsbewegungen. Am Beispiel von Stufenversetzungen kann man sich die plastische Verformung als Bewegung von in das Kristallgitter eingeschobenen Halbebenen vorstellen. Diese Abgleitvorgänge finden in Richtung der größten Schubspannung in denjenigen Gitterebenen statt, die dichtest gepackt sind (Gleitebenen) und dort längs der dichtest gepackten Richtungen (Gleitrichtungen). Erreicht eine Versetzung eine Grenzfläche (z. B. Kornfläche oder Bauteiloberfläche), dann tritt sie dort unter Bildung einer Gleitstufe aus. Mit jeder weiteren Versetzung die sich längs dieser Gleitebene bewegt, wächst schließlich die Höhe der Gleitstufe. Das Korn und somit auch die Nachbarkörner und damit letztlich auch das gesamte Bauteil verformen sich plastisch. Lösung zu Aufgabe 1.8 Kaltverformung: Erhöht die Festigkeit und vermindert die plastische Verformbarkeit (Kaltverfestigung). Durch eine Kaltverformung wird die Versetzungsdichte sehr stark erhöht ( Frank-Read-Mechanismus). Die einzelnen Versetzungen behindern sich hierbei in ihrer Fortbewegung gegenseitig. Legieren: Durch Einlagerung von Fremdatomen auf regulären Gitterplätzen oder auf Zwischengitterplätzen (Mischkristallbildung) wird das Kristallgitter lokal elastisch verformt. Hierdurch wird die Versetzungsbewegung behindert, d. h. die Festigkeit steigt und die plastische Verformbarkeit verschlechtert sich (Mischkristallverfestigung). Kornfeinung: Mit abnehmender Korngröße nimmt die Anzahl der Korngrenzen zu. Da jede Korngrenze ein Hindernis für die Versetzungsbewegung darstellt, steigt mit abnehmender Korngröße die Festigkeit des metallischen Werkstoffs, während sich die plastische Verformbarkeit bzw. die Zähigkeit vermindert (Feinkorn- oder Korngrenzenhärtung). Fremdphasen: Durch Einbringen von Fremdphasen mittels einer Wärmebehandlung (z. B. Vergüten oder Ausscheidungshärten) oder mittels pulvermetallurgischer Verfahren, wird die Versetzungsbewegung effizient behindert und hierdurch die Festigkeit erhöht, jedoch die plastische Verformbarkeit sowie die Zähigkeit vermindert (Teilchenverfestigung).

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 6 Lösung zu Aufgabe 1.9 a) b) Mit zunehmendem Umformgrad nimmt die Anzahl der Versetzungen (Versetzungsdichte) zu ( Frank-Read- Mechanismus). In Folge behindern sich die Versetzungen in ihrer Fortbewegung gegenseitig. Zur Aufrechterhaltung der Versetzungsbewegung bedarf es einer zunehmend höheren (Schub-)Spannung. Die Festigkeit des Werkstoffs steigt, während die plastische Verformbarkeit bzw. die Zähigkeit vermindert wird. Lösung zu Aufgabe 1.10 Reine Metalle: Wird bei der Abkühlung einer reinen Metallschmelze die Erstarrungs- bzw. Kristallisationstemperatur erreicht, dann bleibt aufgrund der frei werdenden Kristallisationswärme, die Temperatur so lange konstant, bis die gesamte Schmelze erstarrt ist. Im Temperatur-Zeit-Diagramm ergeben sich bei der entsprechenden Erstarrungstemperatur Haltepunkte. Metalllegierungen: Wird eine Metalllegierung abgekühlt, dann findet die Erstarrung nicht bei einer festen Temperatur (Erstarrungstemperatur) statt, sondern innerhalb eines Temperaturintervalls. Im Temperatur-Zeit-Diagramm treten Knickpunkte auf, die den Beginn sowie das Ende der Erstarrung kennzeichnen.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 7 Lösung zu Aufgabe 1.11 a) Eutektisches System mit Mischungslücke. b) Vollständige Löslichkeit im flüssigen Zustand und teilweise Löslichkeit im festen Zustand. c) 1. Möglichkeit: 45 Masse-% Sn und 55 Masse-% Pb 2. Möglichkeit: 88 Masse-% Sn und 12 Masse-% Pb d) Begutachtung des Gefüges anhand eines metallographischen Schliffs. e) Freisetzung von Kristallisationswärme durch Ausscheidung von Mischkristallen aus der Schmelze (A-B) bzw. Erstarrung der Restschmelze zu Eutektikum (B-C). f) Siehe Abbildung. g) 1. Schmelze: 45 Masse-% Sn und 55 Masse-% Pb. -Mischkristalle: 18 % Sn und 82 % Pb. 2. 58 % Schmelze und 42 % -Mischkristalle. 3. Der Mengenanteil Eutektikum nach Unterschreiten der Eutektikalen entspricht dem Mengenanteil Schmelze unmittelbar vor der eutektischen Erstarrung, also: 21 % Eutektikum und 79 % -Mischkristalle. 4. Eutektikum ist ein Kristallgemisch aus - und -Mischkristallen: -Mischkristalle: 5 Masse-% Sn und 95 Masse-% Pb. -Mischkristalle: 98 Masse-% Sn und 2 Masse-% Pb.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 8 Lösungen zu Kapitel 2 Lösung zu Aufgabe 2.1 a) Das -Eisen hat ein kubisch-raumzentriertes Kristallgitter, das -Eisen hingegen ein kubisch-flächenzentriertes Gitter. Da die Gitterlücken im kfz-gitter, im Vergleich zum krz-gitter, deutlich größer sind, können kleinere Fremdatome in das kfz-gitter besser eingelagert werden, d. h. die Löslichkeit ist höher. b) -Eisen (krz) + Kohlenstoff auf Zwischengitterplätzen Ferrit -Eisen (kfz) + Kohlenstoff auf Zwischengitterplätzen Austenit c) Tetraederlücken im kfz-gitter: Die Tetraederlücken im kfz-gitter befinden sich in der Mitte eines regelmäßigen Tetraeders. Der Abstand zu den 4 nächsten Eisen-Ionen beträgt jeweils (a 3)/4 mit a = 0,3646 nm (Gitterkonstante des kfz -Eisens). Siehe Lehrbuch, Seite 52, Bild 2.3 (oberes Teilbild). Oktaederlücken im kfz-gitter: Die Oktaederlücken im kfz-gitter befinden sich in der Mitte eines regelmäßigen Oktaeders. Der Abstand zu den 6 nächsten Eisen-Ionen beträgt jeweils a/2 mit a = 0,3646 nm (Gitterkonstante des kfz - Eisens). Siehe Lehrbuch, Seite 52, Bild 2.3 (unteres Teilbild). d) In die Oktaederlücke des kfz -Eisens lassen sich ohne Verzerrung des Kristallgitters kleinere Fremdatome, wie z. B. Kohlenstoff, bis zu einem maximalen Durchmesser von 0,103 nm und im Falle der Tetraederlücken bis zu einem maximalen Durchmesser von nur 0,058 nm einlagern. Die Einlagerung erfolgt dementsprechend bevorzugt auf den Oktaederlücken. Lösung