Kurden Ethnogenese, Sprachen, Religionen, Zahl und Siedlungsgebiete

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Kurden Ethnogenese, Sprachen, Religionen, Zahl und Siedlungsgebiete 2016 Deutscher Bundestag

Seite 2 Kurden Ethnogenese, Sprachen, Religionen, Zahl und Siedlungsgebiete Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: 7. März 2016 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.

Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Ethnogenese 4 3. Sprachen 5 4. Religionen 6 5. Zahl und Siedlungsgebiete 6

Seite 4 1. Einleitung Diesem liegen folgende Fragen zu Grunde: 1. Welche Erkenntnisse gibt es über die Ethnogenese der Kurden? 2. Welche Sprachen werden von Kurden gesprochen und welche Religionen praktiziert? 3. Können die kurdischen Stämme auf gemeinsame Vorfahren zurückverfolgt werden? 4. Wie viele Kurden gibt es und welche Siedlungsgebiete werden von ihnen bevölkert? 5. Gab es jemals ein territoriales Siedlungsgebiet, welches die Kurden hoheitlich und von anderen Staaten anerkannt selbstständig verwaltet haben? 2. Ethnogenese Als Ethnogenese wird der Prozess der Entstehung oder Herausbildung eines Volkes oder einer anderen ethnischen Einheit bezeichnet. 1 Zur Ethnogenese der Kurden gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, sondern nur Vermutungen und unterschiedliche Thesen. Vereinzelt wird sogar bezweifelt, ob überhaupt von einem kurdischen Volk (im Singular) gesprochen werden kann, da Kurden sehr verstreut über ein großes Gebiet lebten und unterschiedliche sprachliche Varianten sprächen, die im Kern nur die Zugehörigkeit zur westiranischen Sprachfamilie der indoeuropäischen Sprachen verbinde. Außerdem seien sie ohne eigene Staatlichkeit über Jahrhunderte sehr unterschiedlichen kulturellen und politischen Einflüssen ausgesetzt gewesen. 2 Über die frühe Geschichte der Kurden ist wenig bekannt. Die meisten Informationen vor der Annahme des Islams und der damit einsetzenden Erwähnung in muslimischen Quellen sind bruchstückhaft. Es wird vermutet, dass die Vorfahren der Kurden um die Wende vom zweiten zum ersten Jahrtausend vor Christus aus dem Osten nach West-Iran eingewanderte Völker mit indogermanischer Sprache waren, die sich mit der ansässigen Bevölkerung vermischt haben. Darüber hinaus gibt es umstrittene Thesen, dass die Kurden von den Medern oder den Skythen abstammen. Die Herkunft wird auch deshalb als kaum zu ermitteln bezeichnet, weil sich die kurdischen Stämme über die Jahrtausende mit vielen Nachbarvölkern vermischt haben. 3 Teilweise wird auch 1 Vgl. u.a. die Erläuterung auf der Internetseite des Dudens, des Rechtschreibwörterbuchs der deutschen Sprache, unter http://www.duden.de/rechtschreibung/ethnogenese (Stand: 7. März 2016). 2 Vgl. Oeter, Stefan. Die Kurden zwischen Diskriminierung, Autonomie und Selbstbestimmung. In: Europa ethnica: Zeitschrift für Minderheitenfragen. Heft 3/4, 2015. S. 84. 3 Vgl. Strohmeier, Martin; Yalçin-Heckmann, Lale. Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. München. 2010. Seite 25/26.

Seite 5 ausgeführt, dass die Bevölkerung Kurdistans, dem ohne eine allgemein akzeptierte geografische Definition genannten Siedlungsgebiet der Kurden, ein ethnisches Mosaik darstellt. 4 3. Sprachen Es gibt keine einheitliche kurdische Sprache. Kurdisch besteht aus einer Reihe von Dialekten bzw. Mundarten, die teilweise stark voneinander abweichen und deshalb eine Verständigung untereinander sehr erschweren. Kurdisch unterteilt sich in drei Hauptgruppen, die auch Dialektgruppen oder kurdische Sprachen genannt werden 5 (zur geografischen Lage der im Folgenden genannten Städte siehe die Karte auf Seite 8 dieses es): a) Kurmandschi (auch Nord-Kurdisch genannt), das in der Türkei, in Syrien, im Libanon, im Norden des Irans und des Iraks (z.b. um Mosul) sowie in kleinen Teilen Armeniens, Aserbaidschans und Georgiens gesprochen wird; seit Beginn der 1930er Jahre wird Kurmandschi mit lateinischen Buchstaben geschrieben, b) Sorani (auch Zentral-Kurdisch genannt), das hauptsächlich im übrigen Irak (z.b. um Arbil, Sulaimaniyya und Kirkuk) und im übrigen Iran gesprochen wird; für Sorani wird eine vom arabischen Alphabet abgeleitete Schrift verwendet, c) Zazaki, das abgesehen von Migranten ausschließlich in der Türkei gesprochen wird; räumlich ist Zazaki dabei innerhalb des Kurmandschi-Sprachgebietes angesiedelt, insbesondere im Dreieck zwischen Diyarbakir, Sivas und Erzurum. Nach kurdischen Angaben wird Kurmandschi von 15 Millionen, Sorani von 6 Millionen und Zazaki von 4 Millionen Menschen gesprochen. Alle drei Dialekte oder Sprachen gehören zur Gruppe der iranischen Sprachen, die einen Zweig der indoeuropäischen Sprachen darstellen. Damit unterscheiden sie sich erheblich sowohl vom Türkischen als auch vom Arabischen. 6 4 Vgl. Özdemir, A. Kadir. Die Kurden ein Volk in drei Nationen. Die Geschichte und Entwicklung des Kurdenkonflikts. Marburg. 2006. Seite 11. 5 Vgl. Strohmeier, Martin; Yalçin-Heckmann, Lale. Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. München. 2010. Seite 31/32; sowie Özdemir, A. Kadir. Die Kurden ein Volk in drei Nationen. Die Geschichte und Entwicklung des Kurdenkonflikts. Marburg. 2006. Seite 18/19. 6 Vgl. Strohmeier, Martin; Yalçin-Heckmann, Lale. Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. München. 2010. Seite 32.

Seite 6 4. Religionen Laut Schätzungen bekennen sich 98 Prozent der Kurden zum Islam, mehrheitlich zur sunnitischen, aber auch zur schiitischen und alevitischen Richtung. 7 Im Iran sind dabei nur die im Südwesten des Landes, insbesondere in der Provinz Kermanschah, siedelnden Kurden Schiiten, während die Mehrheit der Kurden auch hier Sunniten sind. 8 Darüber hinaus gibt es eine christliche Minderheit und die Religionsgemeinschaft der Yeziden, die vor allem im Nordirak leben. Der yezidische Glauben ist eine eigene Religionsgemeinschaft, in der sich Bestandteile anderer Religionen wie des Judentums, des Islam und des Christentums finden. 9 5. Zahl und Siedlungsgebiete Die Bundeszentrale für politische Bildung schätzt die Zahl der Kurden auf 24 bis 27 Millionen. Sie leben demnach vor allem in fünf Ländern: etwa die Hälfte (ca. 13 Millionen) in der Türkei, ca. 5,7 Millionen im Iran, ca. vier Millionen im Irak, ca. eine Million in Syrien sowie etwa 400.000 in Armenien. 10 Dabei franst das Siedlungsgebiet in der Türkei Richtung Westen, in Syrien Richtung Süden und im Iran Richtung Osten immer weiter aus, so dass sich Kurden teilweise in Sprach- und Siedlungsinseln innerhalb der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung befinden (siehe die Karte auf Seite 8 dieses es). Außerdem gibt es auch kleinere Siedlungsgebiete in Georgien, Aserbaidschan, Turkmenistan, Afghanistan und Usbekistan. 11 Den Kurden ist es bisher nie gelungen, einen gemeinsamen Staat zu gründen oder ein territoriales Siedlungsgebiet hoheitlich von anderen Staaten anerkannt selbständig zu verwalten. Es gab zwar kleine Fürstentümer bzw. Dynastien, doch standen diese jeweils unter wechselnder Fremdherrschaft. 12 Innerhalb des Osmanischen Reiches wurden diese Fürstentümer beispielsweise autonom 7 Vgl. Özdemir, A. Kadir. Die Kurden ein Volk in drei Nationen. Die Geschichte und Entwicklung des Kurdenkonflikts. Marburg. 2006. Seite 21. 8 Vgl. Strohmeier, Martin; Yalçin-Heckmann, Lale. Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. München. 2010. Seite 45. 9 Vgl. Strohmeier, Martin; Yalçin-Heckmann, Lale. Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. München. 2010. Seite 46/47. 10 Vgl. den Artikel Kurdenkonflikt auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung unter http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54641/kurdenkonflikt (Stand: 7. März 2016). 11 Vgl. Oeter, Stefan. Die Kurden zwischen Diskriminierung, Autonomie und Selbstbestimmung. In: Europa ethnica: Zeitschrift für Minderheitenfragen. Heft 3/4. 2015. S. 85. 12 Vgl. Kesen, Nebi. Die Kurdenfrage im Kontext des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union. Zürich 2009. Seite 138.