zu Aufgabe 2.2 a) Zementit ist eine metastabile Verbindungsphase zwischen Eisen- und Kohlenstoffatomen mit stöchiometrischer Zusammensetzung (Fe 3 C) und überwiegend metallischem Bindungscharakter. Zementit weist ein komplexes, rhomboedrisches Kristallgitter mit 12 Eisenatomen und 4 eingelagerte Kohlenstoffatomen auf (siehe Lehrbuch, Seite 53, Bild 2.4). b) Zementit zerfällt bei höheren Temperaturen bzw. längerer Glühdauer in Graphit ( Temperkohle ). c) Die Zementitbildung wird durch die Zugabe Carbid bildender Legierungselemente wie zum Beispiel Mn, Mo, Zr oder V sowie durch eine rasche Abkühlung aus dem schmelzflüssigen Zustand begünstigt. Lösung zu Aufgabe 2.3 Das Zustandsdiagramm Eisen-Kohlenstoff liefert die folgenden wichtigen Informationen: 1. In Abhängigkeit von Kohlenstoffgehalt und Temperatur können aus dem Zustandsdiagramm Eisen-Kohlenstoff die jeweils vorliegen Phasen ermittelt und somit die Gefügeausbildungen abgeschätzt werden. 2. Werden bei einer Temperaturänderung Phasengrenzen über- oder unterschritten, dann können mit Hilfe des Diagramms die zu erwartenden Gefügeveränderungen ermittelt werden. Lösung zu Aufgabe 2.4 Im metastabilen System ist der im Kristallgitter des -, - oder -Eisens nicht mehr lösbare Kohlenstoff in Form von Zementit (Fe 3 C) chemisch an das Eisen gebunden. Zementit ist thermisch nicht stabil (metastabil), d. h. er zerfällt bei höheren Temperaturen bzw. längerer Glühdauer in Graphit. Im stabilen System liegt der nicht mehr im Kristallgitter lösbare Kohlenstoff in Form von Graphit (C) vor.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 9 Lösungen zu Kapitel 3 Lösung zu Aufgabe 3.1 Kurzname 1. C10R 2. 60WCrV7 3. C60E 4. GX50NiCrCo20-20-20 5. X20CrMoV11-1 Bedeutung Unlegierter Stahl; 0,10 % Kohlenstoff (C), mit vorgeschriebenem Bereich für den Schwefelgehalt. Legierter Stahl; 0,60 % Kohlenstoff (C); 1,75 % Wolfram (W); Anteile an Chrom (Cr) und Vanadium (V). Unlegierter Stahl; 0,60 % Kohlenstoff (C), mit vorgeschriebenem maximalem Schwefelgehalt. Legierter Stahlguss; 0,50 % Kohlenstoff (C); 20 % Nickel (Ni); 20 % Chrom (Cr); 20 % Cobalt (Co). Legierter Stahl; 0,20 % Kohlenstoff (C); 11 % Chrom (Cr); 1 % Molybdän (Mo); Anteile an Vanadium (V). 6. 11SMnPb37 Legierter Stahl; 0,11 % Kohlenstoff (C); 0,37 % Mangan (Mn); Anteile an Blei (Pb). 7. G32NiCrMo8-5-4 Legierter Stahlguss; 0,32 % Kohlenstoff; 2 % Nickel; 1,25 % Chrom; 0,4 % Molybdän. 8. HS6-5-2-5 Schnellarbeitsstahl; 6 % Wolfram; 5 % Molybdän; 2 % Vanadium; 5 % Cobalt. 9. X10CrNi18-8+C1900 10. C120U+A+C Legierter Stahl; 0,10 % Kohlenstoff (C); 18 % Chrom (Cr); 8 % Nickel (Ni); kaltverfestigt auf eine Mindestzugfestigkeit von 1900 MPa. Unlegierter Stahl; 1,20 % Kohlenstoff (C), für Werkzeuge (unlegierter Kaltarbeitsstahl), weichgeglüht (+A) und kaltverfestigt (+C). 11. 16MnCr5 Legierter Stahl; 0,16 % Kohlenstoff (C); 1,25 % Mangan (Mn); Anteile an Chrom (Cr). 12. 15MnCrMoNiV5-3 Legierter Stahl; 0,15 % Kohlenstoff (C); 1,25 % Mangan (Mn); 0,75 % Chrom (Cr); Anteile an Molybdän (Mo), Nickel (Ni) und Vanadium (V). 13. HS0-4-1 Schnellarbeitsstahl; kein Wolfram, 4 % Molybdän; 1 % Vanadium; kein Cobalt. 14. 46S20 Legierter Stahl; 0,46 % Kohlenstoff (C); 0,20 % Schwefel (S). 15. 42CrMo4+H 16. HS6-5-2+N 17. 51CrV4+QT Legierter Stahl; 0,42 % Kohlenstoff (C); 1 % Chrom (Cr); Anteile an Molybdän, mit Anforderungen an die Härtbarkeit. Schnellarbeitsstahl; 6 % Wolfram; 5 % Molybdän; 2 % Vanadium; kein Cobalt; normalgeglüht. Legierter Stahl; 0,51 % Kohlenstoff (C); 1 % Chrom; Anteile an Vanadium (V); vergütet.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 10 Lösungen zu Kapitel 4 Lösung zu Aufgabe 4.1 Verbesserung der mechanischen Eigenschaften (z. B. Festigkeit oder Zähigkeit). Beispiel: Vergüten. Verbesserung der Oberflächeneigenschaften (z. B. Härte bzw. Verschleißbeständigkeit). Beispiel: Härten. Verbesserung der Verarbeitbarkeit (z. B. Zerspanbarkeit oder Umformbarkeit). Beispiel: Weichglühen. Abbau innerer Spannungen. Beispiel: Spannungsarmglühen. Lösung zu Aufgabe 4.2 a) Anwärmzeit: Zeit bis zum Erreichen der Glüh- oder Härtetemperatur in den oberflächennahen Bereichen. Durchwärmzeit: Zeit bis zum Erreichen der Glüh- oder Härtetemperatur in der Kernzone seit dem Erreichen der Behandlungstemperatur in den oberflächennahen Bereichen. b) Bei einer Reihe von Wärmebehandlungsverfahren, wie zum Beispiel dem Normalglühen oder Vergüten, sollte das Werkstück unmittelbar nach Erreichen der Glüh- bzw. Härtetemperatur wieder (zweckentsprechend) abgekühlt werden. Voraussetzung für den Erfolg der Wärmebehandlung ist jedoch, dass möglichst in der gesamten Querschnittsfläche die Behandlungstemperatur erreicht wird. Bei dickwandigen Bauteilen führt dies zu einem Optimierungsproblem: Die oberflächennahen Bereiche des Bauteils erreichen die Behandlungstemperatur relativ schnell (Anwärmzeit), während die Kernzone, bedingt durch Wärmeleitung, erst nach einer relativ langen Haltedauer die gewünschte Behandlungstemperatur erreicht (Durchwärmzeit). Ist die Haltedauer zu kurz, findet in der Kernzone die gewünschte Wärmebehandlung nicht statt, ist die Haltedauer jedoch zu lang, dann können in den oberflächennahen Bereichen unerwünschte Effekte wie zum Beispiel Grobkornbildung, Randentkohlung oder Verzunderung auftreten.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 11 Lösungen zu Kapitel 5 Lösung zu Aufgabe 5.1 Glühverfahren 1. Art: Werkstoffunabhängige Glühverfahren. Beispiel: Spannungsarmglühen. Glühverfahren 2. Art: Werkstoffabhängige Glühverfahren. Beispiel: Normalglühen von Stählen. Lösung zu Aufgabe 5.2 a) Zur Schaffung von Oberflächen (z. B. Korngrenzen) muss Energie aufgewendet werden. Ein grobkörniges Gefüge hat, im Vergleich zu einem feinkörnigen Gefüge, bei gleichem Volumen eine geringere Gesamtoberfläche der Körner. Dementsprechend ist die Oberflächenenergie des grobkörnigen Gefüges geringer, im Vergleich zu einem Gefüge mit feinem Korn. Da jeder Körper bestrebt ist, einen möglichst energiearmen Zustand einzunehmen, ist die treibende Kraft für ein Kornwachstum in der damit verbundenen Verminderung der Oberflächenenergie begründet. Unter der Voraussetzung einer ausreichenden diffusionsgestützten Beweglichkeit der Metall-Ionen, d. h. bei ausreichend hoher Temperatur, wird daher stets ein mehr oder weniger ausgeprägtes Kornwachstum in metallischen Werkstoffen stattfinden. b) Eine Grobkornbildung kann u. a. durch Legieren mit geringen Mengen an Al, Ti, Nb oder V (Mikrolegieren) vermieden werden. Diese Legierungselemente bilden fein verteilte und thermisch beständige Carbide oder Nitride im Austenit und stellen auf diese Weise Hindernisse für die Bewegung der Korngrenzen dar. Lösung zu Aufgabe 5.3 Für den Erfolg einer Spannungsarmglühung ist u. a. die Abkühlgeschwindigkeit aus der Glühtemperatur entscheidend. Überschreitet die Abkühlgeschwindigkeit einen Wert von etwa 50 K/h bis 100 K/h, dann muss mit einer erneuten Entstehung von Eigenspannungen während der Abkühlung gerechnet werden. In vorliegendem Fall wird das Bauteil aus der Glühtemperatur innerhalb von etwa 15 Minuten von 640 C auf etwa 200 C also mit 1760 K/h abgekühlt. Dementsprechend muss damit gerechnet werden, dass die Wärmebehandlung im Sinn des Abbaus vorhandener Eigenspannungen erfolglos bleibt. Abhilfe: Abkühlgeschwindigkeit auf unter 100 K/h vermindern. Lösung zu Aufgabe 5.4 a) Eigenspannungen: Spannungen im Bauteilinnern ohne das Vorhandensein einer äußeren Beanspruchung. Eigenspannungen 1. Art: Erstrecken sich über größere Werkstoffbereiche, teilweise über den gesamten Werkstückquerschnitt und befinden sich stets im inneren Gleichgewicht (auch als Makroeigenspannungen bezeichnet). Eigenspannungen 2. Art: Erstrecken sich über kleinere Werkstoffbereiche, in der Regel über einige Körner. Eigenspannungen 3. Art: Erstrecken sich über kleinste Werkstoffbereiche (einige Atomabstände). b) Schweißen: Ungleichmäßige Abkühlung und behinderte Schrumpfung. Gießen: Unterschiedliche Schrumpfung infolge fester Schwindung (z. B. bei unterschiedlichen Wanddicken). Zerspanen: Verfestigung der Werkstückoberfläche z. B. aufgrund der Schnittkräfte. c) Eigenspannungen überlagern sich den Betriebsspannungen. Dadurch wird die Beanspruchbarkeit des Bauteils vermindert. Eigenspannungen können während einer spanenden Bearbeitung zu unerwünschten Maß- und Formänderungen führen. Eigenspannungen vermindern das plastische Verformungsvermögen eines Werkstoffs.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 12 d) Spannungsarmglühen von Stählen: 1. Erwärmung: 500 C... 650 C (abhängig von der Stahlsorte bzw. vom Werkstoffzustand des Stahles) 2. Haltedauer: 1 h... 2 h (abhängig von der Werkstückdicke) 3. Langsame Abkühlung Besonders beachtet werden muss, dass die gewählte Glühtemperatur keine unerwünschten Gefügeveränderungen zur Folge hat (z. B. Veränderung eines bereits über eine Wärmebehandlung eingestellten Vergütungsgefüges). e) Die inneren Vorgänge beim Spannungsarmglühen können der Kristallerholung zugeordnet werden. Bei der Kristallerholung findet im Wesentlichen eine Umordnung der Versetzungen (Polygonisation) unter Bildung einer Subkornstruktur statt. Die Versetzungsdichte ändert sich kaum (keine ausgeprägte Versetzungsannihilation). Damit werden die mechanischen Eigenschaften nur unwesentlich verändert. Auch treten keine nennenswerten Gefügeveränderungen auf. Lediglich die Spannungsspitzen werden durch plastische Verformung reduziert. f) Durch Spannungsarmglühen können Eigenspannungen nur bis zur jeweiligen Warmstreckgrenze vermindert werden. Eine vollständige Beseitigung ist nicht möglich. Die Bezeichnung Spannungsfreiglühen ist daher nicht korrekt (siehe auch Lehrbuch, Seite 80, Bild 5.6). Lösung zu Aufgabe 5.5 a) Mit zunehmendem Umformgrad nimmt die Anzahl der Versetzungen (Versetzungsdichte) zu ( Frank-Read- Mechanismus). In Folge behindern sich die Versetzungen in ihrer Fortbewegung gegenseitig. Zur Aufrechterhaltung der Versetzungsbewegung bedarf es einer zunehmend höheren (Schub-)Spannung. Die Festigkeit des Werkstoffs steigt, während sich die plastische Verformbarkeit bzw. die Zähigkeit vermindert. b) Verminderung der plastischen Verformbarkeit sowie der Zähigkeit. Anisotropie der Werkstoffeigenschaften. c) Halbzeuge mit eng bemessenen Toleranzen erhalten ihre endgültigen Abmessungen in der Regel durch eine Kaltverformung. Bei starker Umformung ist jedoch die Fließfähigkeit des Werkstoffs häufig erschöpft, noch ehe die gewünschten Endabmessungen erreicht sind. Um eine Rissbildung zu vermeiden, muss daher zwischen den einzelnen Verformungsschritten eine Rekristallisationsglühung durchgeführt werden. Für Fertigteile die durch eine Kaltumformung, wie zum Beispiel Tiefziehen oder Massivumformung, hergestellt werden und im Anschluss wieder eine ausreichende plastische Verformungsfähigkeit aufweisen müssen. Lösung zu Aufgabe 5.6 a) Aus einem Rekristallisationsdiagramm kann für eine jeweils konstante Glühdauer bei gegebener Glühtemperatur und gegebenem Umformgrad die zu erwartende Korngröße abgeschätzt werden. b) Bei geringer Kaltverformung entstehen im Kristallgitter nur relativ wenige als Keime für eine nachfolgende Rekristallisation wirkende, stark verformte Gitterbereiche. Da dementsprechend die Kornneubildung (Rekristallisation) nur an diesen wenigen Keimen beginnt, wird das Gefüge nach abgeschlossener Kornneubildung grobkörnig. Lösung zu Aufgabe 5.7 a) Beseitigung einer Kaltverfestigung. Beseitigung von Grobkorn. Beseitigung von Widmannstätten schem Gefüge (bei Stahlguss).