Seite 7 verwaltet, waren aber zu einer Tributzahlung an die Osmanen verpflichtet und unterstanden direkt dem osmanischen Sultan. 13 Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Zerfall des Osmanischen Reiches sah der Vertrag von Sèvres 1920 zwar die Gründung eines unabhängigen Kurdistans vor, doch wurden keine genauen Grenzen festgelegt und der Vertrag nicht umgesetzt (zum groben Grenzverlauf siehe die Karte auf Seite 8 dieses es). In der Literatur finden sich auch Hinweise, dass sich damals die politische Forderung der Kurden hinsichtlich der Selbständigkeit überwiegend auf Autonomiebestrebungen im jeweiligen Staat beschränkt habe. Mit dem Vertrag von Lausanne wurden 1923 die Siedlungsgebiete der Kurden unter verschiedenen neugeschaffenen Staaten aufgeteilt. 14 Außerdem gab es nach den Zweiten Weltkrieg kurzzeitig eine international nicht anerkannte Kurdenrepublik im iranischen Aserbaidschan und rund um die iranische Stadt Mahabad, die als erster und einziger kurdischer Staat der Geschichte bezeichnet wird. Sein Einfluss reichte jedoch kaum über die Stadtgrenzen hinaus. Diese Kurdische Republik Mahabad (zum Grenzverlauf siehe die Karte auf Seite 8 dieses es) existierte lediglich vom Januar bis Dezember 1946. Hintergrund war die zeitweise sowjetische Besetzung der Region und Unterstützung von Selbständigkeitsbestrebungen, die mit dem Rückzug der sowjetischen Truppen Ende 1946 endete. 15 13 Vgl. Özdemir, A. Kadir. Die Kurden ein Volk in drei Nationen. Die Geschichte und Entwicklung des Kurdenkonflikts. Marburg. 2006. Seite 28. 14 Vgl. Kesen, Nebi. Die Kurdenfrage im Kontext des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union. Zürich 2009. Seite 141-145. 15 Vgl. Hippler, Jochen. Kurdistan ein ungelöstes Problem im Mittleren Osten. Von Unabhängigkeitsstreben, Uneinigkeit und Unterdrückung. In: Vereinte Nationen: Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen. Heft 6, Dezember 1990. Seite 202.

Seite 8 Quelle: der Artikel Kurdenkonflikt auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung unter http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54641/kurdenkonflikt (Stand: 7. März 2016)