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 13 b) Normalglühen von unlegierten, untereutektoiden Stählen: 1. Erwärmung auf Glühtemperatur 30 C... 50 C über G-S 2. Halten auf Glühtemperatur Haltedauer (in Minuten): 60 + max. Werkstückdicke in mm 3. Langsame Abkühlung c) Randentkohlung. Abhilfe: Verwendung einer Schutzgasatmosphäre oder Glühen im Vakuumofen. Verzunderung der Werkstückoberfläche. Abhilfe: Verwendung einer Schutzgasatmosphäre oder Glühen im Vakuumofen. Grobkornbildung. Abhilfe: Verwendung legierter Stähle (Hemmung des Kornwachstums im Austenitgebiet). d) Schweißen. Warmumformen (z. B. Schmieden). e) Perlit und Ferrit wandeln sich bei Temperaturen zwischen G-S und P-S in ein feinkörniges austenitisches Gefüge um, da der Umwandlungsvorgang innerhalb eines Kornes an mehreren Stellen gleichzeitig beginnt. Die anschließende Abkühlung führt zu einem ebenso feinkörnigen ferritisch-perlitischen Gefüge. Durch das Normalglühen werden Festigkeit und plastische Verformbarkeit verbessert. f) Das Verfahren ist nur anwendbar, da Eisen ein polymorphes Metall ist. Lösung zu Aufgabe 5.8 Beim Normalglühen übereutektoider Stähle wird in der Regel auf eine Temperatur von 30 C bis 60 C über Ac 1 erwärmt, damit kein unerwünschtes Grobkornwachstum eintritt. Der bei diesen Temperaturen noch weitgehend an den Korngrenzen vorliegende Sekundärzementit stellt Hindernisse für die Bewegung der Korngrenzen dar. Lösung zu Aufgabe 5.9 Werden Stähle mit einem Kohlenstoffgehalt unter 0,5 % weichgeglüht, dann treten bei einer nachfolgenden Zerspanung Probleme im Sinne von Zusetzen der Spanräume sowie Bildung von Aufbauschneiden auf. Außerdem muss mit einer unerwünschten Fließspanbildung gerechnet werden.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 14 Lösungen zu Kapitel 6 Lösung zu Aufgabe 6.1 a) Verbesserung der Härte und Verschleißbeständigkeit (für Werkzeugstähle, Wälzlagerstähle sowie andere härtbare Stähle). Verbesserung der Festigkeit bei angemessener Zähigkeit bzw. Einstellung eines vorgegebenen Verhältnisses von Festigkeit und Zähigkeit (für härtbare und vergütbare Konstruktionsstähle). b) Siehe Abbildung (linkes Teilbild). c) Siehe Abbildung (rechtes Teilbild). Die optimale Härtetemperatur für unlegierte Stähle ist etwa 30 C bis 50 C über G- S-K. d) Mit Erreichen der Härtetemperatur wird ein Teil oder der gesamte Kohlenstoff des Stahls im kfz-kristallgitter des Austenits gelöst. Wird anschließend mit einer höheren Geschwindigkeit als der oberen kritischen Abkühlgeschwindigkeit abgeschreckt, dann ist eine Diffusion der Kohlenstoffatome nicht mehr möglich. Im Verlauf der Abkühlung wandelt sich das kfz-austenitgitter durch eine diffusionslose, koordinierte, gekoppelte Bewegung ganzer Atomgruppen in eine raumzentrierte Gitterstruktur um. Die Kohlenstoffatome bleiben in Zwangslösung und führen zu einer starken Übersättigung des nunmehr raumzentrierten Gitters. Die zwangsgelösten Kohlenstoffatome führen zu einer starken tetragonalen Gitterverzerrung (siehe auch Lehrbuch, Seite 109, Bild 6.15) und damit zu einer hohen Härte, da keine nennenswerte Versetzungsbewegung mehr möglich ist. Die entstehende Kristallstruktur (Mischkristall) wird nach dem deutschen Metallforscher Adolf Martens als Martensit bezeichnet. e) 1. Bei kohlenstoffarmen Stählen wird die kritische Abkühlgeschwindigkeit im praktischen Härtebetrieb nicht mehr erreicht bzw. kann nur noch mit sehr hohem Aufwand realisiert werden. Außerdem besteht bei sehr hohen Abkühlgeschwindigkeiten die Gefahr der Bildung von Härterissen bzw. Maßänderungen und Verzug (siehe auch Lehrbuch, Seite 115, Bild 6.27). 2. Aufgrund des geringen Kohlenstoffgehalts kann nur eine relativ niedrige Martensithärte erwartet werden (siehe auch Lehrbuch, Seite 120, Bild 6.33). Lösung zu Aufgabe 6.2 Voraussetzung für den Erfolg der Stahlhärtung ist, dass eine ausreichende Kohlenstoffmenge im kfz-kristallgitter des Austenits gelöst wird. Legierte Stähle müssen in Abhängigkeit von Art und Menge ihrer Legierungselemente auf höhere Temperaturen erwärmt werden um eine ausreichende Carbidauflösung sicherzustellen und die Legierungselemente in Lösung zu bringen (im Austenit zu lösen).

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 15 Lösung zu Aufgabe 6.3 Nach Erwärmung des Stahls auf Härtetemperatur sind die Kohlenstoffatome auf Zwischengitterplätzen im Kristallgitter des kfz-austenits gelöst. Die Menge des gelösten Kohlenstoffs hängt vom Kohlenstoffgehalt des Stahls sowie von der gewählten Härtetemperatur ab (siehe auch Lehrbuch, Seite 117, Bild 6.30). Wird aus dem Austenitgebiet hinreichend schnell abgekühlt (abgeschreckt), dann ist eine Diffusion der Eisen- sowie der Kohlenstoffatome nicht mehr möglich. Wird während des Abschreckvorgangs die Martensit-Starttemperatur unterschritten, dann wandelt sich das kfz-gitter des Austenits in ein thermodynamisch stabiles raumzentriertes Gitter um. Da im raumzentrierten Kristallgitter des Eisens die Kohlenstofflöslichkeit einerseits sehr gering ist, anderseits jedoch keine Kohlenstoffdiffusion stattfinden konnte, bleiben die vormals im Austenitkristall gelösten Kohlenstoffatome in Zwangslösung. Dies führt letztlich zu einer tetragonalen Verzerrung des raumzentrierten Eisens (Martensitkristall) sowie zu einer hohen Gitterfehlerdichte. Eine Versetzungsbewegung ist in dieser Gitterstruktur nicht mehr möglich. Das entstandene martensitische Gefüge weist dementsprechend eine hohe Festigkeit bzw. Härte auf, es ist jedoch plastisch nicht mehr verformbar. Lösung zu Aufgabe 6.4 Unter einer martensitischen Umwandlung versteht man eine diffusionslose, koordinierte, gekoppelte Bewegung ganzer Atomgruppen von einer bei erhöhter Temperatur thermodynamisch stabilen Gitterstruktur in eine andere, bei tieferen Temperaturen stabile Gitterstruktur. Lösung zu Aufgabe 6.5 Die kritische Abkühlgeschwindigkeit ist diejenige Abkühlgeschwindigkeit, nach deren Überschreiten mit Martensitbildung gerechnet werden muss. Untere kritische Abkühlgeschwindigkeit: Nach Überschreiten der unteren kritischen Abkühlgeschwindigkeit tritt erstmals Martensit im Gefüge auf. Obere kritische Abkühlgeschwindigkeit: Nach Überschreiten der oberen kritischen Abkühlgeschwindigkeit besteht das Gefüge vollständig aus Martensit. Lösung zu Aufgabe 6.6 a) Mit zunehmendem Kohlenstoffgehalt behindern sich die Kohlenstoffatome in ihrer Diffusionsfähigkeit gegenseitig. Dementsprechend wird bereits bei geringerer Abkühlgeschwindigkeit eine Diffusion der Kohlenstoffatome aus dem kfz-kristallgitter des Austenits verhindert, so dass sich Martensit bildet. Die kritische Abkühlgeschwindigkeit der Martensitbildung sinkt dementsprechend. b) Legierungselemente wie zum Beispiel Cr, Ni, Mo oder Mn behindern die Diffusionsfähigkeit der Kohlenstoffatome erheblich. Dementsprechend kann auch mit deutlichen niedrigeren Abkühlgeschwindigkeiten noch eine vollständige Martensitbildung erreicht werden. Eine verminderte Abkühlgeschwindigkeit führt zu einem geringen Verzug und die Gefahr der Bildung von Härterissen ist deutlich vermindert. Mit abnehmender Abkühlgeschwindigkeit wird außerdem der Temperaturgradient bedingt durch Wärmeleitung flacher, so dass auch tiefere Querschnitte noch vollständig gehärtet bzw. vergütet werden können (siehe Lehrbuch, Seite 116, Bild 6.29).

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 16 Lösung zu Aufgabe 6.7 a) Restaustenit: Nach dem Abschrecken nicht in Martensit umgewandelter Austenit. b) Tiefkühlen unter die Martensit-Endtemperatur nach dem Abschrecken (siehe auch Lehrbuch, Seite 118, Bild 6.31). c) Bei der Umwandlung von Restaustenit in Martensit besteht die Gefahr der Entstehung unerwünschter Spannungen, Maßänderungen oder Verzug, da Martensit ein um etwa 1 % größeres Volumen einnimmt im Vergleich zum (Rest-) Austenit. Lösung zu Aufgabe 6.8 a) Wärmespannungen: Die Abkühlung (Abschrecken) aus der Härtetemperatur ist stets mit einer Volumenkontraktion verbunden. Da die Randzonen des Werkstücks schneller abkühlen als der Kern, wird das Schrumpfen der Randzone durch den noch heißen Kern behindert, so dass zunächst Risse in radialer Richtung entstehen. Anschließend kühlt auch der Kern bei bereits erkalteter Oberfläche ab, wobei dessen Schrumpfung durch die kalten und damit bereits starren Oberflächenbereiche behindert wird. Hierdurch können weitere Spannungen in Umfangsrichtung und damit auch Risse (Umfangsrisse) entstehen. Umwandlungsspannungen: Martensit weist mit seinem tetragonal raumzentrierten Kristallgitter ein um etwa 1 % größeres Volumen auf, im Vergleich zum Austenitkristall aus dem er gebildet wird. Diese Volumenzunahme kann aufgrund der niedrigen Umwandlungstemperatur jedoch nicht mehr durch plastisches Fließen abgebaut werden. Das Gefüge wird elastisch verformt, wodurch Umwandlungsspannungen und somit Maß- und Formänderungen entstehen. b) Verwendung legierter Stähle: Aufgrund der Diffusionsbehinderung der Legierungselemente kann die Abkühlgeschwindigkeit deutlich reduziert werden. Hierdurch findet zwischen Randzone und Kern ein besserer Temperaturausgleich statt, so dass insgesamt geringere Spannungen und somit auch geringere Maßänderungen auftreten. Gebrochenes Härten: Beim gebrochenen Härten wird das Werkstück zunächst schroff (meist in Wasser) abgeschreckt. Nach Erreichen einer bestimmten Temperatur (Abfangtemperatur etwa 300 C... 400 C) wird das Werkstück entnommen und in Härteöl weiter bis auf Raumtemperatur abgekühlt. Spannungen und damit Maßänderungen, Verzug oder gar Rissbildungen werden verringert, da im unteren Temperaturbereich ein besserer Temperaturausgleich zwischen Randzone und Kern stattfinden kann (siehe Lehrbuch, Seite 123, Bild 6.36, mittleres Teilbild). Warmbadhärten: Beim Warmbadhärten (auch gebrochenes Härten) wird das Werkstück zunächst in einem Warmbad mit einer konstanten Temperatur geringfügig oberhalb der Martensit-Starttemperatur abgeschreckt und bei dieser Temperatur gehalten. Hierdurch findet ein Temperaturausgleich zwischen Randschicht und Kern statt. Da das Gefüge noch vollständig austenitisch ist, können sich Spannungen sehr gut abbauen. Die Martensitbildung findet erst bei der weiteren Abkühlung an ruhender Luft oder in Härteölen statt (siehe Lehrbuch, Seite 123, Bild 6.36, rechtes Teilbild). Lösung zu Aufgabe 6.9 a) Abschrecken: Unter Abschrecken versteht man nach DIN EN 10052 eine Abkühlung, in der Regel aus der Härtetemperatur, mit einer Abkühlgeschwindigkeit die größer ist als ruhende Luft (> 1 K/s). b) Wird das heiße Metall in ein flüssiges Abschreckmedium (z. B. Wasser oder Härteöl) getaucht, dann bildet sich an der Werkstückoberfläche zunächst ein Wärme isolierender Dampffilm (Dampfhautphase). Die Wärme wird dementsprechend dem Bauteil zunächst nur relativ langsam entzogen, die Abkühlgeschwindigkeit ist gering. Wird während der Abkühlung schließlich die Leidenfrost-Temperatur unterschritten, dann bricht der Dampfmantel zusammen und das Abschreckmittel kommt direkt mit der Metalloberfläche in Berührung. Die Abschreckgeschwindigkeit steigt dementsprechend im mittleren Temperaturbereich sehr stark an (Kochphase). Sinkt die Werkstücktemperatur schließlich unter die Siedetemperatur des Abschreckmittels, dann erfolgt die weitere Wärmeabfuhr nur noch durch Wärmeleitung (Konvektionsphase) und die Abschreckgeschwindigkeit nimmt wieder deutlich ab.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 17 Lösung zu Aufgabe 6.10 Verschiebung der Umwandlungslinien zu höheren Zeiten und tieferen Temperaturen sowie Absenkung der Martensitstart-Temperatur (M S -Temperatur). Ursache: Verminderung der Diffusionsfähigkeit des Kohlenstoffs sowie Erhöhung der Austenitstabilität durch die Legierungselemente. Verschiebung des Bereichs der Perlitbildung zu längeren Zeiten, falls Carbid bildende Legierungselemente vorhanden sind. Ursache: Die Carbidbildung führt zu einer verzögerten Diffusion des Kohlenstoffs sowie zur Notwendigkeit der Diffusion der Legierungselemente. Aufspaltung der Umwandlungsbereiche für die Bainit- und für die Perlitbildung bei sehr hohem Gehalt Carbid bildender Legierungselemente. Ursache: Verzögerte Diffusion des Kohlenstoffs sowie zur Notwendigkeit der Diffusion der Legierungselemente. Lösung zu Aufgabe 6.11 Das Bainitisieren hat zum Ziel ein rein bainitisches Gefüge (unterer Bainit) zu erzeugen. Dieses Gefüge hat, ähnlich einem Vergütungsgefüge, eine hervorragende Zähigkeit bei gleichzeitig guter Festigkeit. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass kein zusätzlicher Ferrit, Perlit oder Martensit im Gefüge auftritt. Bei kontinuierlicher Abkühlung kann kein rein bainitisches Gefüge erzielt werden, da vor der Umwandlung des Austenits in Bainit zusätzlich Ferrit und Perlit entsteht. Außerdem entsteht im Anschluss an die Bainitbildung bei kontinuierlicher Akühlung aus dem noch vorhandenen Austenit unerwünschter Martensit (siehe zum Beispiel Lehrbuch, Seite 182, Bild 7.21). Eine vollständige Umwandlung in der (unteren) Bainitstufe kann nur durch eine isotherme Temperaturführung erreicht werden (siehe zum Beispiel Lehrbuch, Seite 183, Bild 7.22), da in diesem Fall keine anderen Gefügebestandteile vor oder nach der Bainitbildung entstehen. Lösung zu Aufgabe 6.12 a) Der vorliegende übereutektoide Stahl (100Cr6) wird in das Zweiphasengebiet Austenit + Carbid erwärmt. Bei einer Aufheizgeschwindigkeit von 1 K/s und der Forderung nach einer maximalen Martensithärte liegt die optimale Härtetemperatur bei etwa 900 C. b) Bei einer Aufheizgeschwindigkeit von 1 K/s und einer Härtetemperatur von 900 C erhält man aus dem Diagramm zunächst eine ASTM-Korngrößenkennzahl von G ASTM = 11 bis 9. Hieraus errechnet sich die ISO-Korngrößenkennzahl G entsprechend DIN EN ISO 643 zu: G = G ASTM 0,0458 und damit G 11 bis 9 (die Korngrößenkennzahlen nach ASTM und ISO entsprechen sich nahezu). Dies entspricht einem mittleren Korndurchmesser von etwa 8 μm bis 16 μm (siehe Lehrbuch, Seite 143, Tabelle 6.6). c) Bei induktiver Erwärmung mit einer Aufheizgeschwindigkeit von 500 K/s und der Forderung nach einer maximalen Martensithärte ist eine Härtetemperatur von etwa 1040 C optimal. Lösung zu Aufgabe 6.13 a) Härte ist der Widerstand, den ein Körper aus einem bestimmten Werkstoff dem Eindringen eines Körpers aus einem anderen (härteren) Werkstoff entgegensetzt. b) Härteprüfungen sind einfach und schnell durchführbar (keine Probenentnahme erforderlich). Aus den Härtewerten können die mechanischen Eigenschaften (Zugfestigkeit) der gehärteten Gefügebereiche abgeschätzt werden. Mit der Härteprüfung können Härteverlaufskurven aufgenommen werden und die Ergebnisse mit vertraglichen Vereinbarungen (z. B. Angaben in Technischen Zeichnungen) verglichen werden. Mit den ermittelten Härtewerten kann der Erfolg einer Wärmebehandlung abgeschätzt werden. Insbesondere kann man aus den Werten erkennen, ob ggf. eine unerwünschte Versprödung (z. B. Anlassversprödung nach dem Vergüten) aufgetreten sein könnte.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 18 Lösung zu Aufgabe 6.14 Härteprüfverfahren nach Brinell (DIN EN ISO 6506) nach Vickers 1) (DIN EN ISO 6507) nach Rockwell 2) (DIN EN ISO 6508) Beschreibung des Verfahrens einschließlich Werkstoffart und Geometrie des Prüfkörpers Bei der Härteprüfung nach Brinell wird eine Hartmetall-Kugel mit einer bestimmten Prüfkraft (abhängig vom Kugeldurchmesser) senkrecht in die glatte, gereinigte Probenoberfläche eingedrückt. Nach einer Einwirkdauer von 10 s... 15 s wird entlastet und die Kugel entfernt. Der entstandene, meist ovale Eindruck, wird mit z. B. Hilfe eines Mikroskops ausgemessen, d. h. die beiden Durchmesser des Eindrucks (d 1 und d 2 ) werden ermittelt. Aus d 1 und d 2 errechnet man schließlich den mittleren Durchmesser d = ½ (d 1 + d 2 ). Die Brinellhärte HB wird als Quotient aus Prüfkraft F und Eindruckoberfläche A (Kugelkalotte) errechnet oder entsprechenden Tabellen aus DIN EN ISO 6506-1 entnommen. Bei der Härteprüfung nach Vickers wird eine regelmäßige, vierseitige Diamantpyramide mit einem Flächenwinkel von 136 in die Oberfläche des Prüflings eingedrückt. Nach einer Einwirkdauer von 10 s... 15 s wird der Prüfkörper entfernt, die beiden Diagonalen d 1 und d 2 des Eindrucks ausgemessen und der mittlere Durchmesser d = ½ (d 1 + d 2 ) errechnet. Die Vickershärte HV errechnet sich als Quotient aus Prüfkraft F und Eindruckoberfläche A oder kann in Abhängigkeit von d aus Tabellen in DIN EN ISO 6507-1 entnommen werden. Bei der Härteprüfung nach Rockwell wird der Prüfkörper (Diamantkegel mit einem Spitzenwinkel von 120 beim Rockwell-C-Verfahren) zunächst mit einer vom jeweiligen Rockwell-Verfahren abhängigen Vorlast F 0 (beim Rockwell-C-Verfahren: F 0 = 99,07 N) in die Oberfläche der Prüflings eingedrückt und die Messskala auf den Wert Null abgeglichen. Anschließend wird die ebenfalls vom jeweiligen Rockwell-Verfahren abhängige Prüfzusatzkraft F 1 (beim Rockwell-C-Verfahren: F 1 = 1.373 N) aufgebracht. Nach einer Belastungsdauer von 4 2 s wird auf die Vorlast entlastet und der Rockwell-Härtewert als bleibende Eindringtiefe am Prüfgerät abgelesen. Typisches Anwendungsbeispiel für das Verfahren und Begründung für dessen besondere Eignung Härteprüfung an Bauteilen aus Grauguss. Begründung: Grauguss weist harte (Ferrit und / oder Perlit) und weiche (Graphit) Gefügebestandteile auf. Aufgrund der Größe des Prüfkörpers (Kugel mit einem Durchmesser zwischen 1 mm und 10 mm) werden gleichzeitig viele harte und weiche Gefügebestandteile bei der Messung erfasst. Somit erhält man bereits mit einer Messung einen mittleren Härtewert, der relativ wenig streut. Ermittlung von Härteverlaufskurven an polierten Querschliffen oberflächengehärteter Bauteile. Begründung: Um eine Härteverlaufskurve aufzunehmen, müssen die Härteeindrücke möglichst eng nebeneinander platziert werden. Da jedoch zwischen den Härteeindrücken bestimmte Mindestabstände einzuhalten sind, ist ein möglichst kleiner Eindringkörper erforderlich bzw. es sind möglichst geringe Prüfkräfte anzuwenden. Diese Eigenschaft ist beim Vickers-Verfahren gegeben. Da der Eindringkörper (Vickers- Pyramide) außerdem aus Diamant (härtester Stoff) besteht, ist auch eine Messung harter Gefügebestandteile (Martensit- und Nitrierschichten) möglich, ohne dass sich der Prüfkörper unzulässig verformt. Härtemessung an gehärteten Stahlteilen. Begründung: An gehärteten Stahlteilen ist das Brinell-Verfahren aufgrund der erforderlichen hohen Prüfkräfte nicht anwendbar (Hartmetallkugel würde abplatten). Das Vickers- Verfahren würde unter Umständen eine erhöhte Streuung der Messwerte liefern, da neben Martensit auch weichere Gefügebestandteile wie Restaustenit vorhanden sein können. Mit dem gegenüber der Vickers-Pyramide größeren Diamantkegel des Rockwell-C-Verfahrens werden die Nachteile des Brinell- sowie des Vickers-Verfahrens umgangen. 1) Vickers-Makrohärteprüfung 2) Rockwell-C-Verfahren

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 19 Fortsetzung der Tabelle von Seite 18 Härteprüfverfahren nach Brinell (DIN EN ISO 6506) nach Vickers 1) (DIN EN ISO 6507) nach Rockwell 2) (DIN EN ISO 6508) Zwei typische Vorteile des Verfahrens Einfacher und robuster Prüfkörper, daher geeignet für den rauen Werkstattbetrieb. Geringe Kosten für die Prüfkugeln. Sehr geringe Beschädigung der Oberfläche. Unabhängigkeit des Härtewertes von der Prüfkraft im Makrobereich (F 49,03 N). Schnelle und preiswerte Prüfung, da keine aufwändige Probenvorbereitung sowie Direktanzeige des Härtewertes. Preiswertes Prüfgerät, da lediglich ein Längenmessgerät erforderlich ist (keine teure Optik). Zwei typische Nachteile des Verfahrens Nur für weiche bis mittelharte Werkstoffe (< 650 HBW). Sonst Abplattung der Hartmetallkugel und Verfälschung des Härtewertes Relativ große Probenbeschädigung durch Prüfeindruck. Relativ großer Aufwand für die Vorbereitung der Prüffläche und das Ausmessen der Eindruckdiagonalen. Sehr empfindlich gegenüber Erschütterungen und Stößen. Ungenau aufgrund von Verformungen der Probe und anderer im Kraftfluss liegender Bauteile (Streuung der Messergebnisse). Empfindlichkeit des Diamant- Eindringkörpers gegenüber Stößen. Beispiel für normgerechte Härteangabe (bitte erläutern) 320 HBW/5/187,5/25 Härtewert nach Brinell: 320 Prüfkörper: Hartmetallkugel Kugeldurchmesser: 5 mm Prüfkraft: 1839 N Einwirkdauer der Prüfkraft: 25 s 470 HV5 Härtewert nach Vickers: 470 Prüfkraft: 49,03 N 56 HRC Härtewert nach dem Rockwell-C- Verfahren: 56 1) Vickers-Makrohärteprüfung 2) Rockwell-C-Verfahren Lösung zu Aufgabe 6.15 Gehäuse aus Grauguss: Brinell-Verfahren. Begründung: Grauguss weist harte (Ferrit und / oder Perlit) und weiche (Graphit) Gefügebestandteile auf. Aufgrund der Größe des Prüfkörpers (Kugel mit einem Durchmesser zwischen 1 mm und 10 mm) werden viele harte und weiche Gefügebestandteile bei der Messung gleichzeitig erfasst. Somit erhält man bereits mit einer Messung einen mittleren Härtewert, der relativ wenig streut. Drehmeißel aus gehärtetem Schnellarbeitsstahl: Rockwell-Verfahren. Begründung: An gehärteten Stahlteilen ist das Brinell-Verfahren aufgrund der erforderlichen hohen Prüfkräfte nicht anwendbar (Hartmetallkugel würde abplatten). Das Vickers-Verfahren würde unter Umständen eine erhöhte Streuung der Messwerte liefern, da neben Martensit auch weichere Gefügebestandteile wie Restaustenit vorhanden sein können. Mit dem gegenüber der Vickers-Pyramide größeren Diamantkegel des Rockwell-C-Verfahrens werden die Nachteile des Brinell- sowie des Vickers-Verfahrens umgangen. Rohr aus EN AW-Al 99,5: Vickers- oder Brinell-Verfahren. Begründung: Beide Verfahren haben gegenüber der Rockwell-Prüfung eine höhere Messgenauigkeit und sind damit für die Prüfung grundsätzlich geeignet. EN AW-Al 99,5 ist außerdem ein relativ niedrigfester Werkstoff, so dass keine nennenswerte Abplattung der Brinell-Prüfkugel zu erwarten und damit grundsätzlich auch das Brinell-Verfahren anwendbar ist. Ermittlung einer Härteverlaufskurve an einem nitrierten Bauteil: Vickers-Verfahren. Begründung: Um eine Härteverlaufskurve aufzunehmen, müssen die Härteeindrücke möglichst eng nebeneinander platziert werden. Da jedoch zwischen den Härteeindrücken bestimmte Mindestabstände einzuhalten sind, ist ein möglichst kleiner Eindringkörper erforderlich bzw. es sind möglichst geringe Prüfkräfte anzuwenden. Diese Eigenschaft ist beim Vickers-Verfahren gegeben. Da der Eindringkörper (Vickers- Pyramide) außerdem aus Diamant (härtester Stoff) besteht, ist auch eine Messung harter Gefügebestandteile (Martensit- und Nitrierschichten) möglich, ohne dass sich der Prüfkörper unzulässig verformt.

Lösungen zur Aufgabensammlung / Prof. Dr.-Ing. V. Läpple 20 Härtemessung an einem Ferritkorn in einem Baustahl (S275JR): Vickers-Verfahren (Mikrohärteprüfung). Begründung: Aufgrund der sehr niedrigen Prüfkräfte der Vickers-Mikrohärteprüfung sowie des mikroskopisch kleinen Eindringkörpers, kann auch eine Härteprüfung an sehr kleinen Strukturen, wie zum Beispiel einzelnen Gefügebestandteilen, ohne deren Zerstörung, durchgeführt werden. Lösung zu Aufgabe 6.16 Es gilt: 1500 1500 1500 HRC 116 und somit: HV 567 HV 116 - HRC 116-53 2 2 Alternativ kann die Umwertung auch mit Hilfe von Tabelle A.1 (für Stähle und Stahlguss) in DIN EN ISO 18265 erfolgen. Aus Tabelle A.1 entnimmt man für eine Rockwell-C-Härte von 53 eine Vickers-Härte von 560 HV10. Dieser Wert entspricht etwa dem Ergebnis der Berechnung gemäß der obigen empirischen Formel. Normgerechte Angabe des Ergebnisses: Umwertung ISO 18265-560 HV A.1-HRC Lösung zu Aufgabe 6.17 a) Zwischen der Zugfestigkeit R m und der Vickers-Härte existiert für Stähle die folgende empirische Umwertebeziehung: R m (in MPa) = 3,5 HV = 3,5 280 = 980 MPa Alternativ kann die Umwertung auch mit Hilfe von Tabelle A.1 in DIN EN ISO 18265 erfolgen. Aus Tabelle A.1 (für Stähle und Stahlguss) entnimmt man für eine Vickers-Härte von 280 HV10 eine Zugfestigkeit von 900 MPa. Dieser Wert entspricht etwa dem Ergebnis der Berechnung gemäß der obigen empirischen Formel. b) Eine Härtemessung kann, obwohl das Werkstück nur geringfügig beschädigt wird und einfach durchführbar ist, den Zugversuch nicht ersetzen, da: die Härtewerte nur den oberflächennahen Zustand erfassen. Beim Zugversuch wird, bedingt durch den Bruch der Probe, die gesamte Querschnittsfläche erfasst, die Umwertung mit sehr hohen Streuungen behaftet ist und daher allenfalls eine grobe Schätzung darstellt. Lösung zu Aufgabe 6.18 Beim Stirnabschreckversuch nach Jominy (DIN EN ISO 642) wird eine normalgeglühte und anschließend allseits bearbeitete Probe (Durchmesser 25 mm, Länge 100 mm) auf die vereinbarte Härtetemperatur im Ofen erwärmt (austenitisiert). Die Haltedauer auf Härtetemperatur beträgt 30 bis 35 Minuten. Eine Randentkohlung muss hierbei vermieden werden. Anschließend wird die Probe dem Ofen entnommen und in einer genormten Abschreckvorrichtung (siehe Abbildung, Skizze de Abbildung wird nicht verlangt) mindestens 10 Minuten lang mit einem definierten Wasserstrahl (freie Steighöhe: 65 10 mm; Wassertemperatur 20 C 5 C abgeschreckt. Die Zeitspanne zwischen Entnahme der Probe aus dem Ofen und Beginn der Abschreckung darf 5 s nicht überschreiten. Nach Abkühlen der Probe auf Raumtemperatur werden zwei gegenüberliegende Flächen auf eine Tiefe von 0,4 mm bis 0,5 mm nass angeschliffen. In festgelegten Abständen von der abgeschreckten Stirnfläche (1,5 mm; 3 mm; usw.) wird die Rockwell-C-Härte (DIN EN ISO 6507) ermittelt und in einem Diagramm aufgetragen. Als Ergebnis des Stirnabschreckversuchs erhält man eine Härteverlaufs- bzw. Stirnabschreck-Härtekurve. Diese Kurve wird mit vorgegebenen Streubändern für die Härtbarkeit verglichen, die man beispielsweise in Normen oder Werkstoffdatenblätter findet